Noch mal Bewährung

Zu früh auf der sicheren Seite gewähnt hat sich heute morgen eine Staatsanwältin. Sie war meinem betagten Mandanten ins Wort gefallen, als er vor Gericht erzählte, welch gutes Verhältnis er zu seinen Kindern hat. Insbesondere zu seiner Tochter.

„Hoffen wir, dass Ihre Tochter Sie demnächst auch besucht, wenn Sie drinne sind.“

Nach Knast sah es auch geraume Zeit aus. Denn mein Mandant war nun schon das siebte Mal erwischt worden, wie er ohne Führerschein Auto gefahren ist. Die neueste Fahrt hat er ausgerechnet noch während laufender Bewährung gemacht. Auch wenn er mit der Justiz bisher nur wegen seines Hangs zum Autofahren Ärger hatte, war die Geduld der Strafrichterin dadurch natürlich schon extrem strapaziert.

Wir brachten wirklich alles vor, was die Tat in milderem Licht erscheinen lässt. Der Anklagevertreterin erschien die Beweisaufnahme sichtlich zu lang. Und insbesondere mein Plädoyer. Sie rollte mehrmals mit den Augen, als ich wirklich auch noch das pieseligste Argument brachte, welches für meinen Mandanten sprach. Allerdings war es offensichtlich kein Fehler, etwas weiter auszuholen. Das Gesamtbild, so formulierte es die Richterin später, reichte nämlich, um ihr Herz zu erweichen. Es gab zwar die unausweichliche Freiheitsstrafe. Aber halt auch noch mal Bewährung.

Zu einem Rechtmittelverzicht war die sichtlich erfreute Anklagevertreterin nicht bereit. Gut möglich also, dass sie Berufung einlegt und wir demnächst noch mal am Landgericht kämpfen dürfen. Aber wenn bis dahin nicht noch ein neuer Fall dazu kommt, dürfte auch noch die dann beachtliche Zeit zwischen Tat und Urteil als weiteres Argument hinzu kommen.

Sofern allerdings noch was passiert, ist der Ofen aus. Aber wer weiß – hatte ich das nicht innerlich auch schon für den heutigen Prozess gedacht?

Fragwürdiges Urteil bestätigt

Oh. Mein. Gott.

Oder, wie es Prof. Henning Ernst Müller im beck-blog ausdrückt:

Das LG Landshut hat womöglich mit seiner Entscheidung verkannt, dass auch das Vertrauen in eine unparteiische Polizei und Strafjustiz auf dem Spiel steht.

Wir wundern uns gemeinsam über eine Entscheidung des Landgerichts Landshut. Die Richter lehnen eine Wiederaufnahme des Mordfalls Rudi Rupp ab. Der Bauer soll von seiner Familie durch Hammerschläge auf den Kopf ermordet und seine Leiche an die Hunde und/oder die Schweine auf dem Hof verfüttert worden sein. Ein Prozess ohne Leiche. Deshalb stützte sich das Gericht bei der Urteilsfindung maßgeblich auf die „Geständnisse“ der Beschuldigten. Diese sollen die Tat so übereinstimmend und detailliert zugegeben haben, dass man den Wahrheitsgehalt nicht anzweifeln könne.

Dummerweise wurde die Leiche des Bauern Anfang des Jahres gefunden. Er war in seinem Auto, das Fahrzeug war im Fluß versunken. Die Schädeldecke war unversehrt, ebenso wenig war die Leiche von Schweinen oder Hunden angefressen. Die Fundstelle des Autos soll am Nachhauseweg des Landwirts liegen, der zuletzt auf einer Feier gesehen worden war.

Die vom Gericht festgestellte Tatversion, auch was die Beseitigung der Leiche angeht, ist also widerlegt. Das Landgericht Landshut stellt sich aber, so berichtet der Donaukurier, auf den Standpunkt, dann hätten die Famillienangehörigen den Landwirt halt anders ermordet. Zum Beispiel durch Schläge auf den Kehlkopf. Ebenso sei es möglich, dass die Täter den bewusstlosen Bauern in sein Auto verfrachtet und ihn dort versenkt hätten.

