NEBENJOB

Einen Nebenerwerb der besonderen Art hat sich ein Student zugelegt. Er gibt regelmäßig eine 0190-er-Nummer bei Gewinnspielen an. Die Computer diverser Faxspammer wählen dann, so sagt er zumindest, seine kostenpflichtige Nummer an. Ganz besonders dankbar ist er einem Versender von Sexkatalogen, seinem bisher treuesten „Kunden“.

(Danke an Moritz Dahlmann für den Link)

IM ZWEIFEL FÜR DIE ANGEKLAGTEN

IM ZWEIFEL FÜR DIE ANGEKLAGTEN

Was haben Nutzer von ftpwelt.com zu befürchten?

1. Die Strafnorm

§ 106 Urheberrechtsgesetz (UrhG)bestimmt:

Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke

(1) Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des
Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes
vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis
zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Den Kunden von ftpwelt.com kann eine unerlaubte „Vervielfältigung“ zur Last gelegt werden.

2. Der Begriff der Vervielfältigung

Aus § 15 UrhG ergibt sich, dass Vervielfältigung ein „Herstellungsprozess“ ist. In Fällen wie diesem wird nach meiner Meinung viel zu wenig darüber nachgedacht, ob der Downloader eigentlich im Sinne des Gesetzes „vervielfältigt“.

Was macht der Downloader denn eigentlich?

Er bezahlt die Kosten, wählt das Produkt aus und bittet durch seine Auswahl den Anbieter, einen Vervielfältigungsprozess in Gang zu setzen. Letztlich steuert der Anbieter die Vervielfältigung allein. Er entscheidet, ob er die Daten freigibt und auf die Reise schickt. Der Kunde nimmt die Vervielfältigung seinerseits eigentlich nur entgegen. Genau besehen ist das Werk nämlich schon vervielfältigt in dem Augenblick, in dem beim Anbieter Kopien der Daten bereitgestellt werden.

Ich weiß, dass die Mehrheit der Urheberrechtsexperten diese Auffassung nicht teilt. Aber wenn man das Gesetz auslegt und das eigenständige Denken nicht durchs Zitieren von Professoren und Gerichtsurteilen ersetzt, darf und muss dieses Problem diskutiert werden.

3. Die offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vorlage

Die Vervielfältigung für private Zwecke ist nach § 53 UrhG aber nur strafbar, wenn die Vorlage „offensichtlich rechtswidrig hergestellt“ ist.

Für unentgeltliche Tauschbörsen hat sich mittlerweile die Meinung herauskristallisiert, dass es dort für jeden Nutzer offensichtlich sei, Kopien nur von rechtswidrigen Vorlagen zu erhalten.

Das ist schon eine sehr industriefreundliche Auslegung.

Bei ftpwelt.com liegt die Sache aber nun mal anders. Es handelte sich um ein Angebot, das sich den Anschein der Legalität gab. Es stellt sich also im Kern die Frage, wieviel man als Nutzer hätte nachdenken müssen.

Spätestens hier ergibt sich aus der Formulierung „offensichtlich“ im Gesetz, dass vom Kunden nicht verlangt wird, sich vor jedem Download zum Urheberrechtsexperten weiter zu bilden oder einen Anwalt zu befragen. Derart hohe Anforderungen wären gesetzeswidrig.

Die zitierte Äußerung des Staatsanwaltes, niemand werde sich „herausreden“ können, offenbart, dass er die Schrankensystematik des § 53 UrhG nicht verstanden hat. Grundsätzlich ist die Vervielfältigung nämlich erlaubt, es sei denn der Herr Staatsanwalt weist nach, dass die Vorlage offensichtlich rechtswidrig war. Nicht der Nutzer muss sich rechtfertigen, sondern die Strafverfolger müssen nachweisen, dass die Vorlage für den Kunden offensichtlich rechtswidrig war. Ob ihnen das in dieser Konstellation wirklich gelingt, bezweifle ich.

Unabhängig davon werden diejenigen, die mit Kreditkarte bezahlt und damit ihre Identität offenbart haben, hierdurch ein starkes Indiz dafür anführen können, dass sie gerade nicht von einer offensichtlich rechtswidrigen Vorlage ausgingen.

Im Ergebnis wird es also darauf ankommen, ob man davon ausgeht, dass die Nutzer bei ftpwelt.com von offensichtlich rechtswidrig hergestellten Vorlagen ausgehen mussten. Das ist eine Wertungsfrage.

