EFFIZIENT

Bevor ich mich für den Rest des Tages nach Kassel verabschiede, möchte ich die dortige Justiz loben.

Mein Mandant wurde am Sonntag, 7. September 2003 verhaftet. Verdacht auf Kreditkartenbetrug. Ich habe mich gleich am Montag gemeldet und Haftprüfung beantragt. Nur 30 Minuten später hat mir der Ermittlungsrichter eine Kopie des Haftbefehls, des Vorführprotokolls und eine Ladung für den heutigen Termin gefaxt.

Mit dem Staatsanwalt, der mich sogar zurückgerufen hat, habe ich dann ein freundliches Gespräch geführt. Hierauf wurde Anklage im beschleunigten Verfahren erhoben. Mit der Folge, dass ich mich Anfang dieser Woche mit dem Richter verständigen konnte, statt der heutigen Haftprüfung direkt eine Hauptverhandlung abzuhalten.

Mein Mandant wird – die Beweislage lässt nichts anderes zu – gestehen. Der Richter gibt ihm eine angemessene Bewährungsstrafe, über die wir uns im Grundsatz schon verständigt haben.

Ich kann den Mandanten gleich mit nach Hause nehmen. Und nach 10 Tagen ist das Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen.

Das ist effiziente Justiz. Wäre schön, so was auch mal bei uns in Nordrhein-Westfalen zu erleben.

10 MINUTEN NOCH

10 MINUTEN NOCH

Ich belausche ein Gespräch auf dem Gerichtsflur.

Mandant: Ich habe mit der Sache nichts zu tun. Das ist eine Verwechslung.

Anwältin: Ja, aber wenn sie es zugeben, wird es halb so schlimm. Sie haben doch gehört, was die Richterin sagt.

Mandant: Ich war es aber nicht. Ich kann keine Sache zugeben, für die ich nicht verantwortlich bin.

Anwältin: Können sie schon. Sollten sie auch. Weil es dann vorbei ist. Ist doch besser, man kriegt ein paar Monate auf Bewährung. Sonst kommt die Richterin noch auf die Idee und sperrt sie für ein halbes Jahr weg.

Mandant: Aber ich war es nicht.

Anwältin: Darauf kommt es gar nicht an. Wenn sie einmal angeklagt sind, glaubt ihnen diese Richterin sowieso nichts mehr. Das ist halt so. Die sagt sich, wenn es einer bis zu mir schafft, dann hat er Dreck am Stecken.

Mandant: Also gebe ich es zu?

Anwältin: Kommen sie, dann ist in 10 Minuten alles vorbei.

Beide gehen zurück in den Saal, wo kurz darauf „Recht“ gesprochen wird.

QUOTE FÜR BILLIGFLIEGER

QUOTE FÜR BILLIGFLIEGER

Bei Billigflugofferten müssen Fluglinien mindestens zehn Prozent der verfügbaren Plätze im Flugzeug zum niedrigen Preis anbieten oder alternativ die genaue Anzahl der zur Verfügung stehenden Billigtickets angeben, hat das Landgericht Hannover entschieden.

Damit dürfte die Jagd nach Ticketschnäppchen etwas transparenter werden. Ich frage mich nur, wieso bei Billigangeboten nicht grundsätzlich das Kontingent angegeben werden muss.

(tagesschau.de via m.e.p.HISTO-blog)

FRISTEN

Wer Fristen in letzter Sekunde wahren will, lebt gefährlich. Ein Anwalt faxte laut beck-aktuell um 23.58 Uhr seine Berufung ans Gericht. Doch das Gerichtsfax druckte die Eingangszeit mit 00.04 Uhr aus.

Damit wäre die Berufung zu spät gewesen, hätte der Anwalt nicht auf seinen Einzelverbindungsnachweis der Telekom verweisen können. Der Bundesgerichtshof gab ihm Recht mit der Begründung, dass die Telekom die Zeit besser im Griff hat als eine Justizbehörde.

SCHNÜFFLER 2

SCHNÜFFLER 2

Ein Hoax scheint die GEZ für Überheberrechte nicht gewesen zu sein. Jedenfalls haben die „Ermittler“ auf mein Schreiben die Denunziationsecke nicht nur vom Netz genommen.

