Drei Tritte bleiben ungesühnt

Polizeiprotokolle sind immer mit Vorsicht zu genießen. Das liegt zum einen daran, dass Beamte gern Normalsprech in Bürokratendeutsch konvertieren. Überdies besteht schon mal die Neigung, weniger das Gesagte festzuhalten, sondern das, was der Vernehmungsbeamte gern hören möchte. Was mit der ausgeprägten Abneigung vieler Befragter, sich das Protokoll noch mal richtig durchzulesen, zu verhängnsivollen Resultaten führen kann. 

Kommunikationsprobleme treten jedoch nicht nur im Verhältnis Polizist – Bürger auf, sondern auch dienstintern. Mit einem schönen Beispiel durfte sich heute das Amtsgericht Düsseldorf beschäftigen. Es ging um einen Vorfall, der sich an Altweiber 2010 in der Düsseldorfer Altstadt zugetragen haben soll.

An diesem Tag schoben sich die Narren dicht an dicht durchs Kneipenviertel. Es heißt, die Stimmung sei aggressiv gewesen. Am Rande eines Polizeieinsatzes soll es dann zu einem Vorfall gekommen sein. Diesen hielt ein unbeteiligter Beamter später in einer “Lagemeldung” fest:

Der Beamte POK H. wurde durch einen Störer mindestens drei Mal in das Gesäß getreten. Als sich der Beamte umdrehte, sah er die Person auf sich zulaufen und zu einem Tritt ausholen. Diesen Angriff konnte der Beamte abwehren. Dem Beamten gelang es, an den Personalausweis der betreffenden Person zu kommen.

Der Polizist, der die Tritte abbekommen hatte, schrieb keinen eigenen Bericht. Er stellte auch keinen Strafantrag. Das hätte die zuständige Staatsanwältin stutzig machen können. Hat es aber nicht. Statt den Beamten selbst noch mal befragen zu lassen, klagte sie den vermeintlichen Übeltäter direkt wegen Körperverletzung an. Schönster Satz der Anklageschrift: “Die Zufügung der Schmerzen hatte der Angeschuldigte beabsichtigt.” Den fehlenden Strafantrag ersetzte die Staatsanwältin, indem sie das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejahte.

Mit dem Inhalt der Lagemeldung, die zu der Anklage führte, hatte das, was der Polizist heute selbst vor Gericht erklärte, wenig zu tun. “Ja”, sagte er, “ich bin von hinten getreten worden.” Wer das war, habe er aber wegen des Rummels nicht gesehen. Er sei mit jemandem vor sich beschäftigt gewesen. Als er sich umdrehte, sei der Angeklagte irgendwie auf ihn zugekommen. Vielleicht sei er auch geschoben oder geschubst worden. Der Angeklagte habe aber nicht zu einem Tritt ausgeholt, wie das in der Lagemeldung steht. Dementsprechend habe er ihn auch nicht abwehren müssen, wovon ebenfalls in dem Dokument die Rede ist.

Das Fazit des Polizisten: “Der Angeklagte kann mich getreten haben. Es kann aber ebenso jeder andere von den 30, 40 Leuten gewesen sein, die direkt hinter mir waren. Ich habe es definitiv nicht gesehen.”

Deshalb, wunderte sich der Polizist, sei ihm nicht klar, wie es zu einer Gerichtsverhandlung kommen könne. Weder die Richterin noch ich hatten jedoch sonderliches Interesse, das Offensichtliche zu hinterfragen. Der Beamte am Schreibtisch, dem die Lagemeldung aus der Feder geflossen war, hatte entweder nicht hingehört oder die Sache mächtig aufgebauscht. Vielleicht auch beides. 

Den unvermeidlichen Freispruch auf Kosten des Steuerzahlers trug am Ende selbst die Staatsanwaltschaft mit.

S21: Stuttgarter Polizist nun vorbestraft

In Stuttgart ist ein erster Polizist wegen übermäßiger Härte am “Schwarzen Donnerstag” gegen S21-Demonstranten verurteilt worden. Der Beamte soll einer am Boden sitzenden wehrlosen Frau grundlos Pfefferspray ins Gesicht gesprüht haben. Er akzeptierte nun einen Strafbefehl wegen Körperverletzung, berichtet die taz.

