Madonna aus der Ferne

Wie man einem Bericht der Rheinischen Post entnehmen kann, hat sich die Staatsanwaltschaft eine Taktik für das Madonna-Konzert in Düsseldorf überlegt. Ein Sprecher verrät Einzelheiten:

Wir werden das Konzert genau verfolgen, ohne allerdings in der LTU-Arena selbst vor Ort zu sein.

Nie dabei, aber nachher alles besser wissen. Klingt nach business as usual.

(Danke an Richie Gleim für den Link)

Diese ollen Temposünder

Mit einem merkwürdigen Urteil des Amtsgerichts Essen musste sich das Oberlandesgericht Hamm befassen. Das Amtsgericht hatte es abgelehnt, einen Sachverständigen an ein Radarfoto zu setzen. Das Oberlandesgericht hielt nicht viel von der Begründung des Amtsrichters:

Das Amtsgericht hat den Beweisantrag zusammengefasst mit der Begründung zurückgewiesen, das sich bei den Akten befindliche Beweisfoto sei aufgrund seiner schlechten Qualität zur Identifizierung des Fahrers durch einen anthropologischen Sachverständigen nicht geeignet. Mit dieser Begründung setzt das Amtsgericht sich aber in Widerspruch zu der Tatsache, dass es selbst den Betroffenen anhand des Beweisfotos jedenfalls in dem Sinne identifiziert hat, dass der dort abgebildete Fahrer dem Gesicht des Betroffenen sehr ähnlich sei. Wenn aber das abgebildete Gesicht dem Gesicht des Betroffenen bereits nach der Einschätzung des Amtsgerichts ähnlich war und wenn sich weiterhin jedenfalls doch einige charakteristische Unterscheidungsmerkmale aus dem Beweisfoto ergaben, wenngleich Teile des Gesichtes und des Kopfes des Betroffenen verdeckt waren, dann war gerade in besonderem Maße unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflicht, § 77 Abs. 1 OWiG, die Einholung eines anthropologischen Sachverständigengutachtens zur Klärung der Identität des Betroffenen als Fahrzeugführer geboten.

Ohne jede Logik ist auch folgende Erwägung des Amtsgerichts:

Die Überzeugung des Gerichtes, dass der Betroffene der Fahrzeugführer ist, ergibt sich auch daraus, dass nicht nur die Fahrereigenschaft des Betroffenen angezweifelt und bestritten wird, sondern auch die ordnungsgemäße Geschwindigkeitsmessung, obwohl sich für eine nicht ordnungsgemäße Messung überhaupt keine Ansatzpunkte ergeben. Da die Verteidigung offensichtlich versucht, nicht die Wahrheit zu erforschen, sondern das Verfahren zu torpedieren, ist das Gericht umso mehr davon überzeugt, dass der Betroffene auch der Fahrzeugführer ist.

Das Urteil wurde aufgehoben, jetzt muss sich eine andere Abteilung des Amtsgerichts noch einmal mit dem Fall beschäftigen.

Für mich klingt das Urteil wie ein Hilferuf. Der Richter möchte endlich mal wieder was anderes machen als Temposünder zur Rechenschaft ziehen.

(Quellen: Entscheidung; Link)

Meinung aus Berlin

Udo Vetter ist so kalt wie eine Hundeschnauze. Soll ein Prozessbeobachter aus Berlin gesagt haben. Also, wenn das so oder ähnlich auch in einem der Berichte an seine Behördenleitung steht, hätte ich wirklich gerne eine Kopie der Textpassage.

Auch wenn die Behauptung inhaltlich natürlich völlig daneben ist.

Mit Dell ab sofort Armfreiheit

Dell startet die größte Rückrufaktion der Firmengeschichte. Die Akkus von rund 4 Millionen Notebooks müssen getauscht werden, berichtet das Handelsblatt. Die Lithium-Ionen-Batterien könnten sich durch einen Kurzschluss erhitzen und dann Feuer fangen.

