Mein Lieblingspolitiker auf Wahlkampftour:
Archiv des Autors: Udo Vetter
WERKTAG
In vielen (Alt-)Mietverträgen steht drin, dass diese spätestens bis zum dritten Werktag eines Monats gekündigt werden können (mit einer Frist von x Monaten). Der Bundesgerichtshof hatte laut Handelsblatt zu entscheiden, ob der Samstag ein Werktag ist und deswegen mitgerechnet werden muss.
Wie nicht anders zu erwarten, entschieden sich die Juristen für das Gegenteil von dem dem, was heute wohl die meisten Menschen bei Günther Jauch aussagen würden. Ein Samstag ist, so der BGH, ein Werktag. Basta.
Gleiches Problem übrigens auch bei Parkscheiben. „Werktags von 7 bis 19 Uhr“ gilt ebenfalls an Samstagen.
FREIBETRÄGE
Bei einem Alleinstehenden, der im Monat € 1.000,00 netto verdient, können Gläubiger € 10,40 pfänden. Das ergibt sich aus der neuen offiziellen Pfändungstabelle. Die Freibeträge sind mittlerweile so hoch, dass sich selbst ein Großteil der Schuldner mit Arbeit hinter den Freibeträgen verschanzen und „pfandfrei“ leben kann.
Das hat übrigens für Leute mit niedrigem oder mittlerem Einkommen indirekt negative Konsequenzen. Wir haben immer mehr Mandanten, die sich einfach nicht erklären können, warum ihnen ein Versandhaus nichts liefert. Oder ein Mobilfunkanbieter keinen Handyvertrag abschließen will. Von einem Autokauf auf Kredit ganz zu schweigen.
Da Schufa und ggf. Creditreform meist leidlich in Ordnung sind, bleibt eigentlich nur eine Erklärung: Großunternehmen selektieren ihre Kunden verschärft präventiv. Ich habe den Verdacht, dass dies mit der Einsicht zusammenhängt, dass im Ernstfall selbst bei einer Vielzahl von Berufstätigen nichts zu holen ist.
ZEIT ZUM HANDELN
Actionfilme zeigen nicht die Wirklichkeit:
„Brennende Autos explodieren nie“
Interessanter Artikel auf Spiegel online.
BGH: ERSCHLICHENES VISUM NICHT STRAFBAR
Machen sich Ausländer strafbar, wenn sie mit falschen Angaben ein Visum erschleichen? Zu dieser Frage hat der Bundesgerichtshof heute ein Grundsatzurteil gefällt. Danach kommt es lediglich darauf an, ob das Visum korrekt von der deutschen Auslandsvertretung erteilt worden ist. Ist das der Fall, macht sich ein Ausländer nicht strafbar, auch wenn er die zuständige Botschaft über seinen Reisezweck getäuscht hat.
Die Karlsruher Richter erteilen damit der Auffassung eine Absage, wonach ein Ausländer auch dann “unerlaubt” eingereist sein kann, selbst wenn er er ein formal korrektes Visum besitzt. Eine Einreiseerlaubnis sei grundsätzlich wirksam, heißt es in dem Urteil, selbst wenn sie “rechtsmissbräuchlich” erlangt worden ist. Das Gericht stützt sich auf das Bestimmtheitsgebot. Es sei unzulässig, die Rechtmäßigkeit einer Einreise von “der zufälligen Nachweisbarkeit der Tatumstände im Einzelfall” abhängig zu machen.
Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs. Aktenzeichen: 2 StR 457/04.
TOLLES BUCH
Ich habe mich gerade wieder darüber geärgert, dass Rechtsanwälte, vorwiegend aus dem Inkassobereich, zunehmend nur noch über kostenpflichtige Rufnummern erreichbar sind. Wie zum Beispiel die Rechtsanwalt Rainer Haas & Kollegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Baden-Baden.
12 Cent pro Minute soll ich investieren, wenn ich den Kollegen ein Fax schicke. Oder mit einem der dortigen Anwälte telefoniere. Auf dem Briefbogen sind nur 01805-er Nummern angegeben. Im Schreiben selbst so aussagekräftige Positionen wie „Inkasso-Verzugs-Schaden“. Aber das ist ein anderes Thema.
Zum Glück gibt es kaum eine Abzocke, für die sich im Netz nicht Gegenmittel finden ließen. Deshalb weise ich hier voller Freude auf das 0180-Telefonbuch hin. Das Angebot listet alle normalen Rufnummern der betreffenden Unternehmen auf, soweit sie irgendwie ermittelt werden konnten.
BLOSSGESTELLT
Zum ersten Mal (am Rande) erlebt, wie schnell Behörden jetzt Bankverbindungen erschnüffeln können. Es funktioniert. Beängstigend gut.
WIDERSPRÜCHLICH
Einen Schuldner musste ich erst mahnen, bevor er endlich seine Verbindlichkeit beglich. Die Kosten für das Mahnschreiben („Einleitung der Zwangsvollstreckung“) habe ich in Rechnung gestellt.
