PUNKTE

Nachdem ich es für den Mandanten nachgeguckt habe, möchte ich auch hier darauf hinweisen: Nach diversen Verschärfungen des Bußgeldkataloges gibt es auch außerhalb geschlossener Ortschaften schon ab 21 Stundenkilometern zuviel einen Punkt in Flensburg.

Wer sich die Nachfrage beim Anwalt sparen will, klickt hier.

BÖSER PAPA

Ein 13-jähriger Bonner schickt seinem Stiefvater den Gerichtsvollzieher. So berichtet es jedenfalls der Express. Der Mann schuldet dem Jungen noch 150 Euro Schadensersatz für eine Modelleisenbahn. Die soll der Stiefvater bei seinem Auszug mitgenommen haben. Vor Gericht hatte sich der Mann verpflichtet, den Betrag auf das Sparkonto des Jungen zu zahlen.

PRINZIP HOFFNUNG

Noch eine gute Nachricht am Abend:

Der Bundesfinanzhof hat Zweifel, ob die Spekulationssteuer nach 1999 rechtmäßig war. Das berichtet die Financial Times Deutschland. Bis zum Jahr 1999 hat das Bundesverfassungsgericht die Steuer ja schon gekippt.

Danach tönte der Finanzminister vollmundig, alles ab 2000 sei zu Recht kassiert worden. Das war schon deswegen zu früh geprahlt, weil das Bundesverfassungsgericht sich in seinem Urteil gar nicht mit dem späteren Zeitraum befasst hat.

Die schlappe Gesetzesänderung zum 1.1.2000, mit der die Spekulationssteuer angeblich gerettet worden sein soll, löst bei den obersten Finanzrichtern jedenfalls keine Begeisterung aus. Sie haben bereits Steuerbescheide aus der Zeit außer Vollzug gesetzt.

Warum schreibt Udo plötzlich über Steuerrecht?

Weil er sich wenige Tage vor dem großen Crash im Jahr 2000 von VerticalNet, Commerce One, ICG (nur vage Beispiele, Namen sind verdrängt und die Belege abgeheftet) und den ganzen Schrott getrennt hat. Und als ehrlicher Steuerzahler dafür einen schmerzhaften Betrag an den Staat abführen musste.

Wäre alles nicht schlimm gewesen, hätten sich die Spekulationsgewinne bei Eingang des Steuerbescheids für 2000 noch auf seinem Konto befunden. Doch das fette Plus war leider auch größtenteils wieder futsch, dank einiger unschöner Verluste in 2001, natürlich haarscharf außerhalb der Verrechnungsfrist von einem Jahr.

Wenn das durchgeht, gebe ich einen aus. Oder zwei.

(Link via Handakte WebLAWg)

NEUE FRISTEN

Neue Lebensversicherungsverträge kann man jetzt länger widerrufen. Die Frist ist auf 30 Tage verlängert worden. Für alle anderen Versicherungsverträge gilt nach wie vor die Widerrrufsfrist von 14 Tagen. Darauf weist der FINBLOG hin.

Wer sich also mit dem Gedanken trägt, eine im Dezember 2004 abgeschlossene Versicherung doch wieder loszuwerden, sollte sich nicht von seinem Vertreter ins Bockshorn jagen lassen. Der wimmelt den Kunden mit einiger Wahrscheinlichkeit unter Hinweis auf die alte Frist ab.

BEKENNTNISSE

Manche Anwälte übertreiben es mit dem Formalismus. Da kriege ich um 17.23 Uhr einen Schriftsatz mit 28 Seiten gefaxt, und zwar zweifach. Mit Empfangsbekenntnis, das ich sofort unterschreibe und brav zurückfaxe.

Am nächsten Nachmittag steht eine aufgeregte Mitarbeiterin der anderen Kanzlei bei uns in der Tür. Sie hat nicht nur Anweisung, den Schriftsatz im Original abzugeben (wiederum doppelt), sondern auch ein Empfangsbekenntnis von mir unterschreiben zu lassen.

Ich weise darauf hin, dass ich schon das erste Empfangsbekenntnis zurückgefaxt habe und dass dieses Schreiben wirksam ist (§ 195 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 174 Abs. 4 Satz 2 ZPO).

