Autorennen geht auch ohne Gegner

Ein verbotenes Autorennen setzt nicht unbedingt voraus, dass sich zwei oder mehr Fahrzeuglenker tempomäßig überbieten wollen. Vielmehr kann man auch alleine ein Autorennen im Sinne des Gesetzes veranstalten – zum Beispiel auf der Flucht vor einem Zivilfahrzeug der Polizei. Das ergibt sich aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Köln.

Ein 28-Jähriger war um drei Uhr nachts mit seinem Auto in Aachen unterwegs. Er hatte 1,3 Promille im Blut, als er sich von einem Auto bedrängte fühlte und mit 140 Stundenkilometern davonraste (erlaubt waren 70 km/h). Nach einer gewissen Strecke hielten ihn die Beamten an.

Das Amts- und Landgericht sahen kein verbotenes Autorennen im Sinne von § 315d StGB. Die 3. Variante sei nicht erfüllt, weil die Situation keinen „Wettbewerbscharakter“ gehabt habe. Das Oberlandesgericht Köln betont dagegen, es reiche aus, wenn der Täter grob rücksichtslos fahre und in der Absicht handele, die in der jeweiligen Situation höchstmögliche Geschwindigkeit zu erzielen. Das Tempo müsse dabei nicht sein Hauptanliegen sein. Auch andere Ziele kämen in Betracht, etwa dem Beifahrer zu imponieren, die Fahzeugleistung zu testen oder – wie im entschiedenen Fall – ein Polizeiauto abzuhängen.

Ähnlich haben schon andere Gerichte entschieden. Der Beschluss zeigt einmal mehr, wie weit der „Raserparagraf“ ausgelegt werden kann. Die Abgrenzung zu einem bloßen Tempoverstoss wird dadurch nicht gerade einfacher (Aktenzeichen III-1 RVs 45/20).

Kollege Müllmann

Juristen sprechen von einem Wahndelikt, wenn jemand glaubt, eine Straftat zu begehen, es aber gar nicht tut. Was das genau bedeutet, illustriert sehr schön ein aktueller Fall vom Frankfurter Flughafen. Dort versuchte ein Amerikaner durch die Kontrollen zu rutschen – als Müllmann getarnt.

Weil er angeblich Sehnsucht nach seiner deutschen Freundin hatte, war der 20-Jährige mit dem Flieger aus Washington angereist, wie die hessenschau berichtet. Wegen der geltenden Einreisebeschränkungen hatte er jedoch Zweifel, dass man ihn passieren lässt. An einer Kontrollstelle versuchte der Mann, die Sicherheitsmitarbeiter davon zu überzeugen, dass er die Mülltonnen auf der anderen Seite leeren müsse. Dafür hatte er sich eine Signalweste übergezogen und Mülltüten in der Hand. Den Kontrolleuren fiel jedoch auf, der „Kollege“ hat gar keinen Sicherheitsausweis.

Strafbar gemacht hat sich der Amerikaner jedoch nicht, wie die Bundespolizei selbst feststellte. Die Diskussion fand im Transitbereich statt, die Passkontrolle wäre erst deutlich später erfolgt. Somit habe noch nicht einmal der Versuch der illegalen Einreise vorgelegen. Gestraft wurde der Reisende dennoch. Er musste die Nacht im Airport verbringen und wurde am nächsten Tag in ein Flugzeug zurück in die USA gesetzt.

Dieser Fall hat sogar das Zeug, in mündlichen Jura-Prüfungen abgefragt zu werden. Man kann nämlich auch diskutieren, ob es sich nicht um ein Wahndelikt, sondern um einen sogenannten untauglichen Versuch handelt. Hier gilt sicher der altbekannte Satz: zwei Juristen, drei Meinungen.

fragdenstaat.de klagt Corona-Erlasse heraus

Das Justizministerium in Niedersachsen muss einem Journalisten von der Plattform fragdenstaat.de alle Erlasse herausgeben, die im Hinblick auf die Corona-Pandemie ergingen. Das Land hatte sich zunächst geweigert, weil es sich bei den Erlassen nicht um „Umweltinformationen“ handele. Umweltinformationen unterliegen aufgrund gesetzlicher Regelungen einem höheren Grad der Informationsfreiheit.

