Fluch und Segen der Cloud

In meiner aktuellen Kolumne auf der Webseite der ARAG erzähle ich, warum die Cloud für mich mittlerweile unverzichtbar ist. Natürlich sage ich auch was zu den unbestreitbaren Risiken beim Datenschutz und wie man diese minimieren kann.

Viel Spaß beim Lesen. Zum Beitrag.

Entwarnung für Stream-Gucker

Das Landgericht Köln hat die ersten Beschlüsse gefasst, wonach die Kundendaten im Fall Redtube nicht hätten herausgegeben werden dürfen.

Damit revidiert das Gericht seine Entscheidung, welche erst die Abmahnung tausender Telekomkunden möglich machte, die einen Videostream auf Redtube betrachtet haben sollen. Das Gericht sieht jedenfalls keine erhebliche Verletzung des Urheberrechts.

Einzelheiten bei Spiegel online: http://spon.de/ad8cW

Ein ferner Ehehafen

Meinem Mandanten wird vorgeworfen, er habe vor einiger Zeit in Deutschland geheiratet, obwohl er verheiratet war.

Mein Mandant sagt allerdings, das stimmt nicht. Er habe zwar mit seiner vermeintlichen Ehefrau ab 1985 für einige Jahre zusammengelebt, immerhin haben sie ein gemeinsames Kind. Aber geheiratet habe er sie nie.

Nun fordert mich das Gericht auf, ich möge belegen, dass mein Mandant im Jahr 1985 nicht geheiratet hat. „Um Vorlage geeigneter Dokumente wird gebeten.“

Ich frage mich, wie ich so ein Negativum belegen soll, noch dazu durch Unterlagen. Soll ich beim zuständigen Stammesältesten – der erste Ehehafen hat angeblich in Afrika gelegen – eine Urkunde darüber anfordern, dass er meinen Mandanten nicht verheiratet hat?

Oder am besten gleich von allen 150 Stammesältesten in der betreffenden Provinz. Denn wenn einer sagt, er habe meinen Mandanten nicht verheiratet, kann die Ehe ja auch im Nachbarsdorf geschlossen worden sein. Oder gar in der nächsten größeren Stadt, auch wenn die wohl knappe 600 Kilometer vom damaligen Zuhause entfernt liegt und die Busverbindung laut meinem Mandanten so beschwerlich ist, dass man sie für gewöhnlich nur zwei-, drei Mal im Leben auf sich nimmt.

Ich habe in meiner Antwort deshalb auf eine bewährte Regel im Strafprozess hingewiesen. Danach muss nicht der Angeklagte seine Unschuld beweisen. Sondern der Staatsanwalt die Schuld des Angeklagten.

Der Richterin kann ich die Anfrage gar nicht verübeln. Sie macht das wohl nur vetretungsweise. In ihrem Hauptjob als Zivilrichterin sieht das mit der Beweislast mitunter tatsächlich völlig anders aus.

Aber vielleicht kann der Staatsanwalt ja einfach eine E-Mail schicken. In vier bis fünf Jahren soll das betreffende Dorf wohl einen Anschluss kriegen.

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Immer diese Textbausteine

Für die Berufung in einer Strafsache hat mich eine Frau als Verteidiger beauftragt. Nachdem ich auf meine Bitte um Akteneinsicht länger nichts gehört hatte, schickte das Gericht eine Ladung zum Verhandlungstermin. Die Verhandlung sollte schon zehn Tage später stattfinden…

Eine sehr kurze Zeitspanne, insbesondere an den Landgerichten. Blöd war zunächst, dass ich wie bereits erwähnt bis dahin noch nicht einmal die Gerichtsakte einsehen konnte.

Wie kaum anders zu erwarten, war ich am fraglichen Tag auch schon ausgebucht. Der andere Termin fand zwar anderthalb Stunden später statt. Aber 400 Kilometer entfernt. Leider steht mir trotz ADAC-Mitgliedschaft kein Helikopter zur Verfügung.

Deshalb bat ich darum, die Verhandlung zu verschieben. Freundlich wie ich bin, sagte ich auch gleich, wann ich in nächster Zeit noch keine Verhandlungstage habe.

Die Vorsitzende der Strafkammer antwortete mit einem kurzen, aber interessanten Schreiben. Sie teilte mit:

Es ist nicht beabsichtigt, den Termin zu verlegen. Es liegt keine notwendige Verteidigung vor.

