Wenn ich in Gedanken die möglichen weiteren Konstellationen der Causa Erdogan / Böhmermann durchspiele, komme ich auf eine besonders reizvolle Variante. Wie wäre es denn, wenn man die beiden Kontrahenten einfach dazu bringt, sich mal gründlich auszusprechen? Der richtige Ort für dieses Zusammentreffen wäre das Büro des Schiedsfrau bzw. des Schiedsmannes, der für Mainz zuständig ist.
So ein Schiedsverfahren ist ja der Regelfall bei normalen Beleidigungen. Und zwar dann, wenn der Staatsanwalt das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung verneint. Was eher die Regel denn die Ausnahme ist. Dann muss der Statsanwalt nicht tätig werden. Vielmehr kann er den Beleidigten auf die sogenannte Privatklage verweisen. Die Frage nach dem öffentlichen Interesse ist übrigens eine Sache, bei der niemand dem Staatsanwalt reinreden kann. Verneint der zuständige Staatsanwalt das öffentliche Interesse, könnte sich Erdogans Anwalt nirgends beschweren.
Vielmehr müsste der türkische Präsident dann überlegen, ob er eine sogenannte Privatklage erhebt. Die setzt allerdings in Rheinland-Pfalz und anderswo voraus, dass ein Schiedsverfahren stattgefunden hat. Und zwar in Anwesenheit der Streithähne. Der Ablauf wird auf auf der Seite des zuständigen Schiedsamtes von Mainz sehr anschaulich geschildert:
Sie sitzen an einem Tisch mit der zuständigen Schiedsperson und der Person, mit der Sie sich im Streit befinden und klären die strittige Angelegenheit.
Dies ist auch in den Fällen so, in denen Sie mit denen, mit denen Sie sich in Streit befinden, nicht mehr reden können.
Denn die rheinland-pfälzische Schiedsamtsordnung schreibt zumindest in Strafsachen das persönliche Erscheinen der Parteien vor und gibt im Falle der Nichtbefolgung den Schiedspersonen die Möglichkeit, ein Ordnungsgeld zu verhängen.
In einem mit Einfühlungsvermögen geführten Gespräch mit den sich Streitenden wird die Schiedsperson als „neutrale Person“, die durch den von ihr abgelegten Eid zur absoluten Verschwiegenheit und Unparteilichkeit verpflichtet ist, versuchen, die Parteien wieder ins Gespräch miteinander zu bringen, den Streit beizulegen und zwischen den „Parteien“ einen Vergleich zu schließen.
Gut, sicher wird der zuständige Staatsanwalt schon einige gedankliche Hürden überwinden müssen, um ausgerechnet in diesem Fall kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung zu sehen. Aber ausgeschlossen ist es wie gesagt nicht. Gerade für den ja nach wie vor denkbaren Fall, dass die Bundesregierung keine Ermächtigung dazu erteilt, dass für Erdogan der Sonderparagraf der Beleidigung eines Staatsoberhauptes gezogen wird. Das wäre zumindest ein deutliches Signal, dass die Strafverfolgungsbehörden sich vielleicht nicht unbedingt in den Geruch bringen müssen, Handlanger eines autoritären Staatsmannes zu sein.
Das endlose mediale Getöse allein muss kann ja auch nicht der Grund sein, zwingend ein öffentliches Interesse zu bejahen.
Wie gesagt, es bedürfte also nur eines bedingt mutigen Staatsanwalts, der Herrn Erdogan behandelt wie jede andere beleidigte Leberwurst. Und wer weiß, vielleicht reicht es am Ende ja sogar zu einem Friedensschluss unter echten Männern. Die Stadt Mainz brüstet sich jedenfalls mit einer Erfolgsquote von über 50 %.