Nacktkater vor Gericht

Vor dem Verwaltungsgericht Berlin war eine Katze Hauptperson. Es ging um „Willi“, einen Nacktkater. Willi ist eine Canadian-Sphinx-Katze. Die Tiere haben wegen einer Genveränderung keine funktionsfähigen Tasthaare. Im Prozess ging es darum, ob Willis Herrchen die Nacktkatze kastrieren lassen muss.

Das Tierschutzgesetz verbietet die Zucht von Wirbeltieren, wenn ihnen Körperteile für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder diese untauglich sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten. Zur Vermeidung der Zucht kann die zuständige Behörde das Unfruchtbarmachen von Wirbeltieren anordnen.

Das Gericht hörte einen Sachverständigen zu der Frage, ob das Fehlen der Tasthaare bei Canadian-Sphinx-Katzen als Schaden anzusehen ist, unter dem die Tiere leiden. Tasthaare seien für alle Katzen ein wichtiges Sinnesorgan, so der Experte. Es diene der Orientierung und Kommunikation. Eine Katze ohne Tasthaare müsse unnötig leiden.

Das bedeutet nun nicht, dass Willi sterben muss. Er darf aber keine Nachkommen haben, so das Gericht in seinem Urteil. Die Berufung wurde zugelassen (Aktenzeichen VG 24 K 202.14).

Durchwahlen würfeln

Wenn die Verhandlung in einer Strafsache naht, rufe ich regelmäßig die Richterin oder den Richter an. Ein Grund findet sich immer, und wenn er leidlich vorgeschoben ist. Wichtig ist mir der Kontakt allemal, denn ich möchte die Stimmung sondieren. Und ein persönliches Gespräch hat ja noch nie geschadet.

Allerdings habe ich das Gefühl, so ein Anruf bei Richtern wird immer schwieriger. Mein Eindruck ist, dass immer mehr Gerichte die Richter von der Außenwelt abblocken. Das ist nur meine persönliche Erfahrung. Aber ich habe ja in so gut wie allen Ecken Deutschlands zu tun.

„Tut mir leid“, heißt es gerne in der Telefonzentrale, „die Durchwahl der Vorsitzenden darf ich Ihnen nicht geben.“ Darauf sage ich dann, dass ich die Durchwahl nicht unbedingt wissen will. „Es reicht mir, wenn Sie mich durchstellen.“

Aber auch das ist plötzlich nicht mehr erlaubt. „Zu Richtern dürfen wir nicht durchstellen, auch keine Anwälte. Ich kann Sie nur mit der Geschäftsstelle verbinden.“ Ach ja, die Geschäftsstelle. Der Schritt über die Geschäftsstelle des Gerichts wäre ja an sich kein Problem. Wenn man bei einem klassischen Anwalt anruft, geht ja meist auch erst dessen „Vorzimmer“ dran.

Der kleine Unterschied scheint mir nur zu sein, dass ich das Sekretariat von Anwaltskollegen normalerweise erreiche. Bei Geschäftsstellen von Gerichten fällt die Quote mittlerweile desaströs aus. Entweder ist keiner da. Oder es geht keiner dran. Alles andere ist schon eine positive Überraschung.

Mittlerweile arbeite ich nach Kräften dagegen, um nicht ständig in der Leitung zu versauern. Natürlich speichere ich jede Justiz-Durchwahl ab, der ich habhaft werde. Von mir freundlich gesinnten Staatsanwälten erbettele ich auch gerne eine Kopie vom örtlichen Telefonverzeichnis ihres Sprengels (haben die meist auf dem Rechner).

Am erfolgreichsten bin ich aber damit, Telefonzentralen zu umgehen.

Ich würfele irgendeine Gerichts-Durchwahl aus, rufe da an, stelle mich dumm und bitte den Mitarbeiter am Telefon, mich doch zur Richtern X oder dem Richter Y durchzustellen. So lernt man auch mal Grundbuchbeamte kennen oder, wie neulich, den Gerichtspräsidenten. Selbst der hat für den verwirrten Anwalt übrigens gern in sein Verzeichnis geguckt und ihn durchgestellt.

