NO SHOWS

In letzter Zeit habe ich mit einem echten Problem zu kämpfen: den „No shows“. Letzten Donnerstag war es völlig krass. Vier neue Mandanten standen im Terminkalender. Erschienen ist ein einziger. Ansonsten liegt die Quote der Leute, die nicht mal absagen, bei ca. 30 %. Mit steigender Tendenz.

Für heute Nachmittag werden zum Beispiel schon Wetten angenommen, wer von den Neuen nicht auftaucht. 15.00, 15.30 oder 16.15? Meine Sekretärin bewertet die Wahrscheinlichkeit nach dem Klang des Namens. Ihre Kriterien billige ich nicht, deshalb bleiben sie hier unerwähnt.

Wir probieren es bei bisher unbekannten Mandanten mit kalkulierter Überbuchung. Ich wette schon jetzt, dass dann gnadenlos alle erscheinen. Aber auch das hat ja sein Gutes…

SCHARF

Zoff im Reiterverein scheint ja nicht gerade selten zu sein. Ich gerade den Streit eines Ex-Mausi-Schatzi-Pärchens um ein edles Dressurpferd hinter mich gelassen, da nutzte Mausi (ist nicht böse gemeint) die Chance, mich einer Reitschwester zu empfehlen.

Die hatte von ihrem Reitstall die Kündigung gekriegt. Triumphierend legte sie mir eine siebenseitige Stellungnahme zu den angeblichen Kündigungsgründen auf den Tisch. „Das ist eine Intrige, ich kann alles wiederlegen.“ Erwartungsgemäß ging es um nicht richtig geschlossene Weidetore, verschwundenes Futter, einen Versace-Mantel, üble Nachrede und andere Petitessen. „Ich freue mich richtig auf den Prozess.“

Leider musste ich ihre hochfliegende Erwartung dämpfen, den ungeliebten Vermieter mit anwaltlicher Hilfe zu demütigen. Denn einen Prozess wird es nicht geben. Und wenn, dann wird die Dame ihn verlieren. Sie ging nämlich davon aus, dass sie die Kündigungsgründe entkräften muss. Ein Vermieter braucht aber nur Gründe, wenn er Wohnraum an den Mann bringt, und zwar solchen für Menschen.

Alle anderen Mietverträge können gekündigt werden. Einfach so. Innerhalb der vertraglichen oder gesetzlichen Frist. Im Einstellvertrag war ein Monat vereinbart. „Da ist nichts zu machen“, erklärte ich. „Klar, wir können uns auf Räumung verklagen lassen und den Reitstallbesitzer beschimpfen. Das verzögert die Sache aber nur. Und kostet auch noch Geld.“

Mausis Freundin wollte es einfach nicht glauben. Sie wurde sogar böse und unterstellte mir, dass ich mich im „Pferderecht“ nicht richtig auskenne. Bloß weil ich ihr anbot, mal mit dem Reitstallbesitzer zu sprechen. Ich habe ihr geraten, eine zweite Meinung einzuholen. Ja, erklärte sie im Hinausgehen, sie suche sich jetzt einen richtig „scharfen Hengst“.

Dabei wünsche ich selbstverständlich viel Erfolg.

IDIOTENTEST ADE

Der nordrhein-westfälische Verkehrsminister hat die Straßenverkehrsämter angewiesen, im EU-Ausland erworbene Führerscheine auch bei Deutschen anzuerkennen. Das berichtet die Rheinische Post (Printausgabe vom 16. Juli 2004). Dies bedeutet, dass Bürger von Nordrhein-Westfalen jetzt unbedenklich ihren Führerschein in anderen EU-Ländern machen können, ohne dort wohnen zu müssen. Der Minister zieht damit die Konsequenz aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes. Dieser hatte bestätigt, dass alle Führerscheine in der EU gleichwertig sind.

Nun können insbesondere Verkehrssünder, denen in Deutschland die Fahrerlaubnis entzogen war, die medzinisch-psychologische Unterschuchung („Idiotentest“) umgehen. Diesen Test verlangen deutsche Behörden häufig, bevor sie die Fahrerlaubnis neu erteilen. Den Idiotentest gibt es zum Beispiel in Polen, Frankreich, Spanien und Italien nicht. Einzige Hürde: Die in Deutschland verhängte Sperrfrist muss abgelaufen sein, bevor die Fahrprüfung im Ausland abgelegt ist.

PEDIKÜRE

PEDIKÜRE

Wie süß: Die Polizei schaut Brummifahrern ab sofort ins Cockpit, berichtet der Express. Mit einer U-Boot-Kamera, die am Heck eines Streifenwagens montiert ist. Was die Beamten zu sehen bekommen, ist angeblich nicht immer appetitlich. So sollen schon Fahrer gefilmt worden sein, die sich am Steuer die Fußnägel schnitten.

Zu meinen Mandanten gehören auch zwei Speditionen. Da wird bei den angekündigten Schwerpunktkontrollen auch ein bisschen Arbeit für mich abfallen. Ob´s lustig wird, muss sich allerdings erst zeigen.

SEHR SCHÖN

SEHR SCHÖN

Schwerer Menschenhandel. Die Vorladung zu diesem Vorwurf hat eine afrikanischstämmige Mandantin in Aufruhr versetzt. So sehr, dass sie zur Besprechung ihre ganze Familie mitgebracht hat. Ein Mann, zwei Kinder, zwei Schwestern und noch drei, vier, vielleicht fünf „Cousins“. Genau war das im Gewusel auf unserem Kanzleiflur nicht auszumachen. Glücklicherweise waren ca. 90 % der Erschienenen auf freundliche Bitte bereit, draußen zu warten. Einen Kugelschreiber hat natürlich trotzdem jeder gekriegt.

Sehr schön, wenn sich nach dem überstandenen Großbesuch megawichtige Mandanten aus dem Auto ansagen, weil noch „ganz schnell“ zusammen ein Drohbrief zu verfassen ist, der unbedingt noch heute gefaxt werden muss.

Das hat den Eintritt des Wochenendes doch erheblich verzögert. Womit ich jetzt guten Gewissens eine Blog- und vielleicht sogar eine Arbeitspause verkünde.

Bis Montag.

WIR UNTERTANEN

Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft kennt kein Pardon.

Ihre Zahlung gilt dann als fristgerecht gezahlt, wenn der Beitrag bis zu Tag der Fälligkeit auf unserem Konto eingegangen ist. … Wir werden den Säumniszuschlag somit auch bei einem Zahlungsverzug von nur einem Tag geltend machen.

Achtung: diesen Tonfall nur angewöhnen, wenn Kunden Pflichtmitglieder sind und weder Kündigungsrechte noch Ausweichmöglichkeiten haben.

RENDITE

Das kommt dabei rum, wenn man sich für zwei Mandanten beim Amtsgericht um 161,00 Euro streitet:

Gegenstandswert: 161,00 €

10/10 Prozessgebühr gem. § 31 I 1 BRAGO € 25,00
3/10 Erhöhungsgebühr gem. § 6 BRAGO € 10,00
10/10 Verhandlungsgebühr gem. § 31 I 2 BRAGO € 25,00
Auslagenpauschale gem. § 26 BRAGO € 9,00
Zwischensumme € 69,00
16 % Mehrwertsteuer gem. § 25 II BRAGO € 11,04
Gesamtbetrag € 80,04

Zwei längere Besprechungen, insgesamt 12 Seiten Schriftsätze, ein Gerichtstermin. Seufz.

So, jetzt aber wieder raus aus dem betriebswirtschaftlich motivierten Trübsinn. Bei der nächsten Sache auf meinem Aktenstapel geht´s um deutlich mehr.

UNWÜRDIG

UNWÜRDIG

In Baden-Württemberg hat ein ehemaliger Häftling 650 Euro Schmerzensgeld erstritten – wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen. Der Mann hatte drei Wochen mit einem anderen Gefangenen eine neun Quadratmeter große Zelle teilen müssen; die Toilette war nur durch einen Vorhang abgetrennt. Das Land will gegen die Entscheidung wahrscheinlich in Berufung gehen, berichtet beck-aktuell.

GELDWERTE VORTEILE

Die kleineren Sachen („keine Umstände, war doch nur ein kleiner Ratschlag“) machen häufig die meiste Freude. Wenn sie dann mit einem Amazon-Gutscheinen oder einer Flasche Wodka honoriert werden.

Jedenfalls vielen Dank an die freundlichen Mandanten (und Blogleser).

AUFGELÖST

AUFGELÖST

In Köln ist mit sofortiger Wirkung ein ganzes Sondereinsatzkommando aufgelöst worden. Die Beamten wurden von Dienst suspendiert. Gegen die Polizisten wird laut Spiegel online u.a. wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Einige Beamte sollen Rauschgift geschmuggelt und Haschisch konsumiert haben. Im Frühjahr wurde einer der Beamten von seinen Kollegen bei einer Übung erschossen. Auch hier wird ermittelt.

AUA

Scheiden tut weh. Auch dem Anwalt. Nicht in der Geldbörse. Sondern weil er sich so fühlt wie ein Anrufbeantworter. Ständig der gleiche Text:

Wenn auch nur einer der Ehegatten während der Ehezeit als Angestellter gearbeitet hat, muss der Versorgungsausgleich durchgeführt werden. Sonst wird die Ehe nicht geschieden. Für den Versorgungsausgleich müssen die Rentenzeiten und Rentenanwartschaften geklärt werden. In Berlin, bei der Bundesversicherungsanstalt. Dort sitzen ein paar unglückliche Büromäuse, die sind für ganz Deutschland zuständig. Und damit chronisch überlastet. Bis ihr Computer die Auskünfte ausspuckt, dauert es mindestens vier Monate. Das sind exakt zwei Wochen länger als in Zeiten der Lochkarte. Wenn sich Lücken im Versicherungsverlauf herausstellen, kann es auch sieben, acht oder neun Monate dauern.

Die Wartezeit hätte man nur mit einem Notarvertrag verhindern können, in dem der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wird. Dieser Vertrag muss aber mindestens ein Jahr vor dem Scheidungsantrag geschlossen werden. Sie sind also ein bisschen spät dran. Nein, gegen die Bearbeitungsdauer kann man nichts machen. Nicht mal anrufen und betteln hilft. Die Leute von der Anstalt gehen entweder gar nicht ans Telefon. Oder sie bitten inständig darum, nicht noch mal anzurufen, weil sie sonst noch länger brauchen. Babs und Boris Becker sind auch nur deswegen so schnell geschieden worden, weil keiner von beiden während der Ehe Angestellter war.

Manche Mandanten kommen alle zwei, drei Wochen, nur, um sich den Text aufsagen zu lassen.

Falls jemand einen (legalen) Trick zur Beschleunigung von Scheidungsverfahren kennt, gebührt ihm meine ewige Dankbarkeit.

GEPÄCKVERLUST

GEPÄCKVERLUST

Nehmen sich Billigflieger das Recht, bei Gepäckkontrollen einfach Gegenstände zu konfiszieren? Einem Kunden von easy-Jet sind bei so einer Aktion die Akkus aus der Digitalkamera geklaut worden. DPMS INFO wirft einen Blick auf die Geschäftsbedingungen des Flugunternehmens.

FLOSKEL

Ich finde Anwälte albern, die in einer Diskussion vor Gericht jede Erwiderung mit der Floskel „Mit Verlaub, Herr Kollege …“ beginnen. Nächstes Thema.