Generalverdacht und Verhältnismäßigkeit

Fortsetzung in Sachen „Mikado“. Meine Erwiderung auf die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft ist gerade ans Amtsgericht Halle gegangen.

Zum Text.

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FTPWelt: Bewährung für alle Angeklagten

Schon nach zwei Verhandlungstagen ist der Prozess um die FTPWelt zu Ende gegangen. Die verbliebenen Angeklagten bekamen Bewährungsstrafen. Außerdem wurden sie zu Geldstrafen verurteilt, berichtet heise online.

Der angeklagte Rechtsanwalt Bernhard S. wurde wegen Beihilfe zu den Urheberrechtsverletzungen verurteilt. Er erhielt eine Bewährungsstrafe von 10 Monaten Gefängnis und muss 90.000 € Geldstrafe zahlen.

Die Zulassung als Anwalt dürfte damit nicht in Gefahr sein. An Rechtsanwälte wird in der Regel kein strengerer Maßstab angelegt als an Beamte. Diese verlieren erst ab einer Freiheitsstrafe von einem Jahr den Job. Bei Anwälten kann die Strafe auch darüber liegen. Kritisch für diese Berufsgruppe ist eher, ob das Delikt das Vertrauen der Mandanten untergräbt, zum Beispiel Veruntreuung von Kundengeldern.

Der Drang die Welt zu retten

Wird es zum Meinungsverbrechen, nicht an die Klimakatastrophe zu glauben? Und es zu sagen? Christian Schütte weist in der Financial Times Deutschland darauf hin, dass einflussreiche Publizisten in den USA keinen Unterschied mehr sehen zwischen Skepsis gegenüber der Erderwärmung und der Leugnung des Holocaust:

Wo die Kluft zwischen komplizierter Evidenz der Forschung und den drastischen Schlussfolgerungen für das Alltagsleben so groß ist, da ist die einfachste Lösung der große psychologische Sprung: fester Glaube und offensive Missionsarbeit; Ausgrenzung und Diskreditierung aller Zweifler und Andersgläubigen; Volksaufklärung aus allen Rohren und auf allen Kanälen.

Wissenschaft ist weiter gern gesehen – aber nur, wenn sie hergibt, was der Betrunkene von der Laterne erwartet: Stütze statt Erleuchtung.

Stimmen der Vernunft. Höre ich immer wieder gern.

Nein, die Terroristen müssen nicht

„Zumindest müssen die Täter alles Menschenmögliche zur Aufklärung ihrer damaligen Gräueltaten beitragen – was bis heute immer noch nicht geschehen ist.“

Sagt Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble über die RAF-Mitglieder, deren Entlassung auf Bewährung in Frage kommt.

Müssen?

Sind all die Assessoren aus der Rechtsabteilung des Innenministeriums noch im Karnevalskoma? Hat Herr Schäuble nicht mal selbst auf dem Gebiet der Rechtswissenschaften promoviert? Oder warum erzählt der Innenminister etwas, was mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren ist?

Bei lebenslanger Freiheitsstrafe sieht das Strafgesetzbuch eine Haftentlassung zur Bewährung vor. Diese kann erstmals nach 15 Jahren erfolgen. Oder nach der vom Gericht verhängten Mindestverbüßungszeit (besondere Schwere der Schuld). Das Gericht muss die Bewährung bewilligen, „wenn dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann“.

Nach dem unmissverständlichen Gesetz und der bisher übereinstimmenden Auffassung minus der unseres Innenministers ist also nur die Frage zu beantworten, ob die Gefahr besteht, dass der Verurteilte nach seiner Entlassung erneut Straftaten begeht. Zur Vorbereitung seiner Entscheidung holt das Gericht mindestens ein psychologisches Gutachten ein und lässt sich von der Justizvollzugsanstalt berichten.

Kommt das Gericht zum Ergebnis, dass der Verurteilte nicht mehr gefährlich ist, wird er auf Bewährung entlassen. Ob der Verurteilte Reue zeigt, spielt keine Rolle. Und schon gar nicht ist er verpflichtet, an der weiteren Aufklärung von Taten mitzuwirken. Es sei denn, er wird in anderen Strafverfahren als Zeuge vernommen und hat kein Auskunftsverweigerungsrecht.

