Zwei Häuser, zwei Gärten

Aus einer Anklageschrift:

Herr Thomas N., wohnhaft Sommerstraße 198, wird angeklagt: … Am 01.10.2014 zog der Angeschuldigte auf dem Grundstück seiner Wohnung an der Sommerstraße 196 eine 2,50 Meter hohe Marihuanapflanze auf.

Die Sommerstraße 198 und die Sommerstraße 196 sind aber zwei unterschiedliche Häuser. Mit getrennten Gärten. Das hätte dem Staatsanwalt auffallen können, als er die Adressen diktierte. Aber dann hätte er ja von dem festen Glauben Abstand nehmen müssen, dass einzig und allein mein Mandant, der laut Polizei „stadtbekannte Dealer“, Besitzer des Pflänzchens sein kann. Wenn das so ist, kann man dann auch auf sonstige Beweismittel verzichten.

Das wird sicher eine lustige Verhandlung.

Feuerwehrmann klagt erfolglos

Ein Feuerwehrmann kann für seinen Einsatz beim Loveparade-Unglück in Duisburg kein Schmerzensgeld und Schadensersatz verlangen. Das Landgericht Duisburg wies nun die Klage des Beamten ab, der nach eigenen Angaben an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet.

Der 53 Jahre alte Feuerwehrmann wollte 90.000 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Land und dem Veranstalter erstreiten. Schon in der Verhandlung hatte der zuständige Richter dem Feuerwehrmann wenig Hoffnung gemacht. Bei dem Einsatz habe sich lediglich ein typisches Berufsrisiko verwirklicht.

„Ich fahre schwarz“

Ein Zettel mit der Aufschrift „Ich fahre schwarz“ an der Mütze ändert nichts daran, dass ein Fahrgast in einem Zug eine strafbare Beförderungerschleichung begeht. Das Oberlandesgericht Köln bestätigte jetzt ein entsprechendes Urteil des Landgerichts Bonn.

Der Angeklagte hatte am 11.11.2011 in Köln den ICE Richtung Frankfurt bestiegen und sich einen Sitzplatz gesucht, ohne über eine Fahrkarte zu verfügen. Zuvor hatte er einen Zettel mit der Aufschrift „Ich fahre schwarz“ in seine umgeklappte Wollmütze gesteckt. Erst bei der routinemäßigen Fahrscheinkontrolle wurde der Zugbegleiter auf den Angeklagten und den von diesem getragenen Zettel aufmerksam. Der Angeklagte weigerte sich, einen Fahrschein zu lösen.

Auch mit dem Zettel liegt nach Auffassung der Gerichte ein „Erschleichen“ im Sinne des § 265a StGB vor. Der Fahrgast hätte schon beim Einsteigen einem Bahnmitarbeiter „offen und unmissverständlich“ sagen müssen, dass er nicht gewillt ist, einen Fahrschein zu kaufen. Wenn er sich erst hinsetze und dann auf den Schaffner warte, ändere der Zettel an der Mütze nichts. Andere Fahrgäste hätten jedenfalls nicht die Aufgabe, den Fahrgast am Schwarzfahren zu hindern oder ihn zu melden.

Eine Rolle spielte aber auch, dass im ICE Fahrscheine auch nachträglich gelöst werden können. Deshalb, so die Gerichte, sei das Verhalten des Fahrgastes anfangs sogar noch regelkonform gewesen (III-1 RVs 118/15).

Großzügige Frist

Vorletzten Monat telefonierte ich mit einem Staatsanwalt. Wir diskutierten die Frage, ob ein Strafverfahren gegen Zahlung eines schönen Betrags für einen guten Zweck eingestellt werden kann. Und das, obwohl die Polizei schon Berge an Papier produziert hatte. So richtig, da bin ich ehrlich, konnte sich der Staatsanwalt nicht durchringen.

Er schlug mir dann vor, dass ich meine Sicht der Dinge noch mal schriftlich darlege. Dann könne er sich ja noch mal Gedanken machen. Da ich als Anwalt sicher viel zu tun habe, könne er mir auch gern etwas länger Zeit geben. Bis Mitte Oktober zum Beispiel. Darauf einigten wir uns.