Auch Polen dürfen wohnen

Weder Anwohner noch die Stadtverwaltung können es verhindern, wenn polnische Arbeitnehmer in einem Einfamilienhaus eine Wohngemeinschaft gründen. Auch eine Belegung von zwei Personen pro Zimmer führt nicht zu einem Verstoß gegen das Baurecht, entschied das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in einem Eilverfahren.

Die Richter weisen in ihrer Entscheidung darauf hin, es gebe keine juristische Handhabe, um finanzschwache ausländische Arbeitnehmer aus einer Siedlung fernzuhalten. Damit bekamen nach einem Bericht von beck-online polnische Arbeitnehmer recht, die das Obergeschoss eines Einfamilienhauses in Cloppenburg angemietet haben (Aktenzeichen 1 ME 126/15).

Beim Topanwalt

Es ist doch interessant, wie andere Anwälte arbeiten.

Da gibt es zum Beispiel eine Kölner Kanzlei, in der mein Mandant Rat suchte. Gegen den Mandanten wurde ermittelt, weil er online Software eingekauft und dabei falsche Kreditkartendaten angegeben hat. Die Daten hatte er aus einem Forum, der rechnerische Schaden beläuft sich auf knappe 800 Euro. Das ist jetzt nicht unbedingt ein Weltuntergang. Jedenfalls dann nicht, wenn man bislang eine weiße Weste hat. Wie mein Mandant.

Die Kölner Kanzlei macht wohl vorwiegend Urheberrecht. Dennoch hieß es zuerst, den Fall übernehme man gern. Mein Mandant zahlte also ein Pauschalhonorar von 1.000 Euro. Dafür kriegte er recht zügig die Kopie des Schreibens, mit dem die Anwälte Akteneinsicht beantragten. Kaum war die Akte aber da, ließ der zuständige Anwalt meinen Mandanten wissen, die Sache sei für ihn eine Nummer zu groß. Er mache ja normalerweise nur Urheberrecht, und für seinen Fall brauche er einen Fachanwalt für Strafrecht. Den es in der Kanzlei aber nicht gibt.

Aber wie es sich traf, für seine tausend Euro bekam der Mandant wenigstens noch den Rat, er möge sich an einen sehr guten Strafverteidiger in Frankfurt wenden. Der war anfangs auch ganz nett, sagt mein Mandant. Er überwies also die geforderten 7.000 Euro für die Verteidigung im Ermittlungsverfahren.

Seitdem hatte der Anwalt nur noch Zeit für ein Telefongespräch. In dem erklärte er dem Mandanten, im Moment könne er gar nichts machen. Die Staatsanwaltschaft werde ihn anklagen, immerhin gehe es ja um Betrug. Dann komme es unweigerlich zu einer Gerichtsverhandlung. In dem Termin werde er als gewiefter Anwalt natürlich das Schlimmste verhindern, womit er wohl Knast meinte. Mein Mandant möge aber bitte daran denken, dass er noch mal 2.500 Euro überweist, sobald die Ladung da ist.

Dem Mandanten wurde dann doch etwas mulmig. So saß er bei mir und ließ sich trotzdem noch auf eine weitere Gebührenvereinbarung ein. Nämlich die, dass er meinen Stundensatz bezahlt.

Meine Zeitaufstellung sah am Ende so aus:

Besprechung Mandant 20 Minuten
Aktenstudium 35 Minuten
Telefonat mit dem Staatsanwalt 10 Minuten

Knapp über einer Stunde Arbeit, dafür wird das Verfahren nun gegen Zahlung einer kleinen Auflage eingestellt. Ohne Vorstrafe und sonstiges Gedöns.

Jetzt braucht der Mandant nur noch einen seriösen Zivilrechtler, der ihm seine in den Wind geschossenen Honorare zurückklagt.