Die Bereitschaftspolizei Göppingen habe den Beamten angezeigt. Grundlage sei eine Videoaufzeichnung des Vorfalls gewesen. Nach Angaben der taz verhängte das Gericht eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen, was für den Beamten 6.000 Euro ausmacht. Gegen den Strafbefehl habe der Polizist keinen Einspruch eingelegt, so dass dieser nun rechtskräftig sei. Ob es zu disziplinarrechtlichen Schritten komme, werde noch geprüft.

Es sollen noch weitere 17 Strafanzeigen gegen Polizeibeamte wegen Übergriffen am “Schwarzen Donnerstag”, dem 30. September 2010, geben. An diesem Tag hatte die Polizei mit großer Härte Demonstrationen und Blockaden aufgelöst, um die Baumfällarbeiten im Schlosspark beginnen zu lassen.

Im Beichtstuhl ausgehorcht?

Das Beichtgeheimnis ist, wie es Wikipedia schön formuliert, eine der ältesten Datenschutzvorschriften der Welt. Einem katholischen Geistlichen, der aus dem Beichtstuhl plaudert, droht nicht weniger als die Exkommunikation. Sogar das staatliche Strafrecht nimmt Rücksicht auf das Beichtgeheimnis. Priester haben umfassende Zeugnisverweigerungsrechte und dürfen sogar schweigen, wenn sie in der Beichte von der Planung schwerster Straftaten erfahren.

Im wirklichen Leben scheint das Beichtgeheimnis jedoch nicht immer hochgehalten zu werden. So steht nun ein Oberhausener Kaplan im Verdacht, einen Gläubigen gezielt nach den sexuellen Präferenzen seines früheren Vorgesetzten, eines inzwischen versetzten Pastors, ausgehorcht haben.

Dabei soll der Kaplan, berichtet Der Westen, mit Wissen aus der Beichte regelrecht hausieren gegangen sein. Vermutlich sei es ihm darum gegangen, den Verdacht gelebter Homosexualität gegen den früheren Gemeindespastor zu erhärten. Der Betreffende sei bereits versetzt worden, weil er Mitglied in der Onlinecommunity Gayromeo gewesen sein soll. Dass er aber tatsächlich gegen den  Zölibat verstoßen habe, sei bislang nicht belegt.

Beschwerden des Kirchenmitglieds wegen der ausgeplauderten Beichtgeheimnisse bei der örtlichen Kirche blieben wohl ungehört. Ermittlungen seien erst in Gang gekommen, nachdem sich der Vatikan eingeschaltet habe. Der Betroffene habe sich direkt in Rom beschwert, nachdem der örtliche Bischof keinen Handlungsbedarf gesehen habe.

Älterer Beitrag zum Thema

Three Strikes Out bald auch bei uns?

Das Bundeswirtschaftsministerium ist nach eigenem Bekunden “daran interessiert, dass Internet-Zugangsanbieter und Rechteinhaber stärker zusammenarbeiten”. Gemeinsam soll es offenbar gegen Internetnutzer gehen, die im Verdacht von Urheberrechtsverletzungen stehen.

Um die “Zusammenarbeit” in dieser Richtung zu fördern, schreibt das Wirtschaftsministerium eine vergleichende Studie aus, die Modelle “zur Versendung von Warnhinweisen durch Internet-Zugangsanbieter an Nutzer bei Urheberrechtsverletzungen” aufarbeiten soll.  Es soll offenbar geprüft werden, ob und wie die bereits in England (“Three Strikes Out”) und Frankreich (Hadopi) praktizierten Abschreckungs- und Ausgrenzungsmodelle für Filesharer in Deutschland übernommen werden können.

Mit diesem ersten konkreten Schritt in Richtung Zugangssperren ist jedenfalls klar, dass die Bundesregierung diese drastischen und dementsprechend umstrittenen Maßnahmen nicht grundsätzlich ablehnt. Wirtschaftsminister Brüderle könnte sich damit eine Diskussion aufhalsen, an deren Ende er so belämmert dasteht wie Ursula von der Leyen mit ihrem Sperrgesetz.

(via Stephan Schmidt)

Sitzblockaden müssen keine Nötigung sein

Karlsruhe stärkt Demonstranten: In einem heute bekanntgegebenen Beschluss stemmt sich das Bundesverfassungsgericht gegen die mittlerweile durchgehende Linie der Strafgerichte, Sitzblockierer wegen Nötigung zu verurteilen.

