KÜNDIGUNG

KÜNDIGUNG

Kaum drei Tage hatte der Mann bei meiner Auftraggeberin gearbeitet, da streckte ihn schon eine Erkältung nieder. Die Kollegen, die den gelben Zettel entgegen nahmen, berichten allerdings, der neue Mitarbeiter habe sehr frisch gewirkt. Er soll später auch gutgelaunt im örtllichen Eiscafé gesehen worden sein.

Also nicht lange fackeln, in der Probezeit kündigen. Frist: zwei Wochen, sofern vertraglich vereinbart (§ 622 Abs. 3 BGB). Zum Glück fragte ich nach dem Arbeitsvertrag, den ich wenige Tage vorher entworfen hatte. Wie sich herausstellte, hatte der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag noch gar nicht unterschrieben. Was ja im Zweifel bedeutet, dass wir die Probezeit nicht beweisen können. Was wiederum vier Wochen Kündigungsfrist bedingt, und das auch nur zum 15. oder Monatsende (§ 622 Abs. 1 BGB).

Sicher, der Arbeitnehmer hätte sich unfair verhalten, wenn er die Probezeit abgeleugnet hätte. Aber wo geht es heute noch sportlich zu?

Mein Gedanke war also folgender:

Wir schicken einen Fahrer mit dem Vertrag. Der soll wahrheitsgemäß ausrichten, dass die Firma keine Lohnfortzahlung gewähren kann, wenn der Arbeitsvertrag nicht unterschrieben ist. Strikte Anweisung vom Steuerberater. Kein Geld? Als der Angestellte das hörte, unterschrieb er noch im Türrahmen den Vertrag.

Am Abend brachte ihm derselbe Bote die Kündigung.

SCHLEIMER

Wer jemanden in einem Zeitungsartikel als „Schleimer“ tituliert, muss mit einer Bestrafung wegen Beleidigung rechnen. Das Oberlandesgericht Celle bestätigte damit das Urteil gegen den Inhaber einer Garbsener Zeitung. Der Journalist hatte so einen CDU-Ratsherren und stellvertretenden Bürgermeister angegangen.

Nach Auffassung der Celler Richter liegt, so beck aktuell, eine Formalbeleidigung vor, die nicht einmal durch die Pressefreiheit gedeckt ist.

Gut, dass ich bislang nicht das Wort geschrieben habe, welches mir im Kopf rumspukt, spätestens seit sich der Kanzler mit der Feststellung, er könne im Yukos-Verfahren keine Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien erkennen, beim Präsidenten Putin angebiedert hat (Bericht in der Zeit). Dieses Wort würde ich angesichts der strengen, zu strengen Rechtsprechung aus Celle heute natürlich nicht mehr in den Mund nehmen.

JURISTENDEUTSCH

Aus dem Schriftsatz eines Anwaltes aus einer Nürnberger Zweierkanzlei an das Landgericht Hannover:

„… wird beantragt, den Termin am 21. Juli 2004 zu verlegen, da Unterfertigter an diesem Tag nicht zur Verfügung steht, weil für Unterfertigten Terminsladung des LG Nürnberg für diesen Termin schon vorliegt. Kollege des Unterfertigten befindet sich im Jahresurlaub.“

BLÖDE

BLÖDE

Neues von der ebay-Front: Die Bewertung „Kunde war zu blöde E-Mail zu lesen“ löscht das Auktionshaus anstandslos wegen des beleidigenden Inhalts.

PRIVATES UND BANALES

heute.t-online erwähnt in einem Bericht über die Weblog-Konferenz BlogTalk 2 den law blog als ein Beispiel dafür, dass in deutschen Weblogs nicht nur Privates und Banales steht.

Wir Deutschen sind also zurückhaltend beim Anlegen von Weblogs. Ich kenne mich in der vielgelobten amerikanischen Szene nicht so aus. Aber dort ist es doch nicht anders als bei uns: Das Anlegen eines Weblogs geht schnell, das Abschalten noch schneller. (Siehe zum Beispiel den Namensvetter law blog.)

