UNGEWISSE AUSSICHTEN

Aus den Mitteilungen des Rechtsanwalts-Versorgungswerks Düsseldorf:

In den letzten 12 Monaten sind 40 Mitglieder vor Eintritt in die Altersrente verstorben mit einem Durchschnittsalter von 48 Jahren. Nach Eintritt in die Altersrente sind 11 Mitglieder verstorben mit einem Durchschnittsalter von 67 Jahren.

Wenn ich das so lese, scheinen mir die 1.023,75 € im Monat bei Rentenbeginn mit 65 eher eine schlechte Wette.

REIBACH MIT FIFA-LOSEN

Ein Dekorateur aus Magdeburg hat die Lose im Müll gefunden, mit denen am 9. Dezember die WM-Endrunde ausgelost wurde. Rund 60.000 Euro hätte er mit dem Verkauf auf ebay erlösen können, errechnet die WELT. Nach neueren Berichten 1 2 ist die Auktion neu gestartet worden, weil es sich nur um Lose handeln soll, die bei den Proben verwendet wurden.

Die Fifa, humorlos wie immer, wehrt sich mit juristischen Schritten. Angeblich soll der Verkäufer eine „Abmahnung“ erhalten haben. Ob er allerdings die Namens- und Markenrechte der Fifa verletzt, darf bezweifelt werden. Immerhin hat die Fifa ihre Logos ja selbst auf die Sachen gedruckt.

Interessanter ist wahrscheinlich die Frage, ob der Mann wirksam Eigentum an den Losen erworben hat. Da stellt sich die alte Streitfrage, ob Sachen, die jemand in den Müll gibt, „herrenlos“ werden. Nur dann hätten Dritte die Möglichkeit, sie an sich zu nehmen und Eigentümer zu werden.

(Danke an M. Steinmetz für den Link)

TEURE ARIEN

Wer seine Schallplattensammlung entrümpelt oder sonstige Klangschätzchen auf ebay vertickt, sollte vorher auf diese Webseite schauen. Dort wird berichtet, dass ein Hamburger Anwalt, der die Opersänger Carreras und Domingo vertreten soll, gezielt Anbieter von Opern-CDs abmahnt.

Die beanstandeten Scheiben sollen sämtlich offiziell in Deutschland verkauft worden sein, zum Beispiel in Supermärkten. Für die Betroffenen ist also meist gar nicht zu erkennen, dass es sich um nicht (mehr?) lizenzierte Produkte handeln könnte.

(Danke an Marc Wickel für den Link)

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

LIEBER SOCKEN

Wie ich erfahren habe, ist ein Weihnachtsgeschenk für mich in letzter Minute verhindert worden. Was Duftiges aus der Serie „Provocation“. Von Dieter Bohlen.

Schon erstaunlich, wie gut einen nächste Angehörige mitunter kennen.

KINDHEIT UND DROGEN

„Doktors Kolumne“ in der Rheinischen Post beschäftigt sich heute mit der Drogensucht. Heroinabhängigkeit sei eine Krankheit, schreibt der Autor. Und erklärt:

Fast immer verlief die Kindheit der Kranken problematisch bis katastrophal, kaum je wird man Patienten finden, die in einem Klima von Vertrauen, Liebe und Zuwendung aufwuchsen.

Also, meine Erfahrung sieht anders aus. Mindestens 30 % meiner Mandanten mit Drogenproblematik hatten eine, kurz gesagt, normale Kindheit.

AUSNAHMSWEISE NICHT

Leitsatz der Neuen Zeitschrift für Strafrecht zu einem Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld (2005, 712):

Ist die Verjährung in einer Bußgeldsache auf Grund eines Umstandes eingetreten, der außerhalb der Sphäre des Betroffenen liegt, so ist es bei Einstellung des Verfahrens nicht gerechtfertigt, ausnahmsweise die notwendigen Auslagen nicht der Staatskasse aufzuerlegen.

ROT UNTERSTRICHEN

Die Rolle ist der Terminsaushang an der Tür des Gerichtssaals. Mitunter werden Anwälte dort ausdrücklich als „Pflichtverteidiger“ aufgeführt. Werner Siebers weist darauf hin, dass diese Angabe unnötig und diskriminierend ist. Welchen Informationsgehalt hat es für das Publikum, ob der Anwalt des Beschuldigten vom Staat bezahlt wird?

Dann könnte man auch noch fragen, wieso die Namen von Beschuldigten, welche aus der Haft vorgeführt werden, oft rot unterstrichen werden.

OHNE FOLGEN

Bei Vernehmungen trifft Polizeibeamte eine gewisse Fürsorgepflicht. So zum Beispiel, wenn der Beschuldigte zwar zunächst einen Anwalt sprechen will, aber darauf verzichtet, weil er diesen nicht bezahlen kann. Dazu der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 18. Oktober 2005:

Allerdings wäre es, nachdem der Angeklagte bei seiner polizeilichen Vernehmung am 28. August 2002 auf die Frage, ob er einen Rechtsanwalt nehmen wolle, dies nicht verneinte, sondern lediglich erklärte, er könne sich keinen Rechtsanwalt leisten, und damit klar geworden war, dass der Angeklagte eigentlich einen Rechtsanwalt konsultieren wollte, sich dazu aber allein durch durch seine Mittellosigkeit gehindert sah, angezeigt gewesen, den so inzident geäußerten Wunsch des Angeklagten nach einem Verteidiger nicht zu übergehen.

