Kopfschmerzpulver

Um die Ecke hat der „China Imbiss Tao“ eröffnet. Sieht ordentlich aus. Aber leider schreckt schon die Karte ab:

In allen warmen Gerichten sind Geschmacksverstärker enthalten!

Bei mir erzeugt das Zeug Kopfschmerzen. Deshalb ist Glutamat der einzige Lebensmittelzusatzstoff, den ich nach Kräften boykottiere.

Kein Stillhalter

Ein Rechtsanwalt hatte uns bei einem Gerichtstermin in Stuttgart vertreten. Jetzt
weist er darauf hin, dass er zu viel Geld erhalten hat. Die vereinbarte Quote von unseren Gebühren und noch dazu eine Zahlung direkt von der Rechtsschutzversicherung.

Dazu sendet er eine detaillierte Abrechnung und kündigt an, den überschießenden Betrag an uns zu überweisen.

Ich bin fast gerührt. Die weitaus meisten Anwälte würden in so einer Situation stillhalten. Weil sie sich sich keine Arbeit machen wollen. Und es zudem naheliegt, dass niemand den Fehler bemerkt.

Lastschrift-Killer

Aus der Jahresrechnung der Stadtwerke Düsseldorf:

Ihr Abschlag inkl. gesetzlicher Umsatzsteuer beträgt künftig … EUR und wird zur Fälligkeit am 02.01.09, 30.01.09, 02.03.09, 30.03.09, 30.04.09, 02.06.09, 30.06.09, 30.07.09, 31.08.09, 30.09.09, 30.10.09 und 30.11.09 von Ihrem Konto abgebucht.

Geschäftsbedingungen und der Gregorianische Kalender sind eine explosive Mischung. Da geht es halt einfach nicht, einmal im Monat abzubuchen. Nein, es muss in manchen Monaten zweimal abgebucht werden, im Folgemonat dafür nicht. Wer sich so was ausdenkt und noch dazu nicht nur Gutbetuchte beliefert, darf sich über unnötig viele geplatzte Lastschriften wohl kaum wundern.

Ich habe die Termine übrigens nachgezählt. Es sind, wie zu erwarten, genau 12 fürs Jahr 2009.

Die kleine Abzocke

War gerade im Sportstudio und durfte den neuesten Aushang zur Kenntnis nehmen. Der Club verlangt ab sofort fünf Euro „Bearbeitungsgebühr“, wenn Kunden von ihren Rechten Gebrauch machen und den Vertrag aus wichtigem Grund aussetzen wollen. Zum Beispiel wegen Krankheit, Schwangerschaft oder Wehrdienst.

Die Gebühr wird sofort bei „Antragstellung“ kassiert. Oder spätestens zum nächsten Monatsanfang abgebucht.

Würde mich nicht wundern, wenn 90 % anstandslos zahlen.

Reef oder Rente

Ich hatte kurz überlegt, ob ich von der Stewardess erzähle, die sich heute unbedingt einen Acer Aspire One bestellen will, um bequem ihre E-Mails lesen und vermutlich stundenlang Big Kahuna Reef 2 spielen zu können.

Aber dies ist ein juristisches Blog, hier interessiert sich keiner für Nachtflüge, deshalb schnell zum Thema: Altersversorgung für Rechtsanwälte. Das Versorgungswerk Nordrhein-Westfalen schickt wie immer zum Jahresende Post, den einzigen von mir bezogenen Newsletter übrigens, der „Mitgliederrundschreiben“ heißt.

Wie schon zu erwarten, gilt auch für uns Anwälte ab heute die Rente mit 67. Ich habe aber ausnahmsweise mal Glück, dass ich schon in die Jahre gekommen bin. Für meinen Geburtsjahrgang 1964 gilt eine Übergangsregelung. Ich darf schon mit 66 Jahren in Rente.

Aber eine Sache (wer liest schon Mitgliederrundschreiben?) ist mir bis heute völlig entgangen. Wir Juristen dürfen anscheinend vorzeitig in Rente gehen. Mit frühestens 60 Jahren. Wenn ich es richtig verstehe, ist die vorzeitige Rente nicht an irgendwelche sonstigen Bedingungen geknüpft, wie sie ja in der Gesetzlichen Rentenversicherung gang und gäbe sind.

