SIE WINDEN SICH

Aufgrund zweier Urteile des Bundesgerichtshofes hatte ich meine beiden Lebensversicherungen angeschrieben. Ich bat darum, den Rückkaufswert neu zu berechnen, nämlich ohne die Vertreterprovisionen.

Die Hamburg-Mannheimer behauptet in ihrer Antwort, sie habe alle erforderlichen Informationen erteilt. Dabei hat sie nicht nur die beanstandeten Klauseln fast wörtlich verwendet, sondern nach meiner Meinung auch genau die Tabelle abgedruckt, welche der BGH für nicht ausreichend erachtet.

Die Debeka argumentiert anders. Zunächst behauptet die Versicherung, der BGH habe überhaupt nicht entschieden, dass Kunden einen Anspruch auf Neuberechnung ihres Rückkaufwertes hätten. Da es sich um Verbandsklagen handelte, hat der BGH logischerweise die Klauseln nur abstrakt geprüft.

Aber was folgt denn aus der Rechtswidrigkeit? Dass die Vertreterprovisionen eben keine vertragliche Grundlage haben. Und wenn ihr Abzug nicht vereinbart war, können sie eben zurückgefordert werden.

Aber auch für diesen Punkt hat die Debeka eine Antwort. Angeblich bedürfe es im Falle unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen „ergänzender Vertragsauslegung“. Das dürfte falsch sein, weil Allgemeine Geschäftsbedingungen entweder wirksam oder unwirksam sind. Eine geltungserhaltende Reduktion, d.h. ein Zurückführen auf den gerade noch zulässigen Gehalt, ist ausdrücklich verboten. (Logisch, denn sonst würde man mit unwirksamen Klauseln kein Risiko eingehen, weil immer das gerade noch Zulässige gälte.)

Außerdem verweist die Debeka ebenfalls auf eine Tabelle der Rückkaufswerte und einen Zusatz, wonach Abschlusskosten aus den ersten Beiträgen bestritten werden „müssen“. Gerade in Verbindung mit den benstandeten Klauseln, wonach die Beiträge ja angeblich nach einem aufsichtsrechtlich genehmigten Verfahren berechnet werden, klingt das so, als habe die Versicherung keine andere Möglichkeit, als so zu verfahren. Dem Kunden wird also gerade nicht klargemacht, dass er sich hierdurch vertraglich binden soll, Abschlusskosten in erheblicher Höhe zu übernehmen.

Schon interessant, wie unterschiedlich da argumentiert wird. Ich jedenfalls tendiere dazu, die Sache gerichtlich klären zu lassen – wenn die Versicherungen nicht doch noch nachgeben.

SCHÖN, DASS ES DICH GIBT

SCHÖN, DASS ES DICH GIBT

Der Hersteller der Schokolade „merci“ wirbt mit dem Spruch „merci, dass es dich gibt“. Ein Grußkartenhersteller druckte auf seine Karten „Schön, dass es dich gibt“ und beging einen verhängnisvollen Fehler – er fügte auch noch „Ritter Sport“-Schokolade bei.

Wenn anderen Firmen das T gehört, dann gehört uns dieser schöne Spruch. Dachte man bei „merci“ und zog vor Gericht. Vor dem OLG Hamburg blitzte die Firma jedoch ab:

Dass es sich um eine Redewendung des allgemeinen Sprachgebrauchs handelt, ist im übrigen aber auch gerichtsbekannt. Wenn eine solche Botschaft gerade auf einer Grußkarte – also bestimmungsgemäß – verwendet wird, und zwar als alleiniger Text auf der Front und Schauseite, und die Darstellung noch von einem Bild begleitet wird, das die Botschaft inhaltlich unterstützt, hält es der Senat auch bei weiter Auslegung des kennzeichenmäßigen Gebrauchs für erfahrungswidrig, dass dennoch rechtlich erhebliche Anteile des angesprochenen Verkehrs aus der bloßen Wiederholung des Spruches auf den Seitenlaschen nunmehr den Schluss ziehen, die Grußbotschaft solle zugleich auch für die in ihr verpackte Schokolade als Herkunftshinweis dienen.

