AMTLICHE IRREFÜHRUNG

AMTLICHE IRREFÜHRUNG

Belehrungen auf Bußgeldbescheiden können mit irreführenden Hinweisen enden, warnt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). So schreibt beispielsweise das Thüringer Polizeiverwaltungsamt unter den „Allgemeinen Hinweisen“ auf den Bußgeldbescheiden: „Die Punktebewertung ist nicht Gegenstand des Bescheides und deshalb nicht durch Einspruch anfechtbar.“ Nach Ansicht der Verkehrsrechtler werde damit fälschlich der Eindruck erweckt, gegen die Punkte könne man sich nicht mehr wehren, sondern nur noch gegen das Bußgeld.

„Das ist natürlich völliger Unsinn!“ so Rechtsanwalt Hans-Jürgen Gebhardt, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im DAV. Gegen die Verhängung von Punkten könne man sich wehren, wenn man den Bußgeldbescheid insgesamt anficht, also Einspruch einlegt. Dies sei vor allem bedeutsam, da bei Bußgeldern ab 40,00 € automatisch Punkte vergeben werden. „Daran sieht man, dass man nicht alles glauben darf, was Behörden schreiben,“ so Gebhardt weiter. Im Übrigen könne man sich erfolgreich gegen Bußgeldbescheide wehren. So gäbe es zahlreiche Fehlerquellen bei den Messverfahren, wie falsche Geschwindigkeitsmessungen, falsche Abstandskontrollen oder auch falsch festgestellte Rotlichtverstöße.

(Pressemitteilung, danke an Sascha Kremer für den Hinweis)

TEMPO

Ein klitzekleines Städtchen unweit von Düsseldorf. Die Durchgangsstraße. Extrabreit und menschenleer. Nur am Rand steht ein Herr in Grün und winkt mit seiner Kelle. „Hier ist
Tempo 30″, belehrt er mich. War ich zu schnell? „4 Kilometer drüber. Das können wir über eine
Verwarnung regeln. Sind sie mit 15 Euro einverstanden?“

Ich will die Geldbörse zücken, aber so einfach ist es nicht. Der Beamte will mir das Messvideo zeigen. „5 Minuten müssen sie schon haben“, sagt er. „Wir wollen doch auch was für die Verkehrserziehung tun.“ Also trotte ich mit rüber zum Polizeibus. Der Wachtmeiser dort macht ein langes Gesicht. „Die Kiste hat mal wieder abgeregelt. Fehlmessung, keine Daten gespeichert.“

Die bisher so gelassene Stimmung wird etwas gereizt, als der erste Beamte trotzdem 15 Euro kassieren will. Ich weise ihn darauf hin, dass ich den Begriff Fehlmessung so verstehe, dass die Messung nicht zuverlässig war. Und einen Beweisfilm gibt es ja auch nicht.

Das wäre egal, meint der Beamte. Messung sei Messung. Und außerdem sei der Kollege ja Zeuge, der habe ihm schließlich das angezeigte Tempo per Funk mitgeteilt. Ich stelle anheim, eine Anzeige aufzunehmen. „Dann muss halt das Amtsgericht entscheiden, ob auch eine Fehlmessung eine Messung ist.“

Auf so was wollen die Herren sich dann doch nicht einlassen. Sie wünschen gute Fahrt. Von hinten naht das nächste Opfer.

DER BOCK ALS GÄRTNER

DER BOCK ALS GÄRTNER

Der Deutsche Anwaltsverein (DAV) hat laut beck-aktuell vor dem so genannten «Schadensmanagement» einiger Versicherer bei Verkehrsunfällen gewarnt. Diese stellten sich häufig als Mogelpackung heraus. Der Geschädigte solle sich unmittelbar an die gegnerische Versicherung wenden. Dies werde beim Schadensmanagement mit dem verlockenden Angebot verknüpft, dass alles für ihn geregelt werde. Dabei fallen aber nicht selten berechtigte Ansprüche unter den Tisch, so der DAV.

Das Schadensmanagement ist ein – natürlich verständlicher – Versuch, Anwalts- und Sachverständigenkosten zu sparen. Die gehören in Deutschland zum Schaden und müssen übernommen werden.

Nach meiner Erfahrung werden vom „Schadensmanagement“ häufig schon selbstverständliche Positionen nicht gezahlt. Etwa die Auslagenpauschale von 25 Euro. Ich habe es auch schon erlebt, dass der Nutzungsausfall zu gering berechnet wird. Kleinere Schäden kann man sicher auch ohne Anwalt regulieren. Wichtig in solchen Fällen ist es aber, sich nicht zu sehr auf die Abrechnung der Versicherung zu verlassen, sondern jede einzelne Position genau zu hinterfragen. Aufs Stichwort liefern die Suchmaschinen Dutzende brauchbarer Checklisten.

