Verfassungsgericht erlaubt (mal wieder) Aufnahmen im Gerichtssaal
Soll ich die Kunst zugunsten meines persönlichen Wohlgehens verraten?
Rauschen im Blätterwald: Gegen Lukas Podolski ist eine anonyme Strafanzeige erstattet worden. Er soll wegen Körperverletzung zur Rechenschaft gezogen werden. Der Nationalkicker hatte seinen Mannschaftskapitän auf dem Spielfeld eine Ohrfeige verpasst.
Körperverletzung wird lediglich auf Antrag verfolgt. Diesen Antrag kann nur der Verletzte stellen. Stellt er ihn nicht, wird die Staatsanwaltschaft nicht tätig. Es sei denn, sie bejaht ein besonderes öffentliches Interesse. Nach den bisher bekannten Umständen ist aber kaum damit zu rechnen, dass Michael Ballack einen Strafantrag stellt. Und noch weniger, dass irgendein Staatsanwalt sich zur Lachnummer machen möchte.
Praktisch keine Zeitung erwähnt diese simplen Umstände. Seltsam? Möglicherweise liegt es daran, dass es dann nicht mehr zu einem Rauschen im Blätterwald reichen würde.
Von Merkel bis Oettinger, vom stern bis zum law blog. Ein offensichtlich sehr aufgebrachter Diplom-Betriebswirt traktiert seit Monaten die Faxgeräte der Republik. Seine Vorwürfe gegen einen Düsseldorfer Anwalt steigern sich immer mehr. Hier die neueste Variante, mal wieder an den größtmöglichen Verteiler adressiert (zum Vergrößern klicken):
Manche Forderungen können auch nach hinten losgehen. Wenn man nicht aufpasst.
Die Tage habe ich ein bekanntes Gesicht auf der Rolltreppe bei Karstadt gesehen. Er fuhr nach unten, ich nach oben. So richtig einordnen konnte ich den Mann nicht. Er wirkte allerdings unangenehm berührt und schaute weg.
Hätte ich ihn mal besser verfolgt. Der Gute schuldet mir noch 663,02 Deutsche Mark nebst 4 % Zinsen seit dem 19. Dezember 1996. Tituliert in einem dieser alten, noch manuell vom Amtsgericht auf Butterbrotpapier ausgestellten Vollstreckungsbescheide.
Schade, ich hätte ihm, im Rahmen des gesetzlich Zulässigen, zu gern seine beiden Einkaufstüten konfisziert.
Der scheidende Bildblogger Christoph Schultheis auf die Frage von Zeit online, ob Blogs künftig an Bedeutung gewinnen:
Blogs wie etwa das Lawblog des Rechtsanwalts Udo Vetter empfinde ich persönlich als eine große Bereicherung. Ich mag sein Blog lieber als etwa die entsprechenden Artikel in der FAZ, würde ihm aber schlimmstenfalls weniger nachtrauern.
Das mit der Rechtsanwaltsschwemme ist auch relativ. Ich habe gerade das Schreiben eines Rechtsanwalts auf dem Schreibtisch, der laut Briefkopf „Richter am Oberlandesgericht i.R.“ ist.
Google findet zu dem Namen nur den Gerichtsbericht einer Ruhrgebietszeitung. In dem Artikel wird der Gerichtsvorsitzende erwähnt und in Klammern sein Alter angegeben – mit 44.
Der Bericht ist vom 5. Oktober 1979.
Ich werde auf der SIGINT 09 in Köln einen Vortrag halten und mit den Besuchern diskutieren.
Vorläufiges Thema: Unter Beobachtung – Internet und Strafverfolgung.
Der Vortrag wird entweder am Samstag, 23. oder Sonntag, 24. Mai 2009, stattfinden.
