Mordmotiv Eifersucht

Ein 60-jähriger Münsteraner hat gestern gestanden, seine 26-jährige Ehefrau vor gut 2 Wochen erwürgt zu haben. Danach kaufte er in einem Baumarkt Klebeband, wickelte die Leiche in einen Teppich, schob sie mit einer Sackkarre quer durch die Innenstadt, brachte sie in einem Pkw-Anhänger zu einer Brücke über den Mittellandlkanal im Bereich Ibbenbüren-Uffeln und versenkte sie dort mit einer Kette beschwert im Kanal.

Heute morgen bargen Polizeitaucher die Leiche. Das Motiv des Mannes ist laut Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer Eifersucht: Die junge Frau hatte einen 40-jährigen Freund, der sie auch vermisst gemeldet hatte. (pbd)

Erste Geständnisse in der Werkstattaffäre

Die Affäre um illegale Werkstattarbeiten in der Justizvollzugsanstalt Wuppertal (JVA) durch Gefangene weitet sich aus. Dort haben über viele Jahre hinweg insgesamt 6 JVA-Bedienstete, drei mehr als bislang bekannt war, private Autos ohne Bezahlung reparieren, warten und reinigen lassen.

Vor zwei Wochen hatte die Staatsanwaltschaft die JVA und Wohnungen mit dem Verdacht der Untreue und des Betruges durchsuchen lassen – doch noch immer sind alle diese Bediensteten in Amt und Würden: „Die Prüfungen zu Disziplinarmaßnahmen laufen noch“, sagte gestern Justiz-Staatssekretär Jan Söffing (FDP) im Rechtsausschuss des Landtages.

Er verweigerte aber die Auskunft zu der Frage der Abgeordneten Monika Düker (Grüne), ob etwa auch die Anstaltsleitung sich strafbar gemacht habe: „Die Ermittlungen stehen am Anfang. Es besteht eine Verdachtslage, nicht mehr, nicht weniger“. Gleichzeitig aber räumte Söffing ein, dass fünf Beschuldigte bereits Geständnisse abgelegt haben.

Auf die Frage des Abgeordneten Frank Sichau (SPD), warum die Bediensteten inzwischen nicht alle woanders beschäftigt werden, sagte Söffing, es gebe noch keine Anhaltspunkte zu personellen Konsequenzen. Daraus zog Düker den Schluss „Es ist also nicht passiert“.

Der Rechtsausschuss beschäftigte sich auch mit der Flucht eines Gefangenen aus der Zweiganstalt Krefeld vor knapp 4 Wochen. Die sei auch möglich geworden, berichtete Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU), weil die rot-grüne Vorgängerregierung vor 10 Jahren in NRW-Gefängnissen die Kronen der Mauern von Widerhakensperrdraht („NATO-Draht“) befreit habe.

Künftig werde es „eine Kombination moderner sicherheitstechnischer Einrichtungen“ geben. Der geflohene Häftling habe zudem offenbar Hilfe von außen gehabt – ob auch JVA-Bedienstete im Bunde waren, wird derzeit ermittelt. „Fremde Hilfe“, so hieß es, „kann alle möglichen Gestalten haben“. (pbd)

Lieber abbuchen

Ein Mann, der unter Betreuung steht, schuldete meinem Mandanten um die 2.000 €. Erst war die Betreuerin zögerlich. Ich schickte ihr einige aussagekräftige Dokumente. Sie wollte es dann nicht auf einen Prozess ankommen lassen.

Die Betreuerin schlug vor, dass wir die 2.000 € vom Konto des Betreuten abbuchen. Hierfür unterschrieb sie mir auch eine Einzugsermächtigung. Wieso sie das Geld nicht einfach uns überwies, erklärte die Betreuerin so: „Wenn ich was überweise, muss ich es vom Amtsgericht genehmigen lassen. Bei einer Abbuchung muss ich das Gericht nicht fragen.“

Ich weiß nicht, ob es stimmt. Ist mir auch egal, denn die Lastschrift hat gehalten.