Gewerkschaft hinter Gittern ist erlaubt

Auch im Gefängnis darf es Gewerkschaften geben. Die Koalitionsfreiheit nach Artikel 9 des Grundgesetzes gilt nämlich auch für Strafgefangene, stellt das Oberlandesgericht Hamm in einer Entscheidung klar. Die Richter gaben damit dem Grundsatz nach einem Gefangenen recht, der Beitrittsformulare für die in Berlin gegründete „Gefangenengewerkschaft/bundesweite Organisation“ (GG/BO) verteilen wollte.

Die Haftanstalt hielt Beitrittsformulare zurück, die sich der Gefangene ins Gefängnis hatte schicken lassen. Zur Begründung hieß es, der Gefangene habe kein Recht zur Unterstützung einer Gefangenengewerkschaft. Deshalb dürfe ihn die Haftanstalt dabei auch nicht „unterstützen“.

Das ist unrichtig, so das Gericht. Die Koalitionsfreiheit gelte auch im Gefängnis, das Grundgesetz spricht ja ausdrücklich von „allen Deutschen“. Zum Recht, Gewerkschaften zu gründen, gehöre auch die Werbung neuer Mitglieder. Die Formulare dürften nur zurückgehalten werden, wenn von ihnen oder der Werbetätigkeit des Gefangenen eine greifbare Gefahr für den Strafvollzug ausgehe.

Eine derartige Gefahr hatte die Haftanstalt aber bislang nicht dargelegt. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Krefeld muss die Angelegenheit jetzt neu entscheiden (Aktenzeichen 1 Vollz(Ws) 180/15).

Dünnhäutige Elitepolizisten

+++ Nach der Auflösung ihrer Einheit sollen sich Kölner SEK-Beamte ziemlich unwürdig verhalten haben. Ich frage mich, welches Privatunternehmen so was hinnehmen würde. Bericht 1 Bericht 2 +++

+++ Die Firma „MyTaxi“ darf Nutzern ihrer App weiter hohe Rabatte bei der Taxibestellung einräumen. Das Landgericht Hamburg wies einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ab. Taxiunternehmen machten geltend, die Rabatte verstießen gegen das Personenbeförderungsgesetz (Aktenzeichen 312 O 225/15). +++

+++ Eine Zelle von 5,25 Quadratmetern und Einschlusszeiten zwischen 15 und 21 Stunden verletzen die Menschenwürde eines Gefangenen, so das Bundesverfassungsgericht. Geklagt hatte ein Ex-Gefangener der Berliner Haftanstalt Moabit (Aktenzeichen 1 BvR 1127/14). +++

+++ Ein Heilpraktiker muss einen Patienten nach erfolgloser Behandlung nicht zur Weiterbehandlung an einen Schulmediziner zurückverweisen, wenn der Patient aufgrund offensichtlicher Leiden selbst erkennen kann, dass ein Arztbesuch erforderlich ist. Dies hat das Amtsgericht Ansbach entschieden (Aktenzeichen 2 C 1377/14). +++

+++ In Großbritannien ist eine Frau wegen sexueller Nötigung verurteilt worden, weil sie sich gegenüber einer Sexpartnerin als Mann ausgab. Beim Sex soll sie einen künstlichen Penis und ihre Freundin eine Maske getragen haben. In Deutschland wäre das wohl eher nicht möglich, denn hier müssen entweder Gewalt, Drohung oder die Ausnutzung einer hilflosen Lage im Spiel sein. +++

Richter verlieren ihren Job

+++ Die Affäre um gekaufte Jura-Examen in Niedersachsen geht in die nächste Runde. Jetzt werden acht Prüfungskandidaten unter anderem wegen Bestechung angeklagt, die sich Klausurlösungen bei einem ehemaligen Referatsleiter im Justizprüfungsamt besorgt haben sollen. Insgesamt sollen bereits 15 Juristen die Abschlüsse aberkannt worden sein, darunter auch Richtern auf Probe. +++

