Der als Kannibale von Rotenburg bekannte Armin M. darf an einem Film über sein Leben mitwirken. Das Oberlandesgericht Frankfurt erlaubte ihm jetzt, den Produzenten des Films dreimal drei Stunden aus seinem Leben zu berichten. Das Landgericht Frankfurt hatte dem zu lebenslanger Haft verurteilten Mann noch verboten, an dem Film mitzuarbeiten, berichtet hr-online.
Gemeinsam träumen
Gerade die Visitenkarte (Postkartenformat) eines Düsseldorfer Anwaltskollegen in die Hand gedrückt bekommen. Auf der Rückseite hat er seine offiziellen Polizeifotos mit dem Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft platziert und die rote Schlagzeile:
Angeklagter … ich kenne Deine Alpträume – ich habe sie selbst geträumt.
Auf der Rückseite ein Lebenslauf („Anwalt & Strafverteidiger, Marathonläufer & Fitnesstrainer“) mit etwas Aufklärung:
1996-2002 unschuldig verfolgt als Beschuldigter / Angeklagter in einem Kapitalbetrugsverfahren endet 2002 mit Einstellung ohne Auflagen
Eine Kopie der Karte schicke ich dem Herrn, der mir neulich in einer Mail vorhielt, dieses Blog sei „aggressives Marketing“.
Zwei bis drei Tasten
Den Motorradpolizisten, der neben ihr an der roten Ampel stand, sah die Mandantin nicht. Der Beamte seinerseits beobachtete zwar nicht, wie die Mandantin telefonierte. Aber immerhin sah er genau, dass sie „zwei bis drei Tasten“ auf ihrem Handy drückte.
Anzeige. Bußgeld. Punkt in Flensburg. Deutschland ist wieder ein Stück sicherer geworden.
Der Neue
Das Amtsgericht Düsseldorf hatte die Frage zu beantworten, ob eine Ehefrau auch nach der Scheidung Unterhalt verlangen kann, obwohl sie mit einem anderen Mann zusammenlebt. Die Antwort fällt recht deutlich aus:
Nachehelichen Unterhalt kann die Antragstellerin vom früheren Ehemann nicht verlangen. Der Unterhalt muss nach § 1579 Nr. 7 BGB wegen grober Unbilligkeit entfallen. Für den Antragsgegner ist es fürderhin, jedenfalls über die Scheidung hinaus einfach nicht zumutbar, die frühere Gattin weiter zu unterhalten. Denn die hat schon seit mindestens 2 1/4 Jahren einen neuen Mann, mit dem sie eheähnlich zusammenlebt.
Zweieinhalb Jahre eheähnliches Erscheinungsbild reichen aus, um hier eine Unterhaltsverpflichtung unzumutbar erscheinen zu lassen. Es mag zwar richtig sein, dass im Regelfall bei einem kurzfristigen Zusammenleben mit einem neuen Partner Leistungsfähigkeit des
Neuen vorausgesetzt werden muss, wenn der Unterhalt tangiert sein soll. Bei eheähnlicher Verfestigung allerdings ergibt sich die Unzumutbarkeit aus § 1579 Nr. 7 BGB und der Unterhaltsanspruch geht unter ohne jede Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des neuen Partners.Hier ist der Neue in das Ehehaus der Parteien seit mindestens 2 1/4 Jahren eingezogen. Soweit die Antragsteilerin auf angebliche wirtschaftliche Trennungslinien verwiesen hat, erscheinen die Ausführungen gekünstelt und wenig lebensnah, insbesondere von dem Wunsche getragen, dass der Antragsgegner doch weiter sein Scherflein zu ihrer neuen Verbindung beitragen solle. Gerade das ist aber nicht zumutbar, erst recht nicht, wenn – wie die Antragstellerin anführt – der neue Partner kaum etwas hat und deshalb schon mittelbar vom Antragsgegner mit unterstützt werden sollte.
Abschied vom Verkehrsschild?
Spiegel online berichtet über ein schier unglaubliches Verkehrsexperiment der EU. Sieben Städte und Provinzen bauen alle Verkehrsschilder und Ampeln ab:
Was nach Chaos klingt, folgt in Wahrheit einer Erkenntnis der Verkehrspsychologie: Nur wo alles geordnet ist, kann der Wagenlenker ohne Skrupel Gas geben. Unübersichtliches Terrain dagegen zwingt ihn zu Vorsicht und Behutsamkeit.
Dass so ein mutiger Ansatz ausgerechnet aus Brüssel kommt, finde ich bemerkenswert.
Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)
Nacktkontrolle: Gericht lässt Berufung zu
Ein weiblicher Fußballfan musste sich am 11. März 2005 vor Polizisten in Saarbrücken nackt ausziehen. Die Beamten suchten nach Feuerwerkskörpern, obwohl keine konkreten Umstände belegten, dass die 17-Jährige etwas mit Randale zu tun hatte. Die Polizeiaktion schlug hohe Wellen, denn das Verwaltungsgericht hielt die Maßnahme für rechtmäßig.