Seltsamerweise war es mehr als 30 Jahre lang Credo, die Terroristen seien normale Kriminelle. Sie verdienten deshalb keine Sonderbehandlung und müssten mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden. Nun dreht sich plötzlich der Wind. Aus den gewöhnlichen Mördern werden Superkriminelle, von denen mehr verlangt werden kann als von weniger ideologisch geleiteten Tätern. Reue nämlich. Und nachträgliche Aufklärung.

Gerade die Forderung nach späten Geständnissen ist perfide. Es gehört zu den elementaren Rechten, dass sich niemand selbst belasten muss. So steht zum Beispiel klar und deutlich in der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Muss man nicht kennen. Wäre aber besser, zumindest in gewissen Positionen.

„Wenn Sie nicht unterschreiben…“

Ein Polizeibeamter hatte einen Tatverdacht. Oder sagen wir: so ein Bauchgefühl. Mein Mandant wird es schon gewesen sein. Gefahr im Verzuge war offensichtlich nicht gegeben. Deswegen rief der Polizeibeamte einen Staatsanwalt an und regte an, beim Ermittlungsrichter einen Durchsuchungsbeschluss zu besorgen.

Der Staatsanwalt hörte sich die Geschichte an und bezweifelte, dass der Richter den Beschluss erlässt. Stattdessen hatte er eine blendende Idee. Die Beamten sollten doch einfach den Beschuldigten aufsuchen und schauen, ob er mit einer Durchsuchung „einverstanden“ ist.

Das geschah dann. Die Beamten haben es tatsächlich hinbekommen, dass mein Mandant ein entsprechendes Formular unterschreibt. (Und die Einwilligung zur DNA-Probe gleich mit.) Sie durchsuchten die Wohnung. Erfolglos, übrigens.

Das ist, wenn auch in Variationen, kein Einzelfall. Die vom Beschuldigten „genehmigte“ Durchsuchung wird langsam zum Regelfall. Sie ist die Reaktion der Ermittlungsbehörden auf Urteile des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts. Diese Gerichte haben in den letzten Jahren mehrfach klargestellt, dass „Gefahr im Verzuge“ keine Floskel ist, sondern tatsächlich gegeben sein muss. Die tatsächlichen Umstände müssen außerdem vor der Durchsuchung schriftlich in der Akte festgehalten werden. Das heißt, die Maßnahme kann nicht einfach nachträglich durch gefundene Beweismittel gerechtfertigt werden.

Statt jedoch die Konsequenzen aus den Vorgaben zu ziehen, wird ein Schlupfloch genutzt. Seht her, der Beschuldigte war doch einverstanden! Wer schon mal morgens um 6.30 Uhr von einem Polizeitrupp aus dem Bett geworfen worden ist, kann sich gut vorstellen, wie so ein Einverständnis zustande kommt:

– „Wenn Sie nicht zustimmen, besorgen wir uns einen Beschluss.“

– „Auf Ihre Unterschrift kommt es gar nicht an, dann durchsuchen wir halt wegen Gefahr im Verzuge.“

– „Wenn ich jetzt den Staatsanwalt aufwecke, ist der bestimmt nicht gut auf Sie zu sprechen.“

– „Wenn Sie nichts zu verbergen haben, können Sie ja auch unterschreiben. Sonst ziehen wir daraus unsere Schlüsse.“

– „Wenn Sie nicht zustimmen, kommen Sie in Untersuchungshaft, bis der Richter einen Beschluss erlassen hat. Das kann dauern…“

In einem anderen Fall beteuert mein Mandant, dass er das Formular erst nach der Durchsuchung vorgelegt bekam. Ein anderer Mandant hatte darauf bestanden, dass er mich vorher anrufen darf. Das wurde ihm verweigert. Wegen Verdunkelungsgefahr. (Diese Aussage hat mir der zuständige Beamte bestätigt.)