+++ Das neue Gesetz zur Störerhaftung gefährdet legale Cloud-Dienste, warnen die IT-Branchenverbände Bitkom und Eco. +++

+++ Der Kölner Polizeipräsident löst das ins Gerede gekommene örtliche Sondereinsatzkommando auf. Diverse Beamte dürfen künftig nicht mehr in SEKs beschäftigt werden, berichtet der Kölner Stadtanzeiger. +++

+++ Arbeitgeber müssen bei Versetzungen Rücksicht auf ihre Angestellten nehmen. Ein Arbeitnehmer mit Haus und drei Kindern sollte an einem 660 Kilometer entfernten Ort arbeiten. In solchen Fällen muss der Arbeitgeber prüfen, welchen Angestellten die Versetzung am wenigsten trifft, so ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (Aktenzeichen 3 Sa 157/15). +++

Buntes Ticket

In meinen Arbeitsplatzdrucker fülle ich immer buntes Papier. Grün, gelb, blau. Das hat den Vorteil, dass ich Sachen, die von mir stammen, in den Akten schneller finde.

Das führt dann allerdings dazu, dass ich brutal Regeln breche, wenn ich mit der Deutschen Bahn unterwegs bin. Der Ausdruck meines Online-Tickets ist dann nämlich bunt. Das ist, ich räume es ein, ein klarer Verstoß gegen die Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn. Wer es nachlesen will, Punkt 6.3.2 ist einschlägig:

Das Online-Ticket ist auf weißem Papier im DIN A 4-Format auszudrucken.

Nun muss ich zur Ehrenrettung der DB-Zugbegleiter sagen, dass das bei hunderten Fahrten mit einem Online-Ticket noch nie jemanden gestört hat.

Bis heute.

Der Schaffner mokierte sich also darüber, dass mein Ticket in zartem Blau daherkam. Nicht dass es Probleme bei der Lesbarkeit gegeben hätte. Seine Ticketkeule fiepte auch in diesem Fall anstandslos. Darauf wies ich freundlich hin. Widerspruch verärgerte den Guten aber, denn nun hielt er mir vor, dass mein Ticket wegen Verstoßes gegen die Beförderungsbedingungen ungültig ist. Ich möge also den Fahrpreis nachlösen.

Ich hatte aber eine ganz andere Idee. Ich lud mein Online-Ticket in die Bahn-App fürs Smartphone hoch. Dazu muss man nur den Ticketcode kennen und die Daten der Identifizierungskarte. Der Schaffner beobachte mich dabei interessiert, hielt das aber für keinen gangbaren Weg.

„Online-Ticket und Handy-Ticket sind zwei Paar Schuhe“, behauptete er. „Das Online-Ticket ist in der App nicht gültig.“ Aber wieso wird denn dann auch beim Online-Ticket, das in die App hochgeladen wurde, der Barcode für die Kontrolle angezeigt? Der Schaffner vertrat seinen Standpunkt nun etwas vehementer. Er wollte endlich Geld sehen.

Ich bestand aber darauf, dass er die Beförderungsbedingungen aus seinem Kabuff holt. Irgendwie hatte ich nämlich in Erinnerung, dass sich genau in dem Punkt vor einiger Zeit was geändert hat.

Ich durfte einige Zeit in dem sperrigen Text blättern. Und konnte schließlich Erfolg vermelden. Punkt 6.1.3 der Beförderungsbedingungen:

Online-Tickets, die auch als Handy-Ticket nach Nr. 7.2 erwerbbar sind, können zusätzlich in die Buchungs-App heruntergeladen oder über m.bahn.de als MMS angefordert werden. Es gelten dann die Bedingungen zum Handy-Ticket (Nr. 7).

Ach, das war dem Herrn aber bisher völlig unbekannt. Ich hatte nunmehr also ein gültiges Ticket, nämlich ein Online-Ticket, das sich in ein Handy-Ticket verwandelt hatte. Damit war das Thema dann wohl erledigt. Ich musste nicht nachzahlen.

