WEITER STREIT UM HAKENKREUZE

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Anklage gegen einen Versandhändler zugelassen, der Protestartikel gegen Neonazis vertreibt. Dazu gehören zum Beispiel T-Shirts mit Hakenkreuzen in Halteverbotszeichen. Dem Mann wird vorgeworfen, hierdurch in strafbarer Weise Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen zu verwenden.

Das Oberlandesgericht Stuttgart vertritt in dem Beschluss die Auffassung, es komme nicht darauf an, ob der Täter dem Symbolgehalt der Kennzeichen zustimme oder nicht. Einer der gesetzlichen Ausnahmefälle liege nicht vor.

Die Sache muss jetzt vor dem Landgericht Stuttgart verhandelt werden.

Pressemitteilung des OLG Quelle des Links

FAST GEMOGELT

Bei Reisen in fremde Städte spendiert der Staat Pflichtverteidigern nicht nur Kilometer-, sondern auch Abwesenheitsgeld. Für bis zu vier Stunden gibt es 20 €, für vier bis acht Stunden 35 €. Für Wuppertal hatte ich eingetragen:

„2. Hauptverhandlungstag, 12.35 bis 16.50“

Allerdings fiel mir gerade ein, dass ich das verspätete Mittagshäppchen auf der Nordstraße und den Abstecher zu Strauss Innovation hier in Düsseldorf eher auf meine eigene Kappe nehmen sollte. Womit ich wieder unter vier Stunden lag.

Aber Hauptsache, ein gutes Gefühl.

KEIN BLAULICHT

Telefonnotiz:

Hr. V., Polizei, teilt mit, dass die Sache H. nächste Wo. samt unserer Akteneinsichtanfrage an die StA raus geht. Hat sich wg. Schwangerschaften verzögert.

Dem entnehmen wir zumindest, dass FTPWelt.com nicht überall zu den Blaulichtfällen zählt.

DEUTSCH – BIS AUF WEITERES

Art 16 Grundgesetz:

Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird. …

Eine eindeutige Regelung. Sollte man meinen. Doch nicht eindeutig genug für Juristen, um ein Schlupfloch zu finden. Für den Fall, dass die Staatsbürgerschaft durch Täuschung erschlichen wurde, gilt der Bestandsschutz nicht. Sondern die Staatsbürgerschaft kann auf Grund des ganz normalen Verfahrensgesetzes zurückgenommen werden, mit dem auch Führerscheine aufgehoben und Sozialhilfebescheide kassiert werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Zwei Richter des zuständigen Senats stimmten gegen diese Auffassung.

Mit der Entscheidung wird die deutsche Staatsangehörigkeit für Eingebürgerte entwertet. Denn plötzlich wird diese wichtige Rechtsposition Gegenstand von Tatsachenfragen. Jetzt kann sogar nachträglich geschnüffelt werden, die Echtheit von Urkunden oder Angaben bezweifelt werden.

Dummerweise sind gerade diese Dinge häufig eine Frage der Wertung. Wer schon mal mit Urkunden aus Asien oder Schwarzafrika zu tun hatte, weiß, dass deren Entstehungsprozess nicht immer unbedingt den Maßstäben eines schwäbischen Standesbeamten und seiner Verfahrensgesetze genügt.

Wenn diese Urkunden aber einmal geprüft und für o.k. befunden worden sind, sollte es auch gut sein. Sonst ist der Eingebürgerte wirklich nur ein Deutscher zweiter Klasse. Spätestens wenn gegen ihn strafrechtlich ermittelt wird, kann jetzt auch gleich noch mal der komplette Einbürgerungsvorgang durchleuchtet werden. Es braucht nicht wenig Fantasie, um sich das damit verbundene Druckpotenzial zu erschließen.

