Künftig über Skype…

Zwei Erkenntnisse:

Die Polizei ist derzeit (noch) nicht in der Lage, Telefonate über Skype abzuhören.

Allerdings muss man damit rechnen, dass es den Argwohn der Ermittler steigert, wenn man so einen Anschluss nutzt. Oder, noch schlimmer, bei einem Festnetztelefonat mit dem Gesprächspartner ausdrücklich vereinbart, künftig nur noch über Skype zu telefonieren.

Gehören Gefängniswärter zur Unterschicht?

Gehören die Wärter in Gefängnissen, die Wachtmeister in den Gerichten zur „sozialen Unterschicht“? Sind die Beamten im Strafvollzugsdienst „geistig Minderbemittelte“? Darf ausgerechnet ein Lehrer der nordrhein-westfälischen Justizvollzugsschule dem Nachwuchs in Wuppertal Auge in Auge so etwas unterstellen? Damit jährlich rund 300 Schülerinnen und Schüler verhöhnen und diese Praxis vom Schulleiter auch noch decken lassen?

Nein, meint sein ehemaliger Kollege Peter Glocker. Glocker hat in der Zeitschrift „Der Vollzugsdienst“ die „Arroganz“ öffentlich gemacht. Doch eine Konsequenz haben die „dauerhaften Verstöße gegen das Diskrimierungsverbot“ bislang nicht gehabt. Jetzt beschäftigt sich das Parlament mit dem Eklat.

Dem einstigen Vertrauenslehrer Glocker war der Kragen geplatzt. Schülerinnen und Schüler hatten sich bei ihm über das „pädagogisch untragbare Verhalten“ des Kollegen beschwert. Peter Glocker sagt, weil sein Chef auch auf mehrfache Hinweise nicht reagierte, habe er sich entschlossen, in der Fachzeitschrift des Bundes der Strafvollzugsbediensteten auszupacken.

Sein Fazit: Der kritisierte Kollege sei „in längst überwunden geglaubte Verhaltensweisen zurückgefallen“. Während der Schulleiter Glocker zu einem „Nestbeschmutzer“ machte, hagelte es in E-Mails Zustimmung ehemaliger Schüler und Schülerinnen: „Den Artikel zu lesen tat richtig gut“, schrieb Melanie D., „endlich hat mal einer das ausgesprochen, was sich andere nicht trauen.“

„Immer wieder hat der Lehrer gesagt, das der Klassenverband Teil der sozialen Unterschicht wäre“, bestätigte Markus H. und erinnert sich: „Da ballt man in der Tasche die Faust“. Der Artikel von Glocker „gibt genau das wieder, was zu diesem Zeitpunkt gelaufen ist“, bestätigte Jörn T. Und Heike Z. ließ Glocker wissen: „Der Artikel ist super gut geworden, ich denke, damit ist vielen Anwärtern endlich mal der Stein vom Herzen gefallen.“

So bestärkt wandte sich Glocker schriftlich an das Justizministerium. Vier Mal. Dessen lapidare Antwort: Es gebe „keine Veranlassung zu Maßnahmen der Dienstaufsicht“. Dieser Ansicht ist das Ministerium noch immer. Auf Anfrage ließ es durchblicken, der sensible Kritiker Glocker könne ein Querulant sein: „Herr Peter Glocker ist eine ehemalige Lehrkraft der Justizvollzugsschule, die in den vergangenen Monaten eine Vielzahl von Beschwerden und Eingaben verfasst hat. Darin wird das Verhalten eines Kollegen und des Schulleiters kritisiert. Sämtliche Eingaben wurden geprüft, die darin vorgetragenen Vorwürfe entkräftet.“

Ob das aber wirklich so ist, prüft momentan der Petitionsausschuss des Landtages. Dem Ausschuss bleibt das Justizministerium bislang eine Antwort schuldig. (pbd)

Telefonkarten behalten ihren Wert

Telefonkarten aus den Jahren 1987 bis Oktober 1998 taugen zwar längst nicht mehr zum Telefonieren, sie sind aber noch immer gutes Geld wert. Mit diesem Urteil (AZ: 11 U 213/08) hat gestern das Oberlandesgericht Köln einer Sammlerin aus Schwäbisch-Hall Recht gegeben. Sie hatte für 3.668 alte Telefonkarten von der Deutschen Telekom AG 17.633,43 Euro gefordert.

Die Telekom hatte die Karten 2001 technisch gesperrt und berief sich darauf, das Guthaben sei verfallen und die Forderung verjährt. Dem widersprach das Gericht mit der Begründung, alte Telefonkarten seien sogenannte Inhaber-Papiere. Und die müssen eingelöst werden, wenn der Eigentümer das fordert.

