12 Punkt in der Vermerkzone

Ist es die Lust der Landesregierung NRW, die Nervenstärke ihrer Bediensteten zu prüfen, sie gar zu quälen? Nur wenige Wochen nachdem diese, wie berichtet, per Verfügung von ganz oben nach ganz unten mit Regel um Regel auf das neue Landeswappen eingestimmt worden sind, kommt jetzt ein neuer Erlass: „Das neue Nordrhein-Westfalen-Design macht auch für die Gestaltung des Schriftverkehrs Vorgaben.“

Und die haben es in sich.

Künftig darf im amtlichen „Schriftgut“ nur noch die Type „Arial“ verwendet werden. In ausschließlich der Größe „12 Punkt“. Weil es bei offiziellen Anordnungen immer wieder Ausnahmen gibt, darf „für die Angaben in der Kopfzeile und in der rechten Spalte“ eine kleinere Schriftgröße gewählt werden. Zum Kleingedruckten gehören sinnigerweise denn auch Rechtsmittelbelehrungen – Hinweise also, wie sich Bürger gegen etwa negative Bescheide wehren können.

Vermerke wie „Persönlich“ oder „Vertraulich“ sind, so heißt in dem Ukas verbindlich, „unmittelbar über die Anschrift in die Zusatz- und Vermerkzone des Anschriftfeldes zu setzen“. Angeordnet wird auch, dass der „Betreff“ in einem Schreiben fett gedruckt sein muss. Um was dann geht, kann „darunter“ in normaler Schrift stehen.

Was das alles soll, erklärt das Finanzministerium in einem fiktiven Brief an Herrn Mustermann in Düsseldorf. Auf dem großen Medienmarkt, angesichts der „ungeheuren Konkurrenz“ kommerzieller und öffentlicher Werbung, solle sich die Landesregierung mit allen nachgeordneten Behörden, Betrieben, Gesellschaften und Initiativen „durch die konsequente Anwendung eines Corporate Designs“ verstärken können.

Was das wiederum heißen soll, wird tatsächlich so beschrieben: „Das Landes-Design unterstreicht durch ein sinnvolles Maß gemeinsamer Gestaltungselemente die Absender-Kompetenz.“ Und schafft „ein Höchstmaß an kreativer Anwendbarkeit“. So aufgerufen, dürfen die 262 500 Beamte und 113 000 Angestellten des Landes sich bis Mitte Juli ihre Gedanken zu diesem Erlass machen.

Sie sollen auch gleich Angaben machen – zum „überschlägig geschätzten Zeit- und Kostenaufwand“ für die Umstellung. Dass solche Arbeit andererseits Zeit und Geld kostet und wie viel, bleibt ohne jeden Belang. Es gilt wörtlich, dass man Konzeptionen für Öffentlichkeitsarbeit durchhalten und mit langem Atem durchsetzen muss. Aus den Amtsstuben indes sind nur Seufzer, ist nur Stöhnen zu hören. (pbd)

Post für den Erklärbär

Wenn ein Angeklagter freigesprochen wird, zahlt die Staatskasse den Verteidiger. Und auch, wenn das Gericht eine Anklage erst gar nicht zulässt. In so einem Fall habe ich – aus meiner Sicht – ordnungsgemäß alle Positionen angemeldet. Grundgebühr, Verfahrensgebühren, Erledigungsgebühr, Auslagen, Kopierkosten etc.

In jedem Gericht gibt es Beamte, die genau prüfen, ob jeder Cent gerechtfertigt ist. Diese Mitarbeiter kosten vermutlich so viel, dass es billiger wäre, sie abzuschaffen und den Anwälten stets die gesetzlichen Höchstbeträge zu bewilligen. Aber das ist natürlich so absurd wie der Traum von einem einfachen Steuerrecht.

Mir jedenfalls schreibt so ein Kostenbeamter:

… werden Sie gebeten, die Gebühren des Antrages zu begründen.

Ich überlege zuerst, ob ich ihm einen Link zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz schicke. Da stehen alle Gebühren drin. Aber ich belasse es wohl zunächst bei der freundlichen Bitte, mir mitzuteilen, welche Gebühren Bauchschmerzen verursachen. Sollte die Antwort nicht zu absurd ausfallen, nehme ich dann auch gern Stellung.