Die einzigen, die von „Sprungmarken“ sprechen
Filmstreams aus dem Internet – angucken ist legal
Gericht beanstandet Verhalten des BKA bei Akkreditierung von Journalisten
Sparkassen dürfen Geldautomaten für Direktbank-Kunden sperren
Bibelszenen mit Playmobil nicht gern gesehen
„Simply the best!“
Mit diesem Slogan warb der Hersteller eines Rasierers. Das Hambuger Oberlandesgericht hält das für wettbewerbswidrig. Die Gründe der Entscheidung hat der Hamburger Rechtsanwalt Dr. Bahr zusammengefasst:
Im vorliegenden Fall verstehe der Kunde die Aussage so, dass dieses Attribut anhand objektiver Qualitätsmerkmale verwendet werde. Gerade im Bereich von Nassrasierern sei bezüglich der Merkmale Qualität, Gründlichkeit, Komfort und Verletzungsfreiheit eine Nachprüfbarkeit gegeben. Die zusätzlichen Aussagen „Testen sie unsere Besten“ und „Geld-zurück-Garantie“ verstärkten die Aussagerichtung des Slogans in einer Weise, dass maßgebliche Verkehrskreise darin jedenfalls in diesem Zusammenhang eine Tatsachenbehauptung verstünden.
Schließlich gehe der Durchschnittskunde zu Unrecht davon aus, dass das Prädikat „Simply the best!“ im Zusammenhang mit einem Vergleichstest von einem neutralen Dritten vergeben worden sei. Dafür spreche auch die Tatsache, dass die Äußerung in Anführungszeichen gesetzt sei, was üblicherweise für die Wiedergabe einer Aussage eines Dritten spreche.
Ich würde bei einem Werbeslogan in englischer Sprache beim besten Willen nicht an einen Warentest denken, nicht mal bei Verwendung von Anführungszeichen. Überdies: Was ist mit dem Ausrufezeichen?
Aber lassen wir das, es hat ja schon was für sich, nicht Durchschnitt zu sein.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde gegen die Aktion „Mikado“ nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Pressemitteilung:
Die Staatsanwaltschaft Halle leitete im Jahr 2006 ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein, nachdem sie auf eine Internetseite aufmerksam geworden war, die den Zugang zu kinderpornografischen Inhalten vermittelte. Der Zugang zur Internetseite kostete 79,99 $, die von den Kunden per Kreditkarte gezahlt werden mussten. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens schrieb der ermittelnde Staatsanwalt die Kreditinstitute an, die Mastercard- und Visa-Kreditkarten in Deutschland ausgeben. Er forderte sie auf, alle Kreditkartenkonten anzugeben, die seit dem 1. März 2006 eine Abbuchung von 79,99 $ zugunsten der philippinischen Bank aufwiesen, über die der
Geldtransfer für den Betreiber der Internetseite unter einer bestimmten Empfänger-Kennziffer abgewickelt wurde. Die Unternehmen ermittelten insgesamt 322 Karteninhaber, deren Daten an die Staatsanwaltschaft weitergegeben wurden.
Die Beschwerdeführer sind Karteninhaber der von der Staatsanwaltschaft kontaktierten Unternehmen und waren unter den insgesamt etwa 20 Mio. Kunden, die von der obigen Suchanfrage berührt wurden; die Daten der Beschwerdeführer wurden jedoch nicht an die Staatsanwaltschaft weitergegeben.
Mit ihren Verfassungsbeschwerden rügen sie die Verletzung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
Die 2. Kammer des Zweiten Senats hat die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Die Abfrage der Kreditkartendaten durch die Staatsanwaltschaft stellt keinen Ein-griff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beschwerdeführer dar. Ihre Kreditkartendaten wurden bei den Unternehmen nur maschinell geprüft, mangels Übereinstimmung mit den Suchkriterien aber nicht als Treffer angezeigt und der Staatsanwaltschaft daher auch nicht übermittelt.
