Dünnhäutige Elitepolizisten

+++ Nach der Auflösung ihrer Einheit sollen sich Kölner SEK-Beamte ziemlich unwürdig verhalten haben. Ich frage mich, welches Privatunternehmen so was hinnehmen würde. Bericht 1 Bericht 2 +++

+++ Die Firma „MyTaxi“ darf Nutzern ihrer App weiter hohe Rabatte bei der Taxibestellung einräumen. Das Landgericht Hamburg wies einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ab. Taxiunternehmen machten geltend, die Rabatte verstießen gegen das Personenbeförderungsgesetz (Aktenzeichen 312 O 225/15). +++

+++ Eine Zelle von 5,25 Quadratmetern und Einschlusszeiten zwischen 15 und 21 Stunden verletzen die Menschenwürde eines Gefangenen, so das Bundesverfassungsgericht. Geklagt hatte ein Ex-Gefangener der Berliner Haftanstalt Moabit (Aktenzeichen 1 BvR 1127/14). +++

+++ Ein Heilpraktiker muss einen Patienten nach erfolgloser Behandlung nicht zur Weiterbehandlung an einen Schulmediziner zurückverweisen, wenn der Patient aufgrund offensichtlicher Leiden selbst erkennen kann, dass ein Arztbesuch erforderlich ist. Dies hat das Amtsgericht Ansbach entschieden (Aktenzeichen 2 C 1377/14). +++

+++ In Großbritannien ist eine Frau wegen sexueller Nötigung verurteilt worden, weil sie sich gegenüber einer Sexpartnerin als Mann ausgab. Beim Sex soll sie einen künstlichen Penis und ihre Freundin eine Maske getragen haben. In Deutschland wäre das wohl eher nicht möglich, denn hier müssen entweder Gewalt, Drohung oder die Ausnutzung einer hilflosen Lage im Spiel sein. +++

Richter verlieren ihren Job

+++ Die Affäre um gekaufte Jura-Examen in Niedersachsen geht in die nächste Runde. Jetzt werden acht Prüfungskandidaten unter anderem wegen Bestechung angeklagt, die sich Klausurlösungen bei einem ehemaligen Referatsleiter im Justizprüfungsamt besorgt haben sollen. Insgesamt sollen bereits 15 Juristen die Abschlüsse aberkannt worden sein, darunter auch Richtern auf Probe. +++

+++ Das neue Gesetz zur Störerhaftung gefährdet legale Cloud-Dienste, warnen die IT-Branchenverbände Bitkom und Eco. +++

+++ Der Kölner Polizeipräsident löst das ins Gerede gekommene örtliche Sondereinsatzkommando auf. Diverse Beamte dürfen künftig nicht mehr in SEKs beschäftigt werden, berichtet der Kölner Stadtanzeiger. +++

+++ Arbeitgeber müssen bei Versetzungen Rücksicht auf ihre Angestellten nehmen. Ein Arbeitnehmer mit Haus und drei Kindern sollte an einem 660 Kilometer entfernten Ort arbeiten. In solchen Fällen muss der Arbeitgeber prüfen, welchen Angestellten die Versetzung am wenigsten trifft, so ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (Aktenzeichen 3 Sa 157/15). +++

Buntes Ticket

In meinen Arbeitsplatzdrucker fülle ich immer buntes Papier. Grün, gelb, blau. Das hat den Vorteil, dass ich Sachen, die von mir stammen, in den Akten schneller finde.

Das führt dann allerdings dazu, dass ich brutal Regeln breche, wenn ich mit der Deutschen Bahn unterwegs bin. Der Ausdruck meines Online-Tickets ist dann nämlich bunt. Das ist, ich räume es ein, ein klarer Verstoß gegen die Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn. Wer es nachlesen will, Punkt 6.3.2 ist einschlägig:

Das Online-Ticket ist auf weißem Papier im DIN A 4-Format auszudrucken.

Nun muss ich zur Ehrenrettung der DB-Zugbegleiter sagen, dass das bei hunderten Fahrten mit einem Online-Ticket noch nie jemanden gestört hat.

Bis heute.