Das Verwaltungsgericht Hannover stellt sich auf die Seite des Journalisten. Es sei für eine „Umweltinformation“ nicht erforderlich, dass die Maßnahme dem Schutz der Luft diene. Vielmehr genüge ein sachlicher Bezug zum Umweltbestandteil Luft. Dieser Bezug sei schon dadurch gegeben, dass sich das Corona-Virus über die Luft verbreite.

Das Gericht sieht auch eine Eilbedürftigkeit. Die Kontrolle des Staates, der derzeit die Grundrechte massiv einschränke, müsse zeitnah zum Geschehen erfolgen. Eine Auskunft nach Abschluss des Klageverfahrens sei „allenfalls von historischem Interesse“. Der Antragsteller müsse sich auch nicht auf die Pressemitteilungen und Informationen auf der Webseite des Ministeriums verlassen und darauf vertrauen, dass diese sachlich richtig und vollständig seien (Aktenzeichen 4 B 2369/20).

Langsamer Richter durfte ermahnt werden

In jedem Dienst- und Arbeitsverhältnis dürfen Beschäftigte (ab-)gemahnt werden, wenn sie zu wenig leisten. Bei Richtern ist das nicht so einfach, denn sie genießen ja eine gesetzlich normierte Unabhängigkeit. Ganz der Arbeitskontrolle entzogen ist aber auch ein Richter nicht, so zeigt es das Ende eines jahrelangen Rechtsstreits.

Die frühere Präsidentin des Oberlandesgerichts Karlsruhe hatte einen Richter ermahnt, weil dieser auf einer Vollzeitstelle über viele Jahre hinweg weniger Fälle erledigte als etwa ein Halbtagsrichter. Der Jurist wollte das nicht akzeptieren. Er betrachtet sich halt als supergründlich, deshalb müsse er mehr Zeit für seine Urteile aufwenden.

Nach einem langen Weg durch die Instanzen hat das Dienstgericht des Bundes in Karlsruhe nun entschieden, dass vernünftige Erledigungszahlen sehr wohl ein Maßstab sind, an dem sich auch Richter messen lassen müssen. Die richterliche Unabhängigkeit sei bei einer Ermahnung nur beeinträchtigt, wenn dem Richter ein Pensum abverlangt wird, das er oder ein vergleichbarer Richter sachgerecht gar nicht mehr bewältigen kann. Krasse Minderleistung im Vergleich zu einem sachgerechten Standard kann also zu einem Vorhalt und einer Ermahnung führen (Aktenzeichen RiZ (R) 3/19).

Kalorienkreislauf wieder hergestellt

Wer in Bremen im Fitnessstudio trainieren möchte, hat weiter das Nachsehen. Das Oberverwaltungsgericht des Landes lehnt eine Wiedereröffnung mit dem Hinweis auf das Infektionsrisiko ab. Dieses sei ungleich größer als zum Beispiel im Einzelhandel (Aktenzeichen 1 B 144/20).

In Nordrhein-Westfalen, dem bislang einzigen Bundesland, sind seit Montag die Fitnesstudios wieder geöffnet. Ich war am Montag und Dienstag in zwei unterschiedlichen Studios und kann nur sagen, dass sich die Betreiber redlich Mühe geben, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Jedes zweite Geräte ist gesperrt, es gibt klare Bodenmarkierungen, vorgegebene Laufwege und ausreichend Desinfektionsmittel.

Heute mittag konnte ich die verbrannten Kalorien dann gleich wieder aufladen – beim ersten Restaurantbesuch seit acht langen Wochen. Das Leben hier im Rheinland normalisiert sich also spürbar. Hoffentlich tut es das nicht zu früh…

Corona-Abstand gilt auch im Flüchtlingsheim

In den letzten Tagen machten die Wohn- und Arbeitsverhältnisse bei fleischverarbeitenden Betrieben Schlagzeilen. Jetzt rückt eine ähnliche Problematik in den juristischen Fokus: die Situation in Flüchtlingsheimen. Das Verwaltungsgericht Münster gestattet in einem heute veröffentlichen Beschluss einer schwangeren Frau und ihrem Ehemann, außerhalb der Unterkunft zu wohnen.

