Wie oft muss man Mails lesen?

Wie oft muss ein Anwalt seine E-Mails lesen? Eine ebenso interessante wie strenge Sicht vertritt zu dieser Frage das Oberlandesgericht Jena.

Ein Jurist hatte – laut seinem Briefkopf – sein Büro um 8.00 Uhr geöffnet und um 8.56 Uhr für seinen Mandanten einen Schriftsatz ans Gericht geschickt. Dabei hatte er aber nicht zur Kenntnis genommen, dass der Mandant ihm kurz nach Mitternacht gemailt hatte, er wünsche doch keine anwaltliche Tätigkeit.

Die Gebühren für den Schriftsatz hat der Anwalt nicht verdient, meinen die Richter am Oberlandesgericht. Eröffne der Rechtsanwalt eine Kommunikation über E-Mail,so müsse er dafür sorgen, dass eine Kenntnisnahme eingegangener E-Mails jedenfalls während der üblichen Bürozeiten möglich ist und auch erfolgt.

Ob das Zeitfenster für die Kenntnisnahme von E-Mails grundsätzlich so klein ist, wage ich mal zu bezweifeln. Aber hier ging es ja auch „nur“ um Gebühren für letztlich überflüssige Arbeit. Vielleicht hätte der Anwalt einfach nicht seine Bürozeiten auf den Briefkopf schreiben sollen…

Zusammenfassung des Beschlusses auf haufe.de

Kranker darf Cannabis anbauen

Schwerkranke dürfen zu Hause Cannabis anbauen, wenn sie den Stoff aus medizinischen Gründen benötigen. Dies gilt zumindest dann, wenn sich der Kranke Cannabis aus der Apotheke nicht leisten kann. Mit dieser Entscheidung beendet das Bundesverwaltungsgericht einen langen Streit. Der an Multipler Sklerose erkrankte Betroffene hatte bereits im Jahr 2000 beantragt, selbst Cannabis anbauen zu dürfen.

Die Richter sehen kein grundsätzliches Verbot für einen kontrollierten Eigenanbau. So halten sie den Erkrankten für hinreichend zuverlässig, denn es spreche nichts dafür, dass er das Cannabis weitergibt. Durch Auflagen, zum Beispiel regelmäßige Kontrollen, könne die private Aufzucht auch hinreichend kontrolliert werden. Die „Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs“ sei damit gewährleistet. In diesem Fall gehe das Therapiebedürfnis des Klägers so weit, dass der Behörde letztlich kein Ermessen mehr bleibe. Sie müsse den Anbau genehmigen, dies gebiete das Grundrecht des Klägers auf körperliche Unversehrtheit.

Bei dem Kläger ist es aber so, dass dieser sich Cannabis aus der Apotheke, den sogenannten Medizinalhanf, finanziell nicht leisten kann. Seine Krankenkasse will die Kosten nicht übernehmen. Außerdem gibt es keine zugelassenen Arzneimittel, die genau so gut wirken. Die Entscheidung gibt also (noch) nicht unumschränkt grünes Licht für den Eigenanbau durch Menschen, die Cannabis aus medizinischen Gründen benötigen (Aktenzeichen 3 C 10.14).

Justiz ermittelt gegen Jan Böhmermann

Worüber ich am Montag eher noch spekuliert habe, wird jetzt Realität: Die Staatsanwaltschaft Mainz ermittelt gegen den Satiriker Jan Böhmermann wegen dessen Schmähgedichts gegen den türkischen Präsidenten Erdogan. Insgesamt seien rund 20 Anzeigen eingegangen, berichtet die Tagessschau.

Da auch die Türkei Vorschriften über den Ehrenschutz von Staatsoberhäupern hat und die diplomatischen Beziehungen bestehen, ist die gesetzliche Voraussetzung der Gegenseitigkeit erfüllt. Ob das Ermittlungsverfahren aber eventuell zu einem Ende geführt werden kann, hängt im wesentlichen von folgenden Voraussetzungen ab:

1. Der türkische Staatspräsident bzw. die türkische Regierung müssen ein Strafverlangen aussprechen.

2. Die Bundesregierung, vertreten durch das Auswärtige Amt, muss die Staatsanwaltschaft zur Strafverfolgung ermächtigen.

So lange nicht beides erfüllt ist, müsste die Staatsanwaltschaft das Verfahren am Ende ohne Sachenentscheidung einstellen. Es läge dann nämlich ein sogenanntes Verfahrenshindernis vor. Andere Verfahrenshindernisse sind zum Beispiel sind zum Beispiel Verjährung oder der Tod des Beschuldigten.

