Sozialsphäre

Aus dem Schreiben eines Landeskriminalamtes:

Schließlich ist die Speicherung Ihrer personenbezogenen Daten in der Datei INPOL-Fall „Kinderpornografie“ angemessen. … handelt es sich bei den gespeicherten Daten um Tatsachen, die weder der Privatsphäre noch der Intimsphäre zuzuordnen sind, sondern lediglich der Sozialsphäre.

Ich habe doch so meine Zweifel, dass die Katalogisierung als Kinderpornokonsument nur die Sozialsphäre betrifft. Zumal mein bislang nicht vorbestrafter Mandant von allen Tatvorwürfen freigesprochen wurde. Rechtskräftig.

Wir müssen wohl mal das Verwaltungsgericht behelligen.

Im Zweifel nicht da

Die Kostenrechnung war beachtlich. Sie enthielt überdies die Erschwerniszulage, welche ich bei absehbar nöligen Mandanten gleich unauffällig einrechne. Die monatlichen Abschläge des betreffenden Auftraggebers trafen auch pünktlich ein. Allerdings immer verbunden mit Anrufen, die ein Klagelied über das einfach verdiente Geld der Anwälte sangen.

Schließlich musste ich auch an die Gesundheit meiner Sekretärin denken, die sich das am Telefon anzuhören hatte. Ich machte also ein Angebot: Zahlen Sie 300,00 € auf einmal und wir erlassen Ihnen die weiteren 400,00 €, die noch offen wären. Im Vergleich zu den absehbaren Lohnfortzahlungskosten im Krankheitsfall war diese Offerte auch für uns ein Schnäppchen.

So was kann man eigentlich nicht abschlagen. Es sei denn, man hält sich für besonders pfiffig und – überweist 250,00 €. So wie der Mandant. Ich sage dann mal danke für die Sonderrate. Und fürchte das Gespräch, in dem wir darüber diskutieren, was jetzt noch offen ist. 50,00 €. Oder 450,00 €.

Im Zweifel bin ich sowieso nicht da. Soll das Sekretariat sich drum kümmern.

Zur Überprüfung der Erstattungsfähigkeit

Brief vom Amtsgericht Essen:

In der Strafsache gegen Bürger werden Sie gebeten, zu Ihrer Kostenrechnung vom 02.09.2010 die gefertigten Kopien zur Überprüfung der Erstattungsfähigkeit einzureichen.

Schon in meiner Abrechnung steht, dass ich die Akte komplett in dem Umfang kopiert habe, wie Sie mir übersandt wurde. Und dass ich der Meinung bin, für eine sachgerechte Verteidigung die gesamte Akte zu brauchen. Immerhin kann ja auch das unwichtigste Papier doch Bedeutung erlangen – sonst wäre es ja wohl auch kaum in die Akte gelangt. Wie dick die Gerichtsakte zu dem Zeitpunkt der Zusendung war, lässt sich unschwer feststellen, wenn man nach dem Absendevermerk sucht.

Wenn der Rechtspfleger also schon so kleinlich ist, kann er bereits jetzt problemlos jede Seite bis zu diesem Vermerk durchgehen und darüber sinnieren, ob ein ordentlich arbeitender Verteidiger die betreffende Seite wirklich gebraucht hätte. Wenn es ihm ein Glücksgefühl beschert, kann er von mir aus auch drei oder vier Seiten (erfahrungsgemäß sind es nicht mehr) rausstreichen und meine Vergütung um 60 bis 80 Cent kürzen.

Aber stattdessen soll ich die 166 Blätter zur Kontrolle übersenden. Mache ich jetzt auch.

Per Fax.

Demokraten, Extremisten, Journalisten

Der Verfassungsschutz in Niedersachsen eröffnet seinen Mitarbeitern neue Tätigkeitsfelder. Morgens geben sie künftig Schulunterricht, nachmittags bleibt es beim Großen Lauschangriff oder dem Undercover-Dienst als Funktionär bei der NPD.

Die Hilfslehrer im Dienste des Innenministeriums bringen eine Demokratie-Fibel in die vierten Klassen, diskutieren mit Siebtklässlern Extremismus-Comics und spielen mit Schülern der 10. Klasse „Planspiele“. Bei den Rollenspielen stehen sich laut offizieller Ankündigung „Demokraten, Extremisten oder Journalisten“ gegenüber. Hoffentlich verrät diese Katalogisierung nicht schon zu viel über das Weltbild des Verfassungsschutzes.