Der Schaffner mokierte sich also darüber, dass mein Ticket in zartem Blau daherkam. Nicht dass es Probleme bei der Lesbarkeit gegeben hätte. Seine Ticketkeule fiepte auch in diesem Fall anstandslos. Darauf wies ich freundlich hin. Widerspruch verärgerte den Guten aber, denn nun hielt er mir vor, dass mein Ticket wegen Verstoßes gegen die Beförderungsbedingungen ungültig ist. Ich möge also den Fahrpreis nachlösen.

Ich hatte aber eine ganz andere Idee. Ich lud mein Online-Ticket in die Bahn-App fürs Smartphone hoch. Dazu muss man nur den Ticketcode kennen und die Daten der Identifizierungskarte. Der Schaffner beobachte mich dabei interessiert, hielt das aber für keinen gangbaren Weg.

„Online-Ticket und Handy-Ticket sind zwei Paar Schuhe“, behauptete er. „Das Online-Ticket ist in der App nicht gültig.“ Aber wieso wird denn dann auch beim Online-Ticket, das in die App hochgeladen wurde, der Barcode für die Kontrolle angezeigt? Der Schaffner vertrat seinen Standpunkt nun etwas vehementer. Er wollte endlich Geld sehen.

Ich bestand aber darauf, dass er die Beförderungsbedingungen aus seinem Kabuff holt. Irgendwie hatte ich nämlich in Erinnerung, dass sich genau in dem Punkt vor einiger Zeit was geändert hat.

Ich durfte einige Zeit in dem sperrigen Text blättern. Und konnte schließlich Erfolg vermelden. Punkt 6.1.3 der Beförderungsbedingungen:

Online-Tickets, die auch als Handy-Ticket nach Nr. 7.2 erwerbbar sind, können zusätzlich in die Buchungs-App heruntergeladen oder über m.bahn.de als MMS angefordert werden. Es gelten dann die Bedingungen zum Handy-Ticket (Nr. 7).

Ach, das war dem Herrn aber bisher völlig unbekannt. Ich hatte nunmehr also ein gültiges Ticket, nämlich ein Online-Ticket, das sich in ein Handy-Ticket verwandelt hatte. Damit war das Thema dann wohl erledigt. Ich musste nicht nachzahlen.

Das Handy-Ticket scannte der Schaffner übrigens gar nicht mehr ein. Es hatte ja, wie gesagt, schon beim Online-Ticket problemlos geklappt.

Das Ganze hat dann doch Nerven gekostet. Ich drucke meine Tickets ab jetzt nur noch in weiß aus. Wenn ich’s nicht vergesse…

Nachtrag: Ein kundiger Leser weist darauf hin, dass man nach auch das Online-Ticket mittlerweile nicht mehr unbedingt ausgedruckt vorlegen muss. Man darf es auch als PDF auf einem Bildschirm zeigen, Punkt 6.3.3 der Beförderungsbedingungen.

Das wäre natürlich auch eine Lösung gewesen.

Beweisaufnahme mit „Frauentausch“

Sage noch einer, das Trash-TV sei zu gar nichts gut. Es taugt sogar als Beweismittel vor Gericht, wie jetzt das Verwaltungsgericht Berlin demonstrierte. Die Richter versagten einer Berlinerin das Wohngeld, weil sie beim Antrag getrickst hatte. Heraus kam das durch eine Folge der Reality-Show „Frauentausch“.

Die Klägerin beantragte Wohngeld für sich und zwei Kinder. Eine Mitarbeiterin des Wohngeldamtes entpuppte sich als Kennerin verschiedener einschlägiger Formate. Sie erkannte nämlich die Klägerin wieder, die schon öfter in solchen Shows zu sehen war. In der Programmankündigung zu dieser Folge hieß es seinerzeit, die Klägerin habe ihren (jetzigen) Vermieter über eine Partnervermittlung kennengelernt, und für beide sei es „die ganz große Liebe“. Diese mögliche Partnerschaft stünde aber juristisch dem Wohngeld entgegen.

Auf Nachfrage des Wohngeldamtes teilte die Produktionsfirma mit, die Klägerin und ihr Vermieter hätten sich sowohl im Casting als auch während der Dreharbeiten im Juni 2011 als Lebenspartner vorgestellt. Das Wohngeldamt lehnte daraufhin den Wohngeldantrag wegen Missbrauchs ab.