SELBSTHILFE

Der Tagesspiegel (via Handakte WebLAWg) gewinnt der Jusitzmisere positive Seiten ab:

Der Deal, die Absprache zwischen Anwalt, Staatsanwaltschaft und Gericht. Er gehört längst zum Alltag, verkürzt die Verfahren und spart wegen der häufigen Bewährung Millionen-Ausgaben für Haftplätze. Ein Skandal? Eher nicht. Der Deal hat den Segen der höchsten Gerichte. Dass Bürger sich deshalb angestachelt fühlen, Strafgesetze zu brechen, ist nicht zu beobachten.

Als Anwalt kann man auch bei weniger kooperationsbereiten Richtern viel erreichen, indem man die Sache eisern angeht. Beweisanträge, kein Verzicht auf Zeugenvereidigung, sehr sorgfältige und eingehende Befragung der Zeugen. Wenn es dann auf 13.30 Uhr zugeht, die Mägen knurren, für heute kein Ende absehbar ist und sogar noch weitere Verhandlungstage (Sachverständige! Auslandszeugen!) drohen, kommt dann unweigerlich der richtige Augenblick, um einen Deal anzustoßen.

Klappt fast immer…

WECHSEL

„Ohne Telefon und Online-Anschluss ist man ja kein Mensch mehr.“ Nach seiner eigenen Einschätzung hat mein Mandant am 10. September 2003 aufgehört zu existieren. An diesem Tag sollte eigentlich sein Telefonanschluss wechseln – von der Firma T. zur Firma A.

Während die Firma T. meinen Mandanten ankündigungsgemäß pünktlich abklemmte, erinnerte sich bei der Firma A. niemand mehr an die ursprüngliche Zusage, die da lautete:

Sie sind höchstens eine Viertelstunde ohne Telefon.

Mein Mandant stand also an einem Telefonhäuschen und rief diverse Callcenter an. Schließlich erfuhr er, es gebe Probleme mit dem Anschluss.

Aber das haben wir in den nächsten 2 Stunden im Griff. Dann funktioniert ihr Telefon.

24 Stunden später erklärte ein Techniker:

Ihr Anschluss ist im Clearing.

Was das heißt, wollte er nicht sagen. Dafür tröstete er meinen Mandanten:

Wenn es im Clearing ist, ist bald alles klar.

So geht das jetzt schon mehr als eine Woche. Bei jedem Anruf wird versprochen, dass es sich nur noch um ein paar Minuten, maximal um eine Stunde handelt.

Die Firma T. bedauert die Sache, kann aber angeblich nicht helfen:

Sie sind seit dem 10. September kein Kunde mehr bei uns. Die Probleme liegen auch nicht auf unserer Seite. Wir können nur was tun, wenn sie wieder zu uns wechseln.

Ein Formular für reumütige Heimkehrer wollte die Dame gleich faxen. Doch dann gluckste sie:

Ach, halt, sie haben ja kein Freizeichen.

Das war der Punkt, an dem mein Mandant begann, sich echt mies zu fühlen.

Fortsetzung folgt.

KINOSPASS

In Düsseldorfer Kinos werden laut Express jetzt die Taschen auf Videokameras kontrolliert. Aus Angst, jemand könnte den Streifen abfilmen und „ins Internet stellen“.

Sich für teuer Geld auch noch von öligen, semiwichtigen Möchtegernbodyguards filzen lassen? Meine ohnehin geringe Lust, mal wieder ins Kino zu gehen, schwindet gegen Null.

SCHÜSSEL

SCHÜSSEL

Das Landgericht München I hat entschieden, dass die Aufstellung einer Satelliten-Schüssel durch den Mieter auf dem Balkon der zugehörigen Wohnung zulässig ist, sofern die Schüssel auf einem Ständer und nicht am Mauerwerk befestigt wird. Hierin sei weder eine optische Beeinträchtigung des Anwesens noch ein Eingriff in die Eigentumsrechte des Vermieters gegeben (Anwalt-Suchservice, gefunden bei Vertretbar.de).

ANONYM

Das Landgericht Frankfurt am Main hat durch Beschluss vom 15.09.2003 festgestellt, dass es für die vom Bundeskriminalamt (BKA) begehrte Aufzeichnung von Telekommunikationsdaten im Rahmen des Anonymitätsdienstes «AN.ON – Anonymität Online» im Internet keine Rechtsgrundlage gibt (Az.: 5/6 Qs 47/03).

