SCHENKKREISE

Der M-E-X-Blog berichtet in einem Erfahrungsbericht über eine neue (?) Form der Abzocke im Schneeballsystem. Das heißt jetzt Schenkkreis und tarnt sich als „Party“:

Was nicht stimmte wurde bald klar, als ich einen Anwesenden befragte, der mir redselig und naiv genug erschien: „ja, das ist ein Schenkkreis hier. In einem Schenkkreis beschenkt man sich gegenseitig. Dazu mußt Du nur 2.500 Euro an denjenigen zahlen, der im innersten Schenkkreis ist. Wenn 8 Teilnehmer im äußersten Kreis voll sind, bekommt derjenige also 20.000 Euro. Wirst Du nachher sehen, wenn die Beschenkungszeremonie startet. Ist einfach geil. Und versteuern muß man auch nix, man bekommt eine Schenkungsurkunde“.

Man kriegt im Leben nichts geschenkt. Und die Dummen sterben nicht aus. Mehr braucht man über das Phänomen eigentlich nicht zu sagen.

BEWERBUNG

Der Rechtsreferendar W. hat sich richtig Mühe gegeben. Eine astreine Bewerbungsmappe hat er uns am 16. September geschickt. Mit Lebenslauf, allen Zeugniskopien, Seminarbescheinigungen und Foto.

Wir haben allerdings keine Stellenanzeige aufgegeben und auch sonst nichts verlauten lassen, so dass ich die Unterlagen auf einen dicken Berg anderer Bewerbungen gelegt habe, mit denen uns jobsuchende Juristen bombardieren.

Vor einer Woche schrieb mir Referendar W. eine mail:

… bitte ich höflich um eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch. Falls Sie kein Interesse haben, senden Sie mir bitte binnen 10 Tagen meine Bewerbungsunterlagen zurück.

Die Fristsetzung in Fettschrift hat mich zu einer Antwort gereizt:

… befürchten Sie zu Recht, dass wir derzeit keine Mitarbeiter suchen. Was die Unterlagen angeht, sehen Sie es mir bitte nach, dass ich nicht 1,44 Euro Porto und die (wesentlich teurere) Arbeitszeit meiner Sekretärin investiere für die Rücksendung von Unterlagen, die ich nie angefordert habe. Andere Bewerber übersenden bei Blindbewerbungen schlauerweise gleich nur Kopien. Oder sie fügen einen frankierten und adressierten Rückumschlag bei. Wenn Sie das auch tun, werde ich Ihre Unterlagen persönlich eintüten und in unsere Tagespost geben.

Herr W., typisch Jurist, kann es gar nicht erwarten und sucht schon Streit, bevor er überhaupt Anwalt geworden ist:

… sehe ich keinen Grund, Ihnen Porto zur Verfügung zu stellen. Wenn ich nunmehr meine