Vor Gericht behauptete die 48 Jahre alte Klägerin zwar, sie habe mit dem Vermieter nur eine Wohngemeinschaft. In der Sendung „Frauentausch“ habe sie nur so getan, als laufe da was mit dem Vermieter.

Das Gericht glaubte letztlich eher dem Fernsehen als der Klägerin. Es verneinte den Wohngeldanspruch (Aktenzeichen VG 21 K 285.14).

Anwalt als Heckenschütze

+++ Ein Nürnberger Rechtsanwalt soll zwischen August und November 2014 aus seinem Haus heraus mit einem Druckluftgewehr immer wieder auf Fahrzeuge geschossen haben. Die Staatsanwaltschaft klagt ihn unter anderem wegen versuchten Mordes an. Morgen beginnt der Prozess. +++

+++ Die deutschen Behörden dürfen EU-Bürgern aus anderen Ländern Sozialhilfe verweigern, auch wenn diese bereits einige Zeit in Deutschland gearbeitet haben. Das verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot, so der Europäische Gerichtshof. +++

+++ „Die Polizei und Innenminister haben nicht nur Nazis auf dem Kieker und wollen nicht nur ihre Demos verhindern. Morgen sind es die Islamisten, übermorgen vielleicht schon wir. Wir sollten niemals über eine repressive Polizei jubeln, die mit schmutzigen Tricks Grundrechte untergräbt. Das kann uns nämlich bald schon böse auf die Füße fallen.“ +++

+++ Til Schweiger hat das Volk nicht verhetzt. Die Staatsanwaltschaft Köln wird deshalb nicht gegen ihn ermitteln. Sinnlose Anzeigen, die x-te. +++

+++ „Text me. Email me. WhatsApp, Facebook, iMessage, Skype, DM me, or send me a heartbeat from your Apple Watch. I don’t care. Just don’t call me.“ +++

Heimliche Aufnahmen

Weil er den Sex mit einer Bekannten heimlich filmte und die Aufnahmen an Freunde weitergab, ist ein 21-jähriger Kundenberater vom Amtsgericht München zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt worden.

Der Mann hatte eine 18-Jährige über Facebook kennengelernt. Nach einem Treffen auf einem Münchner Bahnhof mieteten sie ein Hotelzimmer. Der 21-Jährige filmte das Geschehen heimlich mit seinem Handy. Später leitete er das Video an Dritte weiter. Unter anderem landete der Film dann auch im Internet.

Einen Monat nach dem Treffen nahm der 21-Jährige wieder Kontakt mit der jungen Frau auf. Er drohte, ihr Leben zu zerstören, indem er das Video an ihren Vater schickt. Gegen Sex sei er aber bereit, den Film zu löschen. Es kam aber zum Streit. Der 21-Jährige fasste die junge Frau lediglich an der Hüfte an und versuchte, sie an den Brüsten zu berühren.

Das Gericht bejahte unter anderem eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB) und die Verbreitung pornografischer Schriften (§ 184 StGB). Die Strafe setzte das Gericht zur Bewährung aus. Der Täter zahlt 2.000 Euro an die Geschädigte und absolviert einen Kurs über korrektes Verhalten im Internet.

„Schluss mit der Sozialromantik“

+++ Er gilt als harter Hund unter den Jugendrichtern, gleichwohl plädiert er in seinem neuen Buch „Schluss mit der Sozialromantik“ für die Legalisierung von Cannabis. Die Legal Tribune Online spricht mit Andreas Müller. +++

+++ Ein Arbeitgeber darf nicht „Deutsch als Muttersprache“ von Stellenbewerbern verlangen. Dies hat das Landesarbeitsgericht Hessen entschieden. Ein gebürtiger Russe hatte wegen Diskriminierung geklagt. Er verwies darauf, dass er sehr gute Deutschkenntnisse habe, auch wenn Deutsch nicht seine Muttersprache sei (Aktenzeichen 16 Sa 1619/14). +++