Nein, sie investieren sogar Geld in eigene Anwälte:

Auszug aus dem Fax der Dormagener Kollegen:

Zudem weisen wir darauf hin, dass eine Datensammlung und Datenspeicherung nicht vorgenommen wird. Sollte auf der Homepage der Eindruck entstanden sein, so stellen wir dies hiermit für unsere Mandatschaft klar.

SCHULDEN

Die Staatsverschuldung in Deutschland liegt nach Angaben des Bund der Steuerzahler (BDSt) bei mehr als 1,3 Billionen €. Zitat aus einer Pressemitteilung des BDSt:

Würde die öffentliche Hand ab sofort keine neuen Schulden aufnehmen und monatlich 1 Milliarde Schulden abbauen, würde es über 100 Jahre dauern, bis sämtliche Schulden getilgt sind. Der Staat muss in diesem Jahr fast 70 Milliarden Euro allein für Zinsen ausgeben. Das Aufkommen aus der Lohnsteuer beträgt gut 136 Milliarden Euro. Das bedeutet: Mehr als die Hälfte der Lohnsteuer geht mittlerweile direkt für Zinszahlungen drauf.

(via Vertretbar.de)

FESSELND

Gestern mit einem Richter gestritten, ob es erforderlich ist, dass ein 16-jähriger Angeklagter im Gerichtssaal mit Handschellen gefesselt ist. Die Wachtmeister beriefen sich auf einen Laufzettel der Haftanstalt, wonach Fluchtgefahr bestehen soll. Auf die Beanstandung hin mopperte der Richter erst einmal los:

Wenn das Gefängnis so etwas anordnet, haben die schon ihre Gründe. Die sind ja nicht doof. Da muss ein dickes Ding vorgefallen sein. Die Anordnung ist auch immer sorgfältig begründet.

Ich habe darum gebeten, dass die Begründung verlesen wird. Die Wachtmeister kramten in ihren Unterlagen. Auf dem Laufzttel stand aber nur „Gefesselt halten“. Ohne Begründung.

Der Herr Vorsitzende verzog sich grummelnd in sein Zimmer. Er wollte telefonieren. Nach ein paar Minuten kam er wieder und verkündete lapidar:

Die Handschellen können abgenommen werden.

Soviel zur stets sorgfältigen Begründung. Scheint eher, als seien Druckfehler nicht ausgeschlossen.

SELBST SCHULD

Wer einen Gebrauchtwagen beim Händler kauft, muss sich selbst informieren, ob die vorgeschriebenen Wartungsintervalle in der Vergangenheit eingehalten wurden, so das Amtsgericht Hagen. Eine mangelhafte Wartung sei dem Serviceheft leicht zu entnehmen. Den Händler treffe daher keine gesonderte Hinweispflicht.

Laut beck-aktuell war im entschiedenen Fall das Auto des Klägers elf Monate (!) nach dem Kauf mit einem defekten Zahnriemen liegengeblieben. Der Käufer verlangte von seinem Gebrauchtwagenhändler die Abschleppkosten ersetzt, weil die Wartungsintervalle an seinem Wagen in der Vergangenheit nicht eingehalten worden seien.

Wenn das Serviceheft wirklich vollständig war, geht das Urteil in Ordnung. Schließlich kann man einem Verkäufer ja nicht die Verantwortung für alle Eventualitäten aufbürden.

HORROR

Allein auf Bundesebene existieren annähernd 90 000 Gesetze, Rechtsverordnungen und Einzelvorschriften. Und ihre Zahl wächst mit Parkinsonscher Gesetzmäßigkeit. Seit Beginn der neuen Legistlaturperiode hat die rot-grüne Kooalitionsregierung bereits 49 Gesetze verabschiedet, haben im Schatten des Parlaments die Bundesbehörden 387 Rechtsverordnungen erlassen.

Die Wirtschaftswoche dokumentiert in ihrer Printausgabe Seite um Seite die Titel aller Vorschriften, die im knappen Jahr seit der Wiederwahl von Rot-Grün erlassen worden sind.

Die WiWo nennt es ein Dokument des Schreckens. Sie hat Recht. Leider.

SECOND HAND

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir vertreten die rechtlichen Interessen Ihrer Kundin Petra F.