Immerhin, so die Zeitung, gebe es Hinweise, die gegen einen Unfall sprächen. Zum Beispiel die vom Gericht festgestellten Spannungen in der Familie. Überdies habe die Leiche auf dem Beifahrersitz gekniet, der Automatikhebel habe auf „P“ gestanden, der Zündschlüssel sei nicht auffindbar.

Indizien, aber auch nicht mehr.

Wieso sich das Landgericht Landshut angesichts der eklatanten Unrichtigkeit des ersten Urteils gegen eine zweite Chance für die Verurteilten sträubt, hinterlässt einen unangenehmen Beigeschmack.

Für die Justiz wäre es nämlich mit Sicherheit unangenehm, wenn nun geklärt wird, wie es zu den Geständnissen kam. Und wie offenkundig notwendige Fragen nicht gestellt wurden. Eine Leiche rest- und spurlos an Hoftiere verfüttern? Das ist jedenfalls eine Geschichte, die sich selbst fantasiebegabte Krimiautoren eher nicht trauen würden.

Noch bleibt ja Gelegenheit, die fragwürdige Entscheidung zu korrigieren. Sonst, das ist klar, wird der Fall Rudi Rupp den Ruf deutscher Strafgerichte nicht verbessern.

Dr. Fischer verschenkt Geld

Die vermeintlich erfreulichen Briefe landen in diesen Tagen massenweise in den Briefkästen, vor allem in Nordrhein-Westfalen. Jeder einzelne liest sich wie ein frühes Weihnachtsgeschenk. „Ihnen stehen“, so heisst es, „946,72 Euro in vollem Umfang zu“. Am 9. Dezember soll das Geld an die Empfänger ausbezahlt werden.

Die Empfänger müssen lediglich eine Karte an „Dr. Fischer & Partner’ schicken und sich für eine Busfahrt „in die Nähe von Düsseldorf“ anmelden. Davor warnt die nordrhein-westfälische Verbraucherzentrale. Die Briefe locken lediglich zu Werbeverkaufsveranstaltungen – dort werden die Teilnehmer häufig mit
aggressiven Methoden zum Kauf meist „völlig überteuerter Produkte von zweifelhafter Qualität und Wirkung gedrängt“, weiß Juristin Beate Wagner.

Der angekündigte Gewinn erweise sich häufig als wertlose Option oder solle beim Kauf eines Produkts oder der Buchung einer Reise verrechnet werden. Beate Wagner: „Dieses Verhalten verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“. Wegen Verdachte des Betruges ermittelt nun auch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Behördensprecher Johannes Mocken: „Wir wollen zunächst wissen, ob es diesen Dr. Fischer wirklich gibt.“

Das glaubt Verbraucherschützerin Beate Wagner nicht. Das Problem in der Praxis sei die „mangelnde Greifbarkeit der Anbieter“. Die wechseln häufig die Firmen, haben lediglich Postfachadressen oder sitzen im Ausland. Deswegen lasse sich auch kaum ein Anspruch auf die versprochenen 946,72 Euro durchsetzen: „Es besteht ein hohes Risiko, trotz
erfolgreicher Klage den Gewinn doch nicht zu erhalten und dennoch die Kosten für das Verfahren tragen zu müssen.“ (pbd)

Links 457

Jedes Stück von Springer und Murdoch, das hinter einer Bezahlwand verschwindet, steigert die Qualität des Internets

„In der Praxis sollten sich Justitiare daher gut überlegen, ob angesichts der mäßigen Reichweite der meisten Blogs die Sache nicht schlicht ignoriert werden kann“

Da wird Stein und Bein geschworen, die (Netto-)Kosten nach Ziffer 2300 VV RVG würden wirklich jeden Monat der Mandantschaft in Rechnung gestellt

Rechtspfleger plündert Vereinskasse

USA: Polizist tasert Zehnjährige

DigiProtect sagt, wie es ist

Vielleicht hätten die jemand fragen sollen, der sich auskennt. Das war meine erste Reaktion auf die Pressemitteilung, mit der sich die Filesharer-Abmahnzentrale DigiProtect zu einem verräterischen Fax eines ihrer Vertragsanwälte äußert.