+++ 14 Millionen Euro Schadensersatz wollte eine Spanierin, weil die EU-Kommission ein Bild ihres toten Mannes als Warnhinweis auf Zigarettenpackungen verwendet haben soll. Das Bild zeigt einen Toten, der mit halb verdecktem Gesicht auf einer Bahre liegt. Der Europäische Gerichtshof wies die Klage jedoch ab. Die Frau habe nicht beweisen können, dass der Abgebildete ihr Verstorbener Gatte ist. +++

+++ Ist Arschloch in Köln nur ein anderes Wort für Inkompetenz? Mit dieser Ausrede wollte sich ein Dügida-Demonstrant vor Gericht verteidigen – in Düsseldorf. Der pensionierte Lehrer (75) hatte den NRW-Innenminister auf einer Demo in Düsseldorf als „Oberjägermeister“ und „Arschloch“ tituliert. Den Jägermeister ließ der Amtsrichter durchgehen, das Arschloch nicht. Mit dem angeblichen Kölner Wortverständnis wollte sich der Richter nicht beschäftigen. „Wir sind in Düsseldorf, nicht in Köln“, begründete er sein Urteil. +++

Frustrierte Aufwendungen

Bei meinem Mandanten wurden monatelang ein iPad und die SIM-Karte (Datenvertrag mit fester Laufzeit) beschlagnahmt. Zu Unrecht, wie sich nun herausstellt. Das Verfahren wurde mangels Tatverdachts eingestellt. Gleichwohl möchte der Staat keine Entschädigung leisten, wie praktisch immer in solchen Fällen. Dumm nur, dass es hierfür einer Begründung bedarf.

Im vorliegenden Fall erklimmt die für die Abwehr berechtigter Ansprüche zuständige Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz in Berlin argumentativ ungeahnte rechtsphilosophische Höhen. Ich zitiere meine absoluten Lieblingssätze aus dem Schreiben:

Im Übrigen stünde die Anerkennung der Erstattungsfähigkeit im Widerspruch zu der Rechtsprechung, dass grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch für die Nichtnutzbarkeit einer Sache nicht zu leisten ist. Denn dem Grunde nach ist der von dem Geschädigten empfundene „Schaden“ der Umstand, dass er den Gegenstand nicht bzw. nicht so nutzen konnte, wie er ursprünglich anvisiert hatte.

Ließe man nunmehr die Erstattungsfähigkeit von solchen frustrierten Aufwendungen zu, würde man in der Sache einen – wenn auch partiellen – Nutzungsersatz leisten, ohne dass die von der Rechtsprechung entwickelte Voraussetzung an das Vorliegen eines zwingend erforderlichen Lebensguts erfüllt sein müsste.

Vielleicht gehen wir jetzt ja nur deswegen vor Gericht, um uns das mal übersetzen zu lassen.

Rabiater Fahrgast

Teurer Streit: Ein 29-jähriger Münchner muss einem Taxifahrer 500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Der Mann hatte versucht, dem Taxifahrer einen 100-Euro-Schein in den Mund zu stopfen.

Der Vorfall ereignete sich, als sich der Mann von dem 35-jährigen Taxifahrer zum Truderinger Bahnhof fahren ließ. Während der Fahrt äußerte der Fahrgast, der Taxifahrer solle einen Zahn zulegen. Besonders störte den Mann, dass der Taxifahrer nicht über gelbe Ampeln fuhr, sondern anhielt.

Aus diesem Grund wollte der Fahrgast aussteigen. Der Taxifahrer hatte damit kein Problem. Er wollte aber sein Fahrgeld haben, was der Fahrgast ablehnte. Erst als der Taxifahrer energisch auf seinen Lohn bestand, nahm der Fahrgast einen 100-Euro- Schein aus seiner Tasche und versuchte, ihn dem Taxifahrer in den Mund zu stopfen. Der Taxifahrer erlitt eine zwei Zentimeter lang Schürfwunde und eine Prellung.

Das Amtsgericht München verurteilte den Fahrgast zu einem Schmerzensgeld von 500 Euro. Zwar seien die Verletzungen eher gering, aber das Verhalten des Taxifahrers sei auch eine tätliche Beleidigung. Dass sich der Fahrgast wegen hohen Alkoholkonsums kaum an den Vorfall erinnern konnte, ändert nach Auffassung des Gerichts nichts an seiner Haftung (Aktenzeichen 213 C 26734/14).

