Homosexualität kann Asylgrund sein

Homosexualität kann ein Grund sein, Ausländern in der Europäischen Union Asyl zu gewähren. Das hat der Europäische Gerichtshof heute entschieden. Drei Männer aus afrikanischen Staaten hatten gegen die Niederlande geklagt, um ihre Anerkennung als Flüchtlinge durchzusetzen. Ihre Heimatländer bestrafen homosexuelle Handlungen mit schweren Freiheitsstrafen, teilweise sogar mit lebenslanger Haft.

Nach Auffassung der Richter ist die sexuelle Orientierung ein persönliches Merkmal, das niemand ablegen kann. Wer homosexuell sei, gehöre damit zu einer „sozialen Gruppe“ im Sinne des EU-Rechts, welches sich wiederum auf die Genfer Flüchtlingskonvention stützt. Wer nur wegen seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe in seinem Heimatland verfolgt werde, habe Anspruch auf Zuflucht in der Europäischen Union.

Die Niederlande hatten sich im Prozess darauf zurückgezogen, Homosexuellen sei es zumutbar, sich strafrechtlicher Verfolgung durch „Zurückhaltung“ zu entziehen. Der Europäische Gerichtshof ist anderer Meinung. Die sexuelle Identität sei prägender Bestandteil der Persönlichkeit. Von einem Homosexuellen könne deshalb nicht erwartet werden, dass er seine Homosexualität geheim hält, um eine Verfolgung zu vermeiden.

Aber nicht jede Art der Verfolgung begründet nach dem Urteil ein Asylrecht. Vielmehr müssten erhebliche Strafen drohen. Außerdem müsse belegt werden, dass diese Strafen nicht nur im Gesetz stehen, sondern tatsächlich auch verhängt werden. Ob dies der Fall ist, müssten die Ausländerbehörden in jedem Einzelfall prüfen.

Freie Mitarbeiter sind kein Freiwild

Freie Journalisten haben Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Das Landgericht Köln verurteilte einen Zeitungsverlag zu einer erheblichen Nachzahlung an einen Autor, der jahrelang Berichte aus der Region verfasst hat.

Der freie Mitarbeiter erhielt ein Honorar von 25 Cent pro Zeile. Fahrtkosten wurden nicht erstattet. Nach Auffassung des Gerichts ist das ein gesetzlich verbotener Hungerlohn. Die Sätze lägen nämlich weeeeeit unter den üblichen Honoraren. Diese seien seit dem Jahr 2010 in den „Gemeinsamen Vergütungsregeln für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen“ festgelegt. An der Vereinbarung wirkten auch die Verlage mit, etwa durch den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger.

Die Vergütungsregeln hält das Landgericht Köln für eine geeignete Grundlage, um die gesetzlich vorgeschriebene „angemessene Vergütung“ zu schätzen. Die Richter kommen zu dem Ergebnis, ein Zeilenhonorar von 56 Cent sei angemessen. Dem Journalisten steht nun eine Nachzahlung von knapp 10.000 Euro zu.

Ebenso wichtig ist der Hinweis des Gerichts, dass freie Mitarbeiter ihre Vergütungsansprüche nicht in kurzer Zeit verwirken, selbst wenn sie die Dumpinghonorare möglicherweise jahrelang akzeptieren. Letztlich bleibt den Autoren ja fast nichts anderes übrig, denn ansonsten droht ihnen ja ein sofortiger Boykott von Verlagen, die keine angemessenen Honorare zahlen wollen.

Außerdem verurteilte das Landgericht Köln den Verlag zur Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von 30 Cent pro Kilometer (Aktenzeichen 28 O 695/11).

Datenleck bei Sky?

Beim Pay-TV-Sender Sky soll es einen Datendiebstahl gegeben haben. Der Sender selbst bestätigte, dass möglicherweise Kundendaten entwendet wurden.

Nach einem Bericht von Spiegel online gibt es schon Sky-Kunden, die dubiose Anrufe erhalten haben wollen. Die Anrufer hätten darum gebeten, die Bankdaten der Kunden zu verifizieren. Angeblich, um einen Gewinn auszuzahlen.