In diesem Fax, dessen Echtheit DigiProtect jedenfalls nicht in Abrede stellt, hatte der Frankfurter Anwalt einem englischen Kollegen eingehend erläutert, wie das Geschäftsmodell Massenabmahnung funktioniert. Dabei hatte er unter anderem zu verstehen gegeben, dass vor allem einer zu schonen ist: der Rechteinhaber, von dem DigiProtect den Auftrag zur Überwachung von Tauschbörsen erhält. Der Rechteinhaber werde grundsätzlich nicht mit Kosten belastet. Das ist problematisch. Wieso, habe ich hier erläutert.

Bis zu Punkt 6 enthält die Pressemitteilung nur Blabla, das mit der Problematik nichts zu tun hat. Dann wird es jedoch interessant. So heißt es:

DigiProtect tritt prinzipiell gegenüber Abzumahnenden konsensorientiert auf, indem es diesen bei der ersten Kontaktaufnahme mittels einer Abmahnung eine Einigung auf dem Vergleichswege anbietet…

Dieser „Vergleichs“betrag beträgt für Filme und Musik normalerweise 400 bis 600 Euro. Nur bei Pornos darf es gerne auch mal etwas mehr sein. Richtig interessant wird die Aussage aber in Zusammenhang mit folgendem Satz:

Das im Vergleichswege übermittelte Angebot ist so kalkuliert, dass die Kosten bzw. Ansprüche aller am jeweiligen Abmahnverfahren Beteiligten damit abgegolten werden können.

Das klingt jetzt dummerweise so, als würde DigiProtect genau den seit langem gehegten Verdacht bestätigen, welchen das Fax des Frankfurter Anwalts noch bekräftigt hat. Dass es nämlich keine Verpflichtung der Auftraggeber gibt, die horrenden Gebühren selbst zu erstatten, welche den Abgemahnten in Aussicht gestellt werden, sollten sie den Vergleich nicht annehmen. Für diesen Fall wird nämlich ganz schnell und brutalstmöglich eskaliert und mit Streitwerten von bis zu 10.000 Euro gedroht – pro Song oder Film. Das ergibt dann schon bei kleineren Fällen schnell Anwaltsgebühren, die in Bereiche von 5.000 bis 10.000 Euro gehen.

Wenn aber, um DigiProtect beim Wort zu nehmen, schon das Vergleichsangebot von 400 bis 600 Euro reicht, um neben allen anderen Kosten auch die der Anwälte zu decken, gibt es wegen entsprechender Honorarabsprachen oder gar der „no cost“-Zusage eben keine höheren Ansprüche.

Der letzte Punkt, wonach die Anwälte in „einwandfreier Form“ ihr Honorar liquidieren, könnte deshalb bewusst so spitzfindig formuliert sein. Dass Anwälte in der Lage sind, eine formell einwandfreie Rechnung (mit Steuernummer und so) zu schreiben, wird ja auch weniger angezweifelt. Viel interessanter sind die Zahlen, die in der Rechnung stehen…

Nachdrückliche Bitte

Wir müssen was falsch gemacht haben. Denn das Amtsgericht Mettmann übersendet in einem Rechtsstreit „anliegenden Hinweis“:

091119a

Leider, oder zum Glück, kann ein Gericht nicht vorschreiben, wie die Parteien zulässige Kommunikationswege nutzen. Das Fax gehört, offenbar zum Leidwesen des Amtsgerichts Mettmann, halt seit geraumer Zeit zu diesen Kommunikationsmitteln.

Wohl in Kenntnis des Umstandes, dass es keine Sanktionsmöglichkeiten gibt, ist der Hinweis einleitend noch als Bitte formuliert, wenn auch geschickt durch das Attribut „nachdrücklich“ kaschiert. In den folgenden Absätzen schlägt dann aber doch ungehemmt der Kasernenhofton durch, der richterlichen Verfügungen nun mal häufig genug eigen ist.