Nach den bislang bekannten Umständen meine ich, dass ein besonnenes Gericht zumindest nach dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ entscheiden müsste.

4. Die Untätigkeit der Behörden

Ein Nebenaspekt ist die Frage, wie lange die Ermittlungsbehörden ftpwelt.com observiert haben. Die Staatsanwaltschaft ist nicht nur verpflichtet, Straftaten aufzuklären. Sie ist auch verpflichtet, diese zu unterbinden. Sollte sie sich übermäßig Zeit gelassen haben, ftpwelt.com zu schließen bzw. zumindest vor der Seite zu warnen, kann diese Verzögerung bei Kunden, die ab diesem Zeitpunkt dazu gekommen sind, zu einer milderen Bewertung führen.

5. Die Rechtsfolgen

Ich kann im Ergebnis nicht erkennen, dass sich die Kunden von ftpwelt.com strafbar gemacht haben sollen.

Jedenfalls wäre aber die Schuld sehr gering, so dass bei bisher nicht vorbelasteten Betroffenen die Verfahren – vielleicht mit einer kleinen Geldauflage – eingestellt werden können.

6. Mögliche Durchsuchungen

Da die Staatsanwaltschaft einen Tatverdacht bejaht, kann sie auch Durchsuchungsbeschlüsse beantragen. Ich hoffe, dass ein Großteil dieser Anträge von sorgfältig arbeitenden Ermittlungsrichtern abgelehnt wird. Denn selbst wenn man einen dringenden Tatverdacht bejaht, ist auch immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

Trotz aller Aufregung, die ja kräftig von der GVU geschürt wird, darf man nicht vergessen, dass es sich auf den Einzelnen bezogen um ein Bagatelldelikt handelt. Das alles rechtfertigt unter keinen Umständen den brutalen Eingriff in die Grundrechte, der mit jeder Durchsuchung verbunden ist.

VOLLMUNDIG

Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen tönt, wie nicht anders zu erwarten, dass gegen jeden der angeblich 45.000 Nutzer von ftpwelt.com ein Strafverfahren eingeleitet wird. So berichtet es heise online.

Die deutschen Fachanwälte für Strafrecht können also beruhigt ins Wochenende fahren – es gibt reichlich zu tun. Dass am Ende außer unglaublich vielen Akten, blockierten Behörden und Millionenkosten für den Steuerzahler nichts rauskommen wird, möchte ich schon jetzt voraussagen.

Wenn jemand, so die vorliegenden Berichte, auf einer öffentlich zugänglichen Seite, die sich von anderen kommerziellen Angeboten ja kaum unterschieden haben dürfte, für den Download von drei Filmen 15 Euro (über Kreditkarte) zahlt, dann, liebe Strafverfolger, ist das für den Kunden nicht strafbar. Dies gilt jedenfalls, so lange er die Kopien seinerseits nicht weitergegeben oder gar verkauft hat.

Ende der Ansage. Ich muss auch ans Telefon. Wahrscheinlich heute zum wiederholten Mal die Frage beantworten, ob man sich als Kunde von ftpwelt.com selbst anzeigen soll.

(Nein.)

KOINZIDENZ

Die Homepage der Zeitschrift „Guter Rat“ ist heute einen Besuch wert. Im Interview wettert der Kanzler gegen die Schmarotzermentalität der Deutschen. Links ist der aktuelle Titel des Blattes abgebildet: „22 mal Geld vom Staat – holen Sie sich alles, was Ihnen zusteht.“

KORREKT?

Zur Verhaftung des Münchner Anwalts Bernhard S. im Rahmen des angeblich weltweit größten Schlages gegen Raubkopierer äußert das RA-Archiv kritsche Gedanken. Auch zur Frage, ob die Ermittlungen nach dem bisherigen Kenntnisstand korrekt abgelaufen sein können. Und ob hier nicht wieder mal die Show wichtiger ist als das, was am Ende rauskommt.

VERTEIDIGER GESUCHT

Auch deutsche Anwälte haben die Möglichkeit, als Verteidiger am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu arbeiten. Voraussetzung für eine Tätigkeit als „leitender Verteidiger“ sind ausreichende Erfahrungen im Strafrecht und 10-jährige Tätigkeit als Rechtsanwalt, berichtet beck-aktuell.

Ich muss mich derzeit also gar nicht fragen, ob ich für dieses Spezialgebiet Interesse hätte (eher nicht). Die 10 Jahre Berufserfahrung kann ich nämlich erst im April 2005 vorweisen.