Nach Auffassung der Verfassungsrichter sind politisch motivierte, friedliche Sitzblockaden vom Recht auf Versammlungsfreiheit geschützt. Dies kann dazu führen, dass solche Proteste nicht als “verwerflich” anzusehen sind. Mit der Folge, dass der Nötigungsparagraf nicht eingreift.

Geklagt hatte ein Mann, der im Jahr 2004 gemeinsam mit 40 anderen Demonstranten die Zufahrt zu einer US-Basis in Hessen blockiert hatte. Die Teilnehmer wandten sich gegen eine sich abzeichnende militärische Intervention der US-Streitkräfte im Irak. Etliche Militärfahrzeuge konnten nicht weiter fahren.

Das Amts- und Landgericht Frankfurt verurteilten den Mann wegen Nötigung zu einer Geldstrafe. Der Demonstrant habe strafbare Gewalt angewandt. Er könne sich auch nicht auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit berufen. Zwangseinwirkungen, die allein darauf abzielten, durch gewaltsamen Eingriff in Rechte Dritter gesteigertes Aufsehen in der Öffentlichkeit zu erregen, seien durch das Grundrecht der
Versammlungsfreiheit nicht gedeckt. Zudem sei die Beeinträchtigung fremder Freiheit ein völlig ungeeignetes Mittel zur Erreichung des angestrebten Zweckes gewesen. Auch gesellschaftspolitische Motive änderten nichts daran, dass die Demonstranten rechtswidrig handelten.

Dem folgt das Bundesverfassungsgericht nicht. Nur unfriedliche Versammlungen genießen nach dem Beschluss keinen Grundrechtsschutz. Eine politisch motivierte Sitzblockade betrachten die Verfassungsrichter noch als friedliche Versammlung. Demgemäß dürfe nicht gesagt werden, dass die Versammlungsfreiheit nicht gilt.

Das Bundesverfassungsgericht attestiert den Gerichten überdies ein komplett falsches Verständnis von der Versammlungsfreiheit:

Die Ausführungen des Landgerichts unterliegen bereits im Ausgangspunkt verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat bei der Abwägung den Zweck der Sitzblockade, Aufmerksamkeit zu erregen und so einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten, als einen für die Verwerflichkeit der Tat sprechenden Gesichtspunkt zulasten des Beschwerdeführers gewertet, obwohl dieses sogar den sachlichen Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG eröffnet und damit eine Abwägung zwischen der Versammlungsfreiheit und den hierdurch betroffenen Rechtsgütern Dritter überhaupt erst erforderlich macht.

Konkret müsse bei jeder Sitzblockade zu Gunsten der Demonstranten geprüft werden, ob ein “Sachbezug” vorliege. Dieser Sachbezug sei bei einer Blockade von Fahrzeugen des US-Militärs mehr als gegeben gewesen. Quasi vorsorglich weisen die Verfassungsrichter darauf hin, an eine straflose Sitzblockade dürften keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Ein hinreichender Sachbezug sei jedenfalls nicht nur dann anzunehmen, wenn die Blockade “verantwortliche Entscheidungsträger und Repräsentanten für die den Protest auslösenden Zustände” aufhält.

Die Strafgerichte müssen jetzt sorgfältig abwägen, ob die Blockade tatsächlich verwerflich war. Voraussetzung hierfür, so das Verfassungsgericht, seien nachvollziehbare Tatsachenfeststellungen. Die in den früheren Urteilen verwendeten Sprechblasen á la „nicht unerhebliche Wartezeit“ und „möglicherweise über einen nur kurzen Zeitraum“ genügen den Karlsruher Richtern jedenfalls nicht.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. März 2011, Aktenzeichen 1 BvR 388/05

Staatsanwälte können’s auch nicht

Gleich reihenweise sprach im letzten Jahr ein Herforder Amtsrichter Verkehrssünder frei. Radarbilder hielt er für schlicht unverwertbar, Tempomessungen sah er vielerorts als Abzocke. Mit seinen autofahrerfreundlichen Urteilen am Fließband schaffte es der Jurist bis ins Fernsehen – und zum Titel “Richter Gaspedal”.