Auf eine Erklärung, warum das Prozedere nun so sein soll und nicht anders, wartet man dann auch vergebens. Auf ein schlichtes Danke am Ende des Textes ebenso.

Ob bei Zulassung der E-Mail jemand in Mettmann aus dem Fenster springt, ist derzeit nicht bekannt. Wir jedenfalls hängen die Mettmanner Faxgerichtsordnung nicht neben unser Faxgerät und faxen deshalb nach Mettmann weiter so, wie wir es für richtig halten und so weit es zulässig ist.

Flugverspätungen: Airlines müssen zahlen

Die gute Nachricht des Tages kommt aus Luxemburg. Der Europäische Gerichtshof bessert mit einem Urteil die Rechtslage bei Flugverspätungen nach. Jetzt können Fluggäste immer dann eine Entschädigung verlangen, wenn sie mehr als drei Stunden zu spät am Zielort ankommen. Bisher bestand die Entschädigungspflicht – nach Auffassung der Fluggesellschaften – nur im Fall einer Flugannulierung. Bei bloßen Verspätungen wurde nichts gezahlt; der Reisende hatte höchstens Anspruch auf Erfrischungen, Telefonmöglichkeiten und, sofern erforderlich, eine Unterkunft.

Die Entschädigungsstaffel sieht so aus:

– 250 Euro bei Flügen unter 1.500 km
– 400 Euro bei Flügen zwischen 1.500 und 3.500 km
– 600 Euro bei Flügen über 3.500 km außerhalb der EU

Wenn diese Staffel tatsächlich auch auf reine Verspätungen angewandt wird, dürfte so manche Wartezeit künftig weit weniger frustrierend ausfallen…

Bericht bei Welt online

Der Verdacht

Aus einem Durchsuchungsbeschluss:

„Der Beschuldigte ist Halter des Kraftfahrzeugs, so dass der Verdacht besteht, dass er an der Tat beteiligt war.“

Das ist die einzige Tatsache, die es gerechtfertigt hat, dass bei meinem Mandanten morgens um sieben sechs Polizeibeamte aufliefen und seine Wohnung auf den Kopf stellten.

Gefunden wurde – nichts.

Wem er sein Auto vielleicht geliehen hat, sagt mein Mandant nach dieser Erfahrung erst mal nicht. Er macht von seinem Schweigerecht als Beschuldigter Gebrauch. Das habe ich ihm dann schnell am Telefon geraten.

Womöglich wäre er auskunftsfreudiger gewesen, wenn man ihn erst mal gefragt hätte.
Aber die kleine Biestigkeit hilft ihm nun, das Trauma Wohnungsdurchsuchung zu verarbeiten. Gleiches gilt auch von den langen Gesichtern der Polizisten, von denen er mir später berichtet hat.

Abmahnanwälte verraten sich selbst

Den deutschen Filesharing-Abmahnern dürften unruhige Tage ins Haus stehen. Nun ist (bei WikiLeaks und gulli.com) nämlich – endlich – ein Dokument aufgetaucht, welches das fragwürdige Fundament ihres Geschäftsmodells zu belegen scheint – zumindest, was die ja immer in stattlicher Höhe geltend gemachten Anwaltskosten betrifft.

In einem Fax an einen in London ansässigen Kollegen erläutert der Frankfurter Anwalt Udo K., ein Großer im Abmahngeschäft, nicht nur, wie das durch die Abgemahnten gezahlte Geld aufgeteilt wird. Er weist überdies, und das ist der entscheidende Punkt, darauf hin, dass den ursprünglichen Rechteinhabern keinerlei Kosten entstehen, auch wenn der Abgemahnte nicht zahlt oder nicht zahlen kann.

Mit anderen Worten: Die Rechteinhaber buchen anscheinend bei der Verwertungsfirma DigiProtect ein „Rundum-Sorglos-Paket“. Zahlen die Abgemahnten, wird der eingehende Betrag nach bestimmten Quoten aufgeteilt. Zahlen sie nicht, wird den Rechteinhabern nichts in Rechnung gestellt. Wörtlich:

The whole project is a „no cost“-project for the original right holders.

