PUNKTE

Punkte in Flensburg werden nach zwei Jahren gelöscht, wenn kein neues Verkehrsdelikt hinzukam. Dabei kommt es immer darauf an, wann der Bußgeldbescheid oder das Urteil wegen der jüngsten Sache rechtskräftig werden. So konnte man sich oft über die Zweijahresgrenze retten, indem man gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch einlegte und alle Gerichtsinstanzen ausschöpfte.

Dieses Schlupfloch möchte das Bundesjustizministerium jetzt stopfen. Es soll künftig auf den Tattag ankommen und nicht mehr auf den Tag, an dem die Entscheidung rechtskräftig wird. Wie Spiegel online berichtet, regt sich allerdings Widerstand gegen diese Pläne.

Aus verkehrspolitischer Sicht klingt die Neuregelung ja eigentlich ganz vernünftig. Allerdings könnte darin ja so etwas wie eine (verbotene) Rückwirkung liegen, wenn nachteilige Folgen schon für einen Zeitpunkt eintreten, für den noch keine Rechtskraft vorlag. Das letzte Wort wird also Karlsruhe haben.

DER TON

Aus dem Schreiben eines Treuhänders im privaten Insolvenzverfahren:

… bitte ich, von Sachstandsanfragen abzusehen. Zu der Beantwortung solcher Anfragen bin ich nach herrschender Meinung nicht verpflichtet. Sie haben die Möglichkeit, sich durch die Gläubigerversammlungen zu informieren … Darüber hinaus können Sie sich durch Einsicht in die Gerichtsakte eine Übersicht verschaffen. Daher werde ich Sachstandsanfragen nicht beantworten.

Sogar die (meisten) Gerichte mühen sich darum, dem Dienstleistungsgedanken etwas mehr Rechnung zu tragen. Aber einen Insolvenzverwalter, der ja von den Aufträgen durchs Gericht lebt, lassen sie so einen arroganten Stil durchgehen? Ich würde dem Mann alle Aufträge streichen, bis er sich etwas zivilisierter ausdrückt.

KEIN RISIKO

Die Rechtsanwaltskanzlei Boies Schiller & Flexner, die SCO im Streit mit IBM vertritt, könnte bis zu 50 Millionen US-Dollar erhalten, auch wenn SCO in dem Rechtsstreit unterliegen sollte, berichtet golem.de.

Wir deutschen Anwälte machen definitiv was falsch.

(link über den M-E-X-Blog)

KARTENHAFTUNG

EC- und Kreditkartenbesitzer sollen nach dem Willen der EU künftig nur noch bis maximal 150 Euro haften, berichtet die Süddeutsche Zeitung.

Damit hätten wohl die unzähligen Prozesse ein Ende, in denen es immer wieder darum geht, ob der Kunde seine PIN grob fahrlässig aufbewahrt hat und dementsprechend bis zur Diebstahlsanzeige unbeschränkt haftet. Das behaupten die Banken ja immer wieder gern – vor den Gerichten derzeit oft sogar noch mit Erfolg.

Wenn einem der fahrlässige Umgang mit der Geheimzahl vorgehalten wird, sollte man immer daran denken, dass es unzählige Möglichkeiten gibt, wie die späteren Kartendiebe die Geheimzahl erfahren haben können. In Geschäften und Tankstellen reicht es zum Beispiel schon, wenn jemand die Augen aufmacht. Die Zahlungsterminals bieten praktisch keinen Sichtschutz. Gleiches gilt auch für viele Geldautomaten.

Es kann sich lohnen, auf so einen Umstand schon bei der Schadensanzeige hinzuweisen. Denn es dürfte keinem Zweifel unterliegen, dass es Aufgabe der Banken wäre, die online geschalteten Terminals so zu gestalten, dass man die PIN sicher eingeben kann.

SCHWEINKRAM

„Ich brauche das Material für meine Arbeit, fordere alle Pornos zurück.“ Vergeblich: „Diesen Schweinkram hab ich vernichtet“, sagte die Angeklagte. Nur ein Krimi, ein „Sadomaso-Taschenbuch“ und „so ein Porno-Comicbuch mit widerlichen Fesselzeichnungen“ haben das Massaker überlebt.