Unsere Mandantin erwarb bei Ihnen am 5. Dezember 2002 einen gebrauchten Trockner der Marke Constructa zum Preis von € 220,00. Sie gewährten ausweislich der Rechnung „1 Jahr Garantie“. Das Gerät war defekt. Sie tauschten es am 18. Dezember 2002 gegen einen Trockner der Firma Whirlpool aus. Am 21. Januar 2003 funktionierte auch dieser Trockner nicht mehr und wurde abgeholt. Nach der „Reparatur“ verlor das Gerät erhebliche Mengen Wasser.

Am 28. Februar 2003 erhielt unsere Mandantin den 2. Austauschtrockner, also das 3. Gerät. Dieser Trockner vom Typ Lavamat funktionierte am 17. März 2003 ebenfalls nicht mehr. Sie boten an, den Kaufpreis beim Erwerb eines neuen Gerätes zu verrechnen. Hiermit war unsere Mandantin jedoch nicht einverstanden. Sie forderte die Erstattung des Kaufbetrages.

Hierzu war Frau F. auch berechtigt. Sie haften nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches. Darüber hinaus haben Sie aber auch für 1 Jahr Garantie übernommen. Diese Erklärung macht nur Sinn, wenn die hiermit übernommene Verpflichtung weiter geht als die gesetzlichen Gewährleistungsrechte. Garantie bedeutet, dass Sie dafür einstehen, dass der Trockner 1 Jahr ohne Beanstandungen läuft. Das ist nicht der Fall gewesen.

Ohne wegen der Garantie hierzu verpflichtet zu sein, hat Ihnen unsere Mandantin 2x die Möglichkeit gegeben, ein fehlerfreies Gerät zu liefern. Dies ist 2x fehlgeschlagen; auf weitere Kompromisse muss sich Frau F. nicht einlassen.

Vorsorglich fordern wir Sie namens und im Auftrag unserer Mandantin nochmals auf, den Kaufvertrag rückgängig zu machen und die bezahlten € 220,00 zu erstatten. Unsere Mandantin stellt Ihnen im Gegenzug den Trockner zur Verfügung. Sollte das Geld nicht bis spätestens 23. September 2003 zurückgezahlt sein, wird Frau F. gerichtlich vorgehen.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt

HUMORLOS

Ein Mandant von mir ging durch die Fußgängerzone. Neben einem Brunnen hielt ihm eine praktisch nackte Dame, flankiert von einem Kamerateam, einen lilafarbenen Geldschein hin. „Da, schenk ich dir.“ Mein Mandant nahm die 500-Euro-Note, steckte sie in seine Hemdtasche und wollte weiter gehen. Hinter dem Kameramann kam jetzt ein junger Mann hervor. Er outete sich als Produzent und war hellauf begeistert. „Super, endlich mal einer, der die Kohle einfach nimmt und keine Fragen stellt. Oder rote Ohren bekommt.“

Auf jeden Fall wollte der Produzent noch eine Unterschrift. Eine Freigabe, dass die Szene gesendet werden darf. „Nö“, sagte mein Mandant. „Ich will nicht ins Fernsehen.“ Als auch größere Überredungsversuche nichts nutzten, verlangte der Produzent die 500 Euro zurück. Mein Mandant stand aber auf dem Standpunkt, dass ein Geschenk ein Geschenk ist. Das fand auch ein Streifenpolizist, der gerade des Weges kam. Trotzdem notierte er mal die Adressen aller Beteiligten.

Die Fernsehfirma gibt einfach nicht auf. Jetzt fordert sie die 500 Euro schriftlich zurück. Es habe sich nur um eine „Scheinschenkung“ gehandelt. Für jeden Passanten sei erkennbar gewesen, dass „die Annahme des Geldes an die stillschweigende Bedingung geknüpft war, dass wir die Szene medial verwerten können“.

Sollen sie doch klagen, sagt mein Mandant. Ich meine auch, dass wir das nicht verlieren können. Solange nicht Frau Salesch den Fall verhandelt…

URLAUB

Wenn es mit dem Job zu Ende geht, stellt sich oft die Frage nach dem nicht genommenen Urlaub. Ob der Chef kündigt oder der Arbeitnehmer kündigt, spielt keine Rolle: Nicht genommener Urlaub muss grundsätzlich bezahlt werden.

Was aber die wenigsten wissen:

Endet das Arbeitsverhältnis nach dem 30. Juni, hat man als Arbeitnehmer Anspruch auf den vollen Jahresurlaub. So steht es ausdrücklich im Bundesurlaubsgesetz.