Das Wetter von übermorgen

„Der Kläger erhält Gelegenheit, binnen 10 Tagen zu dem zu erwartenden Kostenantrag Stellung zu nehmen.“

Rechtliches Gehör zu künftigen, ungewissen Prozesshandlungen. Das ist ungefähr so sinnreich, wie heute über das Wetter von übermorgen zu schimpfen.

Bewährung für Staatsanwalt

Wegen Rechtsbeugung und Strafvereitelung ist ein Mannheimer Staatsanwalt zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil gegen den Strafverfolger jetzt bestätigt.

Der Staatsanwalt unterließ es in einem Ermittlungsverfahren weisungswidrig, Ermittlungen zu führen – namentlich das Opfer und den Beschuldigten vernehmen zu lassen – und Anklage zu erheben. Dabei ging es um schweren sexuellen Missbrauch von Kindern.

Der Beamte versuchte überdies, seine Untätigkeit zu verschleiern. Unter anderem brachte er eine Geschäftsstellenmitarbeiterin durch Täuschung dazu, das Verfahren aus dem Register auszutragen, und es in einem Rückstandsbericht an die vorgesetzte Behörde zu verschweigen.

Der Staatsanwalt litt an dem sog. Tourette-Syndrom, aus dem sich Ende 2003 eine mittelgradige bis schwere depressive Erkrankung entwickelt hatte; hinzu trat zunehmender Alkoholkonsum. Dies führte zu mangelhaften Arbeitsleistungen des Angeklagten.

Anlass für die Nichtbearbeitung des Ermittlungsverfahrens war zudem: Der Angeklagte war verärgert, weil die Staatsanwaltschaft Dessau zweimal die Übernahme des Verfahrens abgelehnt hatte. Auch hatte er dem Verteidiger des Beschuldigten die vorläufige Einstellung des Verfahrens nach § 154 StPO zugesagt, weil der Verdächtige bereits eine andere hohe Freiheitsstrafe erhalten hatte. Der Vorgesetzte des Staatsanwalts hatte die Einstellung aber abgelehnt.

Der Angeklagte zeigte sein Fehlverhalten im Februar 2005 selbst an. Das Ermittlungsverfahren wurde daraufhin forciert. Im März 2006 verhängte das Landgericht Mannheim in dieser Sache eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten und ordnete die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung an.

Die gegen das Urteil gerichteten Revisionen des Staatsanwalts und der Staatsanwaltschaft blieben erfolglos. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Auffassung des Landgerichts bestätigt: Zu Recht habe es das Verhalten des Angeklagten als Tun und nicht als Unterlassen gewertet; denn der Angeklagte habe es nicht nur unterlassen, das Ermittlungsverfahren weiter zu betreiben, sondern der Weiterbetreibung aktiv entgegengearbeitet.

Das Landgericht habe auch zutreffend nur verminderte Schuldfähigkeit angenommen. Der Staatsanwalt hatte auf Schulunfähigkeit plädiert; in diesem Fall hätte er freigesprochen werden müssen.

Persönliche Hilfestellungen

1.250 Euro brutto für eine Anstellung als Rechtsanwalt? Bei so einer üppigen Vergütung ist klar, dass Bewerber auf diese Stellenanzeige für mehr qualifiziert sein müssen als für Schriftsätze, Besprechungen und Gerichtstermine. Erwartet werden auch „persönliche Hilfestellungen des Senior-Chefs bei Berufs- und Krankenfahrten“.

Eine polnische Krankenschwester mit Führerschein wäre wahrscheinlich teurer.

(Danke an n.n. für den Link)

Hannahs Qual – in allen Einzelheiten

Die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) sind für Staatsanwälte bindend. Ziff. 23 regelt die Zusammenarbeit mit der Presse:

… Auch ist im Einzelfall zu prüfen, ob das Interesse der Öffentlichkeit an einer vollständigen Berichterstattung gegenüber den Persönlichkeitsinteressen … insbesondere auch des Verletzten überwiegt. Eine unnötige Bloßstellung ist zu vermeiden. …

Ob sich die heutige Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Bonn zum Mord an der 14-jährigen Hannah mit diesem Maßstab (noch) in Einklang bringen lässt?