Die Antragsteller hatten geltend gemacht, in der Aufnahmeeinrichtung Rheine sei der Mindestabstand von 1,50 Metern nicht einzuhalten. Außerdem müssten sie sich Sanitäranlagen mit anderen Bewohnern teilen; Desinfektionsmittel werde nicht zur Verfügung gestellt. Die Stadt Rheine, so das Gericht, konnte nicht nachvollziehbar darlegen, dass die Corona-Schutzanforderungen eingehalten werden.

Das Gericht weist darauf hin, dass die zahlreichen Corona-Maßnahmen zeigen, wie wichtig gerade die Einhaltung des Mindestabstands sei. Es wäre ein Wertungswiderspruch, wenn diese strengen Anforderungen in Flüchtlingsunterkünften plötzlich nicht mehr so wichtig seien. Es sei auch Aufgabe der Stadt Rheine, von sich aus für die Einhaltung der Regeln zu sorgen. Die hochschwangere Antragstellerin sei überdies besonders gefährdet (Aktenzeichen 6a L 365/20).

Sachsen-Anhalt: Gericht öffnet Sonnenstudios

In Sachsen-Anhalt dürfen auch Sonnenstudios wieder öffnen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Magdeburg entschieden.

Sachsen-Anhalt hatte zunächst nur Massage- und Fußpflegepraxen sowie Nagel- und Kosmetikstudios grünes Licht gegeben. Sonnenstudios sollten dagegen weiter geschlossen bleiben. Hierin sieht das Gericht aber einen Verstoss gegen den Gleichheitsgrundsatz. Es sei nicht erkennbar, wieso das Infektionsrisiko in Sonnenstudios höher sei als in den bereits wieder geöffneten Läden. Gerade das Abstandsgebot sei in Solarien leichter einzuhalten, weil Kunden in der Regel eine Einzelkabine zugewiesen werde. Gründliche Desinfektion der Geräte sei ohnehin schon Standard.

Das Land hatte vor Gericht noch argumentiert, für Massage, Fußpflege, Nagel- und Kosmetikstudios gebe es einen „umfassenden Grundbedarf“, ähnlich wie bei Friseuren. Dem stimmt das Gericht jedoch nicht zu. Weder für Sonnenstudios noch die anderen Etablissements gebe es so einen großen Bedarf. Dieser sei lediglich bei Friseuren feststellbar (Aktenzeichen 3 R 77/20).

Konversionstherapien werden strafbar

Der Bundestag hat ein Gesetz beschlossen, mit dem „Behandlungen“ gegen Homosexualität eingeschränkt werden. Sogenannte Konversionstherapien werden komplett verboten, sofern die Behandelten noch nicht 18 Jahre alt sind. Aber auch darüber hinaus gibt es Einschränkungen.

So sind Konversiontherapien auch bei Erwachsenen strafbar, wenn deren Einwilligung auf einem Willensmangel beruht. Das ist etwa der Fall, wenn Zwang, Drohung oder Täuschung im Spiel waren. Dazu kann aber auch gehören, dass der Behandler nicht darüber aufklärt, dass Konversionstherapien nicht „heilen“, sondern oftmals zu psychischen Schäden führen. Die Schädlichkeit ist, so der Gesetzentwurf, wissenschaftlich zuverlässig nachgewiesen.

Verstöße werden mit Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr geahndet. Außerdem kommt ein komplettes Werbeverbot für Konversionstherapien; Verstöße werden mit Bußgeldern bis zu 30.000 Euro geahndet.

Keine Videoüberwachung von „Nazi-Kiez“

Die Dortmunder Polizei wollte die als „Nazi-Kiez“ bekannte Emscherstraße in Dortmund-Dorstfeld per Video überwachen. Dagegen wehrten sich Anwohner, die der Dortmunder Neonazi-Szene zugerechnet werden, vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Das Gericht verbietet die Videoüberwachung.

Die Dortmunder Polizei hatte ihre Maßnahme damit begründet, man wolle der Emscher-Straße den Charakter eines „Angstraums“ nehmen. Das reicht in dieser Allgemeinheit jedoch nicht aus, so das Gericht. Das Polizeigesetz des Landes fordere, dass der zur Überwachung vorgesehene Bereich ein Kriminalitätsschwerpunkt ist oder Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erwarten sind. Im wesentlichen konnte das Polizeipräsidium für den Bereich nur auf fünf Graffitis mit vorwiegend rechten Parolen verweisen (seit 2018).