Bei der Vorbereitung der Verteidigungsschrift rief ich mal bei der Staatsanwaltschaft an, da ich nicht sicher war, ob einige Unterlagen fehlten. Von der Dame auf der Geschäftsstelle erfuhr ich beiläufig, dass der Herr Staatsanwalt am 30. September seinen letzten Tag hat. Er wird versetzt. Der Nachfolger kommt im November, vielleicht auch erst im Dezember.

Die großzügige Frist war womöglich weniger ein Entgegenkommen in meine Richtung. Sondern ein schlauer Schachzug, um die Sache dem Nachfolger unbearbeitet, aber geordnet aufs Auge zu drücken. Na, dann schreibe ich jetzt aber auch nichts. Ich notiere mir lieber, wann der Neue da ist. Den rufe ich dann erst mal an…

Anwalt schreibt angeblich Urteil

Ein Rechtsanwalt aus Hamm steht wegen eines kuriosen Vorwurfs vor Gericht. Er soll für seinen Mandanten vor Gericht kein Urteil erstritten, sondern die Entscheidung selbst geschrieben haben.

Die Anklage geht davon aus, dass der Anwalt sich nicht richtig um den Auftrag kümmerte, den er von einem gekündigten Arbeitnehmer erhalten hatte. Der Mandant wollte nach einer Kündigung seinen Restlohn einklagen. Das war im Jahre 2011.

Nach etlichen erfolglosen Rückfragen des Mandanten soll der Anwalt diesem ein Urteil des Arbeitsgerichts geschickt haben. Darin bekam der Kläger recht, und später erhielt er sogar eine Anzahlung von 360 Euro auf die Klageforderung – angeblich kam das Geld auch aus der Privatkasse des Rechtsanwalts.

In den Fokus geriet der Anwalt auch erst, nachdem gegen seinen Mandanten ein Strafverfahren lief. Der Mandant hatte nämlich das „Urteil“ ans Arbeitsgericht geschickt, wo man allerdings nichts davon wusste.

In erster Instanz wurde der Anwalt wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt. Im Berufungsprozess, der am Mittwoch begann, beteuert der Anwalt weiter seine Unschuld. Die Staatsanwaltschaft will dagegen eine härtere Strafe. Ein Urteil wird wohl im November gefällt (Bericht 1, Bericht 2).

Kundenrechte im VW-Skandal

Wie kann ich meinen manipulierten VW Diesel loswerden? Oder zumindest eine Preisminderung durchsetzen?

Rechtsanwalt Jens Ferner aus Alsdorf beleuchtet Punkt für Punkt, welche Rechte enttäuschte und erboste Kunden nach derzeitigem Stand gegen Volkswagen durchsetzen können.

Zum Beitrag.

Auf dem Rücken der Pferde…

Jura ist mitunter auch reines Handwerk. Das zeigt eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden. Die Richter mussten die Frage beantworten, ob man reitet, wenn man ein Pferd am Zügel führt.

Genau so sah es das Amtsgericht Pirna. Es verurteilte eine Reiterin zu einer Geldbuße von 50 Euro. Die Frau hatte einen ausgewiesenen Reitweg verlassen und ihr Pferd am Zügel zu einer 50 Meter vom Reitweg entfernten Wiese geführt. Dort wollte sie Rast machen. Das Sächsische Waldwegegesetz verbietet das „Reiten“ abseits von Reitwegen. Für den Amtsrichter kein Problem. Er urteilte kurzerhand, das Führen eines Pferdes am Zügel sei mit Reiten gleichzusetzen.

Das Oberlandesgericht ist mit dieser Auslegung des Gesetzes nicht einverstanden. Unter dem Begriff »Reiten« werde nach allgemeiner Auffassung die Fortbewegung eines Menschen auf einem Tier verstanden. Demgegenüber werde beim Führen das Tier gerade nicht zur Fortbewegung genutzt. Das gesetzliche Willkürverbot verbiete es, einen Rechtsbegriff über seinen Wortsinn hinaus auszudehnen. Das Bußgeld wurde deshalb aufgehoben.