Warmes Wasser für harte Jungs

Ein Strafgefangener, der nicht körperlich arbeitet und keinen Sport treibt, hat keinen Anspruch auf tägliches Duschen. Allerdings reicht es auch nicht aus, wenn er sich in seiner Zelle mit kaltem Wasser waschen kann. Vielmehr muss er mindestens vier Mal in der Woche warmes Wasser nutzen können, so eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm.

Ein Gefangener hatte verlangt, täglich duschen zu können. Das lehnen die Hammer Richter jedoch auch in diesem Fall ab, siehe auch den älteren Beitrag (siehe auch den Beitrag „Wie wäre es mit Stroh?“). Sie halten es für ausreichend, wenn im Knast zwei Mal wöchentlich geduscht wird.

Allerdings sei es auch nicht ausreichend, wenn sich ein Gefangener mit kaltem Wasser in seinem Haftraum waschen muss. An mehr als der Hälfte der Tage müsse ihm warmes Wasser zur Verfügung stehen. Ansonsten, so das Gericht, bestehe gerade in der kalten Jahreszeit die Gefahr, dass Gefangene sich nicht waschen und die Körperhygiene vernächlässigen.

Wie der Gefangene jetzt warmes Wasser in seine Zelle bekommt, das soll nun die Vorinstanz klären. Ich vermute eher, dass er ab sofort zumindest in den Genuss von vier Duschen in der Woche kommen wird (Aktenzeichen 1 Vollz (WS) 529/15).

Facebooktime

Die aktuelle Ausgabe des Wirtschaftsmagazins brandeins gibt Einblick in den Arbeitsalltag einer Großkanzlei:

Man kommt manchmal auch mit sechs Stunden hin, sitzt dann aber trotzdem neun am Schreibtisch, weil Face Time erwartet wird“, sagt Kempen. „Facebooktime wäre eigentlich treffender, denn das macht man in der Zeit.

Insgesamt ein launiger Artikel aus einem juristischen Mikrokosmos, dessen Innenleben ich auch nur aus Erzählungen kenne.

Für die Schublade

Kunden von Prostituierten setzen sich künftig einem erhöhten strafrechtlichen Risiko aus. Zumindest wenn es nach der Bundesregierung geht. Das Kabinett beschloss heute einen Gesetzentwurf, nach dem auch Freier bestraft werden, wenn sie für Sex mit einer oder einem Zwangsprostituierten zahlen.

Bis zu fünf Jahre Haft soll es geben, wenn der Freier die persönliche oder wirtschaftliche Zwangslage oder die Hilflosigkeit einer Person ausnutzt. Die große Frage ist natürlich, anhand welcher Kriterien der Kunde die Zwangslage überhaupt erkennen könnte. Darauf gibt der Gesetzentwurf keine Antwort.

Selbst die Polizei scheint skeptisch, wie sie künftig die Kunden von Zwangsprostituierten überführen soll. „Dem Kunden muss einwandfrei nachgewiesen werden, dass er wusste oder wissen konnte, eine Zwangsprostituierte aufgesucht zu haben. Das sehe ich als polizeiliche Herausforderung“, sagt etwa Oliver Malchow von der Gewerkschaft der Polizei.

Dieses Gesetz darf also unter Symbolpolitik abgelegt werden. Und zwar in die gleiche Schublade wie die bereits verabschiedete Kondompflicht für das Sexgewerbe.

GEZ-Rebellin ist wieder frei

Gestern ging es hier im law blog um eine GEZ-Verweigerin, der das Ganze bisher 61 Tage Haft einbrachte. Nun ist sie wieder frei, berichtet stern.de.

Die 46-Jährige kam frei, weil der Mitteldeutsche Rundfunk seinen Haftantrag zurückgenommen hat. Mit diesem Antrag wollte die Rundfunkanstalt erzwingen, dass die Betroffene eine eidesstattliche Versicherung über ihre Vermögensverhältnisse abgibt. Die Rundfunkanstalt hatte wegen 190 Euro nicht gezahlter Beiträge vollstreckt.

Wieso der MDR nun einen Rückzieher macht, ist bisher leider nicht bekannt.

Loveparade: Wie kann der Prozess an einem Gutachter scheitern?