Martin E. Röll stellt im Übrigen die gute Frage, warum wir eigentlich mehr Weblogs brauchen. Als einzige Antwort überzeugt mich bisher, dass Masse auch Klasse mit sich bringen könnte.

Aber ich schaffe ich schon heute kaum noch, meine Lieblingsblogs wirklich zu lesen. Noch mehr Klasse würde also dazu führen, dass ich gute Blogs zu Gunsten noch besserer Blogs links liegen lassen müsste. Die Auswahl wäre zwar schön (und schwierig), aber letztlich ist es wie bei Büchern. Wenn ich im Jahr 20 lesen kann, spielt es keine so wichtige Rolle, ob die Zahl der Neuerscheinungen 50.000 oder 200.000 beträgt. Mehr Spaß an der Sache hätte ich als Weblogleser im Ergebnis jedenfalls nicht.

Als Weblogautor spielt es für mich ohnehin keine Rolle, ob hier täglich 10 oder 1000 Leute vorbei schauen. Nicht, dass ich mich nicht über jeden Besucher (und noch mehr über jeden Kommentar) freue. Aber es würde mir als Blogger ehrlich gesagt den Spaß verderben, wenn ich die Zahl der Zugriffe zum Erfolgsmaßstab mache. Deshalb habe ich vor geraumer Zeit den täglichen Blick in den Counter abgeschafft.

Dass man als nichtkommerzieller Blogger gerade nicht auf die Quote schielen muss, ist nämlich ein riesiges Privileg, muss aber erst einmal als solches begriffen werden. Wenn sich dann einige genau diesen Zwang zur Quote auferlegen bzw. ihn propagieren, dürfte genau dies eher zum großen Weblogfrust statt zum kontinuierlichen Wachstum der Bloggerszene beitragen. Mit ein paar knackigen Sätzen reich, berühmt und sexy – das ist eine irreführende Botschaft, um Leute zum Bloggen zu bewegen.

AUS

Absolute Traummandate? Aus. Vorbei. Das neue Rechtsanwaltsvergütungsgesetz beschränkt in § 22 den Streitwert auf maximal 30 Millionen Euro.

Vorsicht, demnächst schafft diese Regierung auch den Sechser im Lotto ab.

NIEMALS

Der Rechtsphilosoph und Strafrechtsprofessor Reinhard Merkel beschäftigt sich in der Zeit mit dem neuen Recht des Staates, gekaperte Flugzeuge abzuschießen:

Niemals kann zu diesen Gütern das Leben gehören. Es ist ausgeschlossen, rechtmäßig unbeteiligte Dritte zu töten, um das eigene oder das Leben anderer, und wären es Millionen, zu retten. Niemand kann rechtlich verpflichtet sein, aus Solidarität das eigene Leben für noch so viele andere herzugeben, die er nicht bedroht. Dass es ihm auch der Staat nicht aus Gründen einer solidarischen Pflicht nehmen darf: das eben stellen die Grundrechte klar.

Merkel belegt, welcher ungeheuerliche Tabubruch hinter der Fassade der Terrorbekämpfung stattfindet:

So sind offenbar die Zeiten und die Bedrohungen geworden – und dies ist vielleicht die kälteste Botschaft des Luftsicherungsgesetzes: dass sie staatliche Befugnisse erforderlich oder jedenfalls wirklich machen, für die es innerhalb der Prinzipien des Rechts keinen Ort, keinen Namen und keine Deckung mehr gibt. Wer eine solche Begründung verwirft, muss auch das Gesetz verwerfen, das anders nicht begründbar ist. Wer aber dieses akzeptiert, sollte wissen, was es bedeutet.

Der schleichende Selbstmord des verängstigten Rechtsstaates. Mal sehen, wer oder was die Leiche fleddert.

(danke an Mathias Schindler für den link)

BUBBLE

Post von Cortal Consors:

Die Sun Hung Kai International Ltd. bietet mir an, meine Aktien der COL Capital zu übernehmen. Ich wusste zuerst gar nicht, was das für ein Papier sein soll. Bis ich die (Un-)Tiefen meines Depots, dort, wo ich nur sehr ungern hingucke, mit Hilfe der Wertpapierkennziffern-Suche etwas ausleuchten konnte. China online. Hat der Spiegel mal empfohlen. Ich hoffe, sie haben den Redakteur gesteinigt.