Die vorgezogene Rente wird natürlich auch im Versorgungswerk mit Abschlägen erkauft. Wenn ich pünktlich mit 60 tschö sagen täte (wobei Rentenbezug und weiter arbeiten sich wohl nicht ausschließen), würde meine Rente um 26,1 % gekürzt.

Nicht ganz ohne, aber sechs Jahre Flexibilität beim Berufsausstieg sind als Wahlmöglichkeit ja nicht zu verachten. Ich kann dem Gedanken jedenfalls durchaus etwas abgewinnen. Ich könnte zum Beispiel an meinen Gamerfähigkeiten feilen. Da habe ich echt noch Defizite.

Der „Dummschwätzer“ im Allgemeinen und im Besonderen

Ein Stadtrat hatte einen anderen Stadtrat während einer Sitzung als „Dummschwätzer“ bezeichnet.
Das Amtsgericht Dortmund verurteilte ihn dafür wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 60 Euro. Das Oberlandesgericht Hamm fand das Urteil in Ordnung.

Anders das Bundesverfassungsgericht: Wird jemand als „Dummschwätzer“ bezeichnet, könne das vom Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt sein (Az: 1 BvR 1318/07). Auszug:

Die Äußerung ist durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens und des Meinens geprägt und deshalb als Werturteil anzusehen. Die polemische oder verletzende Formulierung einer Aussage entzieht diese grundsätzlich nicht dem Schutzbereich des Grundrechts.

Aber Achtung, „Dummschwätzer“ ist nun nicht als Schimpfwort freigegeben. Das Bundesverfassungsgericht machte deutlich, dass es genau auf den jeweiligen Fall und den Kontext ankommt. Wenn man in einem Streitgespräch die nach persönlicher Ansicht dummen Aussagen des anderes so bewerten will, fällt „Dummschwätzer“ unter die Meinungsfreiheit. Ganz allgemein einen anderen als „Dummschwätzer“ zu bezeichnen wäre indes unzulässige Schmähkritik. Auszug:

Wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern – jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik – die Diffamierung der Person im Vordergrund steht, hat eine solche Äußerung als Schmähung regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzustehen.

Das Amtsgericht habe sich bei seiner Verurteilung zu wenig mit dem Anlass und dem Kontext der Äußerung beschäftigt. Deshalb hob das Bundesverfassungsgericht das Urteil auf und verwies die Sache an das Amtsgericht zurück.

Neujahr, x-fach

Heute nacht kann ich zum ersten Mal ein x-faches Neujahr feiern. Flug LH 783 geht um 23.55 Uhr von Bangkok nach Frankfurt. Da sich die Zeit während des Aufenthalts an Bord um sechs Stunden zurückdreht, dürfte das neue Jahr gleich einige Male anbrechen.

Ich bin jedoch nicht so vermessen, auf sonderlich ausgelassne Stimmung zu hoffen. Partylaune und Lufthansa passen nach meiner Erfahrung eher nicht zusammen.

Allen Lesern, ob und wie auch immer sie feiern, wünsche ich schon jetzt einen guten Rutsch ins Jahr 2009.

Strafantrag auch ohne Unterschrift

Unsere eh chronisch überlastete Justiz hat einen Fall mehr zu verkraften. Einen ganz speziellen, durch den inzwischen viele Gedanken schillern. Es ging und geht um die Frage: Muss ein schriftlich gestellter Strafantrag auch eine Unterschrift haben?

Ja sicher, hatte der Düsseldorfer Amtsrichter Hans-Werner Telle-Hetfeld im Frühjahr klar gesagt. Und damit einen Prozess platzen lassen, in dem ein Rechtsanwalt aus Wuppertal der üblen Nachrede angeklagt worden war. Es sind fünf Berufsrichter im Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG), die sich von Anwalt Jochen Thielmann wohl in ihrer Ehre verletzt fühlen – der sollte deshalb insgesamt 9.000 Euro Geldstrafe zahlen.

