FRAGERECHT

Eine Staatsanwältin, die während meiner Fragen an einen Zeugen nicht das erste Mal dazwischen redete und sich an den Zeugen wenden wollte, habe ich gebeten, mich bitte erst meine Fragen stellen zu lassen. Dafür hatte ich auch bestimmte Gründe.

Darauf zeigtes sich der Vorsitzende als wahrhaft neutral und allen Seiten gleichermaßen gewogen. Er erklärte nämlich kurz angebunden:

Herr Verteidiger, hiermit erteile ich der Staatsanwältin das Wort.

Keine Ahnung, ob er das öfter macht. Ich habe darauf hingewiesen, dass dem Verteidiger das einmal erteilte Fragerecht nur aus sachlichem Grund entzogen werden darf (Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, § 241 Randnummer 9). Das Dazwischenreden des Anklagevertreters gehört nach meiner Meinung nicht dazu.

Das sah kurz nach einem Aufreger aus. Wider Erwarten gab es jedoch keine Diskussion und ich durfte meine Befragung fortsetzen. Was leider nur den Schluss zulässt, dass der Richter die Regeln zum Fragerecht kennt, aber keine Probleme damit hat, sich nicht daran zu halten. Aber vielleicht war sein Einwurf ja nur ein Augenblicksversagen…

(C) Cartoon: wulkan

ANDERE VERBRECHEN

Aus der Badischen Zeitung, zitiert nach dem „Hohlspiegel“ Nr. 11/05:

Das Arbeitsgericht verhandelt nur solche Fälle, die tatsächlich mit Arbeit zu tun haben. Andere Verbrechen wie Diebstahl werden vor anderen Gerichten verhandelt.

BRANDING ALS MANGEL

DPMS INFO:

Das Amtsgericht Potsdam hat im Verfahren 34 C 563/04 entschieden, daß ein vom Netzbetreiber -in diesem Fall T-Mobile- in der Software verändertes Handy mangelhaft im Sinne des Kaufrechtes sein kann. Vorliegend war die vom Hersteller -Siemens- für die Funktion „neue SMS“ vorgesehene Taste dergestalt umprogrammiert worden, daß nach Betätigung eine kostenpflichtige Internetverbindung aufgebaut wurde. Diese Veränderung war für den Kunden vor dem Kauf nicht erkennbar. Das AG Potsdam verurteilte T-Mobile daher zur Zurücknahme des Gerätes und Erstattung des vollen Kaufpreises.

Da hätte ich ja glatt noch Chancen, mein Sony Ericsson T610 loszuwerden. Die von Vodafone auf WAP-Verbindung programmierte obere rechte Taste hat beim Original auch eine andere, deutlich weniger kostenträchtige Funktion.

ÜBERROLLT

Mit mehrjährigen Freiheitsstrafen endete in Bielefeld die Verhandlung über einen bizarren Fall von Versicherungsbetrug. Ein 56-jähriger Mann hatte sich von seiner Freundin zweimal mit dem Auto überfahren lassen. Daraufhin hatten Versicherungen rund eine dreiviertel Million Euro ausgezahlt, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Über die Höhe der Strafen berichtet die Welt.

ERTAPPT

Gerade ertappe ich mich dabei, dass ich bei einem Fax keine Billigvorwahl verwende. Wäre alles halb so schlimm, wenn ich nicht derjenige wäre, der nach einem Blick in die Telefonrechnung immer vom Rest der Belegschaft wissen will, wer schon wieder 74 deutschlandweite Gespräche über die Telekom geführt hat.

SILBER

Heute einen anstrengenden Termin gehabt. Auto angucken. Zubehör auswählen (erstmals mit Navi und Xenonlichtern). Den Preis klarmachen.

Außerdem mal wieder größte Unflexibilität bewiesen. Denn trotz festen Vorsatzes, mal eine andere Farbe zu nehmen, habe ich mich schon wieder für Silber entschieden.

BRIEFPOST

Das hat man davon, wenn man sich als Anwalt moderner Kommunikationsformen wie E-Mail bedient:

“ … wir gehen davon aus, dass Sie uns Ihre anwaltliche Vollmacht nachreichen und zukünftige Korrespondenzen dem Dokumentenerfordernis entsprechen werden. Obwohl beides nicht erfüllt ist, möchten wir Stellung nehmen: … „

Aber vielleicht führen die Big-Brother-Pläne des dynamischen Duos Schily / Zypries ohnehin dazu, dass die gute alte Briefpost eine Renaissance erlebt. Ich habe jedenfalls noch nichts davon gelesen, dass künftig auch lückenlos und zentral festgehalten werden soll, wer wem wann einen Brief geschrieben hat.

KLEINIGKEIT

Heute Abend – neben anderem – noch eine Büchersendung fertig gemacht. Leider zu dick für den Briefkasten. Ich werde also morgen Früh zum Postamt um die Ecke gehen. Zum Glück muss ich nicht anstehen und die Sendung einem Mitarbeiter in die Hand drücken. Denn für Päckchen, Büchersendungen etc. gibt es eine extra Wanne, ganz links am Tresen.

Also genau dort, wo die Warteschlange beginnt. Was nichts anderes bedeutet, als dass sich jeder, der diese nützliche Einrichtung kennt und nutzt, an den anderen Kunden vorbeidrängen muss – und garantiert ein paar blöde Bemerkungen zu hören kriegt.