Die Problematik ergibt sich aus dem deutschen Abmahnrecht. Entstehen dem Rechteinhaber letztlich keine Kosten, können dessen Anwälte auch keine Kosten vom Abgemahnten erstattet verlangen. Es dürfen grundsätzlich nur die Kosten weitergegeben werden, die voraussichtlich anfallen. Steht von vornherein fest, dass der eigentliche Auftraggeber, also die Rechteinhaber, die DigiProtect für den Bereich Filesharing munitionieren, nicht zahlen müssen, ergibt sich auch kein Kostenerstattungsanspruch.

Der IT-Experte Rechtsanwalt Thomas Stadler nimmt in seinem Blog diese rechtliche Konstruktion anschaulich auseinander. Insbesondere legt er dar, dass hier auch nicht ausnahmsweise ein Erfolgshonorar zulässig ist. Seine Bilanz:

Die Kanzlei fordert Anwaltskosten, von denen sie weiß, dass sie nicht entstanden sind. Dieses Verhalten wird man zivilrechtlich als unerlaubte Handlung qualifizieren können und strafrechtlich als (versuchten) Betrug.

Der Unterzeichner

Je oller, desto doller. Eine alte Wahrheit, die mitunter auch für pensionierte Richter gilt. Statt die schönen Seiten des Lebens (weiter) zu genießen, wechseln einige Unentwegte unter den Ex-Staatsdienern die Fronten. Sie lassen sich als Anwälte nieder.

Ich habe auch mal wieder mit so einem Exemplar zu tun. In seinem Schrifsatz ans Gericht tituliert er mich durchgehend als „Fachanwalt für Strafrecht Vetter“ und lässt nichts aus, um mich in den Kakao zu reiten.

Dabei habe nicht ich, sondern der „Richter am Oberlandesgericht i.R.“ (Zitat vom Briefbogen) den Bock geschossen. In der von ihm eingereichten Klageschrift hat er mich kurzerhand als Prozessbevollmächtigten aufgeführt. Demgemäß stellte mir das Gericht das Schreiben zu. Dumm nur, dass ich zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt hatte, zustellungsbevollmächtigt zu sein. Blöd zudem, dass ich mangels Prozessführungsauftrag zum Zeitpunkt des Zustellversuchs keine Probleme damit hatte, die Unterlagen ans Gericht zurückgehen zu lassen.

Aber statt eigene Fehler einzusehen und vielleicht mal den Ball flach zu halten, ist jetzt natürlich „Fachanwalt für Strafrecht Vetter“ der Böse. Es gehe dem Vetter nur darum „Zeit zu schinden“. Er wolle „das Gericht und den Kläger nebst Anwalt für dumm verkaufen“. Das Ganze steigert sich dann nach einigen weiteren Argumentationsspiralen und wiederholter Strapazierung des Titels Fachanwalt für Strafrecht in die Feststellung, „Fachanwalt für Strafrecht Vetter“ sei wohl nicht einmal des Lesens kundig. Immerhin folgt die gequält anerkennende Feststellung, ich sei trotz dieses Defizits in der Lage gewesen, das Verfahren „für einige Wochen zu sabotieren“.

Sogar den Grund für diese vermeintliche Sabotagestrategie hat der pensionierte Richter ausgemacht. „Fachanwalt für Strafrecht Vetter“ sei dem Anwalt „im Internet nicht recht auf die Spur“ gekommen, hege aber gleichwohl die Vermutung, „der Unterzeichner“ könne altersbedingt in absehbarer Zeit seine Berufstätigkeit als Rechtsanwalt einstellen.

Sehr unterhaltsam, muss ich sagen. Ich glaube, ich werde mich doch noch kurzfristig um den Prozessauftrag bemühen. Nicht nur der kommende Schriftwechsel, sondern auch die mündliche Verhandlung dürfte überdurchschnittliches Potenzial haben. In unterhaltungstechnischer Hinsicht.