Die Telekom soll nun überwiegend die Kosten des Verfahrens tragen. Weil aber in der Rechtsprechung die Frage der Verjährung umstritten ist, ließ das Gericht die Revision zum Bundesgerichtshof zu. (pbd)

Alles falsch und doch richtig gemacht

Aus dem Posteingang:

Hallo Herr Vetter,

ich sehe mir gerade den 23C3 Beitrag ‚Sie haben das Recht zu schweigen‘ auf video.google an, und bin nun an der Stelle wo Sie über das kumpelhafte Verhalten der Durchsuchungsbeamten sprechen…

Da beschloss ich, Ihnen von meiner persönliche Erfahrung zu erzählen.

Ja, die 2 Polizisten, welche auf Antrag des Urheberrechtsinhabers eines alten Film-Klassikers, den ich heruntergeladen hatte, meinen Vermieter als Besitzer der Beschuldigten-IP ermittelt hatten, waren sehr freundlich. Mein Vermieter (er diente später als Zeuge) lud nichts aus dem Internet herunter und kam schnell auf mich als WLAN Sub-User seines Anschlusses.

An meiner Tür sagten mir die Polizisten (wohlgemerkt, ich wohne sehr ländlich), es sei eine Sache von wenigen Minuten, auch für meine Wohnung einen Durchsuchungsbefehl zu erwirken, und so ließ ich sie kurzerhand in die Wohnung, nachdem ich den Durchsuchungsbefehl gelesen hatte. Im besagten Beschluss wurde explizit nach einem bestimmten Film gesucht, welchen der Urheberrechtsinhaber mir als Download über eMule ankreidete.

Dieser Film befand sich noch auf meiner Festplatte (sowie weitere Downloads), ich zeigte diesen einem der Polizisten, baute freiwillig die HDD aus und übergab diese den Beamten (mit vollem OS, zum Glück hatte ich noch meine alte HDD beim Umbau aufbewahrt).

Ich unterschrieb aber das Protokoll und widersprach beim Kreuzchen nicht der Durchsuchung. Ich zeigte mich die ganze Zeit (sie waren ja nur hinter diesem einen Film her) geständig und kooperativ, und auf dem Protokoll wurde noch einmal meine Zusammenarbeit erwähnt. Dies war nebenbei meine erste Durchsuchung und ich bin sehr naiv herangegangen. Ich wusste nur, dass ein Zeuge notwendig war, sowie Grund und die zu durchsuchenden Räume im Durchsuchungsbefehl stehen sollten.

Wie die Polizisten es mir versichert hatten, erhielt ich von der Staatsanwaltschaft Post, welche mir die Einstellung des Verfahrens bestätigte, und bezahlte meinen Abmahnungs-Obulus an den Rechtsanwalt des Urheberrechtsinhabers.

Bis auf die Abmahngebühr kam ich nicht nur glimpflich davon (denke ich), sondern diese Begegnung sollte mein Leben entscheidend beinflussen.

Ich kam während der Durchsuchung mit dem IT-ler der beiden Polizisten ins Gespräch, und so erfuhr er, dass ich Informatiker auf Jobsuche war. Er wiederum wusste von einer Firma, die händeringend nach einem Programmierer suchte. Ich bewarb mich, es kam zu einem Vorstellungsgespräch, und nun bin ich seit über 1 1/2 Jahren bei meinem jetzigen Arbeitgeber.

Meine Verwandten amüsieren sich noch immer köstlich über mein Glück im Unglück.

S.D.

An die Deckung denken

Das Verfahren schleppt sich schon Jahre hin. Es war sogar unterbrochen. Es sollte abgewartet werden, wie ein Strafverfahren ausgeht.

Zur absehbar letzten Verhandlung war heute die bayerische Anwältin angereist, welche den Fall bearbeitet. Sie war sichtlich hochgestimmt und äußerte gleich beim einleitenden Smalltalk mit dem Gericht den Wunsch, mein Mandant möge die sechsstellige Forderung doch anerkennen – ‚damit es nicht noch teurer wird‘.

Ich habe schon am Gesicht der Richterin gesehen, dass die Einschätzung der Anwältin nicht so ganz mit ihren Überlegungen konform geht.

