Der Mandant hat etwas Arbeit mitgebracht:
Pro-Tipp: Das Öffnen von Gerichtspost besser nicht bis zum Termin beim Anwalt aufschieben.
Ihr gehört vielleicht auch zu jenen, die mit dem Abschluss eines Fitness-Vertrags ins neue Jahr gestartet sind. Von wegen gute Vorsätze und so. So schnell die Mitgliedschaft in einem Fitnessclub zustande kommt, so schwer ist es mitunter wieder rauszukommen – jedenfalls vor Ablauf der regulären Kündigungsfrist.
Zu den beliebtesten Gründen für eine vorzeitige Auflösung gehört sicher der Umzug, sofern er beruflich bedingt ist. Lässt sich ein Umzug aber nicht belegen, bleiben oft nur noch gesundheitliche Gründe; diese können ebenfalls eine Kündigungsfrist aushebeln (§ 314 BGB).
Allerdings reicht es letztlich nicht aus, wenn ein Attest „gesundheitliche Gründe“ bescheinigt. So hat es jetzt das Amtsgericht Frankfurt entschieden. Der Betreiber eines Sportstudios wollte rund 1.500,00 Euro rückständiger Beiträge von einem Kunden haben. Das besagte Attest wollte er nicht akzeptieren.
Dabei reicht ein Attest, das „gesundheitliche Gründe“ bescheinigt, nach Auffassung des Gerichts zwar grundsätzlich aus. Was die positive Folge hat, dass der Kunde dem Sportstudio nicht unbedingt seine Krankheitsgeschichte offenbaren muss. Allerdings, so das Gericht, bestehe im späteren Gerichtsprozess eine Pflicht des Kunden, das Gericht zu überzeugen, dass die gesundheitlichen Gründen wirklich vorliegen.
Genau das hatte der Kunde versäumt. Er berief sich darauf, das Gericht möge selbst beim Arzt nachfragen, wenn es an den Angaben zweifelt. Hierfür sah das Gericht aber wiederum keine Notwendigkeit. Wer also abstrakt gesundheitliche Gründe geltend macht, sollte dies nicht nur belegen können, sondern es auch tatsächilich tun (Aktenzeichen 31 C 2619/19).
Verfahren mit mehreren Angeklagten und (vielen) Anwälten bringen Gerichte mitunter an Grenzen. Räumliche. In einem Verfahren hat sich jetzt eine besondere Sitzordnung ergeben.
Mein Mandant, die Mitverteidigerin und ich sitzen den anderen Angeklagten gegenüber, an der Fensterseite. Die Fensterseite teilen wir mit dem Staatsanwalt. Uns hat man sozusagen in zweiter Reihe davor drapiert. Mit der reichlich merkwürdigen Folge, dass ich sozusagen meinen Gegner im Rücken habe.
Das Ganze ist auch deswegen etwas schwierig, weil der Vertreter der Anklage eigentlich ständig beobachten kann, was ich an meinem Rechner mache. Insbesondere was ich zum Prozessverlauf notiere, welche Dokumente ich aufrufe. Und natürlich auch, was ich sonst so online treibe.
Na ja, ich habe zum Test mal 45 Minuten durch Promiflash geklickt. Der Staatsanwalt hat sich nichts anmerken lassen. Mangels Lach-Flash seinerseits beschränke mich somit darauf, in kritischen Fällen, zum Beispiel der Lektüre von E-Mails meiner Mandanten, einen breiten Rücken zu machen.
Es ging mal wieder um kleinere Mengen an Betäubungsmitteln, welche den Besitzer gewechselt hatten. Im Zeugenstand saß eine junge Frau, die bei meinem Mandanten im Jahr 2016 was gekauft haben soll.
Sie stellte sich brav vor, nannte als Arbeitgeber den „öffentlichen Dienst“. Und war sich sichtlich unsicher, wie sie auf die Frage der Richterin antworten sollte, ob sie denn heute was sagen möchte. Das müsse sie nämlich nicht, so die Richterin. Stichwort: keine Pflicht zur Selbstbelastung – jedenfalls sofern das Verfahren gegen die Zeugin nicht schon rechtskräftig abgeschlossen ist.