Der Amtsrichter hätte eigentlich vorgewarnt sein können. Eine ähnliche Diskussion gab es nach Einführung des Paragrafen, der Handys am Steuer untersagt. Auch da wurde diskutiert, ob auch Diktiergeräte, Rasierapparate und Schminkspiegel Mobiltelefone im Sinne des Gesetzes sein können. Wie wir wissen, hat sich diese Auffassung nicht durchgesetzt (Aktenzeichen 26 Ss 505/15 Z).

Meine Rechte als Zeuge

In meiner aktuellen ARAG-Kolumne geht es erneut um die Rechte und Pflichten, die Zeugen haben. Im ersten Teil zu diesem Thema habe ich erklärt, wieso niemand mit der Polizei sprechen muss. Im neuesten Beitrag schildere ich, wie es läuft, wenn man letztlich doch als Zeuge aussagen muss.

Hier geht es zur neuen Kolumne.

Viel Spaß beim Lesen.

Ein Anwalt und das freie Wort

Nun wissen wir es auch von einer höheren Instanz: „Schmalspurjuristin“ ist eine strafbare Beleidigung. Das Landgericht Limburg bestätigte ein entsprechendes Urteil des Amtsgerichts. Verurteilt wurde ein 64-jähriger Anwalt aus dem Rhein-Lahn-Kreis.

Der Jurist hatte sich darüber geärgert, dass eine von ihm erstattete Strafanzeige gegen einen Lkw-Fahrer im Sand verlaufen war. „Eine typische Entscheidung für eine Schmalspurjuristin, die offensichtlich bis jetzt am dünnsten Brett der Juristerei gebohrt hat“, beschwerte er sich bei der Behörde. „Mit solchen Entscheidungen sollte man Volljuristen betreuen und nicht Leute, die auf der Klaviatur des Rechts offensichtlich noch nicht einmal fähig sind, ‚Hänschen klein‘ zu spielen.“ Das brachte ihm eine Anklage wegen Beleidigung ein.

Auch im neuen Prozess sprach der Anwalt von einer zulässigen Meinungsäußerung. Das Landgericht folgte ihm allerdings nicht und bestätigte eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 100 Euro. Nun geht es mutmaßlich noch eine Etage höher, denn dem Anwalt bleibt noch die Revision zum Oberlandesgericht.

Älterer Bericht im law blog

Nacktkater vor Gericht

Vor dem Verwaltungsgericht Berlin war eine Katze Hauptperson. Es ging um „Willi“, einen Nacktkater. Willi ist eine Canadian-Sphinx-Katze. Die Tiere haben wegen einer Genveränderung keine funktionsfähigen Tasthaare. Im Prozess ging es darum, ob Willis Herrchen die Nacktkatze kastrieren lassen muss.

Das Tierschutzgesetz verbietet die Zucht von Wirbeltieren, wenn ihnen Körperteile für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder diese untauglich sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten. Zur Vermeidung der Zucht kann die zuständige Behörde das Unfruchtbarmachen von Wirbeltieren anordnen.

Das Gericht hörte einen Sachverständigen zu der Frage, ob das Fehlen der Tasthaare bei Canadian-Sphinx-Katzen als Schaden anzusehen ist, unter dem die Tiere leiden. Tasthaare seien für alle Katzen ein wichtiges Sinnesorgan, so der Experte. Es diene der Orientierung und Kommunikation. Eine Katze ohne Tasthaare müsse unnötig leiden.

Das bedeutet nun nicht, dass Willi sterben muss. Er darf aber keine Nachkommen haben, so das Gericht in seinem Urteil. Die Berufung wurde zugelassen (Aktenzeichen VG 24 K 202.14).