Richtig ist daran, es liegt tatsächlich kein Fall der sogenannten notwendigen Verteidigung vor. Das heißt, der Angeklagte bekommt keinen Verteidiger vom Staat bezahlt. Was aber selbstverständlich nicht heißt, dass er sich nicht auf eigene Kosten einen Anwalt nehmen kann. Wie das meine Mandantin getan hat.

Der sogenannte Wahlanwalt ist kein Verteidiger zweiter Klasse. Das Gericht kann seine Rechte nicht mit der Begründung beschneiden, an sich ist ein Anwalt nicht vorgeschrieben, deshalb können wir auch einfach auf Sie verzichten.

Nein, das Gericht ist im Rahmen des Möglichen verpflichtet, auf Terminskollisionen jedes Rücksicht zu nehmen. Wenn sie schnellstmöglich mitgeteilt werden. Der Verteidiger kann also nicht einfach dadurch rausgeschossen werden, weil man ihn nicht unbedingt braucht.

Hier war meine Verhinderung auch nicht gerade aus den Wolken gefallen. Vielmehr dürfte es bei den meisten Strafverteidigern terminlich schwierig werden, wenn Sie innerhalb weniger Tage zu einem Verhandlungstermin eingeladen werden. Besonders eilig ist die Sache auch nicht. Kein Beteiligter sitzt in Haft.

Es gibt also keinen Grund, das Recht des Angeklagten auf seinen Verteidiger zu beschneiden. Noch dazu mit so verqueren Argumenten. Die lassen ja echt nur den Schluss zu, man soll für dumm verkauft werden.

Tja, ich werde die Richterin mal anrufen. Vielleicht ist ja alles nur ein Missverständnis, und wir können uns einigen. Und falls nicht, kann ich mich auch wehren.

Ich habe ebenfalls passende Textbausteine.

Der Papier-Minister

„Ich mache kein Internetbanking mehr.“ Das hat NRW-Justizminister Thomas Kutschaty erklärt. Damit reagiert er wohl auf die von ihm so empfundene Unsicherheit dieses Internets.

Über die tatsächlichen Risiken des Internetbankings kann man sicher streiten. Das größte Risiko scheinen mir nicht findige Kriminelle zu sein, die über Superduper-Technologien verfügen. Vielmehr sind es meist die Nutzer selbst, die sich mit simplen Phishing-Tricks aufs Glatteis führen lassen.

Das ist natürlich schlimm genug, und Aurklärung tut sicher not. Aber bedeutet das auch, dass der informierte und umsichtige Nutzer beim Online-Banking wirklich so viel gefährdeter ist als ein Kunde, der seine Überweisungsträger brav in Papierform einreicht und seinen Kontoauszug persönlich am Automaten zieht?

Gerade beim Thema Kriminalität und Banking muss ich sagen, dass in meiner persönlichen Mandats-Hitparade sich der simple Überweisungsbetrug nach wie vor gut behauptet. Da werden schlicht die Bankdaten von Firmen, Freiberuflern (sehr beliebt: Ärzte) besorgt, eine Unterschrift auf die Anweisung geschlurt – und ab damit in den Postkasten der zuständigen Bank-Hauptstelle.

Das klappt offenbar recht zuverlässig. Denn die Unterschriftenkontrolle ist natürlich die Schwachstelle dieses Systems. Prüft die Bank penibel, kostet das nicht nur Geld. Auch die Kunden gehen auf die Barrikaden, wenn sie sich wegen jeder Überweisung inquisitionieren lassen müssen.

Auch der gute, alte Überweisungsbetrug ist demnach ein greifbares Risiko. Insbesondere dann, wenn die Bank auch noch behauptet, die Unterschrift sei sehr wohl echt. Oder mit Einverständnis des Kunden gefälscht. Das kann einen Rattenschwanz von Ärger nach sich ziehen. Und wer kein Geld für eine Klage hat, schaut am Ende oft genug in die Röhre.

Auch diese Gefahren sollte sich der Justizminister mal vor Augen führen, wenn er meint, seine Furcht vor dem Internet öffentlich herausstellen zu müssen.

Poker: Eintrittsgelder sind erlaubt

Eine Pokerrunde wird nicht unbedingt schon dadurch zum verbotenen Glücksspiel, wenn für die Teilnahme ein (geringes) Entgelt gefordert wird. So eine aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.