Graffitis sind schon keine Straftaten von erheblicher Bedeutung, heißt es in dem Gerichtsbeschluss. Jedenfalls sei die Maßnahme auch unverhältnismäßig, weil die ständige Überwachung die Grundrechte der Betroffenen (aber natürlich auch die aller anderen Passanten) ganz erheblich einschränke. Die Überwachung war ab September geplant (Aktenzeichen 17 L 88/20).

Demo auch ohne Teilnehmerliste erlaubt

Versammlungen dürfen in Nordrhein-Westfalen momentan zwar stattfinden, aber nur mit behördlicher Genehmigung und meist nur unter Auflagen. Mit einer dieser Auflagen musste sich jetzt das Verwaltungsgericht Köln beschäftigen. Die Stadt hatte die Veranstalter einer Kundgebung verpflichtet, dass sich alle Teilnehmer mit Name, Anschrift und Telefonnummer in eine Liste eintragen.

Die (anonyme) Teilnahme an Versammlungen ist ein Grundrecht. Deshalb kam es für das Gericht darauf an, ob der Infektionsschutz die Auflage rechtfertigt. Zwar könne die Liste durchaus sinnvoll sein, so das Gericht. Allerdings sei die Verhältnismäßigkeit zu betrachten. Von einer voraussichtlich diszipliniert durchgeführten Demonstration gehe bei Wahrung des Abstandsgebots keine größere Infektionsgefahr aus also von vielen anderen Tätigkeiten, die jetzt auch wieder erlaubt sind. Dort würden aber keine Namenslisten gefordert. Überdies, so das Gericht, sei ja auch nicht gewährleistet, dass Teilnehmer unter diesen Umständen ihre wahren Kontaktdaten angeben.

Für unbedenklich hält es das Gericht, dass die Teilnehmer um freiwillige Angabe der Daten gebeten werden (Aktenzeichen 7 L 809/20).

Die Aufsicht wirkt …

In der Corono-Krise erweisen sich die Gerichte als wichtiges Korrektiv zur Politik. Darauf weist der Deutsche Richterbund hin, wie man zum Beispiel hier nachlesen kann. Nach Angaben seines Vorsitzenden gab es bereits über 1.000 Eilanträge wegen Corona-Beschränkungen, täglich würden es mehr. Die Gerichtsverfahren betreffen etwa die Maskenpflicht, Versammlungsverbote, Reisebeschränkungen, Gottesdienst-Auflagen oder Regelungen für Geschäftsöffnungen.

Die Vielzahl von Entscheidungen, die gerade täglich veröffentlicht werden, zeigt jedenfalls: Die Gerichte haben ein Auge auf die Entwicklung und pochen immer stärker auf wirklich sinnvolle Maßnahmen und die Verhältnismäßigkeit – wenn auch mit der zeitlich unvermeidlichen Verzögerung. Unabhängig von der Einzelfallentscheidung kommt diese Botschaft auch insgesamt in der Politik an. Die jüngsten Maßnahmen sind jedenfalls in den meisten Ländern offenkundig auch von dem Wissen getragen, dass die Gerichte immer strenger draufschauen, wie ja der Vorsitzende des Richterbundes selbst sagt.

Als weiteres Korrektiv scheint sich der ansonsten viel beklagte „Flickenteppich“ zu bewähren, also der Umstand, dass weite Teile des täglichen Lebens bei uns von den Bundesländern geregelt werden. Wenn nur einer in Berlin das Sagen fürs ganze Land gehabt hätte, ob nun die derzeitige Bundeskanzlerin oder etwa ihr denkbarer Nachfolger Markus Söder, hätten wir mit einiger Sicherheit ähnlich brutale Maßnahmen erlebt wie unsere Nachbarn in Frankreich, Italien oder Spanien – auch wenn sie bei uns (hoffentlich) gar nicht nötig gewesen wären. Ein Flickenteppich ist vielleicht kein attraktives Mobiliar, aber er erfüllt seinen Zweck.

„Abgesprochene Sanierung“

Für die Mieter einer Kölner Wohnung war es ein Albtraum. Als sie nach Hause kamen, waren Dach und Wände eingerissen – die Vermieterin spricht dagegen von einer „abgesprochenen Sanierung“. Das Amtsgericht Köln positioniert sich pro Mieter und erließ eine einstweilige Verfügung.

