Ein wichtiges Urteil für Provider und Webdesigner, zu deren Service die Registrierung von Kundendomains gehört. Diese Domains müssen im Zweifel tatsächlich auf den Namen des Kunden angemeldet werden. Dies hat der Bundesgerichtshof (PDF) entschieden. Wer ohne ausdrückliche Einwilligung die Domain auf den Serviceanbieter registriert und dem Kunden nur die Nutzung überlässt, kann sich später, wenn es Ärger gibt, schadensersatzpflichtig machen. Oder sogar wettbewerbswidrig handeln.
Archiv des Autors: Udo Vetter
SCHEINPROBLEME
“Teilfahrlässige Teilnahme an Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen” – mit diesem juristischen „Problem“ beschäftigt sich ein Aufsatz in der aktuellen Ausgabe der Ausbildungszeitschrift JuS. Die Andere Ansicht kramt aus diesem Anlass andere juristische Fragen aus dem Archiv, die es ebenfalls in sich haben:
* Der ungeborene Betriebsrat – Ein Naciturus im Arbeitsrecht?
* Der versuchte Versuch – Überlegungen zu einer dogmatischen Schimäre
* Jeckyll und Dr. Hyde beim Notar: Verkauf eines Grundstücks an sich selbst – Zur
teleologischen Reduktion des § 181 BGB bei Schizophrenie
* Vergewaltigung durch Unterlassen – Die Bedeutung der Garantenstellung
ABNICKEN
Es kommt selten vor, dass Richter den Erlass eines Strafbefehls* ablehnen. Meistens folgen sie mehr oder weniger blind dem Antrag, welchen die Staatsanwaltschaft stellt. Heute hatte ich es ausnahmsweise mit einem Richter zu tun, der nicht alles abnickt, was ihm vorgelegt wird. Er hatte Verhandlungstermin anberaumt, weil er mit der von der Staatsanwaltschaft beantragten Rechtsfolge nicht einverstanden war.
Leider stand nicht dabei, warum der Richter den Strafbefehl ablehnte. Das erklärte er mir aber am Telefon: „Die vorgeschlagene Strafe ist mir zu hart.“
Mit dieser Auskunft fährt es gleich viel entspannter zum Prozess.
* Strafurteil ohne Verhandlung. Der Beschuldigte kann Einspruch einlegen.
NICHT WITZIG
Hat sonst noch jemand Mails vom Fotolabor Treml (news-ticker.org) bekommen?
SCHWEIGEN IST …
KEINE ANTWORT
Das Landgericht Hamburg hat die verfassungsmäßigen Rechte eines Strafgefangenen verletzt – durch Untätigkeit. Eine Beschwerde des Mannes blieb jahrelang unbearbeitet. Selbst gegenüber dem Bundesverfassungsgericht, das dem Gefangenen jetzt Recht gab, zeigten sich die Hamburger Richter wenig kooperativ:
Auf Anfrage des Bundesverfassungsgerichts vom 22. April 2004 beim Landgericht Hamburg, ob mittlerweile eine Entscheidung ergangen sei, erfolgte keine Reaktion. Zweimaliger schriftlicher Aktenanforderung des Bundesverfassungsgerichts kam das Landgericht weder nach noch teilte es mit, aus welchen Gründen eine Aktenübersendung nicht möglich war. Erst nach mehrmaliger direkter telefonischer Aufforderung des zuständigen Richters wurden die Verfahrensakten dem Bundesverfassungsgericht zugeleitet.
DAMIT MÜSSEN SIE RECHNEN
Ein Einzelrichter am Verwaltungsgericht Düsseldorf lädt mich für neun Uhr zur mündlichen Verhandlung. In der Ladung steht folgender Hinweis:
Es wird darauf hingewiesen, dass für die Verhandlung zunächst eine Zeit von 45 Minuten angesetzt ist. Sollte eine längere Verhandlung erforderlich sein, müssen Sie damit rechnen, dass die Verhandlung unterbrochen und am Nachmittag fortgesetzt wird.
Zugegeben, die richterliche Bequemlichkeit ist ein hohes Gut.
Ich darf aber trotzdem schon mal ankündigen, dass ich mir den Nachmittag nicht freihalten werde. Die Verwaltungsgerichtsordnung sieht in § 104 eine durchgehende mündliche Verhandlung vor. Unterbrechungen sind nicht vorgesehen. Schon gar keine aus völlig unsachlichen Gründen.
Das gilt auch für den Umstand, dass sich ein Richter sehenden Auges zu wenig Zeit für seine Verhandlungen nimmt, dann aber eine missliebige Vertagung dadurch umgeht, dass er den anderen Prozessbeteiligten stundenlange Wartezeiten zumutet.
BESCHWERDE
Ein Beitrag im law blog hat mir eine Beschwerde bei der Anwaltskammer eingehandelt. Ist zwar weitgehend anonym, aber immerhin so formuliert, dass man unschwer den Juristen rausliest.
Deshalb auf diesem Wege: vielen Dank, Herr Kollege!
GELDSTRÖME
Auf der After-Show-Party habe ich mit den Jamba-Abgesandten Markus Berger-de León und Thilo Bonow geplaudert.