Durchwahlen würfeln

Wenn die Verhandlung in einer Strafsache naht, rufe ich regelmäßig die Richterin oder den Richter an. Ein Grund findet sich immer, und wenn er leidlich vorgeschoben ist. Wichtig ist mir der Kontakt allemal, denn ich möchte die Stimmung sondieren. Und ein persönliches Gespräch hat ja noch nie geschadet.

Allerdings habe ich das Gefühl, so ein Anruf bei Richtern wird immer schwieriger. Mein Eindruck ist, dass immer mehr Gerichte die Richter von der Außenwelt abblocken. Das ist nur meine persönliche Erfahrung. Aber ich habe ja in so gut wie allen Ecken Deutschlands zu tun.

„Tut mir leid“, heißt es gerne in der Telefonzentrale, „die Durchwahl der Vorsitzenden darf ich Ihnen nicht geben.“ Darauf sage ich dann, dass ich die Durchwahl nicht unbedingt wissen will. „Es reicht mir, wenn Sie mich durchstellen.“

Aber auch das ist plötzlich nicht mehr erlaubt. „Zu Richtern dürfen wir nicht durchstellen, auch keine Anwälte. Ich kann Sie nur mit der Geschäftsstelle verbinden.“ Ach ja, die Geschäftsstelle. Der Schritt über die Geschäftsstelle des Gerichts wäre ja an sich kein Problem. Wenn man bei einem klassischen Anwalt anruft, geht ja meist auch erst dessen „Vorzimmer“ dran.

Der kleine Unterschied scheint mir nur zu sein, dass ich das Sekretariat von Anwaltskollegen normalerweise erreiche. Bei Geschäftsstellen von Gerichten fällt die Quote mittlerweile desaströs aus. Entweder ist keiner da. Oder es geht keiner dran. Alles andere ist schon eine positive Überraschung.

Mittlerweile arbeite ich nach Kräften dagegen, um nicht ständig in der Leitung zu versauern. Natürlich speichere ich jede Justiz-Durchwahl ab, der ich habhaft werde. Von mir freundlich gesinnten Staatsanwälten erbettele ich auch gerne eine Kopie vom örtlichen Telefonverzeichnis ihres Sprengels (haben die meist auf dem Rechner).

Am erfolgreichsten bin ich aber damit, Telefonzentralen zu umgehen.

Ich würfele irgendeine Gerichts-Durchwahl aus, rufe da an, stelle mich dumm und bitte den Mitarbeiter am Telefon, mich doch zur Richtern X oder dem Richter Y durchzustellen. So lernt man auch mal Grundbuchbeamte kennen oder, wie neulich, den Gerichtspräsidenten. Selbst der hat für den verwirrten Anwalt übrigens gern in sein Verzeichnis geguckt und ihn durchgestellt.

Auch Polen dürfen wohnen

Weder Anwohner noch die Stadtverwaltung können es verhindern, wenn polnische Arbeitnehmer in einem Einfamilienhaus eine Wohngemeinschaft gründen. Auch eine Belegung von zwei Personen pro Zimmer führt nicht zu einem Verstoß gegen das Baurecht, entschied das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in einem Eilverfahren.

Die Richter weisen in ihrer Entscheidung darauf hin, es gebe keine juristische Handhabe, um finanzschwache ausländische Arbeitnehmer aus einer Siedlung fernzuhalten. Damit bekamen nach einem Bericht von beck-online polnische Arbeitnehmer recht, die das Obergeschoss eines Einfamilienhauses in Cloppenburg angemietet haben (Aktenzeichen 1 ME 126/15).

Beim Topanwalt

Es ist doch interessant, wie andere Anwälte arbeiten.

Da gibt es zum Beispiel eine Kölner Kanzlei, in der mein Mandant Rat suchte. Gegen den Mandanten wurde ermittelt, weil er online Software eingekauft und dabei falsche Kreditkartendaten angegeben hat. Die Daten hatte er aus einem Forum, der rechnerische Schaden beläuft sich auf knappe 800 Euro. Das ist jetzt nicht unbedingt ein Weltuntergang. Jedenfalls dann nicht, wenn man bislang eine weiße Weste hat. Wie mein Mandant.