Jetzt erreicht mich eine erfreuliche Nachricht. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen. Das Gericht sieht tatsächliche und rechtliche Probleme, die mit den Parteien in einem noch nicht anberaumten Termin erörtert werden sollen.
(Berichte im law blog: – Die Welt nackt zu Gast bei Freunden; „Erniedrigt und beschmutzt“)
Stumm wie ein Fisch
Wie gehofft, hat das Uraltverfahren ein glückliches Ende genommen. Der einzige Belastungszeuge, wegen anderer Dinge noch bis mindestens 2012 in Haft, verweigerte die Aussage. Auch acht Jahre nach der angeblichen Tat wollte er sich nicht selbst belasten.
So seine Begründung.
Im Jahr 2000 hatte er dem Staatsanwalt noch eine umfassende Aussage angeboten. Wenn dieser ihm die Haft erleichtert. Unter anderem wollte der Zeuge bei der Einschulung seiner Tochter in Magdeburg dabei sein.
Anscheinend hat das alles nicht geklappt. Denn heute blieb der Mann stumm wie ein Fisch, zumindest was die Sache angeht. Aber auch wenn er sich geäußert hätte, wäre er wahrscheinlich nicht glaubwürdig gewesen. Dem damals zuständigen Polizeibeamten rechne ich an, dass er den Wunsch des Zeugen nach einem Deal in der Strafvollstreckung in einer Notiz festgehalten hat. Das ist keineswegs selbstverständlich.
Der, wie immer, humorvolle Richter bedauerte noch, dass meine Vorbereitungen für einen „stundenlangen Schlussvortrag“ vergeblich gewesen seien. Nun ja, zumindest die Urteile zum überlangen Verfahren werde ich sicher bald mal wieder brauchen. Wenn das nächste, längst erledigt geglaubte Schätzchen aus dem Aktenschrank geklaubt wird.
Steinhöfel teilt aus
Ein rauer Ton herrscht mittlerweile zwischen Media-Markt-Anwalt Joachim Steinhöfel und der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Steinhöfel geht die Berichterstattung über die Abmahnungen, mit denen er im Auftrag von Media-Märkten Einzelhändler überzieht, massiv an. So hält er den Autor für jemanden, der „sich bei der ,Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung‘ sein Gnadenbrot erschleicht“; weitere Beschimpfungen bitte ich direkt Steinhöfels heutiger Tirade zu entnehmen.
Verbraucherrechtliches fasst den Konflikt zusammen und liefert die interessantesten Zitate.
Rabattfähig
Am 5. November 2001 habe ich mich als Verteidiger in einem Ermittlungsverfahren gemeldet. Am Montag, also nach fünf Jahren, ist Hauptverhandlung. Ich hoffe sicher nicht als einziger, dass die Akte endlich mal geschlossen wird.
Für den (unwahrscheinlichen) Fall, dass meinem Mandanten noch eine Straftat nachgewiesen werden kann, habe ich schon mal ein paar Urteile zur Verfahrensverschleppung durch die Justizbehörden rausgesucht.
Der Rabatt müsste happig sein, denn an sich hätte hier schon im Frühjahr 2002 ein Urteil gesprochen werden können.
Maschinelle Belästigung
Eine Mandantin will sich dagegen wehren, dass sie mehrmals in der Woche Anrufe von einem Versandhaus erhält. Ein Computer (!) meldet sich und fordert sie auf, eine Rechnung zu bezahlen. Abgesehen davon, dass die Forderung nicht besteht, stört sich die Mandantin daran, von einer Maschine belästigt zu werden.
Könnte interessant werden, der Fall.
Ladendiebstahl kostet Polizisten den Job
Ein Polizeibeamter, der während seines Dienstes einen Ladendiebstahl begeht und dabei sowohl seine Uniform trägt als auch seine Dienstwaffe bei sich führt, ist in der Regel aus dem Polizeidienst zu entfernen. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.
Im Jahre 2004 entwendete der Polizeibeamte in einem Drogerie-Markt in der Nähe seiner Dienststelle eine kosmetische Creme mit einem Warenwert von rund acht Euro. Dabei führte er seine geladene Dienstwaffe bei sich. Das Amtsgericht verurteilte den Beamten daraufhin wegen Diebstahls mit Waffen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung. Im anschließenden Disziplinarverfahren entfernte das Verwaltungsgericht Trier den Mann aus dem Dienst. Seine dagegen eingelegte Berufung blieb vor dem Oberverwaltungsgericht erfolglos.
