Ausweise dürfen nicht kopiert werden

Firmen sind grundsätzlich nicht berechtigt, Personalausweise zu scannen und die Daten zu speichern. Dies stellt das Verwaltungsgericht Hannover in einem aktuellen Urteil klar.

Ein Logistikdienstleister aus Rehden hat auf seinem Gelände ständig mehrere tausend Autos gelagert. Täglich werden viele Autos von Speditionen abgeholt, die sie vornehmlich an Autohäuser ausliefern. Um den Vorgang zu sichern, scannte die Firma bei Abholung der Autos die Personalausweise der Fahrer ein.

Der niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte kritisierte diese Praxis. Er erhielt jetzt aber Rückendeckung von den Richtern. Der Personalausweis ist laut Gericht ein Identifizierungsmittel, das der Inhaber vorlege und vorzeige, um sich auszuweisen. Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers sei aber das unbeschränkte Erfassen der Daten – und damit auch das Einscannen und Speichern durch ein Unternehmen – untersagt. Dadurch solle die Datensicherheit geschützt werden, weil einmal erfasste und gespeicherte Daten leicht missbräuchlich verwendet werden könnten.

Das Gericht betont ausdrücklich, es unterstelle dem Logistikunternehmen keinen Datenmissbrauch. Es sei aber vom Prinzip her erforderlich, dass möglichst wenig Personalausweisdaten erhoben und gespeichert werden. Daran müsse sich eine Firma halten, egal wie ernst sie selbst den Datenschutz nimmt.

Das Urteil zeigt erneut, dass niemand verpflichtet ist, seinen Ausweis kopieren zu lassen oder ihn gar als Pfand zu hinterlegen. Ausnahmen gibt es allerdings insbesondere für Banken, wenn diese Kunden nach dem Geldwäschegesetz überprüfen (10 A 5342/11).

Die Prohibition der Prostitution

Das Strafrecht soll es richten. Mal wieder. Die Große Koalition will sich an Frankreich und den skandinavischen Ländern orientieren und Prostitution strafbar machen. Nicht die Prostituierte, sondern der Kunde soll gegebenenfalls verfolgt werden.

So sehen es nach Medienberichten die aktuellen Planspiele vor, welche die künftige Bundesregierung umsetzen soll. Immerhin gehen die Pläne derzeit nicht so weit, Prostitution insgesamt zu verbieten. Den verantwortlichen Politikern scheint klar zu sein, dass trotz lautstarker Befürworter wie Alice Schwarzer eine Prohibition der Prostitution kaum durchsetzbar wäre.

Zum einen, weil die moralisch-religiöse Keule in unserem Land längst zum Gummihämmerchen verkümmert ist. Zum anderen, weil der Versuch, das Gewerbe nicht nur auf dem Papier zu verbieten, quer durch die Weltgeschichte bislang immer gescheitert ist. Dass dies dann ausgerechnet in einer – in den Kernzügen – noch liberal eingestellten Gesellschaft wie der unseren gelingen soll, ist ja wohl kaum anzunehmen.

Stattdessen also der Gedanke, wenigstens die Kunden von Zwangsprostituierten zu bestrafen. Das soll unter der Voraussetzung möglich werden, dass die Zwangslage der Betroffenen für den Kunden erkennbar ist. Da schwingt die Vorstellung mit, Prostituierte würden in Ketten an ihren Arbeitsplatz geführt und wiesen erkennbare Misshandlungsspuren auf, so dass jeder Kunde trotz diffuser Beleuchtung sofort eine Notlage diagnostizieren kann.

So einfach ist es aber nicht. Die weitaus meisten Zwangslagen beruhen auf psychischem Druck. Diesen Druck kann der Kunde im Regelfall nicht erkennen. Ich stelle mir also die Frage, welchen Anwendungsbereich so eine Strafdrohung überhaupt haben kann.

Überdies: Erkennt der Kunde die Notsituation oder wendet er gar selbst Gewalt an, gibt es für sein Verhalten bereits strafrechtliche Normen. Sie heißen etwa Nötigung und Freiheitsberaubung. Und Körperverletzung oder gar Vergewaltigung. Diese Vorschriften schützen auch Sexarbeiter.

Bleibt also der Verdacht, dass die angehende Regierung vordergründig mit ihrem Gesetzesvorhaben tatsächlich gar keine Bestrafung bezweckt. Sondern Abschreckung. Die schlichte Angst vor möglichem Ärger soll davon abhalten, sexuelle Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. In diese Richtung geht ja eindeutig der etwa bei Spiegel online zitierte Satz einer Verhandlungsführerin, Freier müssten künftig halt damit rechnen, „dass zu Hause die Polizei vor der Tür steht“.

Das Strafrecht dient demnach als moralischer Hebel. Auch damit haben wir schon Erfahrungen gemacht. Sehr schlechte.

Die Sdg. ist unzustellbar

Die Post schickt uns den Brief an einen Mandanten zurück. Mit folgender Mitteilung:

Der Hausbfk. des Empfängers wird nicht geleert und ist voll. Ersatzzustellung erfolglos. Die Sdg. ist unzustellbar.

Oh, oh. Ich brauche da nicht lange zwischen den Zeilen zu lesen. Zumal das Handy des Mandanten tot ist. Auch seine Mailadresse scheint nicht mehr zu gehen. Immerhin bin ich gut ausgerüstet. Der Mandant hat den erbetenen Kostenvorschuss gezahlt. Eine schriftliche Vollmacht habe ich auch. Ersteres, damit ich ihn freudig besuchen kann. Letzteres, damit ich zügig in den Knast komme.

Wann auch immer.

Höchst verdächtig

Nachricht von einer Mandantin:

Die Polizei hat bei der Durchsuchung meiner Wohnung gar nichts gefunden. Aber sie haben meine digitale Küchenwaage Söhnle 661000 aus der Küche mitgenommen, weil diese angeblich als Beweismittel in Frage kommt.

Die Sechs-Uhr-Frage

Ich hatte morgens um zehn Uhr einen Verhandlungstermin in der Dom- und Kaiserstadt Fritzlar. Die liegt in Nordhessen, also ein schönes Stück von meinem Büro entfernt. Wie so oft, stand ich vor der Wahl, ob ich in aller Herrgottsfrühe aufstehe und mich zur Rushhour über Autobahnen quäle. Oder ob ich – hier auf Kosten der Staatskasse, weil ich Pflichtverteidiger war – die Vorzüge eines deutschen Mittelklassehotels auf mich nehme.

Ich entschloss mich zu letzterem. Was dem Rechtspfleger am Amtsgericht, der über meinen Kostenerstattungsantrag zu entscheiden hatte, so nicht gefiel. Er wollte mir die Übernachtungskosten streichen. Begründung: Fritzlar sei von Düsseldorf aus 2,5 Fahrtstunden entfernt. Außerdem billigte er mir einen Zeitpuffer von einer Stunde zu. Das hätte zur Folge gehabt, dass ich mich um 6.30 Uhr auf die Reise hätte begeben müssen. Die meisten Gerichte halten es für zumutbar, wenn die Dienstreise eines Anwalts frühestens um sechs Uhr beginnt. An sich ein Fall für Amnesty International, ich weiß. Ist aber so.

Allerdings wollte ich mir die Möglichkeit nicht nehmen lassen, meine Gegenargumente vorzutragen. So beträgt die Fahrtzeit von Düsseldorf nach Fritzlar eher zweidreiviertel Stunden. Das sagte jedenfalls der von mir befragte Routenplaner. Außerdem hielt ich einen Zeitpuffer von mindestens zwei Stunden für angemessen. Immerhin musste ich durch den Berufsverkehr.

Noch ein Argument: Ich wollte ja auch ganz gern vor dem Termin noch mal mit meinem Mandanten, der in Fritzlar wohnt, persönlich sprechen. Auch das hätte etwas gedauert, so unkompliziert waren die Vorwürfe nun auch wieder nicht. Alles ins allem hätte ich also doch vor sechs Uhr losfahren müssen.

Solche Stellungnahmen kosten nicht nur Arbeitzeit. Sie sind oft auch vergeblich. Rechtspfleger neigen oft zur Strenge, aber sie haben ja auch die Kostenprüfer der Staatskasse im Nacken. Deshalb muss man sein Glück dann eher über den Rechtsweg versuchen. Doch was soll ich sagen? Der Rechtspfleger billigte mir die Übernachtungskosten zu. Das hat mich dann doch gefreut. Nicht nur wegen des Geldes, sondern weil die letzte Entscheidung durch einen Richter überflüssig wurde. Der kann seine Zeit sicher produktiver verwenden.

Danke, Uli

Von Aykut Egeli

Gestern Abend, ein Polizeiwagen steht vor The Fame.

Plötzlich öffnet sich die Tür und ein offensichtlich sturzbetrunkener Uli torkelt auf den Straße. Der Polizeibeamte beobachtet grinsend, wie der Uli von Auto zu Auto schwankt und jedes Mal versucht den Wagen aufzuschließen. Nach fünf Versuchen hat er endlich sein Auto gefunden, öffnet die Fahrertür und legt sich erst mal flach auf Fahrer- und Beifahrersitz. In der Zwischenzeit verlassen einige Gäste The Fame, steigen in ihre Autos und fahren weg.

Der Uli rappelt sich auf und schaltet die Scheibenwischer ein, danach betätigt er den Blinker, schaltet den Scheibenwischer auf schnell, macht Licht und das Radio an, den Blinker wieder aus und drückt die Hupe. Schließlich startet er den Motor und macht den Scheibenwischer wieder aus. Er fährt ganz langsam einen halben Meter vorwärts und dann wieder einen halben Meter rückwärts und steht dann wieder für ein paar Minuten, als weitere Gäste The Fame verlassen und wegfahren. Endlich fährt er erst rückwärts und dann langsam auf die Straße.

Der Polizist, der das Schauspiel geduldig und amüsiert beobachtete, fährt dem Uli hinterher, schaltet das Blaulicht ein und stoppt den Betrunkenen Uli, welcher sogleich einen Alkoholtest machen muss.

Zu der großen Überraschung des Polizisten ist der Test negativ, worauf er den Uli bittet auf den Polizeiposten mitzukommen, da etwas mit dem Alkoholtestgerät nicht stimmen könne.

„Das bezweifle ich“, sagt der scheinbar Betrunkene Uli, „denn heute war ich dran mit Lockvogel spielen, damit alle anderen besoffen wegfahren konnten.“

Danke Uli.

Aykut Egeli ist Gastronom in Düsseldorf. Die Geschichte ist natürlich nur Spaß.

Wild-West-Manöver

Für lebhafte Diskussion sorgt der nun bekanntgewordene Fall zweier Lkw-Fahrer, die in einer Gemeinschaftsleistung einen Geisterfahrer gestoppt haben. Nachdem die beiden gehört hatten, dass auf ihrer Autobahn ein Geisterfahrer entgegenkommt, blockierten sie mit ihren Lastern die Fahrspuren und rollten dem Geisterfahrer langsam entgegen. Der Geisterfahrer hielt noch rechtzeitig an. Einzelheiten stehen bei Spiegel online.

Glücklicherweise ist bei dem Manöver niemand verletzt worden. Insbesondere kein Autofahrer, der von hinten in den künstlich stockenden Verkehr bretterte. Ansonsten wäre nämlich zumindest fraglich, ob die beiden Trucker nun offiziell als „Helden der Straße“ ausgezeichnet würden.

Klar ist, im konkreten Fall lässt sich das Verhalten der Lkw-Fahrer strafrechtlich recht problemlos einordnen. Nämlich entweder als Nothilfe, das heißt Notwehr zu Gunsten Dritter. Oder jedenfalls als rechtfertigender Notstand. Hierbei darf jemand auch strafbar handeln, wenn er „in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden“. Die Hilfe-Handlung muss aber verhältnismäßig sein.

So lange alles gut geht, lässt sich das Verhalten natürlich problemlos so einstufen. Wenn aber zum Beispiel Menschen bei der Aktion verletzt werden oder gar sterben, den Geisterfahrer eingeschlossen, kann das schon anders aussehen. Die Bewertung durch die Justiz ist immer subjektiv. Das wissen wir gerade aus den zahlreichen Fällen, in denen Angeklagte angeblich ihr Notwehrrecht überzogen haben.

Noch komplizierter wird es, wenn die Gefahr tatsächlich gar nicht besteht. Oder in einem weit geringeren Ausmaß. Die Lkw-Fahrer haben sich auf den Verkehrs- und CB-Funk verlassen. Das Risiko, einer Falschmeldung aufzusitzen, trugen sie also ganz allein. Das kann letztlich auch existenzvernichtend teuer werden. Nämlich dann, wenn die Haftpflichtversicherung von einem „gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr“ ausgeht. Dann kann sie nämlich an eventuelle Unfallopfer gezahltes Geld vom Fahrzeuglenker zurückverlangen.

Vor diesem Hintergrund ist es falsch, das Verhalten der beiden als Maßstab für (viel zu seltene) Zivilcourage hochzujazzen, wie es der Bericht und die Preisverleihung machen. Sicherlich ist es eine gute Sache, wenn Menschen Verantwortung für andere übernehmen. Und dabei auch Risiken eingehen. Aber es ist aus gutem Grund niemand verpflichtet, sich selbst in Gefahr zu bringen. Oder gar andere Unbeteiligte zu gefährden. Wer sich nicht so ins Zeug legt, muss sich keine Vorwürfe machen lassen, auch nicht indirekt.

Auch die Polizei rät davon ab, den Lkw-Fahrern nachzueifern. Das ist eine uneingeschränkt richtige Empfehlung.

Rausverkauf der Freiheitsrechte

Vorne ein wenig über die bösen ausländischen Geheimdienste schimpfen, hinten rum aber genau dasselbe machen. So scheint das Motto der künftigen Großen Koalition zu lauten. Wie netzpolitik.org meldet, haben sich CDU und SPD darauf geeinigt, die anlasslose Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen.

Praktisch bedeutet dies, dass wieder alle Verbindungsdaten auf Halde gelegt werden. Es wachsen also wieder Datenberge mit Informationen über jeden Bürger, und zwar unabhängig von jedem Anfangsverdacht. Und das, obwohl bis heute der Nachweis aussteht, dass diese Form der Totalüberwachung die Bekämpfung schwerer Kriminalität spürbar voranbringt. Darauf weist aktuell auch Rechtsanwalt Thomas Stadler hin.

Dagegen ist klar, was eine Vorratsdatenspeicherung anrichtet. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner grundlegenden Entscheidung, welche die erste Vorratsdatenspeicherung kippte, die unausweichlichen negativen Auswirkungen staatlicher Daten-Kleptomanie in so einem Ausmaß herausgearbeitet. Freiheitsrechte stehen nur noch auf dem Papier, wenn wir schon vorauseilend bemüht sind, unsere unvermeidlichen Spuren möglichst gut aussehen zu lassen.

An diesem fürchterlichen „Chilling Effect“ ändert sich auch nichts, wenn die Speicherfristen eventuell von sechs auf drei Monate reduziert werden. Gleiches gilt für das ewige Lippenbekenntnis, die Daten dürften nur für den Schutz hochrangiger Rechtsgüter eingesetzt werden. Schon die kurze Geschichte der Vorratsdatenspeicherung hat gezeigt, wie kreativ Strafverfolger ihre Fälle aufbauschen, um an die Informationen zu kommen.

Selbst ein strenger Richtervorbehalt, von dem im möglichen Koalitionsvertrag die Rede sein soll, änderte daran nichts. Gerade dieser vermeintliche Schutz durch den unabhängigen und aufmerksamen Richter steht in vielen Fällen nur noch auf dem Papier. Tatsächlich ist der Richtervorbehalt, etwa bei Hausdurchsuchungen, eher zu einem Abnickritual degeneriert, weil Richter selbst beim besten Willen überhaupt nicht die Ressourcen haben, um alle mundgerecht vorformulierten Anträge der Staatsanwaltschaft kritisch zu prüfen.

Für das Quäntchen, um das die Strafverfolgung vielleicht effizienter werden könnte, opfern wir zwar nicht mehr die Juwelen unter den Freiheitsrechten. Aber jetzt tragen sie uns sogar noch die Truhe weg, in der diese aufbewahrt wurden. Markige Sprüche gegen die Spione aus England und Amerika werden nach Verabschiedung dieses Koalitionsvertrags noch hohler klingen, als es bisher schon der Fall war.

Im übrigen: Wer werden wohl die ersten sein, die sich ungeniert an den Datentöpfen bedienen?

Computer in Kisten

Ich komme anscheinend zu selten nach Saarbrücken. Deshalb ist mir eine neue Variante verborgen geblieben, mit der Justizvollzugsanstalten das Thema „Anwälte und Computer“ lösen.

Heute ist es in den weitaus meisten Knästen für einen Verteidiger kein Problem mehr, ein Notebook mit in den Besprechungsraum zu nehmen. Auch wenn es natürlich hin und wieder Diskussionen gibt. Das Saarbrücker Gefängnis hat sich dagegen was anderes einfallen lassen. Darüber berichtet Rechtsanwalt Thomas Will in seinem Blog:

Vor einiger Zeit wurden dort in einigen Anwaltssprechzimmern PCs installiert. Aus mir unerfindlichen Gründen wurden Rechner und Monitore in Holzkästen mit Türen und Schlössern gepackt. Benötigt man als Anwalt einen PC, müssen diese Kästen von einem Beamten aufgeschlossen werden.

Über den Zustand der Staats-Hardware und ihre Bedienerfreundlichkeit findet der Kollege deutliche Worte. Stutzig macht mich, dass die Anwälte den Computer ja nur dann nutzen können, wenn sie ihre Ermittlungsakte in den JVA-Computer einlesen. Das geht natürlich (theoretisch) problemlos über einen USB-Stick – aber kann ich das als Verteidiger ernsthaft machen?

Ich habe doch keinerlei Kontrolle darüber, was auf dem JVA-Rechner mit den Daten passiert. Selbst wenn es sich „nur“ um die Ermittlungsakte handelt, geht diese die JVA nichts an. Überdies mache ich mir in E-Akten gern direkt Notizen ins PDF oder markiere wichtige Stellen elektronisch. Bei umfangreicheren Gesprächen mit Mandanten schreibe ich auf dem Notebook mit. Soll ich diese Verteidigungsunterlagen ernsthaft auf einem Behördencomputer zwischenspeichern?

So wie der Saarbrücker Kollege den Zustand der Hard- und Software schildert, sind ja nicht nur JVA-Bedienstete das Problem. Ich hätte da durchaus auch Kollegen im Auge, die nach mir den Anstaltscomputer nutzen. Klingt alles ganz so, als könnnten diese mit etwas technischem Verstand Wartezeiten damit überbrücken, dass sie mal die Festplatte scannen und Caches durchforsten, um sich an den Unterlagen ihrer Vornutzer zu erfreuen.

Das eine wie das andere wäre ein datenschutzrechtlicher Gau. Deshalb ließe ich wohl eher die Finger davon. Abgesehen davon, dass ich mir diese dann auch nicht an den Holzkästen klemmen kann.

Unter Männern, sozusagen

War das ein Zufall? Jedenfalls war es ein günstiger Moment für einen vielbeschäftigten Architekten. Der Planer baute gerade ein Fachmarktzentrum im rheinischen Hürth – und erwischte die Stadtverwaltung beim illegalen Kanalbau auf seinem eigenen Grundstück. Was nun?

Vorbei an umständlichen Gesetzes-Regularien dachte der Anwalt des Architekten strategisch und handelte auch so. Er vereinbarte mit dem technischen Beigeordneten der Stadt ein (rechtlich unzulässiges) Koppelungsgeschäft: Der Bauherr verzichtet auf die Genehmigung des Kanalbaus. Im Gegenzug genehmigt die Stadt Hürth nachträglich ein Vordach für den Fachmarkt. Das war ein Deal, unter Männern sozusagen. Von wegen.

Später, so Architektenanwalt Dr. H., „schlug die Stadt zu, unterlief die Vereinbarung“. Sie berechnete für die nachträgliche Genehmigung der – zwischendurch abgewandelten – Vordachkonstruktion per Bescheid 12.889,50 Euro. Einen „verdreifachten“ Satz monierte der Anwalt. Er schäumtee. Und mahnte den Beigeordneten auf dem Dienstweg.

„Wir beide persönlich“, schrieb Dr. H. an den Dezernatsleiter, „hatten einen Deal ausgehandelt“. „Sie als der zuständige Vorgesetzte haben es in der Hand, den Deal auch umzusetzen und als Gegenleistung für die unentgeltlich einge­räumte Dienstbarkeit auf die Verdreifachung der Baugenehmigungsgebühr (im Nach­hinein) zu verzichten.“ Die lapidare Antwort kam vom städtischen Rechtsdirektor. Er habe die Angelegenheit nochmals mit Hilfe des Rechnungsprüfungsamtes überprüft und sei zu keiner Beanstandung gekommen: „Ich bedaure, Ihnen hierin nicht entgegen kommen zu können.“

Anwalt H. zog für seinen Mandanten vor das Verwaltungsgericht Köln. Der zuständige Richter ließ vorab wissen, „rein formal“ sei die Gebühr rechtens. Aber den Anwalt und seinen Mandanten ließ der „Wortbruch“ der Stadtverwaltung nicht kalt. Es kam zu einem Erörterungstermin, in dem der Awalt sogar von einem „Spitzbubenstück“ gesprochen haben soll.

Letztlich gelang dem Richter die Schlichtung. Ohne Gesichtsverlust für beide Seiten. Der Architekt und sein Anwalt erkennen den umstrittenen Gebührenbescheid der Stadt Hürth nun doch als „korrekt und bestandskräftig“ an. Andererseits freilich verpflichtet sich die Stadt, für die Eintragung der Grunddienstbarkeit (die Genehmigung des Kanals) für den Regenwasserkanal einen einmaligen Betrag in Höhe von 5.000 Euro zu zahlen.

Das bedeutet faktisch: Die Stadtverwaltung hat ihren Gebührenbescheid um 5.000 Euro reduziert. Und damit letztlich den Deal unter Männern leidlich eingehalten. Der betreffende Beigeordnete, das mag Zufall sein, wurde inzwischen „verabschiedet“. Sein Dezernat wurde aufgelöst. Der Bürgermeister hatte die Neuorganisation eingeleitet, so heißt es offiziell, „um die Finanzsituation der Stadt positiv zu beeinflussen“. (pbd)

Wie verboten sind Blitzer-Apps?

Blitzer-Apps sind der Renner für Smartphones. Aber darf man sie auch benutzen? Und wie groß ist das Risiko, tatsächlich Ärger zu bekommen?

Diesen Fragen gehe ich in meiner neuen Kolumne auf der Webseite der ARAG nach.

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„Sofort abschleppen“

Heute morgen musste ich recht früh aus dem Haus. Aber doch etwas später als die Bauarbeiter. Die waren an der Stelle schon fleißig am Werk, wo ich – zumindest nach meiner Erinnerung – am gestrigen Sonntag mein Auto ganz legal auf einem Seitenstreifen abgestellt hatte.

Den Seitenstreifen hatten sie mit weiß-roten Baken eingezäunt. Ich kam da also nicht mehr raus. Die einzige Lücke versperrte ein Bagger. Zwei Arbeiter hackten in gefährlicher Nähe meines Wagens die Pflastersteine aus der Erde. Immerhin stand neben meinem Auto noch ein einsamer Golf auf der Arbeitsfläche der emsigen Kolonne.

Ich kam im gleichen Augenblick an den Schauplatz des Geschehens wie ein Motorrradpolizist. Der Beamte zückte im Absteigen schon sein Klemmbrett. Ich hörte, wie der Vorarbeiter ihm entgegen schimpfte. „Können den Bagger nicht einsetzen … diese Penner … sofort abschleppen … sollen auch für den Ausfall löhnen.“ So wie ich Düsseldorf kenne, bog garantiert auch gleich der Abschleppwagen um die Ecke.

Ich war schon drauf und dran, mich in mein Schicksal zu fügen und schaute geduldig zu, wie der Beamte das Protokoll ausfüllte. „Den Abschleppwagen nehmen wir für den Golf“, hatte er mich zumindest beruhigt. „Dann wird es für Sie nicht ganz so teuer.“

Irgendwann ging der Blick des Beamten von seinem Protokoll zu den beiden Schildern, welche das Baustellenhalteverbot eingrenzten. Unten auf dem Zusatzschild waren gut zu lesende Folien aufgeklebt. Darauf stand: „… vom 26.11. – 27.11.“

Der Polizist konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Doch bei dem Vorarbeiter war der Groschen noch immer nicht gefallen. Als es aber so weit war, musste er mal ganz hektisch telefonieren. Wie sich herausstellte, hatte eine Mitarbeiterin in der Tiefbaufirma sich beim Antrag für das Halteverbot schlicht um einen Tag vertan. Weil: „Wir fangen die Baustellen immer montags an.“ Das allerdings war dem Beamten logischerweise egal. Er stellte das Verfahren gegen mich sozusagen an Ort und Stelle ein.

Immerhin machte der Kolonnenchef nun sehr eilfertig die Absperrung auf, damit ich mit meinem Auto zurücksetzen konnte. Wie das mit den Kosten für den Abschleppwagen geregelt wurde, habe ich leider nicht mehr erlebt.