Schöner kann man Offensichtliches wirklich nicht begründen…

(via Jur Text online)

SCHRECK

Ein Mandant hat über die Weihnachtstage einen Schreck bekommen. Er führt gerade einen Kündigungsschutzprozess gegen seinen Arbeitgeber. Der beschäftigt 7 Leute. Seine Frage:

Wenn ab 1. Januar 2004 der Schwellenwert auf 10 Arbeitnehmer erhöht wird, habe ich dann ab sofort keinen Kündigungsschutz mehr? Verliere ich den Prozess?

Wenigstens da haben sich die Parteien eine verständliche Regelung ausgedacht. Der erhöhte Schwellenwert gilt nur für Arbeitsverhältnisse, die ab dem 1. Januar 2004 beginnen. Arbeitnehmer, die vorher beschäftigt waren und Kündigungsschutz hatten, behalten ihn. Es sei denn, dass die Zahl der regelmäßig Beschäftigten auf 5 oder weniger sinkt; dann wäre auch nach altem Recht der Kündigungsschutz entfallen.

In Betrieben zwischen 5 und 10 Arbeitnehmern wird es also künftig eine Zweiklassenbelegschaft geben.

PENG

In der Silvesternacht dreht sich – juristisch gesehen – alles um die Erste Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV). Wieviele Paragrafen, Verordnungen und Ausführungsbestimmungen in Deutschland nötig sind, um es mal richtig krachen zu lassen, ist hier akribisch zusammengetragen.

(link gefunden bei LAWgical)

NEBENKOSTEN

Der Countdown läuft – für die Nebenkostenabrechnung 2002. Wenn diese bis übermorgen nicht im Briefkasten der Mieter liegt, sind eventuelle Nachzahlungen verfallen.

Siehe auch den vorherigen Eintrag.

RÜCKSCHEIN

RÜCKSCHEIN

„Ich habe den Brief mit Einschreiben/Rückschein geschickt.“

Argh. Immer wieder ein Fehler, vor allem, wenn mit der Kündigung eine Frist gewahrt werden soll. Wenn der Empfänger nicht zu Hause ist, hinterlässt der Postbote lediglich einen Benachrichtigungszettel. Den Brief nimmt er wieder mit.

In diesem Fall hat der Empfänger den Brief noch nicht erhalten. Etwaige Erklärungen, Kündigungen zum Beispiel, werden damit auch nicht wirksam.

Der Empfänger ist nicht verpflichtet, den Brief innerhalb der Lagerfrist von 7 Werktagen auf dem Postamt abzuholen. Er muss schon deshalb nicht Zeit und Aufwand auf sich nehmen, weil es die Deutsche Post AG nicht für nötig erachtet, wenigstens den Absender auf dem Benachrichtigungszettel zu notieren.

Fristgebundene Briefe also am besten immer persönlich (mit Zeugen) oder per Boten einwerfen. Wenn schon Einschreiben, dann nur die Variante Einwurf. Da nimmt der Briefträger die Sendung nämlich nicht wieder mit.

Diese goldenen Worte widme ich dem Menschen, der mir am Samstag ein Einschreiben/Rückschein an die Privatadresse geschickt hat.

GEHALTSPOKER

Beim Poker um die Gehaltserhöhung hat in diesen Zeiten meist der Chef die Asse im Ärmel. Wenn er partout kein Geld rausrücken will, kann man ihn vielleicht mit Zugaben locken. Die Wirtschaftswoche (Printausgabe Nr. 52/2003, S. 118) listet – neben dem Dienstwagen – einige geldwerte Vorteile auf, um die man verhandeln könnte:

Handy, Fax und Telefonanschluss sind für den Arbeitnehmer sogar steuerfrei, selbst wenn er ausschließlich privat damit telefoniert. Festnetztelefone und Faxe können problemlos in der Privatwohnung des Arbeitnehmers installiert werden. Hauptsache, die Firma bleibt Eigentümerin der Geräte.

Notebook und PC sind ebenfalls steuerfrei, selbst wenn sie ausschließlich privat genutzt werden. Der Arbeitgeber darf sogar Farbdrucker, Software und eine Spielkonsole spendieren. So lange er Eigentümer der Geräte bleibt, kann das Finanzamt keine Einkommenssteuer verlangen.

Die Mitgliedschaft im Fitnessclub kann der Arbeitgeber bis zu 50 Euro monatlich finanzieren – wiederum steuerfrei für den Arbeitnehmer. Die Kosten für den Kindergarten können laut dem Bericht sogar voll vom Arbeitgeber übernommen werden.