Sind nicht alle so

Aus bestimmten Gründen brauchte ich heute die Zustimmung eines gegnerischen Rechtsanwaltes. Zu einer Fristverlängerung. Der Kollege hätte mich ohne weiteres am ausgestreckten Arm verhungern lassen können.

Hat er aber nicht.

Das hat mich überrascht. Aber so was von positiv.

Glückstag

Bei der Vermietung einer Wohnung mit Garten hatte ich im Winter zugesagt, die Terrasse neu machen zu lassen. Nachher habe ich dann erfahren, was so was heutzutage kostet. Na ja, jetzt sind die Arbeiten erledigt. Die Mieterin sagt, es gefällt ihr gut. Sie könne auch nicht erkennen, dass die Handwerker irgendwo geschludert hätten.

Heute muss ein Glückstag sein.

In Sachen…

Die Batterien im Diktiergerät haben nur zwei Wochen gehalten. Entweder taugen die nichts. Oder die ruhige Sommerzeit fällt dieses Jahr aus.

Kommt Zeit, kommt Straffreiheit

Schon sechs Jahre zieht sich der Fall einer Mandantin, die ohne erforderliche Genehmigung einen Kampfhund gehalten haben soll. Gegen die Mandantin ist im Sommer 2001 ein Strafbefehl erlassen worden. Der war gestützt auf § 143 Strafgesetzbuch. Die Vorschrift drohte jedem, der ohne Erlaubnis einen „gefährlichen Hund“ hält, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren an.

In wenigen Tagen soll über den Einspruch gegen den Strafbefehl verhandelt werden. Bei der Vorbereitung las ich zunächst, dass das Bundesverfassungsgericht einen Teil des § 143 Strafgesetzbuch für verfassungswidrig erklärt hat. Allerdings nur einen Absatz, der sich auf Züchter und Händler, nicht jedoch auf Hundehalter bezieht. Der Bundestag hatte sich im Kompetenzgestrüpp des Grundgesetzes verstrickt. Jedenfalls war er nach Meinung der Verfassungsrichter überhaupt nicht zuständig.

Erfreulich war der Check, ob der Gesetzgeber Konsequenzen aus der Entscheidung des Verfassungsgerichts gezogen hat. Und wenn ja, welche. Der Bundestag hat vor einem knappen Jahr den § 143 Strafgesetzbuch komplett aufgehoben. In die gedruckten Gesetzestexte hat es diese Änderung teilweise noch gar nicht geschafft.

Die Strafnorm, auf welche der Strafbefehl gestützt ist, existiert also nicht mehr. Wenn ich nicht völlig falsch liege, wird § 2 Abs. 3 Strafgesetzbuch angewendet werden müssen:

Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

Kein Gesetz, milder geht’s doch gar nicht.

Falls Sie Pech haben

Wollen Sie die Domain „anwalt-düsseldorf.de“ erwerben? Per Spammail warb am Samstag eine Kölner Werbeagentur für diese einmalige Gelegenheit. Begründung:

… dass eine „gute“ Internet-Domain heutzutage sehr wichtig ist um im Internet auffindbar zu sein, bedarf – glaube ich – keiner Diskussion. Selbstverständlich spielt auch die Einfachheit der Begriffe und Schlagwörter in der Domain– um Sie sich leichter zu merken– eine entscheidende Rolle. Daher hat unsere Eingabe der Suchbegriffe „Anwalt Düsseldorf“ in der Suchmaske der Suchmaschine von Google (www.google.de) (http://www.google.de/search?hl=de&q=anwalt+d%C3%BCsseldorf&meta=) ca. 1.190.000 Ergebnisse geliefert und in den lokalen Ergebnisse der gleichen Suchmaschine (http://www.google.de/maps?hl=de&q=anwalt&near=D%C3%BCsseldorf&view=text
&sa=X&oi=local&ct=title ) waren es immer noch ca 16.184 Ergebnisse. D.h. falls Sie Pech haben und nicht in unter den ersten 50 dieser Liste gelistet sind (weil kein Mensch danach Lust hat weiter zu klicken), könnte es sein, dass Sie niemals erreichbar für potentielle Mandanten sind, die Ihren Namen nicht kennen.