Sky sagt, man habe die betroffenen Kunden sofort informiert. Im Spiegel-Bericht und insbesondere im Leserforum zu dem Artikel klingt das etwas anders. So schreiben Leser, sie hätten noch keinerlei Information von Sky erhalten. Auf eigene Rückfrage habe man ihnen im Callcenter lediglich erklärt, sie seien „nicht die einzigen“.

Wenn das mit dem Datenleck stimmt und tatsächlich auch harte Kundendaten, etwa Bankverbindungen, von den Sky-Computern abgezogen wurden, klingt das nach einer eher zögerlichen Reaktion. Nach dem Bundesdatenschutzgesetz (§ 42a) muss ein Unternehmen Betroffene „unverzüglich“ zu informieren, sobald es einen Datenklau festgestellt hat. Die bloße Information reicht noch nicht mal aus. Die Firma muss vielmehr auch erklären, was Betroffene am besten unternehmen müssen bzw. sollten.

Und was ist, wenn ein Unternehmen seine Kunden nicht unverzüglich informiert? Das ist dann Sache der Aufsichtsbehörden und der Gerichte – sie können Bußgelder bis zu 300.000 Euro verhängen, in speziellen Fällen sogar höher.

Gegen Ausgrenzung

Die Lüneburger Straffälligen- und Bewährungshilfe hat die Kampagne „draußen“ ins Leben gerufen. Damit möchte der Verein gegen Vorurteile wirken, denen Menschen nach Verbüßung einer Haftstrafe begegnen.

Die Kampagne soll „auf die Verbesserung des gesellschaftlichen Empfangsraum, der Integrationschancen, der gesellschaftlichen Teilhabe und des gesellschaftlichen Klimas für Haftentlassene“ hinwirken. „Sie will dazu ermutigen mit Betroffenen zu reden, nicht über sie.“

Unter anderem haben die Aktiven ein Video produziert:

Hier geht’s zur „draußen“-Seite.

Farbige Wände können teuer werden

Wer eine neutral gestrichene Wohnung gemietet hat, darf sie nicht mit einem bunten Anstrich zurückgeben. Der Bundesgerichtshof verurteilte jetzt die Mieter einer Doppelhaushälfte zum Schadensersatz. Die Mieter hatten Wände in kräftigen Farben (rot, gelb, blau) gestrichen.

Die Mieter hatten sich bei Auszug geweigert, die farbigen Wände neu zu streichen. Das ließ die Vermieterin von Malern erledigen. Die Kosten von 3.648,82 Euro verlangte sie von den Mietern zurück. Vor Gericht war die Vermieterin in letzter Instanz erfolgreich, denn nach Auffassung des Bundesgerichtshofs muss sie keine farbigen Wände akzeptieren.

Zur Begründung weisen die Richter in ihrer heute verkündeten Entscheidung darauf hin, viele Mieter würden solche kräftigen Farben nicht akzeptieren. Die Farbgebung mache eine Neuvermietung deshalb praktisch unmöglich. Das müsse die Vermieterin nicht hinnehmen (Aktenzeichen VIII ZR 416/12).

Anwaltskalender 2014 zu gewinnen

Eigentlich brauche ich um die Aktion nicht viele Worte zu machen. Wie jedes Jahr verlost das law blog den Anwaltskalender des Düsseldorfer Karikaturisten wulkan. Praktischerweie den für das Jahr 2014. Der Kalender enthält zwölf witzige Motive aus dem Juristenalltag. Insgesamt gibt es zehn Kalender zu gewinnen. Fünf stiftet das law blog, weitere fünf wirft der Karikaturist in den Pott.