Das Ganze ist eine fragwürdige Masche, um den ungeliebten Richtervorbehalt zu umgehen. Wer allerdings unterschrieben hat, muss damit rechnen, dass das Durchsuchungsergebnis auch in vollem Umfang verwertet wird. Das schriftliche Einverständnis kriegt man nur selten kaputt. Denn, welche Überraschung, selbstverständlich sind die zitierten Sätze nie gefallen. Selbstveständlich hat man den Beschuldigten eingehend informiert, dass er nicht zustimmen muss. Er hat dennoch, häufig geradezu begeistert über die Gelegenheit seine Unschuld zu beweisen, die Polizisten hereingebeten.

Ich schließe dann immer die Frage an, ob die vier, fünf Mann einfach wieder abgezogen wären, wenn sie keine Unterschrift kriegen. Ein Beamter hat mir neulich ins Gesicht gelacht und gesagt: „Selbstverständlich.“ Ich habe ihm jedes Wort geglaubt. Genau wie die nebulösen Erklärung, warum man denn drei Monate (Urlaub eingeschlossen) ermittelt, dann aber die Zeit fehlt, einen Durchsuchungsbeschluss zu beantragen.

Wenn man seine gesetzlichen Rechte nicht verspielen will, bleibt derzeit nur eins: die Unterschrift verweigern. Deutlich widersprechen. Und nicht irgendwie an der Durchsuchung mitwirken. Wäre nämlich nicht das erste Mal, dass aus dem Öffnen der Schränke eine „schlüssige Zustimmung“ zur Durchsuchung wird.

Telekom verkürzt Speicherfrist für IP-Adressen

Internetprovider verkürzen die Speicherfristen für IP-Adressen. Allen voran die Telekom. Dort würden die Daten nur noch sieben Tage gespeichert, berichtet heise online. Bisher sollen es 80 Tage gewesen sein.

heise online zitiert einen überraschten Staatsanwalt aus Osnabrück. Der vermutet, die Provider seien in erster Linie von den unzähligen Anfragen genervt, die aus Strafanzeigen der Musik-, Film- und Spieleindustrie resultieren.

Oh, damit dürfte sich die eine oder andere Klage erledigt haben.

Lieber Rechnungen

Den ganzen Tag hatte ich im Hinterkopf, dass heute noch eine Frist zu bearbeiten ist. ‚Ne Sache von einer Stunde, aber halt auch nicht besonders spannend. In diesem Fall konnte ich es etwas vor mir herschieben. Das Gericht ist in Düsseldorf, da brauche ich keine Angst vor toten Faxgeräten zu haben.

Vor wenigen Minuten wollte ich mich drum kümmern und stellte beim Blick in die Akte fest, die Frist endet erst übermorgen. So steht es auch im Kalender. Keine Ahnung, wie sich das falsche Datum in meinem Kopf festgesetzt hat.

Diktiere ich lieber weiter Rechnungen. Das ist zwar auch nicht spannend. Macht aber komischerweise trotzdem Spaß…

Paintball verletzt nicht die Menschenwürde

Die Stadt Bautzen darf dem Betreiber einer Sport- und Freizeithalle nicht verbieten, seine Kunden „Paintball“ spielen zu lassen. Das Verwaltungsgericht Dresden hob eine Ordnungsverfügung auf. beck-aktuell berichtet über das Urteil:

Die Richter kamen zur Auffassung, dass die für ein solches Verbot vom Sächsischen Polizeigesetz verlangte «Gefahr für die öffentliche Ordnung» nicht vorliege. Der bloße Verdacht, dass das angebotene Verhalten später einer entwürdigenden Behandlung von Menschen Vorschub leiste, könne noch nicht die von den Behörden angenommene Verletzung der Menschenwürde darstellen. Ein entsprechender Wirkungszusammenhang zwischen dem Spiel und der Ausübung von Gewalt sei nicht belegt. Das Spiel selbst verletze weder Wertmaßstäbe des Grundgesetzes noch den gesellschaftlichen Wertekonsens.