Der Angeklagte hätte zunächst darüber belehrt werden sollen, dass fehlende Mittel einen ersten Kontakt zu einem Rechtsanwalt nicht ausschließen, da dieser in Fällen der vorliegenden Art in der Regel trotzdem im Hinblick auf die später zu erwartende Pflichtverteidigerbestellung sofort tätig wird, und dass dem Beschuldigten deshalb die Möglichkeit gegeben werden kann, einen Rechtsanwalt seines Vertrauens zu kontaktieren oder – gegebenenfalls – den anwaltlichen Notdienst anzurufen.

Leider stuft das Gericht den Verfahrensverstoß als „nicht gravierend“ ein. Deshalb sei die Aussage des Beschuldigten trotzdem verwertbar. Letztlich werden also erneut wichtige Verfahrensregeln aufgestellt, welche Polizeibeamte sich noch nicht einmal merken müssen. Ihre Verletzung bleibt nämlich folgenlos.

(1 StR 114/05)

VEREINFACHTE BEARBEITUNG

In einer Ermittlungsakte findet sich – ohne jeden sonstigen Zusammenhang – folgender handschriftliche Satz meines Mandanten:

Ich hab alles gemacht was mich vorgeworfen.

Offensichtlich erschien dies dem Sachbearbeiter bei der Kripo, der die angeblichen Ladendiebstähle auf den Tisch bekam, auch etwas dünn. Jedenfalls hielt er eine Anmerkung für nötig:

Das Formular sei dem Tatverdächtigen nach der Tat von den einschreitenden Polizeibeamten vorgelegt worden. Das alles im Rahmen der vereinfachten Anzeigenbearbeitung. Das Geständnis beziehe sich aber auf alle Taten, auch die einige Tage zuvor.

Das ist doch ein Musterbeispiel für Bürokratieabbau. Demnächst: Blanko-Geständnisse vom Abreißblock.

HÖLLENSTOFFE

Telepolis berichtet, wie Kunden von Versandhändlern ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten. Und das nur, weil sie legale Chemikalien bestellt haben, die sich in jedem Chemiebaukasten finden. Staatsanwaltschaften sollen hinter den Bestellungen Bombenbastler vermuten und massenweise Ermittlungsverfahren lostreten. Von bis zu 1.700 Hausdurchsuchungen ist die Rede.

(Danke an Tilman Hausherr für den Link)

PRINCESS: STREITWERTE IN BEWEGUNG

von Diplom-Jurist Sascha Kremer

Die Berichterstattung hat (leider) wenig genutzt: Immer noch melden sich regelmäßig schockierte (Privat-)Personen, denen eine Abmahnung in Sachen „Princess“ zugegangen ist (siehe Abmahnungen wegen Princess und Princess: Stand der Dinge).

Zwischenzeitlich scheint allerdings die abmahnende Kanzlei zumindest ein wenig den Überblick verloren zu haben: Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erfassen zwar häufig Unterlassungs- und Auskunftsansprüche (vgl. §§ 14 Abs. 5, 19 Abs. 3 MarkenG), zuweilen aber auch nur Unterlassungsansprüche, obwohl die Sachverhalte grundsätzlich vergleichbar sind. In der Regel handelt es sich nämlich um Angebote auf eBay, bei denen Schmuckstücke aller Art in der Auktionstitelzeile unter Verwendung der Bezeichnung „Princess“ angeboten werden.

Da im Gerichtsbezirk des OLG Stuttgart (ebenso wie in einigen anderen Gerichtsbezirken auch) der Streitwert für Unterlassungs- und Auskunftsansprüche in Markenangelegenheiten im einstweiligen Verfügungsverfahren und im anschließenden Hauptsacheverfahren gleich hoch angesetzt wird, hatte sich für gewerbliche „Princess-Verletzer“ auf eBay zuletzt ein Streitwert von 75.000,- EUR als Regelbemessung durchgesetzt.

Allerdings war sowohl dem LG Stuttgart als auch den abmahnenden Anwälten durchgegangen, dass sich die 75.000,- EUR nur auf solche Verfahren bezogen, in denen sowohl Unterlassungs- als auch Auskunftsansprüche geltend gemacht wurden.

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UNHEIMLICH WICHTIG

Die Beklagte hatte zwei Wochen Zeit, auf die Klage zu erwidern. Verhandlungstermin am Amtsgericht war eine knappe Woche später. Am Tag des Fristablaufs meldete sich eine Anwältin bei Gericht und bat darum, den Termin aufzuheben. Begründung:

Der Geschäftsführer der Beklagten ist nicht nur wichtig. Er ist unheimlich wichtig. Unter anderem muss er einen Event organisieren, der am Tag nach der Verhandlung stattfindet. Dorthin kommen nicht nur Leute, die schon mal bei RTL waren. Sondern richtige Stars. Wie soll der arme Geschäftsführer es bei diesem Stress noch ins Amtsgericht schaffen?

Der Richter wies den Mann darauf hin, dass er doch gar nicht kommen muss. Sein persönliches Erscheinen war nicht angeordnet. Außerdem konnte der Richter nicht erkennen, dass es in den 14 Tagen seit Zustellung der Klage nicht möglich gewesen sein soll, die Anwältin in der Sache zu informieren. Im Verlegungsantrag stand dazu jedenfalls nichts. O-Ton Richter: „Wenn man die Sachen bis zu letzten Tag liegen lässt, muss man halt auch die Konsequenzen tragen.“

Manchmal finde ich es richtig gut, wenn Richter eisern sind. Vor allem, wenn für mich ein Anerkenntnisurteil rausspringt.