Für die Annahme eines Eingriffs genügt es nicht, dass die Daten bei den Unternehmen in einen maschinellen Suchlauf eingestellt werden. Denn im Fall der Beschwerdeführer wurden die Daten anonym und spurenlos aus diesem Suchlauf ausgeschieden und nicht im Zusammenhang mit dieser Ermittlungsmaßnahme behördlich zur Kenntnis genommen.
Zudem wäre die Maßnahme auch dann gerechtfertigt, wenn die Daten der Beschwerdeführer an die Ermittlungsbehörde weitergeleitet worden wären.
Eine Rasterfahndung im Sinne von § 98a StPO oder eine ähnliche Ermittlungshandlung, die an den Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage zu messen wäre, liegt nicht vor, da kein Abgleich zwischen den Datenbeständen verschiedener Speicherstellen
stattfand.
Es wurde stattdessen gezielt nach Personen gesucht, die eine genau bezeichnete, nach dem damaligen Ermittlungsstand mit hinreichender Wahrscheinlichkeit strafbare Handlung vorgenommen haben: das Zahlen eines bestimmten Betrages per Kreditkarte an einen bestimmten Empfänger innerhalb eines bestimmten Zeitraums, wodurch sie
sich wahrscheinlich den Besitz kinderpornographischer Schriften
verschafften.
Die Maßnahme beruhte vielmehr auf der Ermittlungsgeneralklausel des § 161 Abs. 1 StPO. Die Übermittlung von Daten jener Kreditkarteninhaber, welche die Tatkriterien erfüllten, berührt diese zwar in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. § 161 Abs. 1 StPO ist jedoch eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage für diesen Eingriff, da die Norm Ermittlungen und damit auch die Datenerhebung auf den Zweck der
Tataufklärung begrenzt.
Die Maßnahme hält sich auch innerhalb der Grenzen, die der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit allen Ermittlungshandlungen setzt. Der Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kommt nach d em Grundgesetz eine hohe Bedeutung zu. Zur
Erreichung des Zwecks, die einer Straftat nach § 184b Abs. 4 StGB
verdächtigen Personen zu ermitteln, war die Maßnahme geeignet.
Außerdem waren mildere, ebenso geeignete Mittel hier nicht ersichtlich.
Schließlich ist in der Abwägung mit dem Zweck, Täter zu ermitteln, die
sich den Besitz kinderpornographischer Schriften verschafft haben, das
Gewicht des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das mit der Abfrage der Kreditkartendaten verbunden war, geringer zu bewerten. Denn betroffen wurden dadurch regelmäßig nur Personen, die durch ihr Verhalten den hinreichenden Verdacht einer Straftat begründet hatten.
Beschluss vom 17. Februar 2009
Weitere Beiträge zum Thema:
– 2 BvR 1372/07
– Ein Sinn für Scham
– Mikado: The Final Round
– Verfassungsbeschwerde gegen Mikado
– Mikado: Gericht bejaht „niedrigste Verdachtsstufe“
– Amtsgericht Halle entscheidet pro Mikado
– Mikado: Entscheidung kann noch dauern
– Generalverdacht und Verhältnismäßigkeit
– Mikado-Fahndung traf auch Unschuldige
– AG Halle-Saalkreis 395 Gs 34/07
– Falscher Kinderporno-Verdacht gegen Kreditkartenbesitzer
– “ Volksstimme“: Interview zu Mikado
– 20 Anträge gegen „Mikado“
– Mikado: Weiterer Antrag, neue Argumente
– Kartenscreening für Datenschützer kein Problem
– Citibank garantiert: Mikado war rechtmäßig
– Mikado: Gefahr strafrechtlicher Verfolgung;
– Telepolis: Fragen zu Mikado
– Mikado: Strafanzeige gegen Verantwortliche und SAT 1
– Weiterer Antrag gegen Mikado
– Kinderpornografie: ein Blick ins Gesetz
– Mikado: Stäbchen für Stäbchen
– Vorfeldermittlungen
– Mikado
Nach mehr als zwei Jahren Ermittlungsarbeit der Kriminalpolizei Essen und vier Durchsuchungen hat die Staatsanwaltschaft Duisburg ihr Verfahren gegen drei Funktionäre der Gewerkschaft der Polizei (GdP) eingestellt.