Ziel der Schulbesuche ist jedenfalls immer „offener Demokratieschutz in einer offenen Gesellschaft.“ Die neue Offenheit (bei der natürlich das Verdeckte nicht vernachlässigt werden soll) soll nun auch dich und mich einbeziehen. Interessierten bietet der Verfassungsschutz ein neues Ehrenamt – (Achtung, das ist jetzt wirklich nicht ausgedacht) den Demokratielotsen. Aus der Ankündigung:

An zwei intensiven Wochenenden in zwei niedersächsischen Heimvolkshochschulen werden die ehrenamtlichen Demokratielotsen geschult und über die Grundlagen und die Gefährdungen der Demokratie informiert.

Welche Aufgaben und Rechte so sein Demokratielotse hat, ist wohl noch weitgehend offen. Mit einem Gratis-Trenchcoat ist nicht unbedingt zu rechnen. Aber vielleicht mit einem schmucken Ausweis, der bei der Debatte im Pausenraum, am Stammtisch oder in der Straßenbahn auch als rote Karte für Meinungsextremisten dient. Vielleicht sogar mit ein paar Linien hinten drauf, um Namen und Adressen notieren zu können. Damit die hauptamtlichen „Kollegen“ auch künftig was zum Spähen haben.

Oh, ich merke schon, beim Spekulieren geht was mit mir durch. Ich nehme alles zurück. Falsche Zeit, falsches Land.

An der Quelle kopiert

Haben Sie sich auch schon immer im Stillen über all jene Menschen gewundert, die bei Saturn oder im Media Markt ihr Notebook dabei haben, es auf einen Kartonstapel wuchten und angestrengt auf den Bildschirm schauen – während das Laufwerk des Geräts emsig surrt?

Nun, seit heute wissen wir, es sind keine Leute, die ihr Online-Tagebuch nicht aus den Augen lassen können. Oder ohne Zeitverzug die Beratungsleistung des Personals twittern müssen. Es handelt sich um Raubkopierer.

Diese erschütternde Wahrheit hat sich nun in Rostock herausgestellt. Dort wurde eine Frau ertappt, die sich in der Musikabteilung an den reichlich vorhandenen CDs bediente und diese auf ihr mitgebrachtes Notebook kopierte. Der Hausdetektiv war nicht der übliche Schwachmat. Ihm fiel tatsächlich was auf. Jetzt ermittelt die Polizei wegen Urheberrechtsverletzung.

Und tausende müssen sich ein neues Hobby suchen.

Polizeibericht / via Spreeblick

Magisches Wort

Ich war nicht sonderlich glücklich über das Papier, das mir mein inhaftierter Mandant überreichte. Ein Antrag des Jugendamtes, den Mandanten als Vater eines Jungen in die Geburtsurkunde einzutragen. Da stand:

Der Antragsgegner hat der Kindesmutter innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt und ist daher als Vater festzustellen.

Diese Aussage löste bei meinem Mandanten ein trockenes Lachen aus. Jedenfalls konnte er mir glaubwürdig vermitteln, dass mit diesem Sachvortrag so ziemlich jedes vierte bis fünfte männliche Wesen im heimischen Viertel als Vater festzustellen wäre.

Zwei mir bekannte Familienrechtler zierten sich, die Sache zu übernehmen. Kann ich verstehen, angesichts der ungewissen Finanzierungslage. Mir blieb angesichts der knappen Zeit bis zum Anhörungstermin nur, mit der Richterin Kontakt aufzunehmen. Die hatte wohl auch schon was läuten gehört und schlug mir vor, auf jeden Fall ein Sachverständigengutachten über die Vaterschaft meines Mandanten einzuholen. Ich müsse nur das „magische Wort“ sagen:

Mehrverkehr.

Ich vertraute ihr blind und sagte „Mehrverkehr“. Hierüber machte die Richterin einen Vermerk und informierte darüber die Kindesmutter in der Verhandlung. Damit erzielte sie ein erstaunliches Resultat, wie ich dem Protokoll entnehme. Die junge Mutter brach nicht in Tränen aus, sondern erklärte:

Ich möchte gar nicht, dass der Antragsgegner als Vater meines Kindes in den Papieren steht. Das habe ich mir jetzt überlegt.