Es sind manchmal die Kleinigkeiten, die einem den Spaß verderben.

GENERALVERDACHT

Die Bundesregierung will EU-weit alle Kommunikationsdaten (Telefon, Handy, E-Mail, SMS) für jeweils zwölf Monate zentral speichern lassen. Das berichtet Spiegel online.

Ich glaube, diese Regierung sieht nur noch einen großen Feind: ihr eigenes Volk. Sonst würde sie es ja kaum unter Generalverdacht stellen und sich Schritt für Schritt von dem Zusatz „freiheitlich“ in unserer demokratischen Grundordnung verabschieden.

VERFOLGER IN DER KRITIK

Ich hatte vor einigen Tagen darauf hingewiesen, dass die Berliner Verfolgungsbehörden möglicherweise Gefallen an ihrem „System Hoyzer“ (einsperren, schmoren lassen, gegen umfassende Aussage Haftverschonung in Aussicht stellen) gefunden haben.

In Spiegel online kritisieren weitere Juristen die Verhaftung des 29-jährigen Schiedsrichters Dominik Marks, immerhin ausgestattet mit Arbeitsplatz, festem Wohnsitz, Ehefrau und Kind. Ihre Argumente sind samt und sonders nicht von der Hand zu weisen.

Was die namentlich nicht näher genannten Ermittler dagegen setzen, ist eher schwächlich. Albern ist vor allem der Hinweis, man habe mit der Verhaftung von Marks gewartet, bis die Angaben, die Hoyzer gemacht hat (um aus dem Gefängnis zu kommen) überprüft waren. Wenn die Angaben mittlerweile überprüft und bestätigt sind, besteht in diesen Punkten gerade keine Verdunkelungsgefahr mehr.

Letztlich stellt sich natürlich auch die Frage, wieso der Single Hoyzer, dem zumindest nach meiner Kenntnis eine viel größere Verstrickung in die Sache vorgeworfen wird, nach seinen Aussagen wieder freigelassen wurde. So groß kann die Fluchtgefahr ja selbst bei ihm nicht sein.

Logisch ist das nicht.

Nachtrag, passend zum Thema: Telepolis schildert detailliert, wie die Polizei beim Besuch des US-Präsidenten die „Herrschaft“ über Wohnungen ergriff – angeblich ohne Anweisung von oben.

(Danke an Florian für den Link.)

ENTLASTENDE UMSTÄNDE

Die Welt:

Zwei Tage nach der angeblich spektakulären Mißhandlung zweier Frauen in der S 1 hat die Polizei fünf Tatverdächtige festgenommen. Die Vernehmungen der 14 und 15 Jahre alten Jungen erbrachten allerdings ein überraschendes Ergebnis. Die Kripo schließt mittlerweile nicht aus, daß das Opfer große Teile der Tat erfunden hat.

Schön zu lesen, dass es Polizisten mit der nötigen Distanz zu Zeugenaussagen gibt. Und entsprechender Bereitschaft, auch entlastende Umstände zu ermitteln – so wie es das Gesetz fordert.

Keine Selbstverständlichkeit. Gerade nicht bei dem Druck der Medien (Beispiel), die den Fall eilfertig als Beleg dafür gepusht haben, dass die Deutschen feige Weggucker sind.

TEURER ALS TELEFONSEX

Die Bahn rückt laut heise online mit den WLAN-Preisen für ihre Schnellzüge raus. Kunden, die nicht gleichzeitig bei D 1 sind, zahlen € 1,72.

Pro Minute.

Herzlichen Glückwunsch, Herr Mehdorn. Damit ist E-Mails checken erstmals teurer als Telefonsex.

Nur mal zum Vergleich: Bei der Lufthansa kostet der flynet-Zugang pauschal $ 29,95 für den gesamten (Interkontinental-)Flug. Alternativ können 30 Minuten für $ 9,95 gebucht werden; jede weitere Minute kostet $ 0,25.

NOTEBOOK-PARANOIA

Nach dem Gerichtstermin noch einen Kaffee. Wie das heute halt so ist, sitzt man im Schaufenster. Macht eigentlich nichts. Wäre nicht die Polizeistreife, welche quer über die Bolker Straße geht. Genau auf mich zu.

Vielleicht täusche ich mich. Aber fixiert einer der Beamten das Notebook, das vor mir auf dem Tisch steht? Hat er mich identifiziert als potenziellen Einbrecher in offene Funknetze und damit als (vermeintlichen) Kriminellen? Ich sehe mich schon, monatelang ohne mobile EDV und überdies Inhaber eines Js-Aktenzeichens bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. (Kurzer Zweifel: Beschäftigt sich mein Lieblingsstrafverteidiger mit Kleinkram wie diesem?)

Der erste Reflex ist natürlich: in der Aktentasche nach der UMTS-Karte kramen. Wenn ich ohnehin online bin und für diesen Monat nachweislich noch über ausreichendes Datenguthaben verfüge, dürfte mich das ja wohl an Ort und Stelle entlasten. Etwas Sachverstand mal vorausgesetzt.

Alles zu spät. Die beiden Polizisten kommen rein. Der eine kauft sich ein Panini mit Schinken.

Ach, das hatte er im Auge.