Infos auch an kleinen Bahnhöfen

Die Deutsche Bahn muss auch ihre kleinsten Bahnhöfe und Haltepunkte mit Anzeigetafeln ausstatten, welche die aktuelle Verkehrssituation zeigen. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt mit diesem Urteil eine Anordnung des Eisenbahn-Bundesamtes.

Konkret geht es um rund 300 Haltepunkte der Bahn, an denen die Kunden derzeit weder durch Tafeln, Lautsprecher noch durch anwesendes Personal über Verspätungen oder Zugausfälle informiert werden. Das Bundesverwaltungsericht verweist ebenso wie das Eisenbahn-Bundesamt auf die europaweit gültige Fahrgastrechte-Verordnung, die keine Ausnahmen vorsieht. Danach haben alle Kunden einen Anspruch darauf, am Bahnhof aktuelle Informationen zu erhalten.

Die Bahn hatte vorwiegend Kostengründe dafür angeführt, warum sie die kleinen Stationen nicht technisch aufrüsten will. Die Bahnhöfe müssen jetzt schrittweise nachgerüstet werden, die größeren zuerst (Aktenzeichen 6 C 28.14).

Die „Handakte“ gehört dem Mandanten

Rechtsanwälte verstoßen gegen das Berufsrecht, wenn sie ihrem Mandanten nach Ende des Auftrags nicht die Handakten herausgeben. Der Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen verurteilte einen 45-jährigen Anwalt jetzt zu einer Buße von 2.000 Euro.

Der Jurist hatte seinen Mandanten nach Ende des Auftrags mehrere Jahre dessen Unterlagen nicht zurückgegeben, obwohl er dazu aufgefordert worden war. Klar war auch bisher, dass der Auftraggeber in solchen Fällen zivilrechtlich vorgehen und auf Herausgabe klagen kann. Ob der Anwalt auch gegen eine Berufspflicht verstößt, wurde bisher teilweise verneint. Jetzt schwenkt der Anwaltsgerichshofs NRW auf die Linie ein, die der Bundesgerichtshof mit einer Entscheidung vorgegeben hat.

Mit „Handakte“ sind in der Praxis aber nur Unterlagen gemeint, die der Anwalt selbst direkt von seinem Auftraggeber erhalten hat. Also zum Beispiel Verträge oder andere Dokumente. Bei allen anderen Unterlagen, etwa Schreiben des Gerichts oder der Gegenpartei, reicht es, wenn der Anwalt den Auftraggeber mit Kopien informiert hat. Seine eigenen Unterlagen muss der Anwalt ohnehin nicht zurückgeben.

Der Anwalt kann die Rückgabe der Handakte normalerweise auch so lange verweigern, wie er sein Honorar nicht erhalten hat (Aktenzeichen 1 AGH 1/15).

Risiko Schuh

Wer bei einer Tätlichkeit nach dem Opfer tritt, geht ein erhebliches Risiko ein. Wer dabei nämlich feste Schuhe trägt, begeht nicht nur eine Körperverletzung. Sondern möglicherweise eine gefährliche Körperverletzung. Hierfür gibt es im Normalfall mindestens sechs Monate Gefängnis; bei einer einfachen Körperverletzung ist auch noch eine Geldstrafe möglich.

Das macht im Ergebnis einen gewaltigen Unterschied. Der Bundesgerichtshof beschäftigte sich jetzt mit der Frage, ob auch dann eine gefährliche Körperverletzung vorliegt, wenn der Täter nicht getreten hat, sondern den Fuß sehr fest auf den Hals des Opfers drückte, das in diesem Fall hilflos auf dem Boden lag.

Hierzu das Gericht:

Der Einsatz eines beschuhten Fußes kann im Einzelfall die Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs darstellen, wenn es sich um festes Schuhwerk handelt und die Art der Verwendung, insbesondere bei Tritten gegen bestimmte Körperteile, erwarten lässt, dass dadurch erhebliche Verletzungen entstehen.

Wird dagegen – wie hier – der Fuß des Täters gegen den Hals des Opfers gedrückt, kommt dem Schuh keine besondere Bedeutung dafür zu, ob dem Opfer erhebliche Verletzungen beigebracht werden. Die Wirkung dieser Handlung hängt vielmehr vor allem von dem Druck ab, den der Fuß auf den Hals ausübt.