Der Veranstalter eines Pokerturniers („Texas Hold’em“) nahm 15 Euro Eintritt. Um Geld wurde nicht gespielt. Es gab auch nur Pokale zu gewinnen. Diese waren womöglich dekorativ, aber nichts wert. Allerdings wurde den siegreichen Teilnehmern in Aussicht gestellt, sie könnten bei exklusiveren Pokerrunden antreten.

Die Behörden verboten das Pokerturnier. Zu Unrecht, befanden jetzt die Richter am Bundesverwaltungsgericht. Verbotenes Glücksspiel setzte voraus, dass eine echte, unmittelbare Gewinnchance für den Einsatz geboten wird. Die Aussicht auf spannendere Turniere betrachtet das Gericht nicht als Gewinnchance im Sinne des Gesetzes.

Vielmehr, so die Richter, spreche einiges dafür, dass die 15 Euro lediglich ein Eintrittsgeld seien, mit dem der Veranstalter vorwiegend seine Unkosten deckt. Sollte dies der Fall sein, halten die Richter das Turnier für zulässig. Einzelheiten muss jetzt die Vorinstanz in einem neuen Verfahren klären (Aktenzeichen 8 C 26.12).

Flugreisen: Koffer dürfen kosten, Handgepäck nicht

Optisch billige Tickets, aber hohe Zuschläge. Zum Beispiel bei der Gepäckbeförderung. So machen es mittlerweile viele Fluggesellschaften. Vermutlich wird sich daran auch künftig nichts ändern.

Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs hält Aufschläge fürs Fluggepäck für grundsätzlich zulässig – so lange Reisende schon bei der Buchung transparent über die Kostenstruktur informiert werden.

Ein spanisches Gericht hatte den Fall an den Europäischen Gerichtshof gebracht. Dort untersagen neuere Vorschriften Fluggesellschaften, Zuschläge für die Gepäckbeförderung zu nehmen. Genau das hält der EU-Generalanwalt jedoch für zulässig.

Er argumentiert mit der Freiheit des Marktes sowie dem Umstand, dass sehr viele Kunden möglichst preiswert von A nach B gelangen wollen. Dazu seien Kunden bereit, auf einen umfassenden Service zu verzichten. Außerdem sei es kaum möglich, EU-weit die Anforderungen festzulegen, welche Gepäckstücke die Airlines ohne Zuschläge befördern müssen.

Aufschläge beim Handgepäck halt der EU-Generalanwalt dagegen für unzulässig. Durch das Handgepäck entstünden keine erkennbaren Mehrkosten. Außerdem gehöre es zur Würde des Menschen, im Rahmen des Möglichen persönliche Dinge dabei zu haben.

Der Europäische Gerichtshof folgt meist den Anträgen des EU-Generalanwalts. Das Urteil wird noch auf sich warten lassen.

Link zum Plädoyer des EU-Generalanwalts

„In Produktion“

Im Büro modernisieren wir die Hardware. Na ja, eigentlich wollen wir das tun. Für den letzten Samstag im Januar haben wir seit längerem den kompletten Austausch geplant.

Natürlich mit Hilfe eines in solchen Sachen unentbehrlichen Familienmitglieds. Der Betreffende kennt sich mit Computern und Netzwerken aus. Er reist extra für uns aus der Schweiz an.

Zeitlich sah alles entspannt aus. Ich habe Computer und Zubehör Anfang des Jahres bei Dell bestellt. Meine Vorauszahlung ging dort schon am nächsten Tag ein.

Offenbar mit Geldeingang dokumentierte Dell im Servicebereich der Webseite auch gleich erfreuliche Fortschritte. „In Produktion“ hieß es Zeit. Klang so, als könne eigentlich nichts mehr schiefgehen.

Bis zu der lakonischen Mail vom Mittwoch letzter Woche. Der Auftrag sei storniert, hieß es. Dell könne nicht liefern – natürlich zum größten Bedauern. Aber mal im Ernst: Wieso braucht man in dieser Firma fast zwei Wochen um festzustellen, dass die nötigen Teile gar nicht vorhanden sind?

Das ist noch gar nicht Hauptgrund meines Ärgers. Dell hat nämlich in der Storno-Mail vom 15. Januar mitgeteilt, die Vorauszahlung werde auf unser Konto zurückerstattet – was ja nun auch eine Selbstverständlichkeit ist.