Entfremdete Alltage

Politikprofessor Franz Walter beschreibt die deutsche Mittelschicht:

Als Verbraucher, die jederzeit über preisgünstige und qualitativ geprüfte Angebote in den Supermärkten, Fachläden und Reisebüros der Republik Bescheid wissen, halten sich Mitte-Menschen für unschlagbar. Man ist modern, aber auch gediegen, mag keinen exaltierten Avantgardismus, will aber auch nicht durch ästhetische Rückständigkeiten negativ auffallen. Das eigene, verlässlich Ton in Ton eingerichtete Heim ist wichtig, auch das Mittelklasseauto, die regelmäßige Urlaubsreise und das schulisch-beruflich-familiäre Fortkommen der Kinder. Um Haus, Wohnung und Familie ranken sich überhaupt die Aktivitäten der Menschen in der bürgerlichen Mitte. Einrichtungsgeschäfte bilden einen favorisierten Ort für den Einkaufsbummel am Wochenende. Der eigene Ziergarten ist stets perfekt hergerichtet und akkurat gepflegt; Unkraut wird in der gesellschaftlichen Mitte Deutschlands konsequent bekämpft.

Trotz der vermeintlichen Idylle verortet der Forscher ausgerechnet hier eine Bedrohung des gesellschaftlichen Friedens. Gerade die Verzweiflung um die Aufstiegschancen der eigenen Kinder soll den Unmut wachsen lassen. Die Kinder selbst, sogenannte Experimentalisten, seien ohnehin des neoliberalen Geistes überdrüssig:

In diesem jüngsten deutschen Milieu wächst die Kritik am totalitären Primat der Ökonomie, an den entfremdeten Alttagen, den sozialen Eisigkeiten. Experimentalisten übersetzen diese kritische Attitüde bislang nicht in kontinuierliche politische Aktivitäten; dazu ist ihre Lebensform zu bohemehaft, zu ruhelos und suchend. Insofern allerdings könnte der gestaute Unmut dort auch explosiv zum Ausbruch kommen. Die Sozialforscher jedenfalls haben keinen Zweifel, dass aggressive Neigungen in dieser Lebenswelt auffällig – wenn auch sonst in der Gesellschaft kaum bemerkt – angewachsen sind. Ganz unterschwellig also scheint es in der deutschen Mitte zu brodeln.

Unterschwellig? Das ist der einzige Punkt, an dem ich dem Autor widersprechen würde. Schon seit längerem hat man in diesen Kreisen ein gemeinsamen Thema. Die Schimpferei darüber, wie ätzend mittlerweile vieles geworden ist, hat Verlegenheitsdiskussionen über das Wetter längst überflüssig gemacht.

Altersvorsorge: Schutz für Selbstständige

Die Altersvorsorge Selbstständiger wird stärker vor dem Zugriff von Gläubigern geschützt. Ein entsprechendes Gesetz tritt voraussichtlich am 1. März 2007 in Kraft. Während für die gesetzliche Altersrente längst Pfändungsgrenzen gelten, hatten Gläubiger bisher fast uneingeschränkten Zugriff auf die Vorsorgeverträge Selbstständiger.

Wie das Ganze funktioniert, erklärt RA Rainer Bosch.

Beschwerde gegen Inzest-Paragrafen

Vier gemeinsame Kinder, der Versuch eines gemeinsamen Lebens, aber ein gewaltiges Hindernis: Susan K. und Patrick S. sind Geschwister. Wegen des Beischlafs mit seiner Schwester musste Patrick S. schon eine Haftstrafe absitzen. Trotzdem versuchen die beiden es weiter, berichtet Spiegel online. Sie wollen mit einer Verfassungsbeschwerde den Inzest-Paragrafen zu Fall bringen.

Ganz ohne Erfolgsaussichten ist das nicht. Gegen die Vorschrift gibt es nämlich hörenswerte Zweifel, vgl. zum Beispiel diesen Beitrag in der Kritischen Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft.

Dass Susan K. und Patrick S. keine absoluten Exoten sind, zeigt auch die lebhafte Diskussion zu diesem Beitrag im law blog (486 Kommentare).

Schlappe für Abo-Abzocker

Kochrezepte, Gedichte, Routenplaner, Lebenserwartung: Die diversen Abo-Abzocker im Internet müssen eine empfindliche Niederlage hinnehmen. Das Amtsgericht München wies mit Urteil vom 16. Januar 2007 eine Zahlungsklage ab. Mit der hatten die Macher eines Lebenserwartungs-Tests die angeblich vereinbarte Nutzungsgebühr von 30 Euro eingefordert.