Das Trio, so der anfängliche Verdacht, sollte sich von Polizei-Anwärtern private Adressen und persönliche Daten beschafft haben, um damit Versicherungspolicen zu verkaufen. „Ein solches Geschäft konnte den Beschuldigten nicht nachgewiesen werden“, sagte gestern Behördensprecher Detlef Nowotsch auf Anfrage. (pbd)
Muss mein Blog in die Deutsche Nationalbibliothek?
Über die im Gesetz vorgesehene „Pflichtablieferung“ auch für elektronische Publikationen gab es Verwirrung. Die Pflichtablieferung besteht zwar fort, aber die Deutsche Nationalbibliothek hat jetzt klargestellt:
Ohne vorherige Aufforderung durch die Deutsche Nationalbibliothek ist „keine Durchsetzung einer Ablieferungspflicht“ und „insbesondere nicht die Einleitung entsprechender Bußgeld- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren“ zu erwarten.
Möge dieser Kelch auch künftig an mir vorübergehen.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann:
Killerspiele widersprechen dem Wertekonsens unserer auf einem friedlichen Miteinander beruhenden Gesellschaft und gehören geächtet. In ihren schädlichen Auswirkungen stehen sie auf einer Stufe mit Drogen und Kinderpornografie, deren Verbot zurecht niemand infrage stellt.
Die Betonung liegt hier übrigens auf „unserer … Gesellschaft“. Die Gesellschaft in der geistigen Geiselhaft solcher Politiker ist aber keineswegs auf friedliches Miteinander ausgelegt. Sondern auf Simplifizierung, Bevormundung, Diffamierung, Angst, Ausgrenzung und Demagogie. Und noch ein paar andere unschöne Dinge, die ich lieber nicht schreibe.
Polizisten sind mitunter skeptisch, wenn sie von Anwälten angerufen werden. Es muss ja kein Anwalt sein, der sich da meldet. Ich verstehe natürlich die Vorsicht. Datenschutz und so.
Andererseits scheint der tatsächliche Missbrauch nicht sonderlich groß zu sein. Meine Erfahrung aus Kripo-Büros, in denen ich ja öfter sitze, mitunter Stunden: Das Telefon klingelt schon mal eher selten bis gar nicht. Und wenn, sind es erkennbar keine Leute in der Leitung, die sich als Rechtsanwälte ausgeben.
Aber gut, ich empfehle meinen Mandanten ja auch, niemandem Auskunft zu geben, der sich am Telefon als Polizist ausgibt. Und wenn es denn gewünscht wird, weise ich meine Vollmacht auch per Fax oder, wenn auf der Gegenseite vorhanden, mit diesem E-Mail-Dings nach. Heute allerdings war das doch nicht nötig, obwohl der Beamte in einer niedersächsischen Kleinstadt zunächst eher sperrig reagierte. Als ich das Fax mit der Vollmacht ankündigte, fragte er noch mal nach meinen Namen.
Vetter? Ist das Ihre Seite, dieser, na wie heißt er doch, law blog?
Ich fürchtete zuerst, dass er die Vollmacht in diesem Fall im Original sehen möchte. Aber das Gegenteil war der Fall. Nun könne er mich ja einordnen und mit mir sprechen. Ich sei ja quasi „von privat bekannt“.
Dieser Blogeintrag, über den wir am Rande scherzten, ist natürlich nicht als Bestechung gedacht.
„Herr J. bittet heute ab 22.30 Uhr um Rückruf.“
Ich bin recht flexibel. Aber die Ansprüche mancher Mandanten gehen dann doch darüber hinaus.