Ob da schon was zu Ende ist, war allerdings die Frage. Denn die Zeugin hatte nach eigenen Angaben noch rein gar nichts davon gehört, dass eventuell gegen sie ermittelt wird bzw. wurde. Also kein Anhörungsbogen von der Kripo, auch ansonsten keine Post. Selbst die Richterin signalisierte der Zeugin, dass sie gerade in dieser Situation heute doch besser einfach mal schweigen sollte. Wenn sich die Zeugin Sorgen mache, könne sie ja mal bei der Staatsanwaltschaft anrufen und sich nach dem Stand Verfahrens erkundigen. Die Richterin schrieb ihr sogar noch das Aktenzeichen unseres Verfahrens auf.
Ich erlaubte mir da doch den Hinweis auf die schlafenden Hunde, die man in der Regel besser nicht wecken sollte. Ich glaube, die Botschaft kam bei der Zeugin an.
Gibt’s bei Facebook niemanden, der deutsche Gerichtsentscheidungen lesen und verstehen kann? Genau dies hatte das Unternehmen an seinem Sitz in Irland behauptet – und die Zustellung einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Düsseldorf abgelehnt.
Innerhalb der EU können Empfänger gerichtlicher Schriftstücke die Zustellung verweigern, wenn sie das Schriftstück nicht verstehen und wenn es nicht in der Amtssprache abgefasst ist, die am Zustellungsort gilt. Facebook hatte sich wohl auf den Standpunkt gestellt, die Mitglieder der Geschäftsführung verstünden kein Deutsch, deshalb habe das Unternehmen Anspruch auf eine Übersetzung.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf sieht dies anders. Es komme darauf an, ob das Unternehmen insgesamt so organisiert ist, dass ausreichende Sprachkenntnnisse bei Mitarbeitern vorhanden sind, insbesondere in der Rechtsabteilung. Das sei bei Facebook aber doch sehr offensichtlich der Fall. Die Richter verweisen darauf, dass die komplette Webseite auf deutsch zur Verfügung steht, ebenso die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und viele weitere Dokumente.
Facebook darf sich also nicht dumm stellen (Aktenzeichen I-7 W 66/19).
Normalerweise erfülle ich ja gern die Wünsche meiner Mandanten. Aber es gibt Grenzen…
Dieser Tage begleitete ich einen Mandanten auf ein Polizeipräsidium. Er wollte eine Strafanzeige erstatten. Es geht um einiges, die Sache ist komplex – und nicht alle Beteiligten spielen mit fairen Mitteln.
Deshalb hat sich der Mandant zu höchster Vorsicht entschlossen. So hatte er auf dem Weg die Idee entwickelt, dass wir unsere Handys im Präsidium beim Pförtner deponieren, damit wir im Vernehmungsraum nicht abgehört werden können. Was er befürchtete.
Mein Handy mehr oder weniger unbeaufsichtigt bei der Polizei? Wie gesagt, es gibt Grenzen. Den Wunsch musste ich dem Mandanten ausreden. Ausschalten hat ihm dann gereicht.
Vor Gericht ging es darum, ob Geld in einer Ladenkasse nur Geld ist, das Geld in der Hosentasche des Ladenbesitzers aber Drogengeld. Es war eine recht amüsante Diskussion…
Selbst der Staatsanwalt sah ein, dass dem Bargeld in der Kasse eines Kiosks erst mal per se nichts Anrüchiges anhaftet. Aber bei den knapp 1.700 Euro, welche die Polizei bei ihrem unangemeldeten Besuch im Kiosk meines Mandanten in dessen Hosentasche fand, sollte die Sache ganz anders liegen. Alles Dealgeld, befand der Staatsanwalt, welches natürlich bis auf den letzten Cent einzuziehen und zur Konsolidierung des Staatshaushalts zu verwenden ist.
Gut, der Mandant hat ab und zu nicht nur Zigaretten, Weingummi und Kaffee über den Tresen gereicht. Dass aber Geld in der Hosentasche irgendwie krimineller anzusehen ist als in einer Ladenkasse, wollte auch die Richterin nicht so ganz einsehen. Der Herr Staatsanwalt, merkte sie an, mache sich doch eher falsche Vorstellungen, wie das mit dem Bargeld in kleinen Geschäften läuft. Sie wisse es, denn sie habe jahrelang kleine Steuersünder verfolgt. Sie wundere sich jedenfalls nicht, dass ein Kioskbesitzer Bargeld bei sich trägt – viele Lieferanten wollten ja genau dieses haben, bevor sie ihre Waren da lassen.