Ich habe gerade mit einem Journalisten gesprochen. Ihn bringt die Detailfreude der Pressemitteilung in Nöte. Er empfindet es als anstößig und verletzend gegenüber dem Opfer und dessen Angehörigen, die grausige Tat in allen Details nachzuerzählen. Außerdem teilt er wohl meine Meinung, dass man mit solchen Texten am Ende womöglich die Falschen bedient.

In seiner Zeitung steht deshalb morgen die eigentliche Nachricht im Mittelpunkt, dass Anklage erhoben wurde. Und nicht die Details der Tat.

Wenig angetan

Elf Jahre hat der Mandant in einer Gaststätte als Kellner gearbeitet. Erst neulich kam ihm der Gedanke, dass er möglicherweise Anspruch auf Urlaub hat. Und dass er auch nicht durchgehend sieben Tage die Woche arbeiten muss. Der Wirt wies diese neumodischen Ideen zurück; die Kündigung schob er gleich nach.

Vor dem Termin bei mir hat sich der Mandant, der nicht sehr gut deutsch spricht, eingehend von Freunden „beraten“ lassen. Die haben ihm schon mal ausgerechnet, was er für elf Jahre rückwirkend fordern kann. Zuzüglich der fetten Abfindung. Heraus kam eine stolze Summe, die mir auf einem Zettel präsentiert wurde.

Ich durfte dann erklären: Urlaub verfällt, vergütungspflichtige Mehrarbeit ist zu beweisen. Außerdem gibt es Verfallfristen und Verjährung. Hierauf können sich auch böse Arbeitgeber berufen.

Bei dem, was rechnerisch übrig blieb, hielt sich die Begeisterung deutlich in Grenzen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch nicht erklärt, dass es in Kleinbetrieben keinen Kündigungsschutz gibt…

Lkw-Convention

Auf dem Medienforum Mittweida war es sehr nett. Auch wenn ich leider den gestrigen „Biergipfel“ verpasst habe, weil ich heute im Büro sein muss.

Allerdings hätte ich fast auf dem Rastplatz Herleshausen Nord übernachten müssen. Der war so mit Lkws vollgestopft, dass ich kaum noch rausgefunden habe. Lag wohl daran, dass Brummifahrer mittlerweile lieber im Parkverbot stehen als ihre Fahrzeit zu überschreiten.

Jedenfalls musste ich einem verzweifelten Mann („Ich darf nicht weiter fahren“), der mir die Durchfahrt blockierte, erst mit der Autobahnpolizei drohen, bevor er etwas zur Seite setzte. „Ist überall dasselbe, nirgends gibt es genug Ruheplätze“, fluchte der Lkw-Fahrer.

Ach so, und ich dachte zuerst, der Rasthof ist besonders beliebt, weil es ja sonst eher selten direkt an der Autobahn einen Beate-Uhse-Schuppen gibt.

Nicht nötig

Telefonnotiz:

Fr. A. hat den Termin für Mi abgesagt weil das Jugendamt ihr sagte, dass sie keinen RA braucht.

Ganz schön schlau, die beim Jugendamt. Ob sie dabei bleiben, wenn der Jugendrichter Frau A. demnächst wegen gefährlicher Körperverletzung für zwei Wochen einfahren lässt?

Anwaltskalender 2008

Juristenkalender 2008? Warum nicht, so lange er die bissigen Motive von Wulkan bringt. Die Bilder des Karikaturisten sind regelmäßig auch im law blog zu sehen. Wer sich Wulkans neueste Werke an die Wand hängen will, kann sich den Kalender für 19,90 Euro (zuzüglich 5,50 € Versand) bestellen. Telefonisch unter 0172 200 35 70. Oder per Mail: wulkan@arcor.de.

Bekehrung

Stundenlang durch neue Bundesländer gefahren. Wichtigste Erkenntnis: Es ist schwer, im Radio was Härteres als Simon & Garfunkel zu finden. Und ich dachte echt, ich wäre der Letzte, der sich mal einen iPod kauft.