Die Loveparade-Katastrophe aus dem Jahr 2010 wird nicht in einem Strafprozess aufgearbeitet. Zumindest vorläufig nicht. Das Landgericht Duisburg lehnt die Zulassung der Anklage ab. Die Staatsanwaltschaft Duisburg wollte sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg und vier Mitarbeiter des Veranstalters wegen fahrlässiger Tötung verfolgen. Die Panik bei der Loveparade forderte 21 Todesopfer.

Der Beschluss soll 460 Seite umfassen. Man kann also davon ausgehen, dass sich das Landgericht Duisburg sehr detailliert mit der Frage auseinandersetzt, ob ein „hinreichender Tatverdacht“ vorliegt. Dieser hinreichende Tatverdacht ist für die Zulassung der Anklage erforderlich. Er liegt vor, wenn nach der Aktenlage eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Verurteilung besteht – also mehr als 50 Prozent.

Der Prozess scheitert nun laut der bislang veröffentlichten Pressemitteilung allerdings aus überschaubaren Gründen. Es handelt sich um das zentrale Beweismittel der Staatsanwaltschaft: einem Gutachten des britischen Panikforschers Keith Still. Die Erwägungen des Sachverständigen seien inhaltlich und methodisch mangelhaft, meint das Landgericht. Überdies sei der Sachverständige aus mehreren Gründen befangen, unter anderem weil er sich öffentlich in Vorträgen einseitig zu dem Thema geäußert habe. Überdies habe sich der Sachverständige nicht als unabhängig verstanden, sondern der Meinung gewesen, ihn habe ein Sicherheitsunternehmen und eine englische Universität beauftragt.

Alle diese Punkte kommen nicht überraschend. So hatte das Landgericht Still mit 75 schriftlichen Fragen bombardiert, aus denen sich die Bedenken klar herauslesen ließen. Da stellt sich natürlich die Frage, wieso ein Prozess um die strafrechtliche Verantwortlichkeit für 21 Menschenleben jetzt an einem mangelhaften Gutachten und einem befangenen Gutachter scheitern muss. Dass möglicherweise aus formalen Gründen die Wahrheit nie aufgeklärt werden wird, dürfte nicht nur für die Angehörigen der Opfer schwer zu ertragen sein.

Angesichts der deutlichen Worte des Gerichts in Richtung des Gutachters stellt sich die Frage, wieso die Staatsanwaltschaft Duisburg nicht bereits frühzeitig in Alternativen gedacht hat. Es ist ja in großen Fällen durchaus möglich und auch üblich, mehrere Sachverständige zu beauftragen. Wieso geradezu krampfhaft an einem bis dahin weitgehend unbekannten „Panikforscher“ festgehalten wurde – rätselhaft.

Aber auch das Landgericht Duisburg macht es sich möglicherweise zu leicht. Die Strafprozessordnung sieht nämlich ausdrücklich vor, dass das Gericht vor Entscheidung über die Zulassung der Anklage „zur besseren Aufklärung der Sache einzelne Beweiserhebungen anordnen“ kann (§ 202 StPO).

Zwar wird immer betont, das Gericht dürfe natürlich nicht das komplette Ermittlungsverfahren neu aufrollen. Aber spätestens nachdem der Sachverständige sich durch seine Auftritte auch noch der Besorgnis der Befangenheit ausgesetzt hat, hätte es nach meiner Meinung juristisch ausreichend Spielraum gegeben, um auch nach Erhebung der Anklage ein vernünftiges Gutachten einzuholen. Wieso das Landgericht Duisburg von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht, wird das Oberlandesgericht Düsseldorf sicher prüfen. Wenn die Staatsanwaltschaft oder möglicherweise die Nebenkläger Beschwerde einlegen.

Ungeklärt bleibt in jedem Fall die Frage, ob mit den Mitarbeitern der Stadt und des Veranstalters überhaupt die „richtigen“ Personen angeklagt waren. Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte und andere Verantwortliche vor Ort waren ja bereits frühzeitig eingestellt worden. Die Vorwürfe gegen sie dürften mittlerweile verjährt sein.

Kunstfreiheit: Das Ding ohne Schranken

Die Bundeskanzlerin hat ja heute nichts besseres zu tun, als dem türkischen Präsidenten Erdogan mit Kurzgutachten zur Frage auszuhelfen, ob Jan Böhmermanns Spottgedicht denn von den Grenzen der Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt war. Es passiert ja sonst auch gerade nichts in der Welt.