Klar ist, dass sich das Unternehmen Sorgen macht, die Risikogruppe Eltern könnte Amok laufen. Angeblich bleibt Jamba nämlich nur ein kleiner Teil der Abogebühren in der Kasse. Die Musiklabels sollen bis zu 50 % der Einnahmen als Lizenzgebühren verlangen; wesentlich mehr als noch vor zwei oder drei Jahren. Bis zu 40 % gingen an den Telefonprovider. Vom Rest muss Jamba die Kosten decken und Gewinn machen – so der Geschäftsführer. Erstattungsbeträge an Jugendliche schlagen somit voll auf die eigene Marge durch, denn weder Telkos noch Musikfirmen dürften bereit sein, das Risiko mit zu tragen.
Auf eine (Muster-)Klage wollen es die Jambas offensichtlich auf keinen Fall ankommen lassen. Ich hatte den Eindruck, dass ihnen ihr Anwalt auch nichts anderes erzählt hat, als sie in der Sendung zu hören kriegten. Insoweit bleibt wohl gar nichts anderes übrig, als auf Kundenfreundlichkeit zu switchen. Was heißt: Jeder, der einigermaßen nachvollziehbare Gründe vorbringt, wird ausgezahlt.
Das erfolgreichste Spiel bei Jamba ist übrigens „Wer wird Millionär“.
PROGRAMMHINWEIS
Ich bin heute Abend ab 22.15 Uhr Studiogast bei stern TV. Es geht um Sweety und die Partybiene.
NEUES TÄTIGKEITSFELD
Jetzt lassen juristische Verlage schon Rechtsanwälte anrufen, um Werbung für ihre Produkte zu machen. Die Anruferin meldete sich jedenfalls als solche. Zu mir durchgedrungen ist sie aber nicht. Denn auf die Frage meiner Sekretärin, ob es sich um Werbung handelt, musste sie Farbe bekennen. Wie ich höre, war das Gespräch dann auch schnell beendet.
AUSKUNFT
Frau S. möchte Auskunft über eine Lebensversicherung zu ihren Gunsten. Sie meint, diese Versicherung habe ihr früherer Mann aufgrund eines Ehevertrages abschließen müssen. Ich habe schriftlich erklärt, dass es diese Versicherung niemals gab, nicht gibt und auch nicht geben wird. Die Gründe hierfür habe ich auch erläutert.
Was macht Frau S.?
Sie verklagt meinen Mandanten auf Auskunft darüber, bei welcher Gesellschaft die Versicherung abgeschlossen ist, wie lange die Versicherung läuft und wie hoch die Prämien sind. Mit der Begründung: „Die verlangte Auskunft ist abgelehnt worden.“
Ich habe die Auskunft nicht abgelehnt. Ich habe sie erteilt. Dass die Auskunft nicht wunschgemäß ausgefallen ist, steht auf einem anderen Blatt. Aber das wäre nach meiner Meinung höchstens Thema für eine Schadensersatzklage.
Ich bin gespannt, ob die Klägerin für so was auch noch Prozesskostenhilfe kriegt.
HILFSBEREIT
Ich habe eben mit einer Sachbearbeiterin bei der Familienkasse Düsseldorf telefoniert, die den Fall meines Mandanten sofort im Kopf hatte. Ohne Aktenzeichen!
Außerdem war sie noch richtig nett und hilfsbereit.
(Die Familienkasse gehört zur Agentur für Arbeit. Deshalb ist das eine Erwähnung wert.)
MANNESMANN RELOADED
Die Bundesanwaltschaft befürwortet die Revision gegen die Freisprüche im Mannesmann-Verfahren. Das berichtet die FAZ. Jetzt muss der Bundesgerichtshof entscheiden, ob das Urteil des Landgerichts Düsseldorf Bestand hat.
Die Düsseldorfer Richter hatten den Untreueparagrafen sehr zugunsten der Angeklagten, darunter Deutsche-Bank-Chef Ackermann, ausgelegt.
Als Verteidiger bin ich sehr dafür, dem schwammigen § 266 Strafgesetzbuch Konturen zu geben. Dass dies allerdings im Sinne der Angeklagten geschieht, dafür würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen.
Ich sage, die Chancen für eine Verurteilung liegen bei 70 : 30.
VIELE PAUSEN
Seit der kleinen Reform der Strafprozessordnung im letzten Herbst reicht es, wenn zwischen zwei Verhandlungsterminen nicht mehr als drei Wochen vergangen sind. Früher waren es zehn Tage. Das reduziert die Zahl der Schiebetermine; entbehrlich werden sie jedoch nicht.
Heute Morgen hatte ich so einen Schiebetermin. Acht Uhr, nur ein Zeuge. Relativ unbedeutend. Nach ein paar Minuten war alles vorbei – jetzt ist zeitlich wieder Luft. Für mich bedeutet das die Möglichkeit auf einen Kaffee vor der Rückkehr ins Büro. Für den Angeklagten aber möglicherweise eine erheblich längere Wartezeit als früher, bis die Sache endlich ausgestanden ist.
Richtig problematisch wird die verlängerte Frist aber, wenn der Betroffene in Untersuchungshaft sitzt. Es macht schon einen gewaltigen Unterschied, ob man zwischen Hauptverhandlungstagen zehn Tage schmoren muss. Oder drei Wochen. Ich bin gespannt, wie die Oberlandesgerichte mit Haftbeschwerden umgehen, die gegen Gerichte erhoben werden, die ihren neuen Spielraum ausreizen.
Gleich kümmere ich mich aber erst einmal um eine Sache, in der der Ermittlungsrichter ausdrücklich in den Haftbefehl reingeschrieben hat, dass die Untersuchungshaft nur gerechtfertigt ist, wenn die Anklage „unverzüglich“ erhoben wird. Offensichtlich haben der Staatsanwalt und ich ein unterschiedliches Zeitgefühl.