Welche Akkus betroffen sind, hat Dell hier veröffentlicht.

Meine drei Akkus für das Latitude X 300 sind anscheinend nicht brandgefährlich. Aber die Voraussetzungen sind wahrscheinlich trotzdem gut, dass man mit einem Dell-Notebook auch in einem vollem Café ab sofort ungestört und mit reichlich Armfreiheit arbeiten kann.

Kleines s, großer Aufwand

Vielleicht verstehe ich das ja alles nicht. Aber wie es scheint, hat eine Polizeibehörde ausgiebig ermittelt, weil der Name einer Person im Ausländerzentralregister etwas anders geschrieben ist als in einem Eintrag bei Inpol/Polas. Ein Buchstabe im Vornamen weicht ab, um genau zu sein. Man kann sich das ungefähr so vorstellen:

Mustafa / Musstafa

Der Abschlussvermerk bringt es auf den Punkt: Wahrscheinlich wurden Daten falsch eingegeben. Jedenfalls sei dem Beschuldigten ein Missbrauch von Ausweispapieren nicht nachzuweisen. Und auch keine sonstige strafbare Handlung.

Wieso man aber bis zu diesem Ergebnis 93 Blatt Papier verbrauchen kann, bleibt das Geheimnis des Kriminalbeamten. Obwohl, ganz so geheimnisvoll ist es eigentlich nicht. Anfragen an Gott und die Welt (unter anderem Bundeskriminalamt und die Botschaft des Herkunftslandes) sowie eine erkennungsdienstliche Behandlung, zwei Zwischenberichte und ein Abschlussvermerk – da kommt am Ende schon was zusammen.

Eine Lachnummer.

Ich komme mir so nutzlos vor

Sehr geehrter Herr B.,

ich habe Ermittlungsakte erhalten. Die Staatsanwaltschaft K. hat das Ermittlungsverfahren gegen Sie eingestellt. Der Staatsanwalt ist ganz ohne mein Zutun zu der Einsicht gelangt, dass keine ausreichenden Beweismittel vorliegen und weitere Ermittlungen keinen Erfolg versprechen.

Die Akte erhalten sie noch in Kopie, damit Sie sich ein Bild von den Einzelheiten machen können.

Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt

060814a.jpg

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

Der Chef empfiehlt

Morgen kommt jemand aus einer größeren Firma, der die Kündigung erhalten hat. Da er aus Westfalen anreist, fragte ich, wie er auf uns gekommen ist.

„Mein Chef hat Sie empfohlen.“

Jetzt bin ich ein klein wenig gespannt, wer der Vorgesetzte ist.

Unter Kollegen

Es gibt ja schon dreiste Menschen. Das Paar mit Kind zum Beispiel, welches gestern im Centro-Park die 10-Minuten-Warteschlange vor dem Riesenrad einfach ignorierte. Pech nur, dass sich die Barbour-Jacken ausgerechnet vor uns platzierten. Für die Barbour-Jacken.

Aus der Reihe weiter hinten kamen schließlich sogar Anfeuerungsrufe. „Gut, dass einer mal was sacht.“ Ich gebe zu, die Sache wäre fast eskaliert. Wenn ich nicht die Idee gehabt hätte, darauf hinzuweisen, dass in eine Gondel doch sechs Personen passen. „Dann fahren wir doch einfach zusammen.“

In dem Augenblick machte die Angestellte gerade die Gondel auf. Die Meckerziege, die von Vordrängeln natürlich gar nichts bemerkt hatte, war von dem Vorschlag so sprachlos, dass sie den entscheidenden Augenblick verpasste. Wir saßen längst in der Gondel, als sich ihre Schockstarre löste. „Danke, wir nehmen lieber die nächste.“

Dazu kam es jedoch wohl auch nicht mehr. Wir fuhren gerade nach oben, als zwei starke Kerle aus der Warteschlange Mut fassten und die angeknockten Gegner unter dem Beifall ihres Anhangs nach hinten beförderten.