Außerdem wurde noch festgestellt, dass mein Mandant die 1.700 Euro in Form von Fünfzigern und Hundertern bei sich hatte. Kleinere Drogenkäufe würden aber eher mit Fünfern, Zehnern und vielleicht Zwanzigern abgewickelt. Sagte die Richterin, nicht ich. Allerdings freute ich mich mich über so viel Realitätssinn, denn bekanntlich ist die „dealertypische Stückelung“ für die Polizei ja meist ohnehin genau jene, die sich ihr beim Einsatz gerade präsentiert.
Am Ende kriegten war also Recht, was das Geld angeht. Wenn der Mandant meine Anwaltsgebühren dann aus der Rückerstattung tilgt, ist mir das doppelt lieb. Nach so eingehender gerichtlicher Prüfung muss ich den Geldwäschevorwurf, den wir Anwälte ja immer mal wieder hören, in diesem Fall jedenfalls nicht fürchten.
Ich finde sicher nicht alles richtig, was ein psychiatrischer Sachverständiger über meinen Mandanten schreibt. Aber es tut schon sehr gut, wenn ein Experte sich mal darum bemüht, die Wirklichkeit nicht komplizierter zu machen als sie ist. So heißt es in dem Gutachten:
Diverse Stellungnahmen, in denen das Sexuelle für sekundär oder gar vernachlässigbar erklärt wird, verkennen die enorme Wirkmacht sexuellen Begehrens und des Wunsches nach sexueller Erregung. Das sexuelle Begehren ist neben der Habgier und dem Wunsch nach Rache eine der stärksten menschlichen und auch kriminellen Triebkräfte (ausweislich auch der Weltgeschichte).
Die Millionen, die sich Pornografie ansehen und dabei masturbieren, sehnen sich nicht nach Macht und Machterhalt, sondern nach dem Erleben von realem Geschlechtsverkehr. Man scheut sich, diese jedermann bekannten Sachverhalte innerhalb eines wissenschaftlich begründeten Gutachtens nochmal zu betonen. Leider aber wird aus diversen verkopften Stellungnahmen deutlich, dass manche Akademiker glauben, wer sich rechtswidrig Sexualität verschaffe, müsse eine psychische Schädigung haben und ein Opfer sein, das genötigt ist, Kränkungen und Probleme so und nicht anders zu kompensieren.
Da kann man schon einige Zeit drüber nachdenken…
Das law blog wünscht allen Lesern frohe Weihnachten und schöne Festtage.
Bis zum 6. Januar 2010 ist auch hier Pause. Bis dahin.
Eine Privatschule darf eine Stellenanzeige nicht für eine „Fachlehrerin Sport (w)“ ausschreiben. Zumindest nicht, wenn sie juristischen Ärger vermeiden will.
Ein männlicher Sportlehrer hatte in dem vom Bundesarbeitsgericht nun entschiedenen Fall auf eine Entschädigung geklagt, weil er sich diskriminiert fühlte. Die Schule hatte argumentiert, das Schamgefühl von Schülerinnen könne beeinträchtigt werden, wenn es bei Hilfestellungen im nach Geschlechtern getrennt durchgeführten Sportunterricht zu Berührungen der Schüler durch männliche Sportlehrkräfte komme bzw. diese Umkleideräume betreten müssten, um dort für Ordnung zu sorgen.
So einfach ist es aber nicht, meint das Bundesarbeitsgericht. Nach den europarechtlichen Vorgaben müsse das deutsche Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz eng ausgelegt werden. Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Bewerbern seien nur zulässig, wenn das Geschlecht für die Stellenvergabe wesentlich, entscheidend und angemessen sei. Der doch eher pauschale Rekurs auf das „Schamgefühl“ reicht den Richtern nicht aus. Übrigens im Gegensatz zu den Vorinstanzen. Die Arbeitsgerichte in Nürnberg hatten die Entschädigungsklage des Lehrers abgewiesen. Wie hoch die Entschädigung ausfällt, muss noch verhandelt werden (Aktenzeichen 8 AZR 2/19).
Wenn ihr eine Rechnung bezahlt, schaut bitte, dass nicht nur die IBAN und der Betrag stimmen – sondern auch der Verwendungszweck. Fehler können nämlich teuer werden, hat jetzt eine Familie aus Wuppertal erfahren.