Das Verfahren ruht jetzt – bis es sich die Mutter anders überlegt oder ihr ein anderer Vater einfällt. Aber bis dahin bin ich das Mandat los. Hoffentlich.

Wo sind wir denn?

Der Darmstädter Kinderporno-Prozess ist geplatzt, weil einer Schöffin die nötige Unvoreingenommenheit fehlt. Die ehrenamtliche Richterin hatte in der Verhandlung erklärt

Wo sind wir denn? In einem Pädophilenprozess. Die haben Straftaten begangen.

Die Schöffin kommentierte mit diesen Worten den Hinweis eines Verteidigers, sein Mandant sei im Gefängnis nun Repressalien ausgesetzt, weil die BILD-Zeitung die Gesichter aller Angeklagten nicht unkenntlich gemacht hatte.

Der Anwalt stellte einen Befangenheitsantrag, dem das Gericht auch sofort stattgab. Das geschah zu Recht. Die Äußerung der Schöffin lässt zum einen erkennen, dass sie sich ihr Urteil bereits gebildet hat. Zum anderen scheint sie ja durchaus etwas von „Nebenstrafen“ zu halten, die nicht im Strafgesetzbuch stehen. Dass der Angeklagte diese Steilvorlage umsetzte, ist ihm nicht zu verdenken.

Die Verhandlung muss jetzt neu aufgerollt werden.

Bericht auf heute.de und ausführlich bei heise online

„Aus diesem Gerichtssaal“

Die Medienrevolution ist im Gange. Selbst in Gerichtssälen tut sich schier ungeheuerliches: „Mir wurde gerade mitgeteilt, dass jemand aus diesem Gerichtssaal live über einen Ticker ins Internet berichtet. Wer ist das?“ fragte gestern der Vorsitzende im Koblenzer Rockerprozess. Für dieses dringende Anliegen fiel der Vorsitzende sogar dem Staatsanwalt ins Wort, der gerade die Anklage verlas.

Redakteur Lars Wienand von der Rhein-Zeitung gab sich zu erkennen und zeigte wohl auch sein Arbeitsgerät: ein iPad. Sehr geschickt gewählt, denn damit fällt das Argument, die Tastenanschläge seien so laut, wohl eher weg. Die Bewährungsprobe des Tablets dauerte allerdings nur kurz. Denn der Richter, so berichtet die Rhein-Zeitung, habe sich die Live-Tickerei unmissverständlich verbeten.

Eine Begründung hat das Gericht nicht gegeben. Möglicherweise könnte sie auch schwerfallen, denn das Gesetz verbietet nur Ton- und Filmaufnahmen aus der Verhandlung. Notizen sind auch im Publikum erlaubt. Selbst wenn manche Richter das Mitschreiben „normalen“ Besuchern immer wieder gern verbieten, hat sich das nach meiner Kenntnis noch keiner gegenüber einem Pressevertreter getraut.

Bleibt also die Frage, was das Live-Tickern gegenüber dem Mitschreiben so störend macht, dass es untersagt werden muss. Die Rhein-Zeitung nennt als mögliches Risiko, eventuell noch nicht vernommene Zeugen könnten sich (zu) schnell darüber informieren, was im Gerichtssaal vor sich geht. Nun ja, am ersten Prozesstag waren noch gar keine Zeugen geladen.

Außerdem müsste Berichterstattern dann ja eigentlich auch verboten werden, in Verhandlungspausen Online-Berichte zu verfassen. Oder nach interessanten Stellen einfach mal den Saal zu verlassen und sich schreibend auf der Bank vor der Türe zu erholen.

Spätestens wenn Reporter – möglichst geschlossen – mit ihren Devices vor dem Vorsitzenden und seinen Häschern aufs stille Örtchen flüchteten, wäre der Kleinkrieg wahrscheinlich zu Gunsten der „Live“-Berichterstatter entschieden. Früher hätte sich Didi Hallervorden die Filmrechte für so was gesichert.

Mit autokratischen Verboten, die sich daraus rechtfertigen, dass nichts sein darf, was es bisher nicht auch schon gab, werden Richter künftig wohl also nicht weiterkommen. Dazu dürfte die Revolution einen Tick zu heftig sein.