Später fiel mir ein, woher ich den Mann kannte, der mir im Verlauf des Wortwechsels den Griff seines Regenschirms freundlich unters Kinn hielt, damit ich nicht einschlafe. Anwalt, aus Dortmund glaube ich.

Im Rahmen des Auftrags

Die Hintergründe des Nahostkonflikts sind mir zu komplex. Ich weiß zu wenig, um mir eine Meinung zu bilden.

Außer zu einem Punkt: Sollten eilfertig entsandte und dann wahrscheinlich auf Jahre im Grenzgebiet zu Israel festhängende Bundeswehrsoldaten Israelis töten, werden nur sehr wenige fragen, ob sie im Rahmen ihres Auftrags handelten oder nicht.

Der Sturm, der sich dann über Deutschland zusammenbraut, übersteigt die begrenzte Phantasie von Adabeis wie Kurt Beck. Wenn es überhaupt mal einen Grund gab, Geld in die Hand zu nehmen und sich von einer weltpolitischen „Pflicht“ loszukaufen, dann diesen.

Wahrheit geht vors Protokoll

Die tatsächliche Wahrheit steht über der Beweiskraft eines Hauptverhandlungsprotokolls. Wegen Rechtsmissbrauchs verwarf der Bundesgerichtshof deshalb eine Revision, die an sich begründet gewesen wäre. Laut Verhandlungsprotokoll hatte sich eine Verteidigerin aus der Verhandlung entfernt. In Wirklichkeit war sie aber da, was nach Auffassung der Richter bewiesen ist. Die Verteidigung dürfe eine Revision nicht auf eine protokollierte Tatsache stützen, wenn sie wisse, dass es sich tatsächlich anders zugetragen hat und das Protokoll falsch ist.

Mit so einem – zugegeben krassen – Fall wird jetzt ein Einfallstor geöffnet. Die vom Gesetz vorgesehene Beweiskraft des Protokolls wird ausgehöhlt. Das bedeutet dann auch in weniger eindeutigen Fällen, dass man sich seine Wirklichkeit schon hinbiegen wird.

An sich ist ja nichts gegen Ansätze zu sagen, das Revisionsrecht lebensnäher zu gestalten und an der Gerechtigkeit zu orientieren. Dann müsste aber auch damit Schluss gemacht werden, die formalen Hürden für eine Revision so absurd hoch zu hängen. Verfahrensrügen scheitern häufig schon daran, dass die Anwälte den Begründungsanforderungen nicht gerecht werden. Das liegt meistens gar nicht daran, dass die Verteidiger doof sind. Sondern daran, dass ein Revisionsrichter immer ein Haar in der Suppe finden kann, wenn er nur will. Und man kann wirklich nicht behaupten, dass nicht nach diesen Haaren gesucht wird.

(Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs)

Geduldig bleiben

Der Flur des Landgerichts Hagen ist auch ganz nett. Eigentlich wollte ich zu dieser Minute mit meinem inhaftierten Mandanten sprechen, dem nachher ein Haftbefehl verkündet werden soll. Leider verhandelt die Kammer in nicht öffentlicher Sitzung einen anderen Fall. „Öffentlichkeit ausgeschlossen“. Das beleuchtete Schild an der Tür hat mich allerdings nicht gehindert, die Tür aufzmachen. Denn wie soll ich sonst, wie mit dem Vorsitzenden besprochen, an die Gerichtsakte kommen? Die konnte mir in der Kürze der Zeit nicht zugeschickt werden.

Eigentlich sollte die Sitzung kurz unterbrochen werden, damit der zuständige Richter die Akte aus seinem Dienstzimmer holen kann. Aber wer weiß, welch wichtiger Zeuge gerade im Saal vernommen wird. Man wird sicher gute Gründe haben, mich warten zu lassen. Rüber in die Justizvollzugsanstalt rennen bringt auch nichts. Was soll ich mit dem Mandanten besprechen, wenn ich noch nicht mal den Haftbefehl kenne?