Also keine gefährliche Körperverletzung. Und das sogar, obwohl der Täter so fest zudrückte, dass sich das Profil des Schuhs auf dem Hals des Opfers abbildete (Aktenzeichen 2 StR 467/14).

In letzter Sekunde

Ein Mandant trug sich mit dem Gedanken, seine bereits eingelegte und von mir begründete Revision gegen eine Verurteilung wegen Untreue zurückzuziehen. Ich hielt das Rechtsmittel zwar für aussichtsreich, aber letztlich bestimmt natürlich der Auftraggeber, was passiert. Und wenn er nicht mehr will, dann will er nicht mehr.

Ich diktierte also die Rücknahme der Revision. Wie es der Zufall wollte, rief mich wenige Stunden später ein Richter am Oberlandesgericht an. Der Richter arbeitet in dem Senat, der über die Revision meines Mandanten zu entscheiden hat.

Der Richter hatte eine Frage zu einem anderen Fall. Aber ich nutzte natürlich die Gelegenheit zu fragen, ob er die Revision meines Mandanten schon gelesen hat. Hatte er. „Das haben wir sogar schon beraten“, sagte er. „Ich würde mal sagen, das ist eine sichere Bank für Sie.“ Okay, mit so viel Offenheit war jetzt nicht unbedingt zu rechnen. Aber warum nicht…

Ich hatte es eilig, den Richer loszuwerden. So wie ich den Arbeitsplan kannt, war meine Sekretärin wahrscheinlich in dem Moment dabei, die Revisionsrücknahme zu schreiben und zu faxen. Wenn sie es nicht schon erledigt hatte.

Hatte sie zum Glück nicht. Denn ein Rechtsmittel kann man zwar zurücknehmen, aber damit ist dann Schluss. Eine Rücknahme der Rücknahme gibt es nicht. Ich legte den Schriftsatz erst mal auf Eis und rief den Mandanten an. Unter den Umständen war er dann doch bereit, weiter zu kämpfen.

Wenige Tage später kam der positive Beschluss vom Oberlandesgericht. Die Sache wurde ans Schöffengericht zurückverwiesen. Mittlerweile haben wir dort auch neu verhandelt. Am Ende stand ein Freispruch.

Gericht bestraft sich selbst

+++ Das Bundesverfassungsgericht bestraft sich selbst: Weil die Richter mehr als fünf Jahre für die Entscheidung über eine Verfassungsbeschwerde brauchten, erhält eine Frau eine Entschädigung von 3.000 Euro. Mindestens 30 Monate war das Verfahren unbearbeitet geblieben, weil sich zwei Kammern nicht über die Zuständigkeit einigen konnten. Diese Verzögerung war unnötig, entschied jetzt die Beschwerdekammer des Bundesverfassungsgerichts (Aktenzeichen 1 BvR 2781/13 – Vz 11/14). +++

+++ Das Verwaltungsgericht Köln hält es in einem Urteil für unzulässig, Flüchtlinge nach Ungarn zurückzuschicken. Begründet wird dies mit der Unmenschlichkeit, die Flüchtlinge in Ungarn erwartet. +++

+++ Der Epresser von Uli Hoeneß ist in der Neuauflage seines Prozesses zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof hatte das ursprüngliche Urteil des Landgerichts München – drei Jahre neun Monate – wegen überzogener Härte aufgehoben. +++

+++ Gerichte müssen mindestens 15 Minuten warten, wenn sich ein Verteidiger verspätet. Darauf weist das Kammergericht Berlin in einer aktuellen Entscheidung hin. Das Amtsgericht hatte in einer Bußgeldsache den Einspruch des Betroffenen verworfen, der selbst nicht erscheinen musste. +++

Heidenau zum Nachlesen

Die Zeitschrift für Verwaltungsrecht Online (ZVR) veröffentlicht in einer Sonderausgabe alle Beschlüsse zum Versammlungsverbot in Heidenau. Letztlich hat das Bundesverfassungsgericht das Versammlungsverbot aufgehoben. Erstritten hat die Entscheidung der Jurastudent Michal Fengler.

Eine interessante Lektüre.