Interessant auch, mit welcher Leichtigkeit das Bundesverfassungsgericht über die historischen Gründe hinweggeht, die dazu bewogen haben, die deutsche Staatsbürgerschaft weitgehend unantastbar zu gestalten. Das klingt so, als sei unser Land gegen eine Rückfall in schlechtere Zeiten vollkaskoversichert. Hoffen wir mal, dass es so ist.

Pressemitteilung Urteil des Verfassungsgerichts

DIENSTLICHE GRÜNDE

Ein Richter hat gerade eine kleinere Verhandlung (ohne Zeugen) verschoben, die für Freitag vorgesehen war. Per Fax. „Aus dienstlichen Gründen.“

Na, dann viel Erfolg im Dienst. Für die meisten anderen ist ja Brückentag.

AUCH KRIMINELLE SCHULDEN UNTERHALT

Auch wer sein Geld mit kriminellen Aktivitäten verdient, sollte korrekt Unterhalt für seine Kinder zahlen. Das Landgericht Berlin verurteilte jetzt einen Mann wegen Verletzung der Unterhaltspflicht zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten. Der Vater verdiente als Arbeitnehmer 880 €, knapp 600 € kamen durch Untreue bzw. Unterschlagung dazu.

Aus dem Urteil:

Denn nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind zur Feststellung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens grundsätzlich alle Einkünfte heranzuziehen, die dem Unterhaltsschuldner zufließen, gleich welcher Art diese Einkünfte sind und aus welchem Anlass sie im Einzelnen erzielt werden (vgl. z.B. BGH Urt. v. 7. 5. 1986, FamRZ 1986, 780, 781). Unter diese Definition fallen auch durch Straftaten erlangte Einkünfte. Für sie gilt nichts anderes. Dies wird damit begründet, dass bei Nichtzahlung von Unterhalt häufig und typischerweise der Unterhaltsbedürftige aus Steuermitteln (Sozialhilfe, Arbietslosengeld II, Unterhaltsvorschuss) unterhalten werden muss. Der durch die Straftat bereits verursachte Schaden würde daher oft noch in unverständlicher Weise vergrößert, wenn das durch eine Straftat erzielte Einkommen unbeachtlich bliebe.

Nur in einem Punkt macht das Gericht Unterschiede:

Der Unterschied zu legalen Einkünften besteht lediglich darin, dass eine illegale Tätigkeit vom Unterhaltsschuldner jederzeit abgebrochen werden darf, ohne dass ihm dies unterhaltsrechtlich – in Form von fiktiven Einkünften – vorgehalten werden könnte, während beim mutwilligen Abbruch einer legalen Tätigkeit auch bloß erzielbare, aber tatsächlich nicht erzielte Einkünfte die Leistungsfähigkeit und damit ggf. Strafbarkeit des Täters begründen können.

(NStZ 2006, 295)

AUFGEZEIGT

Ein Lied pfeifend und sichtbar gut gelaunt radelte in Aachen am vergangenen Wochenende ein 25-jähriger an uniformierten Ordnungshütern vorbei – und missachtete dabei das Rot der Ampel. Die Beamten stellten ihn folgerichtig zur Rede und fanden heraus, dass der Mann zur Verbüßung einer Reststrafe von acht Monaten gesucht wurde. Dessen gute Stimmung endete laut Polizeibericht „abrupt“. Behördensprecher Paul Kemen kommentiert das Verhalten pädagogisch: „Wer so aufzeigt, der muss auch damit rechnen, dass er drangenommen wird!“ (pbd)

MÖGLICHST WENIG PUBLIKUM

Aus einem „Anhörbogen“, den ein ostdeutsches Polizeipräsidium an einen Beschuldigten gesandt hat:

Falls Sie vernommen werden möchten, werden Sie gebeten, sich zur Vereinbarung eines Termins mit der angegebenen Dienststelle fernmündlich in Verbindung zu setzen.

Aber keine Telefonnummer. Weder Durchwahl. Noch Zentrale.