Für die einen war er ein Robin Hood, andere zeigten ihn wegen Rechtsbeugung an. Klar war von vornherein, die zuständige Staatsanwaltschaft wird sich die Massenfreisprüche nicht gefallen lassen. Die Strafverfolger aus Bielefeld legten Rechtsbeschwerden ein, die jetzt zu schmerzhaften Bauchplatschern führten. Das Oberlandesgericht Hamm wies die Eingaben der Staatsanwaltschaft nämlich brüsk zurück – die bisherigen Freisprüche von Richter Gaspedal haben Bestand.

Dabei hatten die Staatsanwaltschaft in der Sache selbst gute Karten. Die Richter am Oberlandesgericht stellten nämlich klar, dass sie keinen Grund sehen, von ihrer ständigen Rechtsprechung abzuweichen. Nach ihrer Auffassung gibt es mit § 100h Strafprozessordnung einen Paragrafen, der verdachtsabhängig geschossene Beweisfotos rechtfertigt. Bei der Vorschrift ist umstritten, ob sie als Rechtsgrundlage zur Verfolgung von Temposündern taugt. Immerhin hat der Gesetzgeber sie eigentlich geschaffen, um besser gegen Terroristen und die Mafia ermitteln zu können. Aber jüngst hat auch das Bundesverfassungsgericht erklärt, es sei zumindest nicht unvertretbar, sich bei Radarfotos auf den Paragrafen zu berufen.

Weiter hatte der Amtsrichter kritisiert, den Städten gehe es häufig gar nicht mehr um die Verkehrssicherheit; sie wollten nur ihre Kassen füllen. Auch diese Annahme reicht nach Meinung der Richter am Oberlandesgericht nicht, um Blitzerbilder als Beweismittel abzulehnen. 

Gescheitert sind die Rechtsbeschwerden letztlich, weil die Staatsanwälte nicht in der Lage waren, ihre Eingaben formal korrekt zu begründen. Das Oberlandesgericht sah die erhobenen Verfahrensrügen als unwirksam an. Konkret hätten die Staatsanwälte vergessen, die Beweisfotos in ihre Antragsschrift aufzunehmen oder zumindest zu schildern, was darauf zu sehen ist. Dies sei aber unerlässlich, um die hohen Hürden für eine Rechtsbeschwerde zu nehmen.

Allzu peinlich braucht den Bielefelder Staatsanwälten die Sache aber nicht zu sein. Auch Rechtsanwälte scheitern bei solchen Rechtsmitteln häufig an Verfahrensfragen. Dass das als streng bekannte Oberlandesgericht Hamm nicht Fünfe gerade sein lässt, bloß weil der Antrag mal von der “anderen Seite” kommt, ist für die ansonsten gequälten Anwälte,, zu denen ich mich auch zähle, ein kleiner Trost. 

Polizeidienst und Drogenbesitz beißen sich

Ein Polizeiangestellter kann gekündigt werden, wenn er Drogen herstellt oder diese in größerer Menge besitzt. Das Arbeitsgericht Berlin erklärte heute die Kündigung eines Behördenmitarbeiters im Objektschutz für wirksam. Bei dem Mann waren 266 Gramm “Liquid Ecstasy” gefunden worden. Es bestand der Verdacht, dass er die Betäubungsmittel mit dem Wirkstoff GHB selbst aufbereitet hat.

Das Land hatte den Mitarbeiter mit ordentlicher Frist gekündigt, nachdem die Staatsanwaltschaft ihn wegen eines Verbrechens angeklagt hatte. Die Besonderheit war hier, dass es keine Anhaltspunkte für Drogenkonsum oder sonstiges Fehlverhalten während der Arbeitszeit gab.

Das Arbeitsgericht meinte jedoch, der dringende Tatverdacht für eine Straftat reiche aus. Selbst wenn die möglichen Taten keinen direkten Bezug zur Arbeit hätten, sei der Polizei die Weiterbeschäftigung nicht zumutbar.

Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 29. März 2011, Aktenzeichen 50 Ca 13388/10

EU erhöht Grenzwerte für japanische Lebensmittel

Die EU zieht erste lebensmittelrechtliche Konsequenzen aus der Reaktorkatastrophe in Japan. Am 25. März wurden per Verordnung die Strahlengrenzwerte für Produkte erhöht, die aus den betroffenen Regionen Japans stammen. Ich wiederhole: Die Grenzwerte wurden erhöht. Auf diese enorm vertrauensbildende Maßnahme haben jetzt die Verbraucherorganisation foodwatch und das Umweltinstitut München e.V. hingewiesen.