Juni verkleinert

Es ist denkbar einfach, einen Kalender zu gewinnen. Bitte einen Kommentar zu diesem Beitrag schreiben. Der Kommentar darf, muss aber nicht originell sein. Wichtig ist allerdings, eine gültige E-Mail-Adresse zu hinterlassen. Die Gewinner werden ausschließlich über die angegebene E-Mail-Adresse informiert. Sie erhalten den Kalender rechtzeitig vor Weihnachten ins Haus. Möglich ist auch der Versand an eine andere Adresse, zum Beispiel als Geschenk. Kommentare bis zum 11. November 2013 machen bei der Verlosung mit.

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Wer sich nicht auf sein Glück verlassen möchte oder gar mehrere Kalender haben möchte, kann diese auch kaufen. Es gibt den Kalender nur im Direktvertrieb bei wulkan. E-Mail: wulkan@arcor.de. Telefon: 0172 200 35 70. Der Kalender kostet 20,95 Euro zuzüglich 5,80 Euro Versandpauschale. Der Kalender ist auf hochwertigem Papier gedruckt und mit einer Spiralbindung versehen.

Allen Teilnehmern viel Glück.

Facebook-„Reklame“ geht nach hinten los

Wer auf Facebook dem eigenen Arbeitgeber werbetechnisch Schützenhilfe leistet, kann auch mit Zitronen handeln. Jedenfalls dürfte der Chef eines Autohauses zumindest nachträglich nicht sonderlich begeistert darüber sein, dass einer seiner Verkäufer auf Facebook fleißig die Werbetrommel rührte.

Auf seinem privaten Facebook-Account hatte der Autoverkäufer die Verkaufsaktion so angepriesen:

Hallo zusammen,

„Einmaliges Glück“, so heißt unsere neue Aktion bei … Auto.
Ab dem 02.07. erhält Ihr auf ausgewählte NEUWAGEN 18% NACHLASS (auf UPE)!!! Sowie auf TAGESZULASSUNGEN 24% NACHLASS (auf UPE)!!!
Angeboten werden Up, Polo, Golf, Golf Cabrio, Tiguan, Touran, Sharan, CC und Touareg (also für jeden was dabei).
Beispiel: Scirocco, 2.0l TDI, 170PS UPE:40.930,00€ jetzt nur 31.000,00€ !!!

(Foto des Scirocco)

… Bei Fragen stehe ich auch gerne unter der Telefonnummer … zur Verfügung.

Dagegen klagte die Wettbewerbszentrale – und zwar gegen das Autohaus selbst. Die Firma aus Baden-Württemberg wehrte sich mit dem Argument, gar nichts von der Facebook-Erwähnung gewusst zu haben. Die Freiburger Richter ließen das nicht gelten. Sie verweisen auf eine Regelung im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Danach muss sich jedes Unternehmen Handlungen von Mitarbeitern grundsätzlich zurechnen lassen, wenn es davon profitiert. Damit, so das Gericht, solle verhindert werden, dass sich Firmen hinter ihren Angestellten verstecken.

Das Gericht bejahte auch diverse Wettbewerbsverstöße durch den Angestellten. So habe er nicht auf den Spritverbrauch und die CO-Emissionen des konkret erwähnten Scirocco hingewiesen, außerdem die Leistung in PS angegeben. Das alles sei unzulässig.

Wichtig an dem Urteil ist, dass der Arbeitgeber für Dinge in die Haftung genommen werden kann, die ein Angestellter auf eigene Faust im privaten Umfeld tut. Gerade solche Schleichwerbung auf Facebook kann also teuer werden. Wettbewerbshüter und Konkurrenz werden künftig sicher verstärkt die Augen aufhalten.

Beschluss des LG Freiburg

Das arme Pony

Wer sich als Jäger vor der Abgabe eines Schusses nicht über das Tier vergewissert hat, das er schießen will, ist waffenrechtlich unzuverlässig. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden.

Der betroffene Jäger hatte bei der Jagd im August 2012 ein Islandpony mit einem Wildschwein verwechselt und das Pony getötet. Daraufhin widerrief die Waffenbehörde seine waffen- und munitionsrechtliche Erlaubnis. Der Antragsteller hat dagegen eingewandt, ein einziger Fehlschuss könne die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nicht in Frage stellen; zudem sei es bereits dunkel gewesen. Schließlich berief sich der Jäger darauf, das wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz eingeleitete Strafverfahren sei eingestellt worden.