Na ja, ich übe mich in Geduld und verfolge, wie auf den Bänknen neben mir womöglich der nächste Zeuge präpariert. Eine Frau redet auf einen jungen Mann ein, erzählt was von Liebe, Familie und dass alles nicht so sein muss, wie es auf den ersten Blick scheint. Das geschieht ziemlich laut. Ich kann beim besten Willen nicht weghören. Dass nicht öffentlich verhandelt wird, deutet auf einen Missbrauchsprozess hin. Die angespannten Mienen der Prozessbeteiligten, als ich vorhin in den Saal platzte, ebenfalls.

Soldaten-Quälerei: OLG lässt Anklagen zu

Von EBERHARD PH. LILIENSIEK

Alle 18 Bundeswehr-Ausbilder, denen die Misshandlung von 181 Rekruten vorgeworfen wird, müssen sich nun doch der Anklage vor dem Landgericht Münster stellen. Das hatte vor neun Monaten lediglich acht Anklagen der Staatsanwaltschaft zugelassen. Die aber bekam jetzt nach ihrer Beschwerde vom Oberlandesgericht Hamm (OLG) bestätigt: Für alle vier Übungen im Sommer 2004, die nach Überzeugung des 4. Strafsenats nicht einmal der Ausbildung dienten, besteht der hinreichende Verdacht von Straftaten. Den hatte das Landgericht noch in einigen Fällen, bei denen es auch um gefährliche Körperverletzungen geht, glatt verneint.

Einige schikanöse Handlungen, etwa dem längerem Halten eines Baumstammes mit ausgestreckten Armen, seien kaum von Bedeutung. Und die 8. Strafkammer berief sich darauf, dass viele Rekruten sich nicht entwürdigt fühlten. Darauf komme es nicht an, entschied jetzt das OLG (AZ 4 Ws 172 – 188/06): Die körperliche Unversehrtheit habe einen hohen Stellenwert. Deswegen dürfe ein vorgesetzter Soldat den Untergebenen nicht einmal anfassen – es sei denn, um einen rechtmäßigen Befehl durchzusetzen.

Die vorgetäuschten Geiselnahmen mit Fesselungen im Umfeld der Coesfelder „Freiherr-vom-Stein-Kaserne“ allerdings hätten nicht zum Grundwehrdienst gehört. Die Misshandlungen mit elektrischem Strom und Schlägen schon gar nicht. Über den OLG-Beschluss zeigte sich Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer „höchst zufrieden“: „Wir sind rechtlich und tatsächlich in unserer Meinung voll bestätigt worden“, sagte der Behördensprecher.

Wann der Prozess gegen die 18 Bundeswehr-Ausbilder beginnt, ist fraglich: „Die 8. Strafkammer ist mit Haftuntersuchen ausgelastet, die gehen vor“, sagte gestern Gerichtssprecherin Christina Jansen. Vermutlich könne erst Anfang des kommenden Jahres verhandelt werden. (pbd)

Blind unterschrieben?

Wir reden über das „Anbieten von Kindern“, eine Form des sexuellen Missbrauchs. Strafbar nach § 176 Abs. 5 Strafgesetzbuch:

Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach den Absätzen 1 bis 4 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

Abgesehen davon, dass es keine stichhaltigen Beweise für die angebliche Tat gibt, ist es natürlich mehr als nett, wenn das Amtsgericht für genau diese Tat einen Strafbefehl erlässt, und zwar lediglich über eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen á 30 Euro.

Andererseits ist so was aber ein schlechtes Zeichen für die Sorgfalt, mit der manche Richter die Strafbefehlsanträge prüfen, die sie von der Staatsanwaltschaft vorformuliert auf den Tisch bekommen.

Offenheit

Das gibt es auch selten: Ein Mitarbeiter räumt in einer E-Mail an seinen Vorgesetzten ein, dass er einen Auftrag verbockt hat.

Solche Offenheit muss belohnt werden, meint der Arbeitgeber. Also nur eine Ermahnung statt der an sich fälligen Abmahnung.