Überraschend milde wurde nach einem Bericht der Hamburger Morgenpost der Raubzug einer Ex-Ehefrau bei ihrem früheren Gatten im noblen Blankenese geahndet, nämlich mit einer Einstellung des Verfahrens.

Ob es an der Pornosammlung lag?

(via Lyssa)

UNBELIEBT

Ein Firmeninhaber, der sich wohl über meine Honorarrechnungen geärgert hat, ruft triumphierend an:

Die neue Sache, die ich gestern gefaxt habe, können Sie über meine Rechtsschutzversicherung abrechnen. Wir haben jetzt nämlich Unternehmensrechtsschutz.

Eins hat ihm der Vertreter leider nicht erklärt: Dass im sog. Firmenrechtsschutz kein Vertragsrechtsschutz enthalten ist. Für den Standardrechtsstreit – Kunde will nicht zahlen; Mandant will nicht zahlen – übernimmt die Versicherung also keinen Pfennig.

Es bleibt also bei den ungeliebten Anwaltsrechnungen. Aufgenommen wird natürlich auch der jetzt anstehende Streit mit der Versicherung, um wieder aus dem Vertrag zu kommen.

SCHÄUFELCHEN

SCHÄUFELCHEN

Ein Vierjähriger soll die Einfahrt der Nachbarn unterhöhlt haben – mit einer Plastikschaufel. Die Eltern des Kleinen wurden auf die Reparaturkosten von fast 2000 Euro verklagt. Die Sache endete – mit einem Vergleich. Lustige Geschichte im Express.

KNAST FÜR RABENELTERN?

KNAST FÜR RABENELTERN?

Bremens Justizstaatsrat Mäurer warnt: Eltern, die es mit dem Schulbesuch ihrer Kinder nicht so genau nehmen, machen sich strafbar. So beck-aktuell.

Einschlägige Norm soll § 171 Strafgesetzbuch sein:

Wer seine Fürsorge- oder Erziehungspflicht gegenüber einer Person unter sechzehn Jahren gröblich verletzt und dadurch den Schutzbefohlenen in die Gefahr bringt, in seiner körperlichen oder psychischen Entwicklung erheblich geschädigt zu werden, einen kriminellen Lebenswandel zu führen oder der Prostitution nachzugehen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Der Staatsrat meint: Eltern, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken, nehmen den Kindern Bildungschancen und damit die Chance, sich im Leben zurecht zu finden und einen Beruf zu erlernen.

Dieser „Warnschuss“ geht etwas übers Ziel hinaus.

Man wird schon Mühe damit haben zu belegen, dass Schulschwänzer in ihrer psychischen Entwicklung nachhaltig geschädigt werden. Die bloß abstrakte Gefahr – Schwänzer werden ja angeblich häufiger kriminell – reicht nicht. Vielmehr muss für den Einzelfall nachgewiesen werden, dass das Kind konkret in Gefahr gekommen ist (und ohne Schwänzen nicht gefährdet gewesen wäre).

Im Übrigen ist ja auch bekannt, dass Eltern gegenüber ihren Kindern häufig machtlos sind. Die Handlungspflicht (Durchsetzen des Schulbesuches) kann aber nur so weit gehen, wie jemand tatsächliche Möglichkeiten hat – und diese dann pflichtwidrig nicht durchsetzt.

Eine heikle Sache also, Eltern mit Gefängnis zu drohen. Auch die Standardkommentare (z.B. Schönke-Schröder, StGB, § 171 Randnummer 8) gehen deshalb davon aus, dass lediglich ein Abhalten vom Schulbesuch strafbar sein kann.