Er hatte den – inzwischen zu Lebenslänglich verurteilten – „Kofferbomber“ Youssef Mohamad E. H. verteidigt. Und dessen Richtern unter anderem vorgeworfen, sie argumentierten bei der rechtlichen Beurteilung „rein ergebnisorientiert“. Der Senat habe das Ziel, den Angeklagten zu verurteilen. Damit hatte er nicht nur den Staatsschutzsenat gegen sich, sondern sofort auch den Ankläger, einen Vertreter des Generalbundesanwalts. Der meinte, der Verteidiger habe „erkennbar“ den Senat „des Verbrechens der Rechtsbeugung bezichtigt“.

Und er informierte Anne-Josè Paul, die Präsidentin des OLG, die es tatsächlich fertig brachte, deshalb Straf-Antrag zu stellen. Allerdings ohne das, was das Lexikon „ein schriftliches Bekenntnis zum Inhalt einer Urkunde“ nennt – eben ohne ihren eigenhändigen Namenszug. Der sei auch überflüssig, meinte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Álso zog sie mit ihrer Revision vor einen anderen Senat des OLG. Und der urteilte kürzlich, sowas ist Rechtsprechung, der Strafantrag der OLG-Präsidenten sei selbstverständlich ohne deren Unterschrift erlaubt.

Das ergibt sich schon, attestiert der dreiköpfige 1. Strafsenat seiner Chefin, aus deren Briefkopf. Und dem Zusatz: „Maschinell erstellt, ohne Unterschrift gültig“. So ähnlich habe „schon das Reichsgericht“ (1879 – 1945) entschieden: „Daran ist festzuhalten“. Jetzt muss ein weiterer Richter in Düsseldorf erneut verhandeln. Dabei ist es völlig egal, zu welchem Urteil er kommt – der Fall kann noch einmal aufgerollt werden. (pbd)

„Netbook“ als Marke geschützt

Udo Vetter hat sein Netbook mit in den Urlaub genommen. Aber mit was kommt er zurück?

Über diese Frage sollte er jetzt mal tüchtig am Strand grübeln. Denn geht es nach dem Willen der Firma Psion PLC, dann dürfen nur Computer der Firma Psion PLC Netbook genannt werden, schließlich hat Psion PLC als einstiger Pionier bei Mini-Notebooks die Markenrechte an dem Begriff Netbook.

Zwar produziert Psion schon längst keine Netbooks mehr, aber die Markenrechte sollen verteidigt werden. Deshalb hat eine Londoner Anwaltskanzlei laut mehreren Medienberichten, etwa bei Heise. de, Abmahnungen an Internetseiten-Betreiber verschickt, die den Begriff Netbook verwenden.
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Den Berichten zufolge ist die Abmahnung nicht kostenpflichtig, außerdem haben die Internetseiten-Betreiber eine Frist bis Ende März 2009 bekommen, ihre Seiten zu ändern.

Unklar ist mir, welchen Vorteil sich Psion davon verspricht. Vielleicht steckt dahinter einfach nur der Frust, vor Jahren die richtige Idee gehabt zu haben, die nun für andere Hersteller zu einem Riesengeschäft geworden ist. Für mich die noch spannendere Frage: Wie wird Netbook-Fan Udo Vetter reagieren? Dass er in weiteren Postings zu seinem treuen Begleiter jetzt nur noch von einem „Ultramobilen Internetzugangsgerät“ spricht, halte ich für eher unwahrscheinlich.

Denkbar erscheint mir, dass er einfach weiter bei Netbook bleibt, weil es zur journalistischen Freiheit gehört, Dingen einen Namen zu geben.

Nachtrag 29.12.
Die Anwaltskanzlei hat inzwischen eine Klarstellung veröffentlicht. Demnach seien Abmahnungsadressaten jene Webseiten gewesen, die den Begriff Netbook geschäftlich nutzen. Zwar wäre es Psion lieb, wenn Journalisten und Blogger einen anderen Gattungsbegriff benutzen würden; Klagen gegen Journalisten und Blogger seien aber nicht beabsichtigt.

Wörtlich:

Journalists and bloggers obviously have to use some term to refer to the new class of ultra-low cost portables – we’d rather they didn’t use ‘netbook’ now that they’re aware of Psion’s registered trade marks, and we hope that they too will transition to whatever term becomes the legitimate generic. But are we about to start a wave of lawsuits against journalists and bloggers? The answer is an emphatic ‘no’.