Schon wenige Stunden später der Rückzieher:

… wie müssen uns für unsere E-Mail entschuldigen. Wir wollten Ihnen keine „Spams“ schicken, sondern lediglich nur Anfragen und informieren, weil wir für Sie nur einen Vorteil sahen.

Weil wir eine sehr junge Werbeagentur sind, ist uns ein Fehler unterlaufen! 1. haben Sie aufgrund eines Systemfehlers auch mehrmals unsere E-Mail erhalten und 2. wussten wir nicht, dass dies unter Umständen verboten sein kann (Wir wollten Sie lediglich nur informieren, damit Sie einen Vorteil haben).

Netterweise hat uns einer Ihrer Kollegen (ohne entgeltliche Abmahnung), damit wir als junge Werbeagentur überhaupt eine Chance haben noch als Firma zu existieren, dass wir Ihm keine solcher „Info oder Angebotsemails“ schicken und uns auf die rechtliche Lage hingewiesen. Bitte geben Sie uns nochmals die Gelegenheit „zu überleben“.

Wir entschuldigen uns für die Umstände und werden Ihre Adresse aus unserer Liste löschen und Ihnen keine weiteren E-mails mehr schicken.

Nochmals: Es tut uns leid.

Hochachtungsvoll
S. K. (Geschäftsführer)

Die Chance aufs „Überleben“ bewerte ich, offen gestanden, eher als gering.

Quer-TV

Am Amtsgericht Mönchengladbach geht in Bußgeldsachen nichts ohne tatkräftige Zeugen. Die Messvideos bestimmter Polizeidienststellen benutzen ein Format, welches der Dienstfernseher (grooooße Bildröhre) nur richtig anzeigt, wenn er auf der Seite steht. Der als Zeuge geladene Polizist legte schon von sich aus Hand an; aber auch der Richter war sich zum Anpacken nicht zu schade.

Die kleine Vorführung hat sich sogar gelohnt. Das Bußgeld ging auf 35 Euro runter. Was bedeutet, dass mein Mandant, ein Berufskraftfahrer, keinen weiteren Punkt in Flensburg erhält.

Immer an die Zielgruppe denken

Die Zeitschrift Maxim* stellt in der Sektion Entertainment DVDs, Games, Musik und Hörbücher vor. Fürs gedruckte Wort ist kein Platz (mehr). Eine fast schon charmante Erklärung bietet die Unterzeile zur Rubrik Hörbücher:

Die besten Bücher, die man nicht lesen muss.

* Wie immer nur zur Kurzweil der Mandanten gekauft.

Verspannt

Spar-Markt. nah & gut. Ich bin dritter in der Schlange an der Kasse. Eine junge Frau steht plötzlich neben dem vorderen Kunden, eine Cola-Flasche in der Hand. „Kann ich die auch beim Bäcker zahlen?“ „Neeeeein.“ Das Mädchen inszeniert einen herrlich ratlosen Blick. Dann gibt sie sich einen Ruck. „Darf ich schnell zwischendurch bezahlen?“

Die Kassiererin zuckt mit den Schultern. Die Leute vor mir verspannen zwar, sagen aber nichts. Die junge Frau kriegt ihre Cola und stapft gut gelaunt davon. „Die soll sich lieber beim Friseur vordrängeln“, tobt der Mann ganz vorne in der Schlange. „Unverschämtheit“, zischelt die Frau hinter ihm. „Wir warten doch auch.“ Die Kundin vor mir dreht sich zu mir um. Ich kenne sie, weiß aber nicht von wo. Ihre Gesichtsmuskeln zucken. „So eine Gör, als wenn wir unsere Zeit gestohlen haben.“

„Also, ich hätte sie vorgelassen.“ Sage ich in die neue Stille und die fragende Miene der Vorderfrau hinein. „Und wenn Sie was dagegen haben, dann müssen Sie es der Kundin sagen. Und nicht später schimpfen.“ Mist, denke ich, jetzt gibt’s überflüssiges Theater.

Doch eigentlich sollte ich es schon besser wissen. Die Leute vor mir gucken kurz, als wäre ich vom Mond. Doch keiner sagt was. Ich nehme an, das heben sie sich auf, bis ich um die Ecke verschwunden bin.