Das Handy-Ticket scannte der Schaffner übrigens gar nicht mehr ein. Es hatte ja, wie gesagt, schon beim Online-Ticket problemlos geklappt.

Das Ganze hat dann doch Nerven gekostet. Ich drucke meine Tickets ab jetzt nur noch in weiß aus. Wenn ich’s nicht vergesse…

Nachtrag: Ein kundiger Leser weist darauf hin, dass man nach auch das Online-Ticket mittlerweile nicht mehr unbedingt ausgedruckt vorlegen muss. Man darf es auch als PDF auf einem Bildschirm zeigen, Punkt 6.3.3 der Beförderungsbedingungen.

Das wäre natürlich auch eine Lösung gewesen.

Beweisaufnahme mit „Frauentausch“

Sage noch einer, das Trash-TV sei zu gar nichts gut. Es taugt sogar als Beweismittel vor Gericht, wie jetzt das Verwaltungsgericht Berlin demonstrierte. Die Richter versagten einer Berlinerin das Wohngeld, weil sie beim Antrag getrickst hatte. Heraus kam das durch eine Folge der Reality-Show „Frauentausch“.

Die Klägerin beantragte Wohngeld für sich und zwei Kinder. Eine Mitarbeiterin des Wohngeldamtes entpuppte sich als Kennerin verschiedener einschlägiger Formate. Sie erkannte nämlich die Klägerin wieder, die schon öfter in solchen Shows zu sehen war. In der Programmankündigung zu dieser Folge hieß es seinerzeit, die Klägerin habe ihren (jetzigen) Vermieter über eine Partnervermittlung kennengelernt, und für beide sei es „die ganz große Liebe“. Diese mögliche Partnerschaft stünde aber juristisch dem Wohngeld entgegen.

Auf Nachfrage des Wohngeldamtes teilte die Produktionsfirma mit, die Klägerin und ihr Vermieter hätten sich sowohl im Casting als auch während der Dreharbeiten im Juni 2011 als Lebenspartner vorgestellt. Das Wohngeldamt lehnte daraufhin den Wohngeldantrag wegen Missbrauchs ab.

Vor Gericht behauptete die 48 Jahre alte Klägerin zwar, sie habe mit dem Vermieter nur eine Wohngemeinschaft. In der Sendung „Frauentausch“ habe sie nur so getan, als laufe da was mit dem Vermieter.

Das Gericht glaubte letztlich eher dem Fernsehen als der Klägerin. Es verneinte den Wohngeldanspruch (Aktenzeichen VG 21 K 285.14).

Anwalt als Heckenschütze

+++ Ein Nürnberger Rechtsanwalt soll zwischen August und November 2014 aus seinem Haus heraus mit einem Druckluftgewehr immer wieder auf Fahrzeuge geschossen haben. Die Staatsanwaltschaft klagt ihn unter anderem wegen versuchten Mordes an. Morgen beginnt der Prozess. +++

+++ Die deutschen Behörden dürfen EU-Bürgern aus anderen Ländern Sozialhilfe verweigern, auch wenn diese bereits einige Zeit in Deutschland gearbeitet haben. Das verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot, so der Europäische Gerichtshof. +++

+++ „Die Polizei und Innenminister haben nicht nur Nazis auf dem Kieker und wollen nicht nur ihre Demos verhindern. Morgen sind es die Islamisten, übermorgen vielleicht schon wir. Wir sollten niemals über eine repressive Polizei jubeln, die mit schmutzigen Tricks Grundrechte untergräbt. Das kann uns nämlich bald schon böse auf die Füße fallen.“ +++

+++ Til Schweiger hat das Volk nicht verhetzt. Die Staatsanwaltschaft Köln wird deshalb nicht gegen ihn ermitteln. Sinnlose Anzeigen, die x-te. +++

+++ „Text me. Email me. WhatsApp, Facebook, iMessage, Skype, DM me, or send me a heartbeat from your Apple Watch. I don’t care. Just don’t call me.“ +++

Heimliche Aufnahmen

Weil er den Sex mit einer Bekannten heimlich filmte und die Aufnahmen an Freunde weitergab, ist ein 21-jähriger Kundenberater vom Amtsgericht München zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt worden.