Postbank mit Ansätzen zur Selbstkritik

Die Postbank hat auf mein Schreiben geantwortet. Absender ist die Abteilung „Zentraler Datenschutz“.

Leider enthält das Schreiben keine Angaben, ob und in welchem Umfang meine Kontodaten an die Postbank Finanzberatung AG oder gar deren selbständige Finanzberater weitergegeben wurden. Da ich bei der Postbank nur eine Art Nebenkonto führe und sich der Einblick in meine finanziellen Verhältnisse somit in Grenzen hält, will ich jetzt mal weiter nicht darauf herumreiten.

Ansonsten ist die Auskunft aber recht interessant. Die Postbank hat sich offensichtlich über die Rechtslage informiert und kommt nun zu dem Ergebnis, das Datenschutzgesetz sehe jede einzelne juristische oder natürliche Person als eigenständigen Adressaten an. Auf ein „Konzernprivileg“, gesteht die Bank nun ein, habe der Gesetzgeber bewusst verzichtet.

Anfangs hatte die Postbank noch darauf verwiesen, ihre Vermögensberatung sei zwar eine eigenständige Firma, aber eben Teil des Postbankkonzerns. An einen Konzernteil dürften Kundendaten jedoch weitergegeben werden.

Davon ist nun nicht mehr die Rede:

Die Übermittlung personenbezogener Daten von einem Unternehmen an ein anderes Unternehmen eines Konzerns (auch) für deren Zwecke setzt somit immer voraus, dass … der Betroffene … vorher eingewilligt hat.

Insofern entschuldigt sich die Postbank für die „entstandenen Unannehmlichkeiten“. Es sei nun in meinen Unterlagen ausdrücklich vermerkt, dass ich keine Weitergabe meiner Daten wünsche.

Gute Presse per Kleingedrucktem

Die Bundesagentur für Arbeit bietet Zeitungen und Zeitschriften druckfertige Artikel an. Das nennt sich Themendienst. Auch wenn hier geschickt der durch die Printkrise erzeugte Notstand in den Redaktionen ausgenutzt wird, handelt es sich doch um schnöde Public Relations; auf deutsch: Eigenwerbung.

Wer die Artikel downloaden will, muss die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Arbeitsagentur akzeptieren. Da findet sich dann unter anderem folgende Klausel:

Die Artikel und ihre Bestandteile (Text, Textteile, Fotos) dürfen nicht bearbeitet werden, insbesondere dürfen keine eigenen Texte, Fotos oder sonstige Ergänzungen hinzugefügt werden.

Es geht mir gar nicht darum, ob so eine Klausel wirksam ist. (Ist sie nicht.) Vielmehr kommt hier ein Verständnis gegenüber der Presse zum Ausdruck, das ich doch für bedenklich halte. Zeitungsredaktionen sind kein verlängerter Anzeigenteil, in dem der Auftraggeber den Inhalt diktiert. So heißt es inhaltsgleich in allen Pressegesetzen der Länder (zitiert nach NRW):

Die Presse erfüllt eine öffentliche Aufgabe insbesondere dadurch, daß sie Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt.

Gleichzeitig hat die Presse auch Pflichten:

Die Presse hat alle Nachrichten vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit zu prüfen.

Auch mit Artikel 5 des Grundgesetzes ist es nicht vereinbar, Journalisten so an die Leine zu nehmen. Dementsprechend mahnt auch die Richtlinie zu Ziff. 7 des Deutschen Pressekodex zu besonderer Sorgfalt im Umgang mit PR-Material. Damit ist nicht gemeint, sich Inhalt und Aufmachung diktieren zu lassen – selbst wenn PR-Texte Auslöser oder Grundlage der Berichterstattung sind.

Nun wird man hoffen können, dass sich 95 % der Journalisten keinen Deut darum scheren, was ihnen die Arbeitsagentur als Kleingedrucktes unterschiebt. Aber schon allein der Umstand, dass eine Behörde sich so eine Gängelung der Presse rausnimmt, ist ein Kopfschütteln wert.

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