Das Verwaltungsgericht Berlin bestätigte die Entscheidung der Waffenbehörde. Es fehle an der Zuverlässigkeit des Antragstellers, da Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwende. Es gehöre zu den elementaren Verhaltensregeln bei der Jagd, dass der Jäger einen Schuss auf Wild nur dann abgeben dürfe, wenn er sich über das Ziel vergewissert habe.

Bevor er den Abzug drückt, müsse der Jäger das Tier nach seiner Art, eventuell auch nach Alter, Geschlecht und Körperzustand bestimmen. Ansonsten verbiete jede noch so geringe Unsicherheit und Unwägbarkeit den Schuss. Dem Jäger sei überdies bekannt gewesen, dass in  der Nähe seines Jagdreviers ein Ponyhof liegt. Auf schlechte Sicht könne sich der Mann auch nicht berufen; in diesem Fall hätte er gar nicht schießen dürfen (Aktenzeichen VG 1 L 251.13).

Diese Überlastung aber auch

Polizei und Justiz beklagen laut Personalnot und Überlastung. Dabei ist das nicht alles fremdverschuldet. Denn es gibt einen unübersehbaren Hang zur Selbstbeschäftigung. Das geht einher mit einer gewissen Unfähigkeit, Prioritäten zu setzen. Natürlich darf sich Strafverfolgung nicht vorrangig an finanziellen Überlegungen orientieren. Aber es ist nicht verboten, im Bereich des von der Strafprozessordnung vrgegebenen Rahmens auch mal zu fragen, ob der Aufwand sich wirklich lohnt.

So zum Beispiel in einem geradezu alltäglichen Fall. Der beschäftigt schon lange Kriminalkommissare, Staatsanwälte, Richter – und auch mich.

Die Polizei hatte eine Frau in ziemlich desolatem Zustand nahe eines stadtbekannten Drogenumschlagplatzes kontrolliert und etwas Kokain gefunden. Zuerst wollte sie erst nicht sagen, woher sie die winzige Menge hatte. Nach Belehrung über das schöne Instrument des gesetzlich vorgesehenen Strafrabatts erklärte sie allerdings, sie habe den Stoff von einem Mann bekommen, der sich ab und zu im Milieu sehen lässt. Die Personenbeschreibung passte auf meinen Mandanten. Muss sie aber nicht.

So weit, so gut. Die Frau erzählte das im lockeren Gespräch“ mit den Polizisten, heißt es in den Unterlagen. Aber schon nach wenigen Minuten wollte sie nichts weiter sagen. Sie wehrte sich auch gegen eine förmliche Vernehmung und war auch nicht bereit, irgendwas zu unterschreiben.

Das hinderte die Polizei aber nicht, umfangreich zu ermitteln. Polizisten fragten in der Folgezeit etliche Frauen, mit denen mein Mandant möglicherweise auch Kontakt gehabt haben könnte. Einige kannten ihn sogar. Sie erzählten, mein Mandant sei ein ganz netter Kerl. So ein bürgerlicher Typ, mit normalem Job. Überdies bezahle er ihre Dienstleistungen gut. Etwa mit Drogen? Nein, mit Geld, sagten alle Zeuginnen übereinstimmend. Mit Drogen habe der Betreffende nun wirklich nichts zu tun.

Die zuständige Staatsanwältin hätte die Sache spätestens hier einstellen können. Es gab keine ausreichenden Beweise. Selbst wenn die zuerst kontrollierte Frau – wider Erwarten – meinen Mandanten vor Gericht belastet hätte, wäre das für eine Verurteilung nicht genug gewesen. Aussagen, die mit Blick auf einen Strafrabatt gemacht werden, müssen nämlich immer mit großer Skepsis betrachtet werden.