Seitdem sind acht (!) Tage vergangen. Erst nicht liefern können, und dann weiter auf der Kohle sitzen. Ich halte das für ziemlich dreist. Oder sollte es so ein Unternehmen wie Dell wirklich nicht hinbekommen, eine glasklare Rückzahlung innerhalb von zwei, maximal drei Tagen zu erledigen?

Ich finde das Ganze auch deswegen nicht lustig, weil ich die entsprechende Hardware nach der Absage gleich bei HP bestellt habe. Die Computer habe ich – schon wegen der Zeitnot – natürlich direkt vorausbezahlt, damit die Lieferung auch wirklich klargeht. Die Kohle ist momentan also doppelt weg; so war das eigentlich nicht geplant.

Ich habe Dell jetzt mal eine Mail geschickt mit der Bitte, in die Erstattung doch gleich die gesetzlichen Verzugszinsen für den gesamten Zeitraum einzurechnen. Nicht wegen der paar Euro. Sondern in der wahrscheinlich hoffnungslos romantischen Erwartung, dass sich dann schneller was bewegt.

In Sachen Computer besänftigt mich eigentlich derzeit nur die Erfahrung mit HP. Die Bestellung ging nicht nur reibungslos. Alles war auch schon am übernächsten Tag da. Anders geht es also auch.

Wem gehört das Tellergeld?

Wem gehört das „Tellergeld“, das Besucher öffentlicher Toiletten hinterlassen? Der Servicekraft oder der Reinigungsfirma, für die sie tätig ist? Über diese Frage muss das Arbeitsgericht Gelsenkirchen entscheiden. Dabei geht es nicht um Peanuts…

Bis zu 300 Euro täglich sollen am Arbeitsplatz der Klägerin im Centro Oberhausen zusammengekommen sein. Vor Weihnachten sollen sogar bis zu 8.000 Euro am Tag im Teller geklingelt haben. Die „Toilettenfrau“, berichtet etwa der WDR, ging dabei stets leer aus. Das Tellergeld strich komplett die Firma ein, die den Reinigungsauftrag hat.

Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen hat sich vorläufig auf die Seite der Mitarbeiterin geschlagen. Es erließ ein Grundurteil, wonach der Arbeitgeber Auskunft über die erzielten Einnahmen geben muss.

Allerdings klingt der Fall für mich nicht so, als dürfe die Frau am Ende alles behalten. Sie sagt nämlich selbst, sie habe eigentlich nur den Teller bewacht (und, ganz wichtig, durch ihre Anwesenheit die Zahlungsmoral der Toilettenbesucher verbessert). Die Reinigung selbst habe dagegen der Putzdienst erledigt.

Da wird ihr das Gericht kaum das komplette Trinkgeld zusprechen – aber womöglich einen fairen Anteil. Bleibt dann die Frage, wer den Rest bekommt. Die Kollegen von der Putzkolonne? Die Reinigungsfirma möchte gar nichts abgeben. Sie stellt sich auf den Standpunkt, die Kunden entrichteten ein „freiwilliges Nutzungsentgelt“. Besucher gingen nicht davon aus, das Tellergeld komme der Frontfrau oder gar den sonstigenn Reinigungskräften zu Gute.

Ein echt bescheidener Tag

In Hildesheim ist ein 28-Jähriger über drei Stunden von einem Kioskbesitzer gefangengehalten worden. Eigentlich wollte der Mann sich in dem Kiosk nur was zu essen kaufen…

Auf der Durchfahrt in Hildesheim vergnügte sich der 28-Jährige erst in einer Spielothek. Dann ging er in einen benachbarten Kiosk, um sich Cola und Schokoldade zu kaufen. Der Kioskbesitzer hielt den Kunden für das Mitglied einer Diebesbande, die vor kurzem seinen Laden ausgeräumt hatte.

Einziges Kriterium für den 44-jährigen Kioskbesitzer war laut der Polizei, dass der Kunde schwarzer Hautfarbe ist. Gemeinsam mit einem 23-jährigen Bekannten, der gerade im Kiosk war, „verhaftete“ er den Kunden. Sie banden dem 28-Jährigen die Hände hinter dem Rücken zusammen, und zwar mit dem eigenen Schal. Dann eskortierten sie den Mann in einen Nebenraum und setzten ihn auf den Boden.