Die Kunstfreiheit hat die Kanzlerin, wenn man den Berichten glauben darf, bei ihrer Betrachtung leider vergessen. Dabei ist Satire ja leider Gottes allzu oft auch Kunst, und diese wiederum ist nach aktueller Fassung des Grundgesetzes immer noch nicht von ausdrücklichen Gesetzesschranken eingehegt. Ganz im Gegensatz zur erwähnten Presse- und Meinungsfreiheit.

Aber mit dieser lässlichen Sünde fällt es auch gleich bedeutend leichter, dem angepissten Herrn Erdogan etwas nach dem Mund zu reden. Würde mich nicht wundern, wenn das den empfindsamen Präsidenten anstachelt, die Kanzlerin noch etwas mehr in die Bredouille zu bringen.

Dazu müssten Herr Erdogan oder seine Helfer mal ins Strafgesetzbuch schauen. Das enthält in § 103 StGB nämlich eine besondere Vorschrift, die für ihre Zwecke passen könnte wie die Faust aufs Auge. Demnach wird die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes nämlich deutlich härter bestraft als die von „normalen“ Menschen. Während es sonst schon mal mit Geldstrafe abgeht, stehen hier saftige Strafen im Raum. Im Fall der „verleumderischen Beleidigung“ sind es bis zu fünf Jahre Knast. Für ein Verbaldelikt.

Das Ganze würde jedoch nur funktionieren, wenn Erdogan in Deutschland das macht, was er zu Hause ständig macht. Nämlich Strafanträge stellen. Dann wäre in der Tat die Bundesregierung am Zug. Sie müsste nämlich entscheiden, ob sie – bei Vorliegen einiger anderer Voraussetzungen – eine „Ermächtigung“ zur Strafverfolgung erteilt (§ 104a StGB). Ohne grünes Licht von Merkel würde also nichts laufen.

Das wäre wirklich ein interessanter Lackmustest zur Frage, wie weit sich die Bundesregierung erdoganisieren lassen würde. Nach den heutigen Worten der Kanzlerin würde ich da für nichts die Hand ins Feuer legen. Der Herr Böhmermann müsste sich trotzdem nicht großartig sorgen. Das Urteil sprächen am Ende Richter, die von der Kunstfreiheit schon mal etwas mehr gehört haben dürften und die Herrn Erdogan weniger verpflichtet sein dürften als unsere Kanzlerin.

Nachtrag: Weil es in den Kommentaren zu diesem Beitrag anders dargestellt wird: Der § 103 StGB gilt bei Staatsoberhäuptern auch dann, wenn sie sich nicht in Deutschland aufhalten. Nur bei anderen Regierungsmitgliedern ist es erforderlich, dass sie sich zum Zeitpunkt der Beleidigung in Deutschland befinden.

Nachtrag 2: Das Auswärtige Amt geht davon aus, dass Jan Böhmermann sich strafbar gemacht haben könnte

Knast statt GEZ

Weil sie die Zahlung der Rundfunkgebühren konsequent verweigert, sitzt eine Frau aus Thüringen mittlerweile im Gefängnis. Und das seit dem 4. Februar. Bleibt sie hart, kann sie mit einer Entlassung erst nach sechs Monaten rechnen, wenn die Höchstgrenze der Erzwingungshaft abgelaufen ist.

Vorher bleibt der 46-Jährigen allerdings jederzeit die Möglichkeit, wegen 190 Euro rückständiger Rundfunkgebühren die eidesstaatliche Versicherung abzugeben, berichtet die Welt. Natürlich könnte sie den Betrag auch zahlen. Das aber will sie partout nicht, weil sie meint, dass sie damit die Rechtmäßigkeit der GEZ-Gebühr (heute: Haushaltsabgabe) anerkennt.

Obwohl die Betroffene nach eigenen Angaben viel liest und auch jede Menge Feedback auf ihre Aktion erhält, hat ihr bislang anscheinend niemand erklärt bzw. erklären können, dass sie sich vielleicht besser im Vorfeld hätte wehren sollen. Zum Beispiel, indem sie gegen die Gebührenbescheide Widerspruch einlegt oder klagt. Auf diesem Weg hätte sie versuchen können, das für sie zuständige Gericht davon zu überzeugen, dass die GEZ-Gebühren unzulässig sind. (Auch wenn in letzter Zeit so gut wie alle Gerichte die Haushaltsabgabe für rechtmäßig halten.)