Ich glaube, ich nehme das Angebot an und gehe für den Erlös zweimal einmal anständig essen.

Btw: Hat jemand Interesse an 85 Yellowbubble? Die gäbe es sogar geschenkt.

ERSETZBAR

Ich bin im Sekretariat über eine offene Schublade gestolpert.

Ich: „Da kann ich mich ja jetzt krankmelden.“

Sekretärin: „Machen Sie doch.“

Ich: „Als Selbstständiger dürfen Sie nicht krank werden.“

Sekretärin: „Wieso, ich bin doch da. Ich kann auch gut Geschichten erzählen.“

Ich glaube, sie meinte nicht den law blog.

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

SPRECHZEITEN

Aus einem Schreiben der Stadt Essen, Stadtamt 39:

Sie erreichen mich in der Regel montags, dienstags und donnerstags von 8.30 bis 12.30 Uhr, montags und dienstags von 14 bis 15 Uhr und donnerstags von 15.00 bis 18.00 Uhr; mittwochs und Freitagnachmittag ist keine persönliche Vorsprache möglich.

ANGEQUATSCHT

Das gezielte Ansprechen von Passanten in der Öffentlichkeit ist wettbewerbswidrig. Das hat der Bundesgerichtshof laut beck-aktuell entschieden. Der Fußgänger habe einen Anspruch darauf, dass auch in der Öffentlichkeit seine Individualsphäre gewahrt werde.

Ein interessantes Urteil. Kommunen werden nach der Entscheidung genauer überprüfen müssen, ob sie „Infotische“ etc. ohne weiteres genehmigen können. Auch wenn sich die Zulässigkeit nach öffentlichem Straßenrecht beurteilt, werden sich die Städte kaum zu wissenden „Mittätern“ eines Wettbewerbsverstoßes machen können.

MÜRRISCH

MÜRRISCH

Aus der Berufungsschrift einer Rechtsanwältin:

Wir weisen darauf hin, dass die Berufungseinlegung zunächst nur fristwahrend erfolgt und noch nicht feststeht, dass das Berufungsverfahren durchgeführt wird. Der Berufungsbeklagte wird aufgefordert, von der Bestellung eines beim Berufungsgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten Abstand zu nehmen, bis die Berufung begründet ist.

Aufgefordert? Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass sich der Berufungsbeklagte sofort beim Berufungsgericht melden darf. Er hat dann auch Anspruch auf Erstattung der entstehenden Kosten. Auch berufsrechtlich ist es mittlerweile unbestritten, dass die Interessen des Mandanten im Zweifel Vorrang haben. Und die werden immer besser gewahrt, wenn man sich beim Berufungsgericht gleich meldet.

Eine freundliche Bitte wäre somit angebrachter gewesen. Da die Anwältin aber ein Einzelbüro betreibt, aber trotzdem in der Wir-Form schreibt, und der Berufungsbeklagte in Wirklichkeit eine Frau ist, gehe ich mal davon aus, dass der Schriftsatz aus einem einem antiquarischen Prozessformularbuch für mürrische Anwälte abgeschrieben ist.

FREUNDLICHKEIT VS. BERUFSRECHT

FREUNDLICHKEIT VS. BERUFSRECHT

Telefonnotiz:

Anruf von Frau M. Bittet um RR. Sie hat heute einen Brief von Ihnen erhalten und möchte wissen was darin steht. Spricht kein deutsch.

Die Frau ist auf der Gegenseite. Der Brief ist ein Mahnbescheid. Wenn ich jetzt freundlich bin und ihr erkläre, um was es geht, schade ich womöglich meinem Mandanten. Denn vielleicht legt die Anruferin keinen Widerspruch ein, wenn sie nicht weiß, was Sache ist.

Ich glaube, ich muss den Rückruf lassen.