Nun verlangte der Kioskbetreiber vom Gefesselten, einen seiner vermeintlichen „Komplizen“ anzurufen und diesen mit der Diebesbeute zum Kiosk zu locken. Nach geraumer Zeit gelang es dem gefesselten Mann, einen Anruf zu fingieren. Er wählte die Handynummer eines Bekannten, der in Hamburg wohnt. Diesem schilderte er die Lage, und zwar in für den Kioskbesitzer unverständlichem Französisch. Der Angerufene informierte die Polizei.

Trotz vager Ortsbeschreibung war die Polizei schnell am richtigen Platz. Kurz bevor die Beamten sich Zugang zu dem Laden verschafften, hatte der Kioskbesitzer noch die Fesseln seines Opfers gelöst. Wie sich herausstellte, hatten er und sein Helfer das Opfer auch fotografiert und Videoaufnahmen von ihm gemacht.

Die Polizei stellte fest, dass der Kioskbesucher, der in Belgien wohnt, eher zufällig in Hildesheim war. Er ist bisher nicht Erscheinung getreten, und mit den behaupteten Diebstählen hatte er offensichtlich nichts zu tun.

Wegen der dreistündigen Aktion droht dem Kioskbesitzer und seinem Helfer nun juristischer Ärger, unter anderem wegen Freiheitsberaubung. Darauf stehen bis zu fünf Jahre Haft.

Fast ein schönes Gefühl

Das Informationsfreiheitsgesetz wurde geschaffen, um dem Bürger ein wichtiges Gefühl zu geben: dass der Staat für ihn arbeitet, er diese Arbeit hinterfragen darf und nur wirklich geheime Unterlagen geheim zu bleiben haben.

Dieses schöne Gefühl wird allerdings getrübt durch das unverkennbare Bestreben mancher Behörden, dem interessierten Bürger die Luft rauszulassen. Sei es durch Weigerung, sich an das Gesetz zu halten. Durch aberwitzige Gebühren für die Antwort. Oder durch ein Vorgehen, das man in einem Wort umschreiben kann: Rechtsmissbrauch.

Letztere Taktik fährt aktuell das Bundesinnenministerium gegenüber der Plattform fragdenstaat.de. Es raffte sich zwar dazu auf, einen unter Berufung auf die Informationsfreiheit herausverlangten Text an den Gründer des Whistleblower-Netzwerks zu schicken, weil juristische Gegenwehr in der Sache wohl aussichtslos erschien. Allerdings forderte das Ministerium die neugierigen Quälgeister auf, ihre Erkenntnisse strikt für sich zu behalten. Der Innenminister untersagte vorsorglich eine Veröffentlichung – unter Berufung auf das Urheberrecht.

Wenn man das schon hört, ahnt man gleich: Da passt was nicht zusammen. Haben die Beamten des Ministeriums während ihrer Kaffeepausen womöglich die Harry-Potter-Reihe um einen weiteren Band erweitert, weshalb die Veröffentlichung ihres Werks durch fragdenstaat.de nun die absehbare Sanierung des Staatshaushalts gefährdet?

So ist es natürlich nicht. Es handelt sich um einen Vermerk der Hausjuristen. Der eignet sich schon vom staubtrockenen Diktus her eher nicht als Bestseller. Dafür besitzt er politische Sprengkraft. Die Verfasser warnen ihre Vorgesetzten im Amt nämlich davor, für die anstehende Europawahl eine 3 % – Hürde einzuführen.

Diese Hürde betrachten sie als ebenso verfassungswidrig wie die bislang geltende 5 % – Hürde. An den Ratschlag hat sich allerdings keiner gehalten. Der Bundestag führte kürzlich die 3 % – Hürde für Europawahlen ein.

Man hat also die Rechtsauffassung der Fachleute in den Wind geschlagen. Das ist nicht verboten, soll aber wohl nicht an die große Glocke gehängt werden. Das wiederum scherte fragdenstaat.de eher weniger. Das Rechtsgutachten ging auf Bitten der Whistleblower bei fragdenstaat.de online, und postwendend trudelte eine Abmahnung von der Bonner Haus- und Hofkanzlei der Bundesregierung ein.

Doch weder nobles Briefpapier noch eine Kostenforderung von 887,00 Euro für die anwaltliche Mühewaltung zwingt fragdenstaat.de bislang in die Knie. Ganz im Gegenteil, der hinter der Webseite stehende gemeinnützige Verein schießt argumentativ scharf zurück – und trifft durchaus ins Schwarze.

Die Antwort der fragdenstaat-Anwälte listet die Schwachpunkte des staatlichen Pochens auf das Urheberrecht penibel auf:

– fehlende Schöpfungshöhe des Vermerks;

– Tagesaktualität des Ereignisses und das allgemeine Informationsbedürfnis schränken das Urheberecht ein;

– fehlende Widerrechtlichkeit der Veröffentlichung (Vorrang der Meinungsfreiheit).

Pikant am Rande: Die Anwälte des Bundes sind womöglich schon an den Formalien gescheitert. Jedenfalls müssen sie sich vorhalten lassen, sie hätten bei Formulierung der Abmahnung nicht die ziemlich neue Gesetzeslage bei Abmahnungen im Bereich des Urheberrechts beachtet.

Diese verlangt seit kurzem eine ausdrückliche Belehrung des Abgemahnten, wenn er eine Unterlassungserklärung abgeben soll, die über den eigentlichen Vorwurf hinausgeht. Eine Falle übrigens, in die zuletzt möglicherweise auch die Pornoabmahner im Fall Redtube gestolpert sind.

Fragdenstaat.de ist bereit, die Sache vor Gericht zu klären. Projektleiter Stefan Wehrmeyer:

Der Bundesregierung geht es nicht um Autorenrechte. Sie nutzt das Urheberrecht willkürlich, um die Veröffentlichung von brisanten, staatlichen Dokumenten zu verhindern. Es entsteht der Eindruck, dass die Bundesregierung die Nachvollziehbarkeit politischen Handelns erschweren will.

Rechtsanwalt Ansgar Koreng von der Kanzlei JBB Rechtsanwälte, der fragdenstaat.de juristisch betreut, wird sogar noch deutlicher:

Gerade in politischen Angelegenheiten darf das Urheberrecht nicht zur Zensur missliebiger Veröffentlichungen missbraucht werden.

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Redtube: Dürftige Zeilen vom Gutachter

Die Münchner Patentanwaltskanzlei Diehl & Partner nimmt zu ihrem Gutachten im Fall der Redtube-Abmahnungen Stellung. Wesentlich Neues erbringen die wenigen Zeilen nicht – die wichtigsten Fragen bleiben unbeantwortet.

Besonders auffällig ist an der Stellungnahme zunächst, dass Diehl & Partner sich auf die Aussage zurückzieht:

Nicht Gegenstand des Gutachtens war somit die rechtliche Bewertung, ob eine Wiedergabe von über das Internet bereitgestellten Videodateien auf dem Rechner eines Benutzers gegen Urheberrecht verstößt.

Das ist formal richtig. Über Urheberrecht steht nichts im Gutachten. Allerdings bewertet die Kanzlei in dem Gutachten sehr wohl die Art und Weise, wie die Software arbeitet – und zwar in juristischer Hinsicht. Dort heißt es nämlich:

Die bei den Tests durchgeführten Aktionen beruhen technisch auf üblichen Internettechnologien, welche beim Einsatz in dem verwendeten Test-Szenario keine Bedenken hinsichtlich etwaigen Gesetzesverstößen erkennen lässt.

Zur Frage, ob die Software gesetzeskonform arbeitet, liegt also sehr wohl eine Expertise vor. Es sei denn, Diehl & Partner möchte die Aussage so verstanden wissen, nur man selbst habe bei dem Test keinerlei illegale Methoden verwendet. Das allerdings wäre eine sehr große Selbstverständlichkeit und etwas selbstverliebt.

Das Statement zur Gesetzeskonformität, so wie ich es nach wie vor verstehe, steht in unmittelbaren Zusammenhang mit der Behauptung, es würden technisch übliche Internettechnologien verwendet. Daran bestehen aber größte Zweifel. Denn bis heute ist nicht ersichtlich, wie die Software ohne den Einsatz illegaler Methoden beim Betrachten eines Internetstreams den Datenverkehr zwischen dem Server und dem Nutzer analysieren können soll.

Diehl & Partner behauptet nun überdies, man habe nur die „Funktionstüchtigkeit“ der Software überprüft. Also nicht, wie diese im Detail funktioniert. Wörtlich:

Nicht Gegenstand des Gutachtens war es weiter, den Quellcode oder die Arbeitsweise der Software „GLADII 1.1.3“ zu analysieren.

Das steht jeodch in einem auffälligen Widerspruch zu der ausdrücklichen Feststellung im Gutachten, es würden nur übliche Internettechnologien verwendet. Bislang haben die Patentanwälte nicht dargelegt, woher sie das denn überhaupt wissen können, wenn sie gar keinen Blick unter die Motorhaube geworfen haben wollen.

Insgesamt macht die Stellungnahme deutlich, dass die Kanzlei kritiklos die Testvorgaben des Auftraggebers umgesetzt hat. So wird nochmals ausdrücklich klargestellt, man habe nur drei vom Auftraggeber vorgegebene Videodateien überprüft, und das ausschließlich am hauseigenen Internetanschluss. Faktisch bedeutet dies, dass die naheliegende Möglichkeit, der Testaufbau oder die konkret vorgegebenen Dateien seien vom Auftraggeber manipuliert, entweder gar nicht gesehen oder sogar in Kauf genommen wurde.

Dabei hätte der Gutachter allen Grund gehabt, stutzig zu sein. Wie gesagt, der Rest der Welt fragt sich bis heute, wie die Software technisch gestrickt ist, um solche Wunderwerke zu vollbringen. Nur dem Gutachter, einem laut Selbstdarstellung ausgewiesenen Experten, will überhaupt nichts spanisch vorgekommen sein.

Auch ansonsten verschleiert die Stellungnahme mehr, als sie für Klarheit sorgt. Interessanterweise ist nun lediglich davon die Rede, man habe überprüft, ob die Software „Zugriffe“ auf Mediendateien protokolliert, die auf Drittservern hinterlegt sind. Von Zugriffen ist im gesamten Gutachten aber nicht die Rede. Dort geht es nur um Downloads. Das macht einen gewichtigen Unterschied. Denn zugreifen kann man auf eine Internetseite auch, ohne dass die fraglichen Dateien tatsächlich auf den Rechner übertragen werden. Sei es nun als kompletter Download einer eigenständen Datei. Oder eben nur als Stream.

Abschließend beteuert die Anwaltskanzlei, sie habe mit den Abmahnungen selbst nichts zu tun. Auch habe sie das Gutachten erstattet, ohne den genauen Verwendungszweck zu kennen. Der Auftraggeber bestimme allein, wofür er das Gutachten später verwendet. Das ist eigentlich noch der Teil der Stellungnahme, der sich am ehesten glauben lässst.

Im Ergebnis entkräftet das kurze Statement die Kritik an dem Gutachten in keinem Punkt. Es bleibt wohl dabei, dass nur die Auftraggeberin des Gutachtens und vermutlich auch die anderen Protagonisten im Redtube-Fall wissen, wie genau getrickst wurde. Dass es die Wundersoftware wirklich gibt, ist jedenfalls zweifelhafter denn je.

Stellungnahme von Diehl & Partner

Eltern müssen miteinander sprechen

Getrennt lebende Eltern müssen sich zusammenraufen, wenn es um das Wohl ihrer Kinder geht. Dass eine Mutter nicht mehr mit dem Ex spricht, rechtfertigt es nicht, ihr das alleinige Sorgerecht über die Kinder zu übertragen. So eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm.

Im Jahr 2007 hatten sich die Eheleute getrennt. Seitdem lebten die beiden Kinder, 9 und 14 Jahre alt, bei der Mutter. Im Jahr 2012 soll es zu Problemen gekommen sein, weil der Vater ständig Kontrollanrufe bei den Kindern machte. In Folge des Streits redete die Mutter dann nicht mehr mit ihrem Ex-Mann. Sie meinte, es sei besser, wenn sie das alleinige Sorgerecht erhält.

Dem folgte das Oberlandesgericht Hamm nicht. Der Vater habe sein Verhalten eingesehen und gebessert. Dementsprechend müsse auch die Mutter sachlich mit ihm kommunizieren, zumindest wenn es um die Kinder gehe. Deren Wohl stehe an erster Stelle, so das Gerichts. Rücksichtnahme sei beiden Seiten zuzumuten, zumal die Eltern noch nicht einmal über wesentliche Fragen des Sorgesrechts stritten (Aktenzeichen 2 UF 39/13).