Während Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner seit Tagen auf „verstärkte Kontrollmaßnahmen“ und „spezielle Schutzstandards“ verweist, werden die Grenzwerte offenbar schon den zu erwartenden Strahlenbelastungen angepasst.

Für Lebensmittel und Lebensmittelimporte gelten für Cäsium-134 und Cäsium-137 üblicherweise Höchstwerte von 370 Becquerel/Kilogramm für Säuglingsnahrung und Milchprodukte sowie von 600 Becquerel/Kilogramm für andere Nahrungsmittel (EU-Verordnung 733/2008). Mit der nun erlassenen Eilverordnung 297/2011 hat die Europäische Kommission diese Grenzen für Produkte aus den betroffenen japanischen Regionen deutlich heraufgesetzt: auf 400 Becquerel/Kilogramm für Säuglingsnahrung, auf 1000 Becquerel/Kilogramm für Milchprodukte und auf 1250 Becquerel/Kilogramm für andere Nahrungsmittel.

Bestimmte Produkte wie Fischöl oder Gewürze dürfen diesen Wert sogar um das Zehnfache übersteigen, also bis zu 12.500 Becquerel/Kilogramm belastet sein – ein 20-faches des bisherigen Limits.

Hintergrund für die Anhebung ist die nach der Tschernobyl-Katastrophe im Jahr 1987 erlassene EU-Verordnung 3954/1987. Demnach können im Falle eines „nuklearen Notstandes“ die Höchstgrenzen für die zulässige radioaktive Belastung von Lebensmitteln angehoben werden, um einer Nahrungsmittelknappheit vorzubeugen.

„Diese Regelung jetzt in Kraft zu setzen, ist absurd, denn es gibt in Europa keinen nuklearen Notstand und erst recht keine Nahrungsmittelknappheit. Importe aus Japan spielen für die Versorgungssicherheit der europäischen Bürger überhaupt keine Rolle“, erklärt Thilo Bode von foodwatch.

Die Organisationen betonen zwar, es gebe derzeit keinen Anlass zur Sorge, dass hochbelastete Produkte aus Japan großflächig im Handel auftauchen. Dies rechtfertige aber keinesfalls die Erhöhung der Grenzwerte, wie sie jetzt durch Artikel 3 Absatz 2 Spiegelstrich Nr. 3 der Eilverordnung geschieht. „Es ist nicht nachvollziebar, in der jetzigen Situation Grenzwerte für japanische Lebensmittel zu erhöhen, um sie in die EU einführen zu können“, erklärte Christina Hacker, Vorstand im Umweltinstitut München. Statt die Grenzwerte der Belastung anzupassen, müsse eher über einen Importstopp nachgedacht werden.

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Quelle des Fotos

Was man(n) auf dem Computer hat

Mann => Computer => Pornografie. Bei dieser Erkenntnis stütze ich mich nicht auf irgendwen, sondern auf den zuständigen Beamten in einer “deliktsübergreifenden Datenverarbeitungsgruppe” der Kriminalpolizei. Das sind jene Polizisten, die den ganzen Tag beschlagnahmte PCs überprüfen.

So ein Experte sieht natürlich viel und hat einen dementsprechend reichen Erfahrungsschatz. Mit diesem Hintergrund ging er wohl auch an die Festplatte eines Mandanten (Single!), dessen privater PC im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens beschlagnahmt wurde. Im Bericht liest sich das so:

Während der Untersuchung fiel auf, dass die Partition D frei von jeglichen pornografischen Darstellungen pp. ist. Dies ist auf der einen Seite genau so ungewöhnlich wie das Vorhandensein kinderpornografischer Dateien auf einem PC.

Dieses aus Polizeisicht verdächtig saubere System führt dann zu seitenlangen Spekulationen, ob der Beschuldigte vielleicht “trickst”, indem er sein wie auch immer geartetes Tun mittels eines aufgesetzten und somit spurlos arbeitenden Betriebssystems “verbirgt”, zum Beispiel mittels PXE-Boot.

Am Ende steht allerdings die Erkenntnis, dass man das sowieso nicht nachweisen kann. (Und wenn doch, so darf man anfügen, ist eine bestimmte Systemkonfiguration ebenso wenig strafbar wie die ständige Nutzung von Skype. Wobei letzteres ja auch oft argwöhnisch gesehen wird.)