Die Richterin schaute sich die Seite selbst an und stellte fest, die Regelung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen sei nach den gesamten Umständen, dem Aufbau und dem äußeren Erscheinungsbild der Webseite so ungewöhnlich und daher überraschend, dass sie unwirksam sei.

In einer Pressemitteilung erläutert das Amtsgericht München Details: Weiterlesen

Checkpoint Göttingen

So was gab es wohl zuletzt im deutschen Herbst, auf dem Höhepunkt des RAF-Terrorismus: Die niedersächsische Polizei sperrte in der Nacht zum Samstag bei Göttingen die komplette A 7 in Fahrtrichtung Hannover. Sechs Stunden lang wurden alle Autofahrer auf die Raststätte Göttingen-Ost umgeleitet und von 120 Polizisten überprüft.

Die Bereitschaftspolizei Hannover hatte „zur Ausleuchtung der Kontrollstelle extra einen Lichtmastkraftwagen aufgestellt“, heißt es in der Pressemitteilung der Polizeidirektion Göttingen. In den Leserkommentaren der Süddeutschen Zeitung berichtet einer der rund 1.200 Betroffenen:

Zuerst glaubt man: Es muss was Schlimmes passiert sein. Überall Blaulicht – endlose Schlangen in den Kontrollreihen. Dann die Ernüchterung: Man selbst ist der Schlimme.
Die üblichen Prozeduren: Belehrung über Grund des Einsatzes. Papiere – leider nichts zu beanstanden, Alktest am Kleinbus – negativ, Drogenstreifen über die Stirn – negativ.

Auf meine Bemerkung hin: „Und das alles von meinem Steuergeld” dann noch zur Strafe das komplette Restprogramm, wie abgefahrene Reifen, Verbandkasten, Beleuchtung usw.

Das Netz war laut Polizei übrigens lückenlos:

Parallel zur Großkontrolle auf der Rastanlage kontrollierten weitere Funkstreifen die an den Anschlussstellen Hann-Münden/Hedemünden und Dramfeld abfahrenden Verkehrsteilnehmer. Der Vollsperrung zeitlich versetzt vorgelagert war darüber hinaus eine Geschwindigkeitskontrolle.

Die Totalkontrolle war Teil der Aktion „Don’t drug & drive“. Immerhin erwischte die Polizei mottobezogen zwei (!) Autofahrer, die so alkoholisiert waren, dass sie an Ort und Stelle ihren Führerschein abgeben mussten. Ansonsten seien sieben Strafverfahren und weitere sieben Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Betäubungsmitteln bzw. Alkohol eingeleitet worden. Offensichtlich alles so leichte Fälle, dass die Betroffenen weiterfahren durften.

Ganz schön martialisches Bild, das die Sicherheitsbehörden da vermitteln. Bevor man die Verhältnismäßigkeit problematisiert und einen Weinkrampf bekommt, könnte man nach den Kosten fragen. 120 Beamte, unterstützt von THW und Ausländeramt, konfiszieren in sechs Stunden zwei Führerscheine. Das schafft die Handvoll Streifenpolizisten in einem Großstadtrevier Nacht für Nacht. Und zwar verdachtsbezogen, ohne die sonstigen 99,9 % Verkehrsteilnehmer im Flutlicht anstehen zu lassen.

Natürlich kann man diese Maßnahme jetzt auch damit rechtfertigen, dass zwei mit Haftbefehl gesuchte Personen festgenommen werden konnten. Mit dem gleichen Argument könnte man aber auch morgen früh um halb sechs einen beliebigen Stadtteil abriegeln und durchkämmen. Gegen Mittag hätten wir ein paar gesuchte Straftäter weniger auf der Straße. Außerdem noch zwei weitere Schlagringe, Koks, Heroin, Hehlerware und einen Lastwagen mit schwarz gebrannten Datenträgern.

Geht nicht? Heute würde ich noch eine Wette darauf eingehen; über das Verfallsdatum müsste ich mir allerdings Gedanken machen.