Die junge Dame verdreht nur die Augen. „Sagen Sie das nicht mir, mein Chef will aber ein Empfangsbekenntnis im Original.“ Ist schon klar, soll er seinen Willen haben. Bevor die Mitarbeiterin unverrichteter Dinge zurückkehrt und einen auf den Deckel kriegt, gebe ich halt noch ein Autogramm.

Heute kam dann der Schriftsatz übrigens noch einmal. Mit normaler Post.

SCHRÖDER EIN DIKTATOR ?

Wer Mitglieder der Regierung geschmacklos karikiert und gewisse Grenzen überschreitet, bekommt es mit der Staatsanwaltschaft zu tun. Auf einer Protestseite und auf Flugblättern wurden der Kanzler und sein Wirtschaftsminister durch grafische Gestaltung in die Nähe von Hitler gerückt.

Beleidigung und Verunglimpfung? Oder doch zulässige Satire? Die Betroffenen haben die Verteidigungsschrift ihres Anwalts ins Netz gestellt, so dass sich jeder selbst ein Bild machen kann.

Unter anderem findet sich folgender Satz:

Im Hinblick auf den Umstand, dass der Rücktritt eines Bundeskanzlers regelmäßig über kurz oder lang zu Neuwahlen führt und eine erhebliche Anzahl von Mandatsträgern der Regierungspartei in einem solchem Falle mit dem Verlust ihres Mandates zu rechnen gehabt hätte, kommen der beschriebenen Verknüpfung der Weiterführung des Amtes mit der Zustimmung zu den Reformen Hartz IV aus hiesiger Sicht durchaus diktatorischer Züge bei.

Fraglich, ob man mit solchen Ausführungen die Wogen glättet. Aber vielleicht ist das ja auch gar nicht gewollt.

GEFÄHRLICHE FILTER

Arbeitgeber müssen vorsichtig sein, wenn sie die Mails ihrer Mitarbeiter filtern bzw. zensieren. Gegen die Verantwortlichen einer deutschen Universität ordnete das Oberlandesgericht Karlsruhe jetzt strafrechtliche Ermittlungen an. Sie hatten den Mailverkehr eines ungelittenen (ehemaligen) Mitarbeiters einfach ausgefiltert – ohne den Betroffenen zu benachrichtigen.

Möglicherweise liegt darin eine Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses.

(Bericht auf Spiegel online) / (Danke an Hartmut Nissen für den Link)

HAUSSCHWEIN

Die gute Nachricht: Minischweine dürfen in Mietwohnungen gehalten werden.

Die schlechte (für den Halter): Wenn die Schweine Menschen angreifen, müssen sie zurück in den Stall.

So hat es das Amtsgericht München entschieden, berichtet beck-aktuell.

HÄTSCHELMODUS

Die Richterin wirkte schon überzeugt. „So, wir können das Verfahren also einstellen. Die Staatsanwaltschaft stellt den Antrag?“ Wäre schön gewesen. Aber leider hatte der Herr Staatsanwalt einen Referendar dabei. Hinten im Saal saßen Gerichtspraktikanten. Und manchmal möchte man nicht nur wichtig erscheinen. Sondern auch cool. Statt des Antrages kam jedenfalls nicht mehr als ein lässiges Kopfschütteln und ein saloppes: „Nein.“

Dabei war die Sache eigentlich nicht kompliziert. Mein jugendlicher Mandant verbüßt seit Mitte letzten Jahres seine erste Freiheitsstrafe. 26 Monate hatten sich angesammelt, durch eine Latte von Verurteilungen wegen Raub, Diebstahl, Körperverletzung. Halt das ganze Programm, wie man es aus unterprivilegierten Zonen des Düsseldorfer Südens kennt.

Wenige Tage bevor er – freiwillig – ins Gefängnis eingezogen ist, hat mein Mandant in einer Tankstelle eine Stange Zigaretten mitgehen lassen. Nach dem Gesetz eine geringwertige Sache. Seitdem er in Haft ist, hat sich der Junge tadellos geführt. Er macht den Hauptschulabschluss und kriegt allseits Lob, insbesondere von seinem Sozialarbeiter.

Erstmals zeigt ihm also der Staat die Krallen. Und langt gleich richtig zu. Vor dem Widerruf der Bewährung gab es nur den Hätschelmodus. Gerichtstermine mit Ermahnungen. Bewährungsbeschlüsse. Arbeitsstunden, deren Ableistung niemand richtig kontrolliert. Aber jetzt, seit knapp 7 Monaten, sitzt er gleich im Knast.

Und es wirkt.

Da hätte es nahe gelegen, ihm wegen eine Stange Zigaretten nicht noch mehr aufs Auge zu drücken. Immerhin reicht die Haftzeit locker aus, dass er sogar seinen Schulabschluss nachholen kann. § 154 Strafprozessordnung gibt hierfür eine wunderbare Möglichkeit. Fällt die Tat im Vergleich zu anderen Verurteilungen nicht ins Gewicht, kann das Gericht die Verfolgung einstellen. Das wird jeden Tag tausendfach praktiziert. Es gibt hunderte Anlässe, in denen es passiert und trotzdem weit fragwürdiger ist als in diesem Fall. Seltsamerweise gab es im Dezember noch ein anderes, ähnlich gelagertes Verfahren. Die Staatsanwältin dort hat der Einstellung zugestimmt.

Aber der Staatsanwalt will halt nicht. Für eine Stange Zigaretten fordert er zwei Monate Knast. Wenn man die Gerichtspraxis kennt, ist das nicht nur happig, sondern brutal. Da dem Gericht die Hände gebunden sind, weil der Staatsanwalt den Antrag nicht stellt, muss ein Urteil gesprochen werden.

Ein Monat. Das gesetzliche Mindestmaß. Wir stimmen dem zu, weil damit die letzte Akte geschlossen wird. Mein Mandant erhält damit die Chance auf offenen Vollzug und das ist wichtiger als die statistisch begründete Erwartung, dass in der Berufungsverhandlung in einigen Monaten ein besonnerer Anklagevertreter Platz nimmt.

Habe ich schon erwähnt, dass der betreffende Staatsanwalt Verteidiger nicht grüßt, wenn er mit seiner Entourage den Saal betritt?

WELTWEIT !

Die Alitalia bittet um acht Wochen Geduld, bevor sie für den Verlust eines Gepäckstückes entschädigt:

Die übliche Vorgehensweise für vermisstes Gepäck ist die, dass nach Aufnahme des Schadensreports alle Details in ein weltweites Suchnetz gegeben werden. Anhand der Inhaltsliste werden computergesteuerte Nachforschungen angestellt, die weltweit auch andere Fluggesellschaften mit einbeziehen.

Na ja, dann gebe ich hier mal eine Wiedervorlage ein. Eine leise Ahnung, was rauskommt, habe ich aber schon.

VORSCHRIFTEN

§ 81a Abs. 3 Strafprozessordnung:

Dem Beschuldigten entnommene Blutproben oder sonstige Körperzellen dürfen nur für Zwecke des der Entnahme zugrundeliegenden oder eines anderen anhängigen Strafverfahrens verwendet werden; sie sind unverzüglich zu vernichten, sofern sie hierfür nicht mehr erforderlich sind.

Man muss die Vorschrift genau lesen. Die Körperzellen müssen vernichtet werden. Die Untersuchungsergebnisse bleiben erhalten; sie werden Bestandteil der Akten. Diese Sicht der Dinge vertritt zumindest die „herrschende Meinung“, zum Beispiel der Standardkommentar Meyer-Goßner, StPO, § 81 a Randnummer 38.

Demnach dürfen die Untersuchungsergebnisse aus der Akte auch für die Speicherung in der zentralen Datenbank des Bundeskriminalamtes verwendet werden. Voraussetzung für die DNA-Identitätsfeststellung beim Bundeskriminalamt ist aber ein begründeter richterlicher Beschluss, wonach der Betroffene einer erheblichen Straftat verdächtig ist und Erkenntnisse vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er wieder Straftaten von erheblicher Bedeutung begeht (§ 81g Abs. 3 Strafprozessordnung).

Wenn es den richterlichen Beschluss gab – o.k. Wenn es ihn nicht gab, sind wir wieder bei dem Dilemma, dass selbst grobe Verstöße gegen die Rechte des Beschuldigten nach Auffassung unserer Gerichte regelmäßig nicht dazu führen, dass die gewonnenen Beweise unverwertbar sind. Mit anderen Worten: Wenn die Ermittlungsbehörden (ein wenig) auf den Rechten des Beschuldigten rumtrampeln, ist das zwar nicht in Ordnung, hat aber keine Konsequenzen.