Die Geschichte ist etwas kompliziert, aber ich fasse sie gerne zusammen. Bei der Zahlung einer Pauschalreise in die Türkei schrieb die Kundin in den Betreff der Überweisung nicht die Rechnungsnummer, sondern sie vermerkte die Steuernummer und die Umsatzsteueridentifikationsnummer des Reiseunternehmens. Das Geld kam auch vom Konto eines Dritten, dessen Name in den Buchungsunterlagen nicht auftaucht. So konnte der Veranstalter die Zahlung auch nicht über den Namen zuordnen.
Der Veranstalter stornierte den Türkei-Urlaub wegen der rückständigen Zahlung, behielt dann aber später von dem Geld, das ja bei ihm eingegangen war, knapp die Hälfte wegen seiner eigenen Unkosten ein (1.420,00 €). Zu Recht, befindet das Amtsgericht München, denn der Veranstalter habe nicht mehr tun können als die Rechnung anzumahnen. Auf die Mahnungen hatten die Reisenden nach Feststellung des Gerichts aber nicht reagiert.
Selbst wenn man sich selbst nicht für so „dumm“ hält, kann die Fehlerquelle auch eine andere sein. Denkt nur an die Tools, die euch Banken heute zur Verfügung stellen. So lässt sich die Rechnung als PDF hochladen, die Banksoftware sucht sich die Überweisungsdaten selbst zusammen. Da kommt es immer wieder vor, dass Zahlen vom System falsch übernommen oder falsch interpretiert werden. Ich spreche aus Erfahrung (Aktenzeichen 161 C 22009/17).
Ob gelesen oder nicht mal ausgepackt: Gedruckte Bücher darf man problemlos weiter verkaufen. Warum gilt das nicht auch bei E-Books, wird schon lange gefragt. Eine niederländische Online-Plattform (Tom Kabinet) sah im Weiterverkauf von E-Books gar ein Geschäftsmodell. Sie nahm „gebrauchte“ E-Books zurück und vergütete den Kunden einen Teil des Kaufpreises. Der Kunde musste nur versichern, dass er das E-Book gelöscht hat.
Die Geschäftsidee hat seit heute allerdings keine Zukunft mehr. Der Europäische Gerichtshof stellt in einem Urteil nämlich fest: Gedruckte Bücher und E-Books sind zwei unterschiedliche Dinge, die man nicht miteinander vergleichen kann. Konkret ging es um die Frage, ob bei E-Books auch der Erschöpfungsgrundsatz gilt. Dieser besagt, dass ein Gegenstand (Buch) beliebig weiter verkauft werden darf, wenn der Rechteinhaber den Gegenstand selbst in der Europäischen Union verkauft hat.
Bei E-Books stellt sich aber die Frage, ob die Weitergabe nicht auch gleichzeitig eine „Wiedergabe“ ist. Diese Wiedergabe darf der Rechteinhaber auch später kontrollieren und insbesondere untersagen. Der Europäische Gerichtshof entscheidet sich dafür, dass für E-Books das Wiedergabeverbot gilt – ohne Einverständnis des Rechteinhabers also auch keine Weitergabe.
Zur Begründung weist das Gericht darauf hin, dass gebrauchte Bücher eben tatsächlich gebraucht sind. Bei E-Books könne man das aber nicht sagen; die Qualität eines E-Books bleibe immer gleich. Ein Zweitmarkt schädige damit unmittelbar das Geschäft der Erstverkäufer. Für E-Books wird es also auch künftig nur eine legale Quelle geben: die mit dem Segen des Rechteinhabers (Aktenzeichen C 263/18).
Fluggesellschaften haften dafür, wenn sich beim Ausschenken von Kaffee an Bord Passagiere verbrühen – sofern die Fluggäste den Unfall nicht verschuldet haben. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden.
Geklagt hatte ein sechsjähriges Mädchen, das mit seinen Eltern 2015 von Mallorca nach Wien flog. Die Flugbegleiterin stellte den Kaffee für den Vater zwar auf den Klapptisch, der Becher geriet aber ins Rutschen und kippte um. Das Kind, welches sich an seinen Vater anlehnte, erlitt mittelschwere Verbrennungen auf zwei bis vier Prozent seiner Körperoberfläche.
Die mittlerweile insolvente Fluggesellschaft Niki (der Name wird von Ryanair fortgeführt) berief sich darauf, der Begriff des „Unfalls“ im Sinne des Montrealer Abkommens, das die Haftung auf Flügen regelt, setze ein „flugspezifisches Risiko“ voraus. Es konnte aber nicht festgestellt werden, ob der Kaffeebecher zum Beispiel wegen eines Fehlers des Klapptisches oder etwa durch Vibrationen kippte.