Die Vermieterin, eine Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht, muss die Wohnung nun wieder herstellen und den Mietern übergeben. Dem Einwand der Vermieterin, die Sanierung sei abgesprochen gewesen, konnte der Richter nicht viel abgewinnen. Fakt war nämlich, dass die Handwerker einfach in die abgeschlossene Wohnung eindrangen. Wenn jemand aber seine Wohnung abschließen, gab der Richter zu bedenken, tue er damit kund, dass er nicht möchte, dass jemand reingeht. Somit dürfte es sich bei der Aktion der Vermieterin um „verbotene Eigenmacht“ (§ 858 BGB) gehandelt haben.

Weitere Einzelheiten berichtet die Rheinische Post.

Tattoos ja, nur nicht im Gesicht

In Schleswig-Holstein können Tattoo-Studios darauf hoffen, entgegen der derzeit gültigen Regelung wieder arbeiten zu können. Das Verwaltungsgericht Schleswig erließ zu Gunsten eines Tattoo-Artisten eine einstweilige Verfügung und erlaubt ihm den Geschäftsbetrieb – unter einer Bedingung.

Nach der Entscheidung darf zwar tätowiert werden, aber nicht im Gesichtsbereich. Wird dies beachtet, sei das Ansteckungsrisiko vertretbar. Wenn Kosmetikstudios und Nageldesigner wieder aufmachen dürften, verstoße es gegen den Gleichheitsgrundsatz, Tattoo-Studios weiter geschlossen zu halten (1 B 74/20).

„Jedermann hat das Recht …“

Zu den weitgehend unbekannten Grundrechten gehört Art. 17 GG. Danach hat jeder das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Klingt an sich nach einer Selbstverständlichkeit (im Rechtsstaat), jedoch musste sich jetzt das Bundesverwaltungsgericht genau mit diesem Grundrecht beschäftigen.

Ein Bürger hatte Briefe an die Kreisräte und den Landrat des Kreises Rottweil geschickt. Darin protestierte er gegen illegale Waffenexporte und forderte die Empfänger auf, ihre politischen Einflussmöglichkeiten geltend zu machen. Die Anschrift enthielt jeweils den Namen und die Funktonsbezeichnung des Empfängers; gerichtet waren die Briefe „c/o Landratsamt Rottweil“.

Das Landratsamt ist nach dem Gesetz die „Geschäftsstelle“ des Kreistages. Diese schickte dem Kläger jedoch die meisten Briefe zurück, weil sie nach eigenen Angaben grundsätzlich keine Briefe von Einzelpersonen an die Kreisräte weiter leite. Das ist, so das Bundesverwaltungsgericht, nicht mit Art. 17 GG vereinbar. Hinzu kam, dass einige Kreisräte doch die Brief erhielten. Das verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, so das Gericht. Denn alle Kreisräte müssten selbst gleichermaßen die Möglichkeit haben, zu prüfen, ob es sich bei einer Eingabe um eine „Petition“ im Sinne des Art. 17 GG handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof des Landes hatte als Vorinstanz die Klage noch komplett abgewiesen (Aktenzeichen 8 C 12.19).

Gericht bestätigt Maskenpflicht in Bayern

Auch aus Bayern gibt es nun eine Entscheidung zur Maskenpflicht. Der Verwaltungsgerichtshof lehnt den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab, weil sich die Maskenpflicht voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird. Ein Bürger hatte sich mit der Begründung gewehrt, die Maske sei nicht erforderlich, es gebe auch keine Rechtsgrundlage für die Anordnung.

Die Richter gehen dagegen davon aus, dass die Maskenpflicht auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes angeordnet werden darf. Die Gesichtsmaske scheine geeignet zu sein, um die Infektionszahlen zu reduzieren oder jedenfalls einzudämmen. Probleme mit der Rechtmäßigkeit könne es allerdings geben, weil die derzeit geltende Regelung gar keine Ausnahmen zulässt. Diese Frage müsse aber im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Bis dahin habe im Zweifel der Gesundheitsschutz Vorrang, zumal die Maske ja nicht überall, sondern nur in Geschäften sowie in Bussen und Bahnen getragen werden müsse (Aktenzeichen 20 NE 20.926).

Nachtrag: Ebenso entscheidet der Verwaltungsgerichtshof in Hessen (Aktenzeichen 8 B 1153/20.N)