KOSTENTREIBER

Axel hat auf auf einer Homepage folgendes Impressum entdeckt. Er möchte wissen, ob man sich damit vor Abmahnkosten schützen kann:

Sollte auf unseren- oder auf einer von uns verlinkten Seite, oder einer Seite welche über eine Link-Kette von dieser aus erreichbar ist, ein Rechtsverstoß bemerkt oder vermutet werden, bitten wir um formlose Nachricht per E-Mail, gegebenenfalls mit Benennung der vollständigen Link- Kette. Wir prüfen umgehend jede Beanstandung und treffen angemessene Maßnahmen zur Beseitigung eventueller Störungen.
Auf Grund dieser Zusicherung würden wir in der sofortigen Einschaltung eines für uns kostenpflichtigen Anwaltes den Versuch sehen, über eine vorgeschobene Beanstandung vorrangig Gewinn durch Kostentreiberei zu erzielen.

Wir sähen uns in diesem Falle veranlaßt, den Sachverhalt gerichtlich prüfen zu lassen. Die ansonsten mögliche schnelle Beseitigung einer eventuellen Störung würde sich hierdurch unnötig und erheblich verzögern. Dies entspricht nicht unserem wirklichen oder mutmaßlichen Willen und kann auch nicht im berechtigten Interesse eines eventuell Geschädigten sein. Wir widersprechen daher ausdrücklich jeder Geschäftsführung ohne Auftrag (GOA).

Ich bin eher skeptisch, weil ein möglicher Rechtsverstoß ja nicht nachträglich aus der Welt geschafft werden kann. Die Zusage, sich schnellstmöglich um Beanstandungen zu kümmern, könnte sogar als „bedingter Vorsatz“ ausgelegt werden, nach dem Motto: Wir prüfen immer erst hinterher, ob unsere Inhalte rechtswidrig sind. Und das mit der Geschäftsführung ohne Auftrag dürfte auch nicht ziehen, weil die dortigen Vorschriften ohnehin nur entsprechend herangezogen werden, um die Übernahme der Abmahnkosten zu rechtfertigen.

Andere Meinungen?

KRÄFTIG RUMGEDREHT

KRÄFTIG RUMGEDREHT

Strafanzeige wegen Körperverletzung. Angeblich hat mein Mandant K., ein Taxifahrer, auf seinen Kollegen eingeprügelt. Da freut es einem doch immer, wenn die einzige Augenzeugin folgendes angibt:

„Herr T. und Herr K. haben sich unterhalten. Dann hat T. dem K. plötzlich den Zeigefinger ins Auge gesteckt und den Finger kräftig rumgedreht.“

Da ist es ja wohl zumindest keine Frage mehr, wer „angefangen“ hat.

DURCH DIE HINTERTÜR

DURCH DIE HINTERTÜR

Mit der Mietrechtsreform 2001 sollten die langen Kündigungsfristen für Mieter abgeschafft werden. Langjährige Mieter hatten bis zu einem Jahr Kündigungsfrist. Das erschwerte die Suche nach einer neuen Wohnung und schränkte die Mobilität ein.

Der Gesetzgeber hat deshalb die verlängerten Kündigungsfristen nur noch für Vermieter beibehalten. Mieter sollen dagegen immer mit dreimonatiger Frist kündigen dürfen, wobei die Kündigungserklärung erst am 3. Werktag des ersten Monats beim Vermieter eingehen muss.

Der Bundesgerichtshof dreht die Uhr jetzt wieder zurück, indem er in einer merkwürdigen Entscheidung vom 22. Dezember 2003 den Verzicht des Mieters auf sein Kündigungsrecht für wirksam ansieht. So werden die verlängerten Kündigungsfristen durch die Hintertür wieder eingeführt. Denn Vermieter werden im Zweifel nur an Interessenten vermieten, die erst einmal für einen stattlichen Zeitraum auf ihr Kündigungsrecht verzichten. Und die Gerichte werden sich demnächst mit der Frage herumschlagen dürfen, ob solche abgepressten oder in Formularen enthaltenen Erklärungen wirksam sind.

Die Mietervereine laufen Sturm, Haus und Grund jubiliert – berichtet beck-aktuell.