Der Europäische Gerichtshof sieht die Haftung von Airlines ohnehin nicht auf flugspezifische Risiken beschränkt. Der Begriff des Unfalls erfasse jeden Sachverhalt an Bord, bei dem ein Passagier durch ein Flugzeugteil oder einen Mitarbeiter verletzt werde. Auf die Frage, wie es zu dem Unfall genau kam, kommt es laut dem Urteil somit nicht an. Dem Kind stehen laut dem Urteil 8.500 Euro Schmerzensgeld zu (Aktenzeichen C-532/18).
Schon bei seinem ersten Besuch hier im Büro habe ich dem Mandanten geraten, den Ball flach zu halten. Man hat ja so seine Erfahrung…
Passiert ist folgendes: Die Polizei klingelte beim Mandanten, weil ihn – so jedenfalls die Angaben der Herren Drogenfahnder – jemand als Dealer denunziert hat. Der Mandant fragte nach einem Durchsuchungsbeschluss. Gefahr im Verzug, sagten die Beamten. Der Mandant könne aber auch freiwillig der Durchsuchung zustimmen, dann gebe es ganz bestimmt weniger Ärger. Das machte der Mandant dann auch (wovor ich ihm aber abgeraten hätte).
Gefunden wurde bei der Durchsuchung eine mittlere Menge Marihuana. Dafür muss man nicht in den Knast, aber harmlos ist die Geschichte auch wieder nicht. Außerdem gab es in der Wohnung Bargeld, etwas mehr als 3.000 Euro. Stoff und Bargeld wurden mitgenommen. Für ein förmliches Protokoll war keine Zeit, der nächste Einsatz wartete angeblich schon auf die Beamten. Der Mandant müsse erst mal gar nichts machen, hieß es, er kriege noch einen Anhörungsbogen von der Kripo.
Ich würde die Geschichte nicht erzählen, wenn genau das dann auch passiert wäre. Aber – Schweigen im Walde. Kein Anhörungsbogen. Auch ansonsten nichts. Nach einem dreiviertel Jahr spricht langsam doch eine Vermutung dafür, dass der Vorgang – sicherlich völlig versehentlich – nicht mit einem amtlichen Aktenzeichen aufgewertet wurde. Der Mandant überlegt natürlich immer mal wieder hin und her, ob er schlafende Hunde wecken soll. Oder ob er doch besser seine Barschaft abschreibt.
Ich gehe davon aus, dass er die richtige Entscheidung trifft. Damit wären wir wieder beim eingangs erwähnten Ball.
Ich habe echt keine Ahnung, wieso mir ein Gericht schon wieder ein Urteil zusendet. Verbunden mit einem sogenannten Empfangsbekenntnis. Auf dem quittiere ich, das juristische Schriftstück erhalten zu haben. Es geht, um das klarzustellen, um ein und dasselbe Urteil, welches ich zum dritten Mal erhalte und das ich nun schon seit Monaten kenne. Wie auch bei den letzten Malen liegt das Formular eines Empfangsbekenntnisses bei, das ich ausfüllen und zurücksenden soll.
Da ich noch Kopien der ersten beiden Empfangsbekenntnisse habe, bin ich mir ziemlich sicher, dass weder ich noch meine Mitarbeiter einen Fehler gemacht haben. Das Ganze ist auch keine besondere intellektuelle Herausforderung, zumindest wenn du den Job schon 25 Jahre machst. Sicher, auch bei der Rücksendung (die ist per Post und Fax möglich) geht schon mal was schief – aber gleich zwei Mal?
Irgendwie wäre es in diesem Fall doch nett, würde das Gericht sich zu einer kleinen Erklärung bemüßigt sehen, warum es jetzt auch noch eines dritten Empfangsbekenntnisses bedarf. Diese Erklärung fehlt leider und so stellt sich mir ein ganz klein bisschen die Frage, ob und wie lange ich an diesem kleinen Spektakel eigentlich noch mitwirken muss. Jedoch dauert die (wegen Anwaltskammer) sorgfältige Prüfung dieser Rechtsfrage deutlich länger als eine Unterschrift. Ich werde das Problem somit ökonomisch lösen und dem Gericht seinen Wunsch klaglos erfüllen.