PRESSESCHAU

Im Fachinformationsdienst „Neue Juristische Internet-Praxis“ berichtet Rechtsanwalt Rainer Langenhan (Handakte WebLAWg) ausführlich über den law blog:

… das juristische Blog zum Anwaltsalltag. Dieses lehnt sich etwas an „Liebling Kreuzberg“ an, aber in erster Linie ist es sein berufliches Leben. Und das gestaltet sich bei einem selbstständigen Anwalt mit Schwerpunkt Strafverteidigung nun mal „bunt“. … Die Idee wird so aufbereitet, wie sie sich gerade anbietet. So schwankt die Darstellung zwischen juristischem Ratgeber, Reportage, Glosse und Schmähschrift. … Das Echo auf den law blog überrascht. Derzeit liegt es bei durchschnittlich 400 Besuchern, Tendenz steigend. Das ist deutlich mehr als bei vielen anderen Weblogs. … Noch wichtiger als die Besucherzahlen sind allerdings die Diskussionen, die sich aus den Kommentaren ergeben. Die Leser diskutieren sachlich, kontrovers und mitunter außerordentlich sachkundig. …

LAIENSCHAUSPIELER

200 Jahre, nachdem Heinrich von Kleist sein Lustspiel „Der Zerbrochene Krug“ geschrieben hat, soll der zwielichtige Dorfrichter Adam angeklagt werden – vor dem Bundesgerichtshof (Spiegel online).

In dem „Theaterstück“ wird Generalbundesanwalt Kay Nehm übrigens persönlich die Rolle des Anklägers übernehmen. Hat der eigentlich nichts Besseres zu tun? Könnte man sich ja mal so fragen.

(danke an Mathias Schindler für den link)

DEUTSCHLAND

So ist das in unserem Land. Man kann so fit sein wie ein Turnschuh. Aber wenn die Kündigung droht, reicht es, beim Versorgungsamt einen Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter zu stellen. Ab diesem Tag hat man erst einmal Kündigungsschutz. Bis über den Antrag entschieden ist. Oder bis das Integrationsamt – nach mündlicher Verhandlung etc. – die Kündigung für zulässig erklärt.

Von dem Antrag braucht man seinem Arbeitgeber noch nicht einmal etwas zu erzählen. Wie in dem Fall, den ich gerade auf dem Schreibtisch hatte. Da erfuhren wir erst nach mehr als vier Wochen aus der Klage vor dem Arbeitsgericht, dass der Mitarbeiter drei Tage vor der Kündigung seine Anerkennung als Schwerbehinderter beantragt hatte.

Übrigens einer, der jeden Abend ins Fitnessstudio rennt…

DIE MUSIK

Heute einen Honorarprozess gegen einen Kollegen gewonnen. Ist zwar nicht besonders lustig, wenn man sich duzt, aber da hat er wirklich etwas über die Stränge geschlagen.

Bei einer einvernehmlichen Scheidung riet er seinem Mandanten dazu, einen Vergleich über Unterhalt, Hausrat etc. zu schließen. Als der Auftraggeber die Vorschussrechnung bekam, fragte er natürlich, ob die knapp 400 Euro für den Vergleich wirklich erforderlich sind.

Schriftliche Auskunft des Kollegen: Ohne Vergleich kann die Ehe überhaupt nicht geschieden werden. Wenn der Mandant mit einem Vergleich nicht einverstanden sei, solle er sich einen anderen Anwalt suchen. Am besten den, von dem er bereits beraten werde.

Da der Mandant dann nicht zahlte, sondern weiter darauf bestand, einen nicht vom Gesetz vorgeschriebenen und damit unnötigen Vergleich nicht abzuschließen, kündigte der Anwalt den Auftrag und machte seine bis dahin angefallenen Gebühren geltend.

Am Amtsgericht bekam der Kollege sogar Recht. Doch jetzt hat das Landgericht die Sache – wie ich meine – richtig bewertet. Wer bezahlt, bestimmt auch, welche Musik gespielt wird. Und wie lange. Eigentlich solllte das für Dienstleister doch selbstverständlich sein, oder?

ABSONDERLICH

Telepolis berichtet über einen seltsamen Prozess: Es geht um die Zwangsabschaltung eines Computers, der sich plötzlich als Frau fühlt. Natürlich ist (noch) alles fiktiv, aber die beteiligten Anwälte und die Leute im Hintergrund nehmen sich offensichtlich unheimlich wichtig. Wäre 1. April, hätte ich die Sache klar einordnen können. Ansonsten hätte ich auch gern mal so viel Langeweile, die nötig ist, um sich so etwas auszudenken.

(danke an Alex S. für den link)