Dank an den Leser für den Link!

Frohe Weihnachten

Ich wünsche allen Lesern frohe Weihnachten. Dieser Gruß kommt auch aus dem Maschinenraum, wo Florian Holzhauer nun schon lange Jahre stets präsent ist und mit unglaublich viel Feinarbeit für die Erreichbarkeit des law blog sorgt.

Frohe Weihnachten auch von Andreas Kunze, der für Urlaubsvertretungen sorgt, und dem pbd (Pressebüro Düsseldorf), dessen Beiträge zu Justizthemen in NRW hier veröffentlicht werden dürfen.

Sein gutes Geld

Sogar in der Überweisung, mit der er die ihm auferlegten Gerichtskosten bezahlt, kartet ein gewisser Herr noch nach:

Mein gutes Geld für die Rechtsanwälte, die … betrügen.

Ist gar kein Fall von mir, sondern von meiner Kollegin. Ich habe ihr geraten, mal nicht wie übliche eine dicke Haut zu zeigen, sondern Strafanzeige wegen Beleidigung zu erstatten.

Ich hatte nämlich mal das Vergnügen, den Betreffenden in einer Gerichtsverhandlung zu erleben. Das war unterste Schublade. Solche Leute hören ohnehin nur auf, wenn sie was vor den Bug bekommen. Je früher, desto besser.

NRW-Justiz schafft die Kostenmarken ab – ein Fall für Sammler

Kaufen, lecken, kleben – ganze Generationen haben so die Kosten für Zahlungsbefehle (die heutigen Mahnbescheide), für Klageschriften oder Anträge bezahlt. Denn klebte erstmal die entsprechende Gerichts- später: Justizkostenmarke fest auf der ersten Seite der Akte, dann war auch für immer der Nachweis für die nötige Vorauszahlung der Gebühren erbracht. Das galt für Anwälte und deren Gehilfen ebenso wie für nach Recht suchende Bürger und Geschäftsleute. Auch für Menschen, die aus der Kirche austreten und lediglich eine amtliche Beglaubigung ihrer Unterschrift oder eine Abschrift haben wollten.

Damit ist es bald vorbei. Die nordrhein-westfälische Justiz hat zwar noch rund 400.000 dieser bunten Marken. Wenn die aber ausverkauft sind, könnten sie bei spezialisierten Sammlern zu Raritäten werden: Der Gebührenstempler löst die Papier-Wertzeichen ab, beschafft werden keine mehr. Sie entstanden in der Berliner Bundesdruckerei. Niemand hat dort festgehalten, wie viele für wie viel Geld jemals in die Gerichtskassen der Bundesländer geliefert worden sind. Diese Marke mit der gummierten Rückseite war Mittel zum Zweck, sie taucht kaum in Statistiken auf. Selbst das Internet-Lexikon „wikipedia“ bietet mal gerade 46 läppische Einträge. Und doch sind in NRW jährlich für bis zu zehn Millionen Euro verkauft worden – im vorigen Jahr waren es noch 483 000 Marken der unterschiedlichsten Werte zwischen fünf Cent und 200 Euro.

Schon 1949/51, in den Kindertagen der Bundesrepublik, hatten sich die Bundesländer auf eigene Marken geeinigt, die dennoch bundesweit anerkannt wurde. Nach der Wiedervereinigung zogen auch die neuen Länder mit. Die wahrhaft neue Zeit kam Anfang 2002 mit der Währungsumstellung auf den Euro. Ab da gab es auch den neuen offiziellen Begriff „Justizkostenmarke“ und ein verändertes Gesicht. Die edle Justitia mit den berühmten verbundenen Augen und der Gerechtigkeit signalisierenden Waage rückte in den Mittelpunkt. Genau deshalb bietet der Abschied von der Justizkostenmarke bei aller Trauer nun einen nicht zu unterschätzenden Vorteil. Läutet er doch das Ende einer höchst unschicklichen Maßnahme ein. Niemand wird sich nämlich künftig noch veranlasst sehen, eine Gebühr zu entrichten – um danach einer sichtbehinderten Dame den Rücken abzuschlecken. (pbd)