Der Mann hatte eine 18-Jährige über Facebook kennengelernt. Nach einem Treffen auf einem Münchner Bahnhof mieteten sie ein Hotelzimmer. Der 21-Jährige filmte das Geschehen heimlich mit seinem Handy. Später leitete er das Video an Dritte weiter. Unter anderem landete der Film dann auch im Internet.

Einen Monat nach dem Treffen nahm der 21-Jährige wieder Kontakt mit der jungen Frau auf. Er drohte, ihr Leben zu zerstören, indem er das Video an ihren Vater schickt. Gegen Sex sei er aber bereit, den Film zu löschen. Es kam aber zum Streit. Der 21-Jährige fasste die junge Frau lediglich an der Hüfte an und versuchte, sie an den Brüsten zu berühren.

Das Gericht bejahte unter anderem eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB) und die Verbreitung pornografischer Schriften (§ 184 StGB). Die Strafe setzte das Gericht zur Bewährung aus. Der Täter zahlt 2.000 Euro an die Geschädigte und absolviert einen Kurs über korrektes Verhalten im Internet.

„Schluss mit der Sozialromantik“

+++ Er gilt als harter Hund unter den Jugendrichtern, gleichwohl plädiert er in seinem neuen Buch „Schluss mit der Sozialromantik“ für die Legalisierung von Cannabis. Die Legal Tribune Online spricht mit Andreas Müller. +++

+++ Ein Arbeitgeber darf nicht „Deutsch als Muttersprache“ von Stellenbewerbern verlangen. Dies hat das Landesarbeitsgericht Hessen entschieden. Ein gebürtiger Russe hatte wegen Diskriminierung geklagt. Er verwies darauf, dass er sehr gute Deutschkenntnisse habe, auch wenn Deutsch nicht seine Muttersprache sei (Aktenzeichen 16 Sa 1619/14). +++

+++ 14 Millionen Euro Schadensersatz wollte eine Spanierin, weil die EU-Kommission ein Bild ihres toten Mannes als Warnhinweis auf Zigarettenpackungen verwendet haben soll. Das Bild zeigt einen Toten, der mit halb verdecktem Gesicht auf einer Bahre liegt. Der Europäische Gerichtshof wies die Klage jedoch ab. Die Frau habe nicht beweisen können, dass der Abgebildete ihr Verstorbener Gatte ist. +++

+++ Ist Arschloch in Köln nur ein anderes Wort für Inkompetenz? Mit dieser Ausrede wollte sich ein Dügida-Demonstrant vor Gericht verteidigen – in Düsseldorf. Der pensionierte Lehrer (75) hatte den NRW-Innenminister auf einer Demo in Düsseldorf als „Oberjägermeister“ und „Arschloch“ tituliert. Den Jägermeister ließ der Amtsrichter durchgehen, das Arschloch nicht. Mit dem angeblichen Kölner Wortverständnis wollte sich der Richter nicht beschäftigen. „Wir sind in Düsseldorf, nicht in Köln“, begründete er sein Urteil. +++

Frustrierte Aufwendungen

Bei meinem Mandanten wurden monatelang ein iPad und die SIM-Karte (Datenvertrag mit fester Laufzeit) beschlagnahmt. Zu Unrecht, wie sich nun herausstellt. Das Verfahren wurde mangels Tatverdachts eingestellt. Gleichwohl möchte der Staat keine Entschädigung leisten, wie praktisch immer in solchen Fällen. Dumm nur, dass es hierfür einer Begründung bedarf.