Rechtsanwalt Henning Krieg zum gleichen Thema

Kühle Kleinlichkeit

Ich bin Jahrgang 1964. Das Medikament Contergan wurde bis zum Herbst 1961 verkauft – und mitunter von ahnungslosen Frauen sogar noch nach diesem Zeitpunkt eingenommen. Ich habe die Opfer dieses Medikaments als Kind gesehen und zwei sogar gekannt; sie gingen einige Jahre mit mir aufs Gymnasium. Contergan-Geschädigte gehören zu den wenigen Bildern, die ich problemlos aus meiner Kindheit aufrufen kann. Vielleicht liegt das an der schon früh gespürten Erleichterung, selbst nicht von diesem Schicksal getroffen worden zu sein.

Leider hat das Bundessozialgericht nun dazu beigetragen, dass ich im Zusammenhang mit diesen Erinnerungen ziemlich wütend geworden bin. Die Richter bestimmten nämlich in einem Beschluss, dass die Eltern eines verstorbenen Contergan-Opfers das angesparte Vermögen ihres Kindes an die Sozialhilfe zurückzahlen müssen. Im entschiedenen Fall geht es um 28.000 Euro.

Die meisten Contergan-Opfer erhielten nach jahrelangen Auseinandersetzungen Schadensersatz und eine monatliche Rente. In einem Gesetz war bestimmt worden, dass diese Zahlungen nicht mit der Sozialhilfe verrechnet werden dürfen. Das war ja auch sinnvoll, denn die Zahlungen waren als dauerhafter Ausgleich für die körperlichen und seelischen Schäden gedacht. Sie sollten nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts dienen müssen.

Das Bundessozialgericht hat nun entschieden, dass den Erben eines Contergan-Opfers dieses Privileg nicht zukommt. Die Richter legen die Vorschrift, welche das möglicherweise angesparte Geld aus den Entschädigungszahlungen vor dem Zugriff der Sozialhilfe schützt, eng aus. Danach gilt die Regelung nur für die Betroffenen selbst, nicht aber für ihre Erben. Im entschiedenen Fall sind das die Eltern. Diese müssen, so das Bundessozialgericht, maximal bis zum Wert des Nachlasses jene Sozialhilfe zurückzahlen, die man von ihrer Tochter nicht verlangen konnte.

Es wäre sicher kein ungangbarer Weg gewesen, die Vorschrift anders auszulegen. Es bedurfte letztlich auch nur einer „besonderen Härte“, um von der Rückforderung gegenüber den Eltern abzusehen.

Nicht nur das behindert geborene Kind, auch das Leben der Eltern wird wegen Contergan ein anderes gewesen sein – bestimmt kein besseres. Dessen ungeachtet erklären die Bundesrichter lapidar, es liege keine „besondere Härte“ vor. Begründet wird dies auch damit, die im Alter von 42 Jahren Verstorbene sei ja seit 1968 in einem Heim untergebracht gewesen. Ihre Eltern hätten sie nur ab und zu, zum Beispiel an den Wochenenden und im Urlaub, gepflegt. Nur eine eigenhändige Versorgung „rund um die Uhr“, so das Bundessozialgericht in kühler Kleinlichkeit, könne eine besondere Härte ergeben.

Etwas Mitgefühl täte manchmal auch Juristen gut.

Wikipedia: Contergan-Skandal

Vereitelt oder gefährdet

So ein Strafbefehl soll dem Betroffenen ja mitteilen, was für eine Straftat er begangen haben soll. Mitunter benötigt man hierfür ein Aufbaustudium Bürokratendeutsch. Im Fall meines Mandanten stand im Strafbefehl:

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Sie, am 25.06.2010 in Düsseldorf die Herkunft eines Gegenstandes, der aus einer in Satz 2 genannten rechtswidrigen Tat herrührt, verschleiert zu haben und die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder die Sicherstellung des Gegenstandes vereitelt oder gefährdet zu haben. Dabei haben Sie leichtfertig nicht erkannt, dass der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt.