Die Richterin erklärte dann auch freundlich, aber bestimmt:

‚Die Klage ist unbegründet.‘ Mit einem Blick auf die drei Aktenordner, die mittlerweile vollgeschrieben sind, fügte sie an: ‚Ich sehe auch nicht, was jetzt noch Neues vorgetragen werden könnte, das meine Meinung ändert.‘

Eine fundierte Meinung, wie ich anfügen möchte. Die Anwältin ließ sich zwar nichts anmerken. Ich weiß auch nicht, ob sie den Ablauf selbstkritisch analysiert. Für mich war es auf jeden Fall eine gute Erinnerung an den bewährten Grundsatz, im Gerichtssaal auch immer an die Deckung zu denken.

Links 386

Die Generation C 64 schlägt zurück

Hamburger Polizistin sagt gegen prügelnden Kollegen aus

Gefälligkeitsaussagen

Freispruch für Schuhwerfer von Cambridge

Web 0.0 in China

Schnüffelnde Datenschützer

Arcandor-Rettung: Merkel würde die CDU/CSU um die Ohren fliegen

Handwerker „zerstört auf eigene Kosten unter gleichzeitigem Verzicht auf sein Honorar das von ihm geschaffene und von seinem Auftraggeber beanstandete Werk“

Tansania: Zauberer töten Albinos für Rituale

Das Aids-ist-kein-Risiko-Banner

Die Initiative vergissaidsnicht.de hat ein wichtiges Anliegen. Sie will verhindern, dass die ansteckende Krankheit HIV von anderen Themen verdrängt wird.

Andererseits frage ich mich jedes Mal, welche Wirkung dieses in vielen Online- und Printmedien veröffentlichte Banner hat:

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In Deutschland infizieren sich also täglich 8 Menschen mit HIV. Meine erste Reaktion war: Habe ich mich verlesen? Nein, da steht 8 Personen.

Die zweite Reaktion: So wenige?

Das sind 240 Menschen in einem Monat, knapp 3.000 im Jahr. Bei 82 Millionen Einwohnern ist das, nüchtern betrachtet, keine besonders alarmierende Zahl. Die Zahl der Toten im Straßenverkehr liegt zum Beispiel höher – bei knapp 4.500. Zehn Mal so viele Menschen sterben nach Angaben des Roten Kreuzes am Alkohol, knapp 25 Mal so viele am Tabakkonsum. Die Zahl der Abhängigen, also der Kranken, liegt bei einem Vielfachen.

Die dritte Reaktion: Die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Infektion scheint im Bereich eines ansehnlichen Lottogewinns angesiedelt. Schon mal dick im Lotto gewonnen?

Ich weiß also im Ergebnis nicht, welche Wirkung das Banner erzielt. Es bringt Aids vielleicht wieder in Erinnerung, aber zum richtigen Handeln animiert es nicht gerade.

Einfach mal nachschauen

Wer im Internet bei einem der zahlreichen Anbieter im In- und Ausland Dopingmittel ordert, geht ein großes Risiko ein. Selbst der Besitz „nicht geringer Mengen“ ist mittlerweile strafbar. Das heißt, die Zeiten des sorglosen Eigengebrauchs sind vorbei.

Was eine nicht geringe Menge ist, regelt eine Verordnung. Die hört auf den schönen Namen DmMV (Verordnung zur Festlegung der nicht geringen Menge von Dopingmitteln) und hat in der Sache einen einzigen Paragrafen:

Die nicht geringe Menge der Stoffe im Sinne des § 6a Abs. 2a Satz 1 des Arzneimittelgesetzes ist die in der Anlage bestimmte Menge.

Die in der Anlage genannten Wirkstoffmengen sind schon ganz ordentlich und werden natürlich nicht ohne weiteres erreicht. So hat einer meiner Mandanten bei einem mittlerweile aufgeflogenen Verkäufer (Pressebericht) zwei Mal jeweils einen bunten Strauß Medikamente bestellt. Jeweils zum Preis von rund 300,00 Euro. Darunter waren auch legale Nahrungsergänzungsmittel. Und zum Beispiel Kamagra Oral Jelly, das zwar auch fit macht, aber nicht für den vom Arzneimittelgesetz gemeinten „Sport“.

Jedenfalls ist anhand der Bestellungen deutlich, dass eine Hausdurchsuchung wegen des Tatvorwurfs „Besitz“ sich nur mühsam am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hätte messen lasssen. Kein Problem allerdings für die Staatsanwaltschaft München I und den Ermittlungsrichter. Die gingen einfach mal davon aus, dass mein Mandant die Waren nicht nur gekauft, sondern dass er sie auch „gewinnbringend weiterveräußert“ hat.

Aus welchen tatsächlichen Anhaltspunkten sich dieses Handeltreiben ergeben soll, darüber schweigt der Durchsuchungsbeschluss. Mit keinem einzigen Wort wird erklärt, wieso mein Mandant auch ein Händler sein könnte.

Dabei wäre dies der einzige Punikt gewesen, bei dem nähere Ausführungen offensichtlich erforderlich gewesen wären. Immerhin sprechen Bestellungen über 300,00 Euro nicht unbedingt dafür, dass jemand sich damit seinen Lebensunterhalt verdient. Zumal zwischen den Bestellungen auch noch mehrere Monate liegen. Also mal wieder reine Spekulation. Die dient nur dazu, beim Beschuldigten „nachzuschauen“.

Das ist dann übrigens auch mit voller Wucht geschehen. Acht Beamte nahmen an dem Einsatz teil, darunter zwei aus dem Bundeskriminalamt in Wiesbaden.

Die Schlacht geht zu Ende

Einer meiner ältesten Fälle neigt sich dem Ende zu. Der Insolvenzverwalter einer Bankrott-Bank, mit dem wir uns regelrechte Prozessschlachten geliefert haben, hat den Schlussbericht fertiggestellt. Nach gut zehn Jahren ist ein Ende absehbar.

Erfreulich zu hören, dass die Gläubiger damit rechnen können, rund 70 % ihrer festgestellten Forderungen zu erhalten. Das ist eine ansehnliche Quote, und für meinen Mandanten geht es um viel Geld.

Jetzt muss das Amtsgericht den Bericht prüfen und absegnen. Ein paar Monate wird es also noch dauern. Weihnachten, ahnt der Mandant. Sicher keine schlechte Zeit für ein schönes Sümmchen.

Kein mobiles Internet für Abgeordnete

Die SPD möchte verhindern, dass ihre Abgeordneten unkontrolliert aus Sitzungen twittern und simsen.

Da man offensichtlich nicht an den Erfolg von Bitten oder Verfahrensordnungen glaubt, soll jetzt ernsthaft der Einsatz von „Störsendern“ im Reichstagsgebäude geprüft werden, heißt es bei heise online.

Damit stellen sich unsere Politiker interessanterweise auf die Stufe von Gefangenen. Die Justiz arbeitet ja schon seit Jahren daran, Handys und mobiles Internet aus den Strafanstalten zu verbannen. Dass die Fraktionsspitze ernsthaft meint, ihre Abgeordneten wie Strafgefangene entmündigen und vom mobilen Internet abkoppeln zu können, lässt tief blicken.

Vielleicht wacht der eine oder andere Bundestagsabgeordnete jetzt mal auf. Er dürfte nicht nur auf Twitter Gehör finden.

Im hohen Bogen

Gerade kriege ich einen mittleren Herzkasper, als ich eine frisch reingekommene Ermittlungsakte, wie immer, von hinten nach vorne durchgehe. Auf dem letzten Blatt heißt es:

RA Vetter als Verteidiger des Beschuldigten im System und ggf. in der Haftkontrolle erfassen.

Ich blättere hektisch. Ist mir etwa entgangen, dass mein Mandant in Untersuchungshaft genommen wurde? Das wäre zumindest unangenehm. Wie sich herausstellt, ist das entscheidende Wörtchen im Textbaustein, den ich so noch nicht gesehen habe, das „ggf.“ Gut, jetzt weiß ich es auch…

Mein Mandant soll Gras besessen haben. In der Anzeige lesen wir:

Als die Beamten ca. 20 Meter entfernt vom BES hielten, um auszusteigen und ihn zu kontrollieren, … warf er im hohen Bogen etwas auf den dortigen Parkstreifen zwischen zwei geparkte Pkw. Vom Beamten K. konnte zwischen den geparkten Pkw auf dem Boden ein Klemmverschlusstütchen mit Marihuana aufgefunden werden. Andere Gegenstände lagen dort nicht.

Die Beamten verweisen noch darauf, mein Mandant habe behauptet, sie wollten ihm die Betäubungsmittel „unterjubeln“. Dabei sei er als Betäubungsmittelkonsument doch schon „mehrfach wegen BtM-Delikten auffällig“ geworden.

Den Staatsanwalt hat das alles übrigens nicht sonderlich beeindruckt. Er hat das Verfahren mangels Tatverdachts eingestellt. Begründung:

Das aufgefundene Betäubungsmittel ist dem bzw. der Beschuldigten nicht hinreichend sicher zuzuordnen.

Dem „bzw.“ entnehme ich, dass der Staatsanwalt auch für solche Fälle einen Textbaustein hat. Somit ist davon auszugehen, dass er eine gesunde Einstellung dazu besitzt, wie man mit geringen Mengen zum Eigenverbrauch und besonders mit nicht eindeutigen Sachverhalten umgeht.

Das verspricht eine angenehme Zusammenarbeit.