Da setzt aber jemand alles dran, dass der Beschuldigte sich schriftlich äußert und ihn nur ja nicht auf der Dienststelle heimsucht.

IN DEN WIND

Wie viel Juristen in den Wind schwafeln können, zeigt eine neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der 1. Strafsenat hatte sich mit dem Urteil gegen einen mutmaßlichen Drogenhändler zu beschäftigen. Das Landgericht Mosbach hatte den Mann verurteilt, weil es der Aussage dessen Begleiters uneingeschränkt glaubte. Insbesondere beeindruckte die Strafkammer am Landgericht, wie freudig und detailreich der Hauptbelastungszeuge aussagte.

Dem entgegnet der Bundesgerichtshof knochentrocken:

Bei der Verneinung eines Falschbelastungsmotivs aufgrund des Detailreichtums hätte die hier nahe liegende Möglichkeit erkennbar mit in Erwägung gezogen werden müssen, dass S. … der Haupttäter war. Als solcher hätte er gleichfalls sämtliche Einzelheiten des Tatgeschehens gekannt. Zudem musste er – allerdings unter Herabspielen seiner Rolle – die Tatumstände offen legen, um die erhofften Vergünstigungen zu erlangen. Damit verliert das Argument von der Aussagekonstanz zugleich an Gewicht. Als ihm entgegen seiner Erwartungen die Vergünstigungen nicht gewährt wurden, lag es deshalb nahe, dass er seine Aussage in gleicher Weise wiederholen würde, um nicht – zusätzlich zum Bewährungswiderruf – als Haupttäter des angeklagten Tatgeschehens verurteilt zu werden.

(Die Entscheidung; Quelle des Links)

KEINE BANK

Nach einigen Diskussionen hatte das Gericht ein Einsehen. Das Verfahren wurde eingestellt. Frau S. muss lediglich eine Auflage erfüllen. 500 € für einen guten Zweck. Zahlbar in vier Monatsraten.

Ich schickte also den Einstellungsbeschluss mit der Bankverbindung des Gerichts. Mein Glaube an das Gute im Menschen war nach einigen Monaten wiederhergestellt, denn Frau S. hat sogar meine Rechnung weitgehend bezahlt, wenn auch in Raten von 100,00 €.

Jetzt weist das Gericht darauf hin, dass die Auflage noch offen ist. Frau S. kann das nicht verstehen. „Ich habe das Geld doch überwiesen.“ Und wohin? „Na, auf Ihr Konto.“ Dann war das Geld also gar nicht meins, jedenfalls wenn es nach Frau S. geht.

Allerdings geht mein Glaube an das Gute im Menschen jetzt nicht so weit, dass ich den Betrag wieder ausbuchen lasse, ihn ans Gericht leite und dann wieder auf meine Gebühren warte. Im Betreff der Überweisungen steht nämlich gar nichts drin. Da war ich ja wohl berechtigt, den Geldeingang als Gebührenzahlung anzusehen, zumal ich mich bislang auch nicht für eine Gerichtszahlstelle gehalten habe.

Außerdem bin ich kein Kreditinstut.

KEIN ADLER FÜR JEDEN

Darf man den Bundesadler einfach so abdrucken? Zum Beispiel in einer Broschüre? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach:

§ 124 Ordnungswidrigkeitengesetz
Benutzen von Wappen oder Dienstflaggen

(1) Ordnungswidrig handelt, wer unbefugt
1. das Wappen des Bundes oder eines Landes oder den Bundesadler oder den entsprechenden Teil eines Landeswappens oder
2. eine Dienstflagge des Bundes oder eines Landes benutzt.
(2) Den in Absatz 1 genannten Wappen, Wappenteilen und Flaggen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden.

Unbefugt ist alles, was den Anschein einer amtlichen Benutzung entstehen lassen kann (Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, § 124 Rdnr 7). Je amtlicher die Publikation also wirkt, desto gefährlicher wird es.