Insbesondere braucht man – nach Auffassung des Bundesgerichtshofs – bei „Aussage gegen Aussage“ immer weitere Indizien. Die aber lagen gerade nicht vor. Nichts bewies, dass das Kokain von meinem Mandanten stammte. Im Gegenteil. Alle anderen Zeuginnen hatten ja gerade bestätigt, mein Mandant bezahle nicht mit Drogen.

Aber stattdessen erhebt die Staatsanwältin eine Anklage. Es kommt natürlich, wie es kommen muss. Die Zeugin taucht nicht auf. Beim ersten Gerichtstermin nicht, und auch nicht beim zweiten. Zu dem zweiten Versuch war die Polizei sogar losgezogen, um die Frau vorher einzukassieren, damit sie dann zwangsweise vorgeführt werden kann.

Selbst wenn das gelungen wäre, hätte die Ausage, wie schon gesagt, nicht für eine
Verurteilung gereicht. Aber immerhin kam es jetzt zu einer Einstellung des Verfahrens. Und zwar mit Blick darauf, dass die Polizei noch immer damit beschäftigt ist, schier unermüdlich auch die x-te Frau zu ermitteln und zu vernehmen, mit der mein Mandant möglicherweise mal zu tun gehabt haben könnte.

Juristisch ist der Kniff mit der Einstellung zwar fragwürdig. Aber der Betroffene kann sich nicht dagegen wehren, denn ein Beschwerderecht ist in diesem Fall nicht vorgesehen. Immerhin geht die Geschichte nicht in die dritte Runde. Ich bin gespannt, wie viele Zeuginnen die Polizei jetzt noch vernehmen will, statt mal zu überlegen, ob ich sich die erste Frau nicht schlicht und einfach vertan hat. Immerhin, so steht es auch im Polizeibericht, stand sie bei ihrer Vernehmung unter Drogeneinfluss.

An solche Fälle darf man auch ruhig mal denken, wenn lautstark Personalnot und Überlastung beklagt werden.

E-Bike: Nüchtern betrachtet sind viele Fragen offen

Für den Fahrer eines E-Bikes gilt nicht unbedingt die 0,5-Promille-Grenze. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm als höhere Instanz entschieden. Der Verkehrsrichter müsse sorgfältig prüfen, ob es sich um ein Fahrrad oder ein Kraftfahrzeug handelt. Für Fahrräder gilt nämlich mit 1,6 eine wesentlich höhere Promille-Grenze.

Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, im Juli 2012 ein E-Bike in Borchen mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,8 Promille geführt zu haben. Um das E-Bike in Bewegung zu setzen, müssen seine Pedale getreten werden. Danach kann das E-Bike mit dem Elektromotor angetrieben und beschleunigt werden, indem ein Griff am Lenkrad gedreht wird.

Für das Amtsgericht war klar, dass es sich bei dem E-Bike um ein Kraftfahrzeug handelt. Es verurteilte den Fahrer deshalb zu einer Geldbuße von 750 Euro und einem dreimonatigen Fahrverbot. Die abstrakte Bewertung reichte dem Oberlandesgericht aber nicht aus. Die rechtliche Einordnung von E-Bikes als Fahrrad oder Kraftfahrzeug sei bislang nicht geklärt. Deshalb müsse der Richter in jedem Einzelfall feststellen, wegen welcher Eigenschaften er das E-Bike als Kraftfahrzeug einstuft. Solche Feststellungen enthielt das Urteil des Amtsgerichts jedoch nicht.

Der Fahrer kommt um die Strafe und das Fahrverbot sogar endgültig herum. Er erklärte dem Amtsgericht nämlich in dem neuen Verfahren, sein E-Bike sei nicht mehr vorhanden. Da das Bike nicht mehr in Augenschein genommen werden kann, stellte das Amtsgericht das Verfahren endgültig ein (Aktenzeichen 77 Ds 35/13).

Eine Garantie für so eine freundliche Behandlung besteht natürlich nicht. Deshalb bleibt es am besten, sich erst gar nicht an Promillegrenzen heranzutrinken.

Hürden auf dem Weg zur Drosselkom

Schwere juristische Schlappe für die Telekom: Das Landgericht Köln hat auf Klage der Verbraucherzentrale NRW Vertragsklauseln für unzulässig erklärt, die eine Drosselung des Surftempos bei Flatrates vorsehen. Die entsprechenden Pläne der Telekom – seither auch als „Drosselkom“ bekannt – hatten nach Bekanntgabe für Wirbel gesorgt.

Festnetz-Kunden, die eine Flatrate gebucht haben, sollten nach den Wünschen der Telekom künftig ausgebremst werden, wenn sie zu viel surfen. Laut den Vertragsbedingungen für Festnetz-Verträge („Call-&-Surf“, „Entertain“) soll die Drosselung greifen, sobald ein vom jeweiligen Tarif abhängiges Datenvolumen (zum Beispiel 75 GB) im Monat überschritten wird. In der Spitze soll das Surftempo dabei auf bis zu gerade mal ein Prozent (2 Mbit/s) abgesenkt werden. Ausgenommen davon soll lediglich die Nutzung des eigenen Internet-Fernsehens der Telekom sein („Entertain“).

Die Verbraucherzentrale NRW klagte gegen die neuen Klauseln, weil sie die Verbraucher benachteiligt sieht. Nicht nur juristisch, sondern auch im Alltag. Nach der Drosselung müssten die Kunden unzumutbar lange warten, wenn sie Internetseiten aufrufen oder etwas herunterladen. Manche Online-Dienste seien mit so einer Datenbremse praktisch nicht mehr nutzbar. So ist laut Verbraucherzentrale ein ruckelfreies Anschauen von HD-Filmen regelmäßig unmöglich. Drastische Qualitätseinbußen drohten auch beim Musikhören oder Telefonieren via Web.

Da die Telekom-Tarife als „Internet-Flatrate“ und unter Angabe der „bis zu“-Maximalgeschwindigkeit beworben werden, sieht die Verbraucherzentrale NRW die nachträgliche Drosselung per Klausel-Hintertür als „unangemessene Benachteiligung“ im Sinne des Gesetzes an. Verbraucherzentralenvorstand Klaus Müller: „Kunden sollten über die gesamte Laufzeit die Sicherheit haben, dass das versprochene Surftempo nicht reduziert wird.“

Das Landgericht Köln gab der Verbraucherzentrale NRW nun Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Dies gilt für Call-&-Surf-Tarife mit einer maximalen Übertragungsgeschwindigkeit von 50 Mbit/s oder mehr. Für Tarife auch mit geringeren Geschwindigkeiten hat die Telekom zudem anerkannt, dass eine Drosselung auf 384 kbit/s unzulässig ist.

Sollte die Entscheidung rechtskräftig werden, müsste die Telekom die Passagen aus betroffenen Flatrate-Verträgen streichen und dürfte sich auch gegenüber ihren Kunden nicht mehr auf diese berufen. Für eine Surf-Bremse bestünde dann keine wirksame Rechtsgrundlage. Auch die Bevorzugung Telekom eigener Dienste gegenüber denen der Konkurrenz wäre damit vom Tisch.

Die Telekom hat nach Presseberichten bereits erklärt, sie erwäge eine Berufung gegen das Urteil (Aktenzeichen 26 O 211/13).

Vergewaltigung war erfunden

Die Wahrheitsfindung bei Missbrauchsvorwürfen ist schwierig. Aktuell zeigt dies der tragische Fall eines 62-jährigen Mannes aus dem Allgäu. Seine eigene Tochter hatte ihn mehrfacher Vergewaltigung bezichtigt. Dafür saß er sieben Jahre in Haft. Zu Unrecht, wie sich jetzt am Landgericht Memmingen herausstellte.

Die Tochter hatte im Alter von 15 Jahren behauptet, ihr Vater habe sie in der Vergangenheit mehrfach schwer sexuell missbraucht. Die Taten seien geschehen, als sie neun und zehn Jahre alt war. Nun räumte die Frau ein, dass sie damals vor dem Landgericht Kempten gelogen hat. Tatsächlich habe sie ihren Vater nur gehasst und ihm schaden wollen. Hintergrund war eine Beziehungskrise der Eltern.

Nach der Trennung von ihrem Mann habe die mittlerweile verstorbene Mutter sie aufgehetzt, sagte die Frau. Mit Hilfe des Terminkalenders ihrer Mutter habe sie eine Lügengeschichte konstruiert, die ihr mehrere Gutachter und auch das Gericht abnahmen. Am Ende ging der Vater sieben Jahre ins Gefägnis. Seine Haftstrafe saß er bis zum letzten Tag.

Mittlerweile hat das angebliche Missbrauchsopfer selbst drei Kinder. Die Geburt ihres ersten Kindes habe ihr den Anstoß gegeben, die Wahrheit zu sagen, erklärte die Frau nun vor dem Landgericht Memmingen. Sie habe zwar auch zuvor Gewissensbisse gehabt, sich aber nie zu einer wahrheitsgemäßen Aussage aufraffen können. Und das, obwohl seinerzeit sogar ihr kleiner Bruder ins Heim kam.

In solchen Verfahren spielen Gutachter eine entscheidende Rolle. Sie prüfen für das Gericht, ob das mutmaßliche Opfer die Warheit sagt. Dabei muss im ersten Prozess, der 1996 stattfand, viel schief gegangen sein. Ein neuer Sachverständiger sagte jetzt im Wiederaufnahmeverfahren, die damaligen Gutachterinnen seien inkompetent gewesen. Sie hätten untaugliche Methoden angewendet und die Geschichte des Mädchens nicht hinreichend hinterfragt.

Der zu Unrecht verurteilte Familienvater kann jetzt auf eine späte Entschädigung für die Haftzeit durch den Staat hoffen. Allerdings zunächst mal nur in der Höhe der gesetzlichen Mindestsumme von 25 Euro pro Tag, von der die penible Justiz oft noch rund sechs Euro pro Tag für Kost und Logis abzieht. Die Tochter des Freigesprochenen hat strafrechtlich kaum was zu befürchten. Ihre Taten dürften verjährt sein.

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Entgegenkommend

In der Justizvollzugsanstalt Köln können auch Anwälte nicht einfach so Besuche machen. Sie sollen sich per Fax anmelden. Nach Möglichkeit am Vortag. Oder mindestens zwei Stunden im voraus. Heute konnte ich erleben, was passiert, wenn man sich nicht an die Regeln hält…

Ein morgendlicher Gerichtstermin war überraschend schnell zu Ende. Das war nicht nur vom Ergebnis her erfreulich. Mir kam auf der Rückfahrt der Gedanke, den Besuch bei einer Mandantin in der JVA Köln-Ossendorf vorzuziehen. Da wollte ich eigentlich nächste Woche hin. Aber was erledigt ist, ist erledigt.

Ich nahm also kurzerhand die Abfahrt Bocklemünd und absolvierte das Kontrollritual am Eingang des Klingelpütz. Der Mitarbeiter am Eingang des Besucherbereichs für Anwälte sprühte natürlich nicht gerade vor Begeisterung. Allerdings, das muss ich sagen, hörte er sich meine kleine Erläuterung für den Spontanbesuch geduldig an. Dann griff er zum Telefonhörer und erkundigte sich bei seinen Kollegen vom Besuchsdient, ob und wie schnell sie meine Mandantin dazwischenschieben können.

„Wenn Sie 15 Minuten warten können“, sagte er, „kriegen wir das ausnahmsweise mal hin.“ Tatsächlich war meine Mandantin schon schon nach zehn Minuten im Besuchszimmer. Keine schlechte Leistung, wenn man weiß, welche Fußwege man in der JVA Köln zurücklegen kann.

Wie man sieht, gibt es auch in der Justiz Freundlichkeit und Entgegenkommen. Und beim nächsten Mal schicke ich vorher wieder ein Fax.