Die meisten Personalabteilungen, aber auch viele Arbeitsrichter und Anwälte rechnen ganz anders. Wenn das Arbeitsverhältnis zum Beispiel zum 30. September endet, rechnen sie 9/12 des Jahresurlaubs ab. Diese Aufstückelung erlaubt das Gesetz aber nur, wenn das Arbeitsverhältnis im ersten Halbjahr endet. Ab dem 1. Juli kann der Arbeitnehmer immer den gesamten Jahresurlaub verlangen; die andere Berechnung kostet ihn bares Geld.

SCHNÜFFLER

SCHNÜFFLER

Neben der GEZ schnüffeln demnächst auch noch Damen und Herren einer sog. „Gebühreneinzugszentrale für Urheberrechte“ (Gezfu) in Unternehmen und Privathaushalten. Wie der tecChannel (via Handakte WebLAWg) berichtet, kann man Raubkopierer und Nutzer illegaler Software ganz bequem auf der Homepage dieser Institution denunzieren – und selbst anonym bleiben.

Ich habe starke Zweifel, dass diese Datensammlung und die anschließende Datenspeicherung legal ist.

Unabhängig davon ist die „Gezfu“ aber nach dem Bundesdatenschutzgesetz verpflichtet, die Personen, deren Daten sie speichert, über die Speicherung zu informieren.

Weiter hat jeder das Recht, nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz von der Gezfu Auskunft darüber zu verlangen, ob und welche Daten über einen gespeichert sind. Nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz erstreckt sich der Auskunftsanspruch übrigens auch auf die Herkunft der Daten.

Im Falle unrichtiger Speicherung besteht ein Löschungsanspruch nach § 35 Bundesdatenschutzgesetz, der ebenso wie der Auskunftsanspruch gerichtlich durchgesetzt werden kann.

Ich habe der Firma gerade folgendes Fax geschickt:

Fax: 02131- 12 46 79 2
GEZFU
Gebühreneinzugszentrale für Urheberrechte
Postfach 110 150
D-41530 Dormagen

Auskunftsanspruch nach § 34 BDSG

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit fordern wir Sie im eigenen Namen auf, uns mitzuteilen, ob und ggf. welche Daten Sie – insbesondere über Ihre Datensammlung auf der Homepage http://www.gezfu.de/index.html – über folgende Person gespeichert haben und woher diese Daten stammen:

Udo Vetter, * 24. Dezember 1964
Lützowstraße 2
40476 Düsseldorf

Annette Mertens, * 27. Juli 1965
Lützowstraße 2
40476 Düsseldorf

Der Auskunftsanspruch ergibt sich aus § 34 Bundesdatenschutzgesetz.

Sollten Sie dem Auskunftsanspruch nicht nachkommen, wird dieser gerichtlich geltend gemacht.

Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass nach unserer Auffassung die Datensammlung und -speicherung auf Ihrer o.g. Homepage rechtswidrig ist und insbesondere gegen die Bußgeld- und ggf. sogar Strafvorschriften des BDSG verstößt.

Wir fordern Sie auf, rechtswidrig erlangte Daten sofort zu löschen.

Sollte die öffentliche Datensammlung auf Ihrer Homepage nicht bis spätestens 17. September 2003 eingestellt sein, werden wir die Staatsanwaltschaft bitten zu prüfen, ob eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat vorliegt.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt

PS. Auf das Schreiben erhebe ich kein Copyright :-)

Nachtrag 1: Interessante Hintergründe zu der „Firma“ im Wortfeld.

Nachtrag 2: Bei der Gezfu wird auch sonntags gearbeitet. Das Formular zum Denunzieren ist offline.

PARKSCHEIBE, MAL WIEDER

PARKSCHEIBE, MAL WIEDER

Sie parkten bei Zeichen 286, ohne die vorgeschriebene Parkscheibe richtig eingstellt zu haben länger als 3 Stunden.

Länger als 3 Stunden kostet 25 Euro. Ich frage mich nur, wie stellt eine Politesse fest, dass der Wagen länger als 3 Stunden nicht bewegt wurde? Da kann man doch einige Male weggefahren sein (Kinder zum Kindergarten, Einkauf, Arztbesuch) – und dann hat man das Auto halt wieder in derselben Lücke geparkt.

Aber vielleicht hat die Politesse ja 3 Stunden an der Ecke gestanden. Oder im Baum gesessen. Auf ihre Aussage bin ich wirklich gespannt.