Die Kölner Kanzlei macht wohl vorwiegend Urheberrecht. Dennoch hieß es zuerst, den Fall übernehme man gern. Mein Mandant zahlte also ein Pauschalhonorar von 1.000 Euro. Dafür kriegte er recht zügig die Kopie des Schreibens, mit dem die Anwälte Akteneinsicht beantragten. Kaum war die Akte aber da, ließ der zuständige Anwalt meinen Mandanten wissen, die Sache sei für ihn eine Nummer zu groß. Er mache ja normalerweise nur Urheberrecht, und für seinen Fall brauche er einen Fachanwalt für Strafrecht. Den es in der Kanzlei aber nicht gibt.

Aber wie es sich traf, für seine tausend Euro bekam der Mandant wenigstens noch den Rat, er möge sich an einen sehr guten Strafverteidiger in Frankfurt wenden. Der war anfangs auch ganz nett, sagt mein Mandant. Er überwies also die geforderten 7.000 Euro für die Verteidigung im Ermittlungsverfahren.

Seitdem hatte der Anwalt nur noch Zeit für ein Telefongespräch. In dem erklärte er dem Mandanten, im Moment könne er gar nichts machen. Die Staatsanwaltschaft werde ihn anklagen, immerhin gehe es ja um Betrug. Dann komme es unweigerlich zu einer Gerichtsverhandlung. In dem Termin werde er als gewiefter Anwalt natürlich das Schlimmste verhindern, womit er wohl Knast meinte. Mein Mandant möge aber bitte daran denken, dass er noch mal 2.500 Euro überweist, sobald die Ladung da ist.

Dem Mandanten wurde dann doch etwas mulmig. So saß er bei mir und ließ sich trotzdem noch auf eine weitere Gebührenvereinbarung ein. Nämlich die, dass er meinen Stundensatz bezahlt.

Meine Zeitaufstellung sah am Ende so aus:

Besprechung Mandant 20 Minuten
Aktenstudium 35 Minuten
Telefonat mit dem Staatsanwalt 10 Minuten

Knapp über einer Stunde Arbeit, dafür wird das Verfahren nun gegen Zahlung einer kleinen Auflage eingestellt. Ohne Vorstrafe und sonstiges Gedöns.

Jetzt braucht der Mandant nur noch einen seriösen Zivilrechtler, der ihm seine in den Wind geschossenen Honorare zurückklagt.

Gewerkschaft hinter Gittern ist erlaubt

Auch im Gefängnis darf es Gewerkschaften geben. Die Koalitionsfreiheit nach Artikel 9 des Grundgesetzes gilt nämlich auch für Strafgefangene, stellt das Oberlandesgericht Hamm in einer Entscheidung klar. Die Richter gaben damit dem Grundsatz nach einem Gefangenen recht, der Beitrittsformulare für die in Berlin gegründete „Gefangenengewerkschaft/bundesweite Organisation“ (GG/BO) verteilen wollte.

Die Haftanstalt hielt Beitrittsformulare zurück, die sich der Gefangene ins Gefängnis hatte schicken lassen. Zur Begründung hieß es, der Gefangene habe kein Recht zur Unterstützung einer Gefangenengewerkschaft. Deshalb dürfe ihn die Haftanstalt dabei auch nicht „unterstützen“.

Das ist unrichtig, so das Gericht. Die Koalitionsfreiheit gelte auch im Gefängnis, das Grundgesetz spricht ja ausdrücklich von „allen Deutschen“. Zum Recht, Gewerkschaften zu gründen, gehöre auch die Werbung neuer Mitglieder. Die Formulare dürften nur zurückgehalten werden, wenn von ihnen oder der Werbetätigkeit des Gefangenen eine greifbare Gefahr für den Strafvollzug ausgehe.

Eine derartige Gefahr hatte die Haftanstalt aber bislang nicht dargelegt. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Krefeld muss die Angelegenheit jetzt neu entscheiden (Aktenzeichen 1 Vollz(Ws) 180/15).