Wenn ein Amtsträger, zu dessen zentralen Dienstpflichten es gehöre, Straftaten zu verhindern, aufzuklären und zu verfolgen, innerhalb des Dienstes ein Eigentumsdelikt begehe und dabei seine Dienstwaffe bei sich führe, verstoße er nicht nur in besonders schwerwiegender Weise gegen seine Pflichten als Polizeibeamter. Zugleich füge er dem Ansehen der Vollzugspolizei des Landes Rheinland-Pfalz einen ganz erheblichen Schaden zu. Deshalb sei ein endgültiger Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit eingetreten, so dass der Beamte im Polizeidienst schlichtweg untragbar sei.
(Pressemitteilung des Gerichts; Link gefunden bei Recht und Alltag)
Knetemensch
„Heute bekam ich meine Abmahnung überreicht.“
Und ich falle mal wieder auf die Knie vor Freude. Solche Texte erinnern mich daran, dass ich vor elf Jahren die richtige Entscheidung getroffen habe.
Tiefe Stille
Manche Mandate treiben einen in den Wahnsinn. Die Sache ist vielleicht gar nicht so kompliziert. Dafür sind es die Angehörigen. Typischerweise läuft das so:
Der Bruder des Betroffenen meldet sich aufgeregt, weil sein Verwandter fesgenommen wurde. Der Anwalt macht seinen Job. Am nächsten Vormittag meldet sich jemand, der sich als Schwager des Betroffenen ausgibt. Dieser möchte wissen, ob der Herr Anwalt schon was unternommen hat. Der Anwalt weist darauf hin, dass er soeben mit dem Bruder des Betroffenen telefoniert und ihm alles erklärt hat. Der Schwager will mit dem Bruder des Betroffenen telefonieren.
Kurz darauf meldet sich die Schwester des Schwagers. Der ist gerade zur Arbeit und hat sie gebeten nachzufragen, ob der Herr Anwalt schon etwas unternommen hat. Dass der Schwager schon selbst angerufen hat, weiß seine Schwester nicht. Sie will mit ihrem Bruder telefonieren und auch mit dem Bruder des Betroffenen.
Kurz darauf ruft der Verlobte der Schwester des Schwagers an. Er möchte, angeblich im Auftrag des Bruders der Betroffenen, wissen, ob er das Schreiben abholen kann. Der Bruder seiner Verlobten habe ihm gesagt, er habe vom Bruder des Betroffenen gehört habe, dass ein Schreiben abgesandt werden soll.
Den Hinweis, dass das Schreiben allenfalls an den Betroffenen selbst gehen kann (Anwaltsgeheimnis), nimmt er persönlich übel. Er sei immerhin der Verlobte der Schwester des Schwagers des Betroffenen. Dann droht er damit, ein Mandat zu kündigen, das er gar nicht erteilt hat. Man einigt sich darauf, dass er mit dem Bruder des Betroffenen telefoniert. Der Bruder des Betroffenen ruft an und entschuldigt sich. Bei dieser Gelegenheit möchte er wissen, ob nicht wenigstens er eine Kopie des Schreibens haben kann. Immerhin sei er ja der Bruder.
Der Staatsanwalt ruft an und teilt mit, dass er keinen Haftbefehl beantragen wird. Der Betroffene darf noch am gleichen Tag nach Hause.
Dem Anwalt fehlt noch ein Teil seiner Gebühren. Er hofft darauf, dass sich jemand meldet, mit dem er diese Frage besprechen kann. Doch plötzlich herrscht tiefe, entspannte Stille. Exakt bis zu dem Moment, in dem der Betroffene mal wieder auf einer Polizeiwache sitzt…
Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)
Anzeigenflut gegen die Schmidtleins
Der Polizei liegen mittlerweile 3.000 Strafanzeigen gegen die Schmidtlein-Brüder und deren Anwalt Olaf Tank vor, berichtet HNA online. Interessant finde ich den Hinweis, dass die Schmidtleins angeblich noch keinen Kunden verklagt haben sollen, der die Zahlung verweigert hat.
Draußen scheint die Sonne
„Ich hoffe, ich setze mich mit meinen offenen Worten keinem Befangenheitsantrag aus.“ Mit dieser einleitenden Bemerkung der Vorsitzenden Richterin war schon klar, wohin die Reise geht.
Die – auf das Strafmaß beschränkten – Berufungen seien unbegründet. Nicht nur das. „Wir bedauern, dass die Staatsanwaltschaft nicht selbst Berufung eingelegt hat.“ Dann hätte das Gericht, so die Richterin, bei jedem der Angeklagten wahrscheinlich etliche Monate draufgepackt.
Da fröstelt es einem dann schon. Denn in Jugendstrafsachen hat das Berufungsgericht das letzte Wort. Leider prallten meine, zugegeben dürftigen, Argumente an einer Eiswand um den Richtertisch ab.
Und dabei scheint draußen die Sonne. Da läuft es in der Regel besser.