Näheres bei beck-aktuell.

SÜCHTIG

SÜCHTIG

Ich habe mit einen Fall zu tun, in dem eine heroinabhängige Mutter es nach einigen Jahren geschafft hat, clean zu werden. Dann wurde sie schwanger. Ab dem 4. Monat hat sie dann wieder Heroin konsumiert. Jetzt kriegt das Baby, das gerade mal 2000 Gramm wog, Methadontropfen. Seine erste Lebenserfahrung ist schleichender Entzug.

EFFIZIENT

Bevor ich mich für den Rest des Tages nach Kassel verabschiede, möchte ich die dortige Justiz loben.

Mein Mandant wurde am Sonntag, 7. September 2003 verhaftet. Verdacht auf Kreditkartenbetrug. Ich habe mich gleich am Montag gemeldet und Haftprüfung beantragt. Nur 30 Minuten später hat mir der Ermittlungsrichter eine Kopie des Haftbefehls, des Vorführprotokolls und eine Ladung für den heutigen Termin gefaxt.

Mit dem Staatsanwalt, der mich sogar zurückgerufen hat, habe ich dann ein freundliches Gespräch geführt. Hierauf wurde Anklage im beschleunigten Verfahren erhoben. Mit der Folge, dass ich mich Anfang dieser Woche mit dem Richter verständigen konnte, statt der heutigen Haftprüfung direkt eine Hauptverhandlung abzuhalten.

Mein Mandant wird – die Beweislage lässt nichts anderes zu – gestehen. Der Richter gibt ihm eine angemessene Bewährungsstrafe, über die wir uns im Grundsatz schon verständigt haben.

Ich kann den Mandanten gleich mit nach Hause nehmen. Und nach 10 Tagen ist das Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen.

Das ist effiziente Justiz. Wäre schön, so was auch mal bei uns in Nordrhein-Westfalen zu erleben.

10 MINUTEN NOCH

10 MINUTEN NOCH

Ich belausche ein Gespräch auf dem Gerichtsflur.

Mandant: Ich habe mit der Sache nichts zu tun. Das ist eine Verwechslung.

Anwältin: Ja, aber wenn sie es zugeben, wird es halb so schlimm. Sie haben doch gehört, was die Richterin sagt.

Mandant: Ich war es aber nicht. Ich kann keine Sache zugeben, für die ich nicht verantwortlich bin.

Anwältin: Können sie schon. Sollten sie auch. Weil es dann vorbei ist. Ist doch besser, man kriegt ein paar Monate auf Bewährung. Sonst kommt die Richterin noch auf die Idee und sperrt sie für ein halbes Jahr weg.

Mandant: Aber ich war es nicht.

Anwältin: Darauf kommt es gar nicht an. Wenn sie einmal angeklagt sind, glaubt ihnen diese Richterin sowieso nichts mehr. Das ist halt so. Die sagt sich, wenn es einer bis zu mir schafft, dann hat er Dreck am Stecken.

Mandant: Also gebe ich es zu?

Anwältin: Kommen sie, dann ist in 10 Minuten alles vorbei.

Beide gehen zurück in den Saal, wo kurz darauf „Recht“ gesprochen wird.

QUOTE FÜR BILLIGFLIEGER

QUOTE FÜR BILLIGFLIEGER

Bei Billigflugofferten müssen Fluglinien mindestens zehn Prozent der verfügbaren Plätze im Flugzeug zum niedrigen Preis anbieten oder alternativ die genaue Anzahl der zur Verfügung stehenden Billigtickets angeben, hat das Landgericht Hannover entschieden.

Damit dürfte die Jagd nach Ticketschnäppchen etwas transparenter werden. Ich frage mich nur, wieso bei Billigangeboten nicht grundsätzlich das Kontingent angegeben werden muss.

(tagesschau.de via m.e.p.HISTO-blog)

FRISTEN

Wer Fristen in letzter Sekunde wahren will, lebt gefährlich. Ein Anwalt faxte laut beck-aktuell um 23.58 Uhr seine Berufung ans Gericht. Doch das Gerichtsfax druckte die Eingangszeit mit 00.04 Uhr aus.

Damit wäre die Berufung zu spät gewesen, hätte der Anwalt nicht auf seinen Einzelverbindungsnachweis der Telekom verweisen können. Der Bundesgerichtshof gab ihm Recht mit der Begründung, dass die Telekom die Zeit besser im Griff hat als eine Justizbehörde.