Im vorliegenden Fall erklimmt die für die Abwehr berechtigter Ansprüche zuständige Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz in Berlin argumentativ ungeahnte rechtsphilosophische Höhen. Ich zitiere meine absoluten Lieblingssätze aus dem Schreiben:

Im Übrigen stünde die Anerkennung der Erstattungsfähigkeit im Widerspruch zu der Rechtsprechung, dass grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch für die Nichtnutzbarkeit einer Sache nicht zu leisten ist. Denn dem Grunde nach ist der von dem Geschädigten empfundene „Schaden“ der Umstand, dass er den Gegenstand nicht bzw. nicht so nutzen konnte, wie er ursprünglich anvisiert hatte.

Ließe man nunmehr die Erstattungsfähigkeit von solchen frustrierten Aufwendungen zu, würde man in der Sache einen – wenn auch partiellen – Nutzungsersatz leisten, ohne dass die von der Rechtsprechung entwickelte Voraussetzung an das Vorliegen eines zwingend erforderlichen Lebensguts erfüllt sein müsste.

Vielleicht gehen wir jetzt ja nur deswegen vor Gericht, um uns das mal übersetzen zu lassen.

Rabiater Fahrgast

Teurer Streit: Ein 29-jähriger Münchner muss einem Taxifahrer 500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Der Mann hatte versucht, dem Taxifahrer einen 100-Euro-Schein in den Mund zu stopfen.

Der Vorfall ereignete sich, als sich der Mann von dem 35-jährigen Taxifahrer zum Truderinger Bahnhof fahren ließ. Während der Fahrt äußerte der Fahrgast, der Taxifahrer solle einen Zahn zulegen. Besonders störte den Mann, dass der Taxifahrer nicht über gelbe Ampeln fuhr, sondern anhielt.

Aus diesem Grund wollte der Fahrgast aussteigen. Der Taxifahrer hatte damit kein Problem. Er wollte aber sein Fahrgeld haben, was der Fahrgast ablehnte. Erst als der Taxifahrer energisch auf seinen Lohn bestand, nahm der Fahrgast einen 100-Euro- Schein aus seiner Tasche und versuchte, ihn dem Taxifahrer in den Mund zu stopfen. Der Taxifahrer erlitt eine zwei Zentimeter lang Schürfwunde und eine Prellung.

Das Amtsgericht München verurteilte den Fahrgast zu einem Schmerzensgeld von 500 Euro. Zwar seien die Verletzungen eher gering, aber das Verhalten des Taxifahrers sei auch eine tätliche Beleidigung. Dass sich der Fahrgast wegen hohen Alkoholkonsums kaum an den Vorfall erinnern konnte, ändert nach Auffassung des Gerichts nichts an seiner Haftung (Aktenzeichen 213 C 26734/14).

Infos auch an kleinen Bahnhöfen

Die Deutsche Bahn muss auch ihre kleinsten Bahnhöfe und Haltepunkte mit Anzeigetafeln ausstatten, welche die aktuelle Verkehrssituation zeigen. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt mit diesem Urteil eine Anordnung des Eisenbahn-Bundesamtes.

Konkret geht es um rund 300 Haltepunkte der Bahn, an denen die Kunden derzeit weder durch Tafeln, Lautsprecher noch durch anwesendes Personal über Verspätungen oder Zugausfälle informiert werden. Das Bundesverwaltungsericht verweist ebenso wie das Eisenbahn-Bundesamt auf die europaweit gültige Fahrgastrechte-Verordnung, die keine Ausnahmen vorsieht. Danach haben alle Kunden einen Anspruch darauf, am Bahnhof aktuelle Informationen zu erhalten.

Die Bahn hatte vorwiegend Kostengründe dafür angeführt, warum sie die kleinen Stationen nicht technisch aufrüsten will. Die Bahnhöfe müssen jetzt schrittweise nachgerüstet werden, die größeren zuerst (Aktenzeichen 6 C 28.14).