Wir halten also fest: Ein paar legale Pornos sollten stets auf der Festplatte eines Mannes sein – schon um die Kripo nicht ins Grübeln zu bringen.

Besonders enge Dienstaufsicht

Der Aachener Kreisvorsitzende der Partei Pro NRW, im Hauptberuf Polizeihauptkommissar, muss es sich vorläufig gefallen lassen, einer besonders engen Dienstaufsicht unterworfen zu sein. So entschied es die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen. Der Antrag des Polizisten auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen diese Art der Dienstaufsicht wurde abgelehnt.

Die rechtslastige und ausländerfeindliche "Bürgerbewegung Pro NRW" hatte im Juli 2010 auf ihrer Homepage mitgeteilt, der Kommissar sei zum neuen Vorsitzenden des Kreisverbandes Aachen gewählt worden. Dabei wurde auch der Dienstgrad des Politikers bei der Polizei erwähnt. Daraufhin setzte der Polizeipräsident den Antragsteller in den Innendienst um und unterstellte ihn einer "besonders engen Dienstaufsicht". Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit dem Begehren, Mobbing-Handlungen ihm gegenüber zu unterlassen und die besonders enge Dienstaufsicht aufzuheben.

Das Gericht hat die Maßnahmen des Polizeipräsidenten nicht beanstandet. Da die Partei Pro NRW vom Verfassungsschutz beobachtet werde, sei die Wahl des Polizeihauptkommissars mit Blick auf die gebotene politische Mäßigung eines Beamten erläuterungsbedürftig. Auch sei die Unterwerfung unter eine besonders enge Dienstaufsicht nicht stigmatisierend, sondern bedeute nur, dass bei dem Antragsteller auf eine absolut korrekte Einhaltung der Dienstpflichten geachtet werde.

Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 23. März 2011 Aktenzeichen 1 L 46/11 / pbd

Verbindlich

Die Bußgeldstelle der Berliner Polizei wies bislang im Briefkopf darauf hin, dass Einsprüche per E-Mail nicht möglich sind. Die Behörde geht mit der Zeit. Seit neuestem lautet der Text wie folgt:

Ein Rechtsbehelf kann weder per E-Mail noch per E-Post-Brief wirksam eingelegt werden.

Die Deutsche Post (“Verbindlich.Vertraulich.Verlässlich”) wird es mit Freuden lesen.

Quote null

Der Insolvenzverwalter schreibt:

Die Gläubiger können mit folgender Quote rechnen: 0 % .

Auch wenn es um 63.903,00 Euro geht, wird die Nachricht unsere Mandantin nicht mehr sonderlich treffen. Wir haben die Forderung nämlich im Jahr 2002 angemeldet. Der Insolvenzverwalter brauchte also bescheidene neun Jahre um festzustellen, dass es nichts zu verteilen gibt.

Die scharfen Augen der Nachbarn

Die Nachbarn eines 55-Jährigen im Wuppertaler Stadtteil Elberfeld waren misstrauisch geworden. In der Wohnung des Mannes stapelten sich im Fenster unzählige Tabakpackungen. Ein illegales Zigarettenlager, eine Basis für Schmuggler und Hehler?

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Der vermeintliche Tatort (Foto: Polizei Wuppertal)

Das vermutete auch die Polizei. Zusammen mit sechs (!) Zöllnern drangen Beamte in die Wohnung des 55-Jährigen ein. Doch der hatte eine ebenso plausible wie überraschende Erklärung. Er ist Kettenraucher, und weil er keine Gardinen vorm Fenster hat, stapelt er dort die leeren Tabakpackungen – um sich vor der Frühlingssonne zu schützen.

Der Einsatztrupp sah jeden Tatverdacht entkräftet und zog wieder ab.(pbd)

Onlinegeld verschwindet offline

Opfer eines Raubüberfalls besonderer Art wurde ein 21-jähriger in Mannheim. Der Mann besaß Paysafecards im Wert von 28.000 Euro. Dieses Online-Zahlungsmittel wollte er offline verkaufen, wenn auch mit Abschlag.

Eigentlich wollte sich der Mann mit dem Kaufinteressenten treffen. Dieser hatte aber offenbar unlautere Absichten. Denn es tauchten drei Männer auf, die den Verkäufer angriffen und ihm die Plastiktüte mit den Paysafecards entrissen.

Das räuberische Trio konnte unerkannt entkommen. Die Mannheimer Polizei ermittelt.