EFFEKTVOLL BLOGGEN

Der „Netzjournalist“ Sascha Kremer, uns eher bekannt als Autor des Weblogs Vertretbar.de, hat mit seinen kritischen Beiträgen eine ganze Firma in die Pleite gestürzt: die Abzocker von Moxmo. So steht es jedenfalls in der holländischen Presse.

Die kritischen Berichte hatten leider zur Folge, dass sich Kunden nur in unerwartet niedriger Zahl die Konten plündern ließen.

U-HAFT

Eine bekannte Münchner Anwaltskanzlei muss auf derzeit auf die Arbeitskraft eines Partners verzichten. Bernhard S. soll sich in Untersuchungshaft befinden. Ihm werden Geldwäsche, Gründung einer kriminellen Vereinigung und Verstöße gegen das Urheberrecht vorgeworfen, berichtet heise.

ANGEDROHT

Gestern Abend habe ich bei Woyton einer netten Frau 10 Euro gegeben, damit sie mich ein paar Minuten mit ihrem Handy telefonieren lässt. Die späteren Kopfschmerzen kamen aber nicht von dem Investment, das die Dame sichtlich glücklich machte, sondern davon, dass ich schon vorher mein eigenes Handy leer telefoniert hatte.

Und ein bisschen davon, sich eher fruchtlos mit diversen Polizisten und Kripoleuten auf Ernie-und-Bert-Niveau und einen grantigen Oberstaatsanwalt streiten zu müssen. Dabei wette ich gerne einen weiteren Zehner, dass es keine Beweis gibt und mein Mandant heute Morgen nach Hause gehen kann und nicht dem Haftrichter vorgeführt wird. Sofern er nur, wozu ich ihn unter Androhung körperlicher Gewalt verpflichtet habe, weiter den Mund hält.

KLASSENBEWUSST

Wer 1. Klasse fährt, kann sich nicht dagegen wehren, wenn die Bahn in einem überfüllten Zug sein Abteil auch für Menschen Fahrgäste 2. Klasse öffnet. Vor dem Amtsgericht Frankfurt hatte ein Kunde die Bahn auf Schadensersatz verklagt. Er fühlte sich sich von Vollbelegung, Lärmbelästigung durch Telefongespräche und sogar den hastigen Verzehr von Fast Food belästigt.

Nicht einmal eine Erstattung des 1.-Klasse-Zuschlags kommt für das AG Frankfurt in Betracht, berichtet beck-aktuell. Diesen Punkt hätte man aber auch anders entscheiden können…

PS. An kleineren Bahnhöfen kostet eine Fahrplanauskunft jetzt schon mal drei Euro, berichtet der Express.

NUTZLOS

Verfahrenseinstellung ohne Akteneinsicht. Da kommt man sich als Verteidiger richtig nutzlos vor. Andererseits stellt sich natürlich die Frage, warum es erst eines Anwaltsschreibens bedurfte, um zu erkennen, dass an der Sache nichts dran ist. Nach immerhin 7 Monaten.

BLOGGER FÜLLEN DIE ZEITUNG

BLOGGER FÜLLEN DIE ZEITUNG

Die Frankfurter Tageszeitung „News“ will, so ist zu hören, öfter mal eine Seite mit Blogzitaten füllen. Das wird natürlich kontrovers diskutiert und bewegt sich urheberrechtlich eher in einer Grauzone. Ob zulässig oder nicht, können ja die Experten im Urheberrecht diskutieren und (früher oder später) die Gerichte entscheiden, wenn die Zeitung standhaft bleibt.

Ich persönlich finde es eigentlich nicht so schlimm, was die „News“ macht. Immerhin wird doch die Quelle genannt. Und die Zitate gehen offensichtlich auch nicht über den Rahmen hinaus, in dem sich auch Blogger gegenseitig zitieren. (Was wären wir an hektischen Tagen ohne Copy & Paste?) Dass bloggende Journalisten, Schriftsteller und solche, die sich dafür halten, weniger begeistert, kann ich allerdings auch nachvollziehen.

(danke an „Doc“ Marc für den link)

ARM DRAN

Ein Frankfurter Rechtsanwalt studiert jetzt Englische Philologie. Seine Begründung: Als Rechtsanwalt kann er kein ausreichendes Einkommen erzielen. Mit diesem Argument wollte er sich jedenfalls um die neu eingeführte Studiengebühr drücken. Damit blitzte er allerdings vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt ab, berichtet beck-aktuell.

Welche Einkommensperspektiven bietet denn Englische Philologie?