Aber erst mal nichts tun und dann ganz am Schluss gegen die Vollstreckung aufzubegehren, ist wirklich der falscheste Weg. Da hilft es auch nichts, sich auf Robin Hood zu berufen. Für die jetzt zuständigen Vollstreckungsgerichte ist es nämlich völlig egal, ob es um die festgesetzte Haushaltsabgabe geht oder einen Vollstreckungsbescheid von Vodafone oder dem Otto-Versand.

„In Internetforen kursieren viele Falschinformationen, bei denen ich als Jurist schmunzeln muss“ wird der in dem Beitrag erwähnte Rechtsanwalt zitiert. „Die Grenzen des Rechtsstaates müssen schon eingehalten werden.“ Man kann nur hoffen, dass sich diese Erkenntnis auch mal bis in die JVA Chemnitz rumspricht, wo die 46-Jährige nun ihre Tage verbringt.

„Man sitzt viel vor der Eieruhr“

Die Berliner Justiz hat massive IT-Probleme, berichtet der Berliner Tagesspiegel:

Seit an den Amtsgerichten und am Landgericht eine neue Version des Betriebssystems installiert wurde, laufen die Computer ruckelig bis gar nicht, mitunter liegen sie halbe Tage brach. Am 15. März gab es einen mehrstündigen Totalausfall. „Die Stimmung war IT-mäßig noch nie so schlecht wie jetzt“, berichtet ein Gerichtspräsident. Er schätzt, dass rund 4000 Computerarbeitsplätze betroffen waren. Die Mitarbeiter hätten dann stundenlang nichts zu tun gehabt, sich aber auch nicht getraut, nach Hause zu gehen, weil man ja nicht wusste, ob im nächsten Moment wieder alles läuft.

Das System arbeite nur mit Verzögerung, Buchstaben, Wörter und ganze Texte verschwänden einfach, und die Drucker hätten quasi ein Eigenleben. „Man sitzt viel vor der Eieruhr“, wird eine Richterin zitiert.

Derartige Pannen und Abstürze häufen sich laut dem Bericht so stark, dass es nun schon Verfahrensverzögerungen gebe. Also über die Verzögerungen hinaus, die bei der Berliner Justiz seit Jahr und Tag ohnehin als „normal“ gelten.

Internetrecht zum Nulltarif

Wenn man was zum Internetrecht nachschlagen möchte, muss das nicht unbedingt 70 bis 120 Euro kosten. Also den Preis, den man für ein juristisches Fachbuch heute mindestens rechnen muss.

Seit Jahren hat der Münsteraner Professor Thomas Hoeren sein Buch (er spricht zurückhaltend von einem Skript) „Internetrecht“ online. Das Gute an dem Werk: Es bietet nicht nur einen guten Überblick. Sondern es wird auch regelmäßig aktualisiert. Gerade ist die Fassung mit Stand April 2016 erschienen.

Link zum Skript Internetrecht

Fallsammlung Europa

Der Europäische Datenschutzbeauftragte hat eine Fallsammlung von wichtigen Urteilen des Europäischen Gerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte veröffentlicht. Die Fälle stammen aus den Jahren 2014 und 2015. Sie drehen sich um die Bereiche Datenschutz (9 Fälle), Schutz der Privatsphäre/Achtung des Privat- und Familienlebens (8 Fälle), sowie Zugang zu Dokumenten (7 Fälle) und Meinungsäusserungsfreiheit (4 Fälle).

Link zum Dokument

VW-Kunden müssen Autos behalten

Wegen der Schummelsoftware von VW ist ein erstes Urteil gesprochen worden. Das Landgericht Bochum sieht kein Rückgaberecht für die Käufer betroffener Fahrzeuge.

Der gekaufte VW Tiguan sei zwar mangelhaft, befindet das Gericht. Durch den Einsatz einer sogenannten „Umschaltlogik“, die zwischen Straßen- und Prüfstandsbetrieb unterscheide, täusche die Software eine tatsächlich nicht vorhandene Qualität der Abgasreinigung vor.

Dennoch fehle dem Mangel die Erheblichkeit, die für einen Rücktritt vom Kaufvertrag nötig ist. Der Fehler lasse sich nämlich durch eine Nachbesserung relativ leicht beheben. Die Kosten blieben mit maximal 1 % des Wagenpreises deutlich unter der Bagatellgrenze. Daher liegen nach dem Urteil die juristischen Voraussetzungen für einen Rücktritt nicht vor (Aktenzeichen I-2 O 425/15).