Meine Arbeit war im wesentlichen getan, nachdem ich dem Mandanten erklärt habe, was ihm zur Last gelegt wird: fahrlässige Geldwäsche. Aber dann habe ich doch noch einen Punkt gefunden, der die Sache doch nicht so selbstverständlich scheinen lässt. Es steht nämlich keineswegs fest, dass die Vortat, deren Erlös mein Mandant über sein Konto transferiert haben soll, tatsächlich ein gewerbsmäßiger Betrug gewesen ist. Bei „normalem“ Betrug ist Geldwäsche nämlich nicht möglich.

Der Mandant wird den Strafbefehl also doch nicht akzeptieren. Was er bei etwas leichter verständlichem Juristendeutsch vermutlich gemacht hätte.

Belehrung – wer braucht so was?

Vielleicht ist es Zufall, aber ganz glaube ich nicht daran. Jedenfalls häufen sich bei mir die Fälle, in denen die Polizei schon bei Ermittlungen im Bereich kleiner bis mittlerer Kriminalität Beschuldigte möglichst frühzeitig erkennungsdienstlich behandeln will. Da wird dann schon mit der Vorladung zur Vernehmung kurzerhand angeordnet, dass Fingerabdrücke abgenommen und Fotos gemacht werden. Das geschieht auch bei Leuten, die bislang noch nie in Erscheinung getreten sind.

An Beiläufigkeit nicht zu überbieten ist zum Beispiel diese „Bemerkung“, die – ohne weiteren Text – in in einer ganz normalen Vorladung versteckt ist:

In diesem Fall trifft es eine junge, verheiratete Frau. Keine Vorstrafen. Beim Sachverhalt muss man sich schon fragen, wo überhaupt der Anfangsverdacht liegen soll. Aber das scheint keine Rolle zu spielen. In der Logik der Polizei reicht schon die Beschuldigteneigenschaft offenbar für die Vermutung aus, die Betroffene werde auch in Zukunft Straftaten im Eigentumsberei(ch) begehen.

Bemerkenswert finde ich an diesem Vorgehen, dass es noch nicht mal formal einigermaßen in Ordnung ist. Nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz muss der Beschuldigte vor Erlass eines Verwaltungsakts angehört werden. Dazu gehört auch die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung. Zumindest, wenn es wie hier um die vorbeugende Tätigkeit der Polizei geht.

Überdies fehlt die gesetzlich vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung. Die nicht nur eine Formalie ist. Denn die Klage oder (je nach Bundesland) schon der simple Widerspruch haben aufschiebende Wirkung. Das heißt, vor einer Entscheidung der nächsthöheren Behörde oder des Gerichts kann die Anordnung nicht durchgesetzt werden.

Ich bin mir sicher, die Betroffene wäre bei ihrem Besuch auf der Polizeiwache beiläufig von den Amtspersonen „überzeugt“ worden, dass Fotos und Lichtbilder eine Art Standardmaßnahme sind und sie rein gar nichts dagegen machen kann. Wenn sich die verantwortliche Polizistin und eine Vielzahl ihrer Kollegen an die Vorschriften hielten, wären viele Betroffenen sicher skeptischer und würden häufiger auf ihrem Recht bestehen.

Wenn die Daten mal aufgenommen sind, bleiben sie übrigens in den Polizeicomputern. Mit einiger Sicherheit bis zum St.-Nimmerleinstag – wenn man sie nicht mühsam wieder rausklagt.

Ob sich die Polizei überlegt, welches Bild es vermittelt, wenn sich Beamte nicht mal in einfachsten Sachen selbst an Recht und Gesetz halten? Und ja, wie solche Anordnungen richtig aussehen, lernt man auf der Polizeischule.

Ultimate Warrior reloaded

Wer den Ultimate Warrior liebte, der wird in Phil Davison vielleicht einen würdigen Nachfolger erblicken. Phil Davison ist Amerikaner, Republikaner und bis auf ein 260-Dollar-Mandat in einer Gemeindevertretung derzeit arbeitslos.

Umso furioser versuchte der 39-Jährige, sich bei einer Parteiversammlung um das Amt des Kämmerers (Treasurer) von Stark County in den USA zu bewerben. Sein Auftritt hat zwar nichts bewirkt, denn er wurde nicht gewählt. Jetzt ist Phil Davison dafür aber auf Youtube berühmt und die amerikanische Presse überschlägt sich – wenn auch nicht immer vor Begeisterung.

Was Phil allerdings noch vom Ultimate Warrior lernen könnte: Es ist besser, nicht immer zum Manuskript rennen zu müssen.