Jetzt schreibt er mir lang und breit, dass ich – Kurzfassung – einen an der Klatsche hätte. Denn seine Zahlung sei natürlich rechtzeitig erfolgt. „Deswegen betrachte ich Ihre Rechnung als gegenstandslos.“
Nun brüte ich schon Minuten dumpf über dem Kontenblatt und versuche, sein Schreiben mit den Zahlen in Einklang zu bringen. Aber auch meine Sekretärin kommt zu dem Ergebnis, dass die Rechnung mit bezahlt worden ist.
AUF VERLORENEM POSTEN
Ist es verwerflich, wenn ein Beschuldigter Berufung einlegt und zumindest gegen die Höhe seiner Strafe kämpft? Auch wenn es – zugegeben – aus juristischen Gründen nur um ein paar Monate gehen kann. Und überdies – das sei ebenfalls eingeräumt – die Chancen auch nicht prächtig sind, dass sich das Gericht überzeugen lässt.
Dass ein zulässiges Rechtsmittel aber bei einem Staatsanwalt nackte Verärgerung auslöst, er von „Uneinsichtigkeit“ schwadroniert und gleich damit droht, irgendwelche bösen Sachen zur Bewährung in die Urteilsgründe schreiben zu lassen – das habe ich bislang selten erlebt.
„Wissen Sie was“, polterte der Beamte im Gerichtssaal, „eigentlich hätten wir in Berufung gehen müssen.“ Hat die Staatsanwaltschaft aber nicht. Das ist wahrscheinlich der eigentliche Grund, warum er ob des Ansinnens, die Strafe zu mildern, an die Decke gegangen ist. Wenn nämlich nur der Angeklagte Rechtsmittel einlegt, kann die Strafe nicht zu seinem Nachteil abgeändert werden (§ 331 Strafprozessordnung).
Mein Mandant hat also nichts zu verlieren, und spätestens an diesem Punkt lohnt es sich nach meiner Meinung in jedem Fall, auch mal auf mehr oder weniger verlorenem Posten zu kämpfen. Immerhin geht es nicht um € 3,50, sondern um die persönliche Freiheit.
Stichwort verlorener Posten. Eine kleine Überraschung habe ich natürlich auch für den nächsten Termin in petto.
LIGHTVERSION
Hans Olaf Henkel hat heute Morgen auf WDR 5 gesagt, wohin sich dieses Land dank Müntefering & Co. seiner Meinung nach derzeit bewegt: DDR light.
Ich gebe das nur mal so wieder.
DIE EU SCHLÄFT
Kaum zu glauben, aber in der EU gibt es noch immer unterschiedlichste Loch-Standards. Vor allem die Schweden tanzen aus der Reihe und sorgen für ästhetische Komplikationen. Wie man auf Verwaltet nachlesen und betrachten kann, versaut dieses skandalöse Regelungsdefizit die schönste Ablage.
EI-OUH-JUH
Wissen Sie, was ein IOU ist?
War mir doch tatsächlich bekannt.
Dem Frager war es nicht so recht. Er ahnte wohl, dass damit seine Chancen sanken, mir so etwas als „Bezahlung“ andrehen zu können.
GUT GLÜCK
Eine Mobilfunkfirma beantragt jeden Tag Mahnbescheide – manche auf gut Glück. Über „Zwangsvollstreckung auf Verdacht“ berichtet die Süddeutsche Zeitung.
(Danke an R. für den Hinweis)
BINDUNG FÜR MIETER
Wohnungsmieter können durch Kündigungsverzicht bis zu vier Jahren an den Vertrag gebunden werden. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden, berichtet das Handelsblatt.
Mit der Entscheidung dürfte sich ein wichtiges Ziel der Mietrechtsreform ins Gegenteil verkehren. Der Gesetzgeber hatte die gesetzliche Kündigungsfrist für Mieter extra auf drei Monate festgeschrieben. Nur die Fristen für Vermieter verlängern sich je nach Mietdauer.
Wenn davon vertraglich wieder abgewichen werden kann, wird es mit der vielgepriesenen Flexibilität auf Mieterseite kaum etwas werden.
ANWALT ODER TÄTER
Die Berliner Zeitung berichtet über die Anklage gegen einen Anwalt, der eine „kriminelle Vereinigung“ unterstützt haben soll. Er soll unter anderem verurteilte Täter aufgesucht und ihnen Schweigegeld sowie juristische Vertretung angeboten haben. Das grundlegende Problem wird auch gleich erwähnt:
Neben der Einflussnahme auf Zeugen legt die Staatsanwaltschaft dem Anwalt auch zur Last, die Gruppe um K. bei Grundstücksgeschäften unterstützt zu haben, um deren kriminelle Interessen durchzusetzen. Allerdings dürfte es den Anklägern in diesen Fällen schwer fallen, U.s juristische Aktivitäten als Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, da es sich zumindest der Form nach um normale Rechtsvorgänge handelt.
Eine Lösung leider nicht.