Werktägliche Geschäftigkeit

Obwohl Automaten-Videotheken ohne Personal funktionieren, sollen sie in Nordrhein-Westfalen auch sonntags geschlossen bleiben. So will es das Oberlandesgericht Düsseldorf. Die Richter sehen es als wettbewerbswidrig an, wenn sich Bürger am Sonntag von einem Roboter Videos geben lassen:

Gestützt wird der Beschluss auf § 3 Feiertagsgesetz NRW:

An Sonn- und Feiertagen sind alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten verboten, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu stören, sofern sie nicht besonders erlaubt sind.

Dass in der Videothek eigentlich niemand arbeitet, umgehen die Richter mit einer bemerkenswerten Auslegung der Vorschrift:

Durch die Öffnung ihres Ladengeschäfts an Sonn- und Feiertagen für den Kundenverkehr und die Vermietung von Filmen übt die Beklagte nach außen erkennbar ihre gewerbliche Tätigkeit und damit öffentlich erkennbare Arbeit aus, auch wenn sie an Sonn- und Feiertagen die Ladenöffnung und den Vermietungsvorgang ohne den Einsatz von Personal in automatisierter Form bewerkstelligt.

Wieso stört aber eine Automaten-Videothek die „Ruhe des Tages“? Dazu die Richter:

Wenn, wie im Streitfall, die Vermietung von Videofilmen in einem für die Kunden zugänglichen Ladengeschäft betrieben wird, erweckt dies aufgrund des Kundenverkehrs in dem Ladengeschäft auch nach außen den Eindruck werktäglicher Geschäftigkeit und stört damit die äußere Ruhe von Sonn- und Feiertagen. Anders als an Bankautomaten halten sich Kunden, die Videofilme zunächst aussuchen und sodann – automatisiert – mieten, für eine gewisse Zeit in dem betreffenden Ladengeschäft auf, was eine typisch werktägliche Tätigkeit ist. Für den Kauf von Lebensmitteln an Warenautomaten, die in der Regel an Orten wie Bahnhöfen aufgestellt sind, um den Reisebedarf zu decken, ist das Betreten eines Ladengeschäfts nicht erforderlich.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, auf den sich das OLG Düsseldorf bezieht, erkennt in einem älteren Beschluss sogar eine gesellschaftspolitische Dimension:

Die vermieteten Videokassetten und DVDs dienen zwar auch dem Freizeitvergnügen der Kunden an Sonn- und Feiertagen. Sie müssen zu diesem Zweck aber nicht notwendigerweise auch an diesen Tagen entliehen werden, sondern können werktags zum Gebrauch an Sonn- und Feiertagen gemietet werden…. Art. 140 GG, Art. 139 WRV machen die Rechtmäßigkeit der zum Schutz der Sonntagsruhe getroffenen gesetzlichen Regelungen auch nicht davon abhängig, dass spontane Wünsche auf der Stelle befriedigt werden können, und muten dem betroffenen Publikum mit dem gesetzlichen Schutz der Sonntage und Feiertage eintretende Beschränkungen als verfassungsmäßige Beschränkungen grundrechtlicher Freiheiten zu.

Aber es gibt doch die Ausnahmevorschrift des § 4 Ziff. 5 Feiertagsgesetz NRW. Erlaubt sind danach

Arbeiten, die der Erholung im Rahmen der Freizeitgestaltung dienen. Dazu gehört insbesondere der Betrieb von Saunas, Bräunungs- und Fitnessstudios.

Aus dem Nachsatz („insbesondere“) entnehmen die Richter, dass es sich um Angebote handeln muss, die „an Ort und Stelle“ gemacht werden. DVDs ausleihen und zu Hause gucken, falle „ersichtlich“ nicht darunter.

Warum, wird nicht erklärt. Ausgerechnet am entscheidenden Punkt fehlen den Richtern also die Argumente. Sie haben auch keine. Der Nachsatz macht nur klar, dass die Ausnahme für bestimmte Sparten jedenfalls gilt und es auch andere Ausnahmen gibt. Keineswegs grenzt er aber die in Frage kommenden „Arbeiten“ ein. Schon gar nicht ergibt sich aus ihm der Grundsatz, dass der Kunde unmittelbar an Ort und Stelle direkt von der Arbeit profitieren muss.

Aber wo eine Mission ist, da findet der Jurist auch den passenden Dreh. Man könnte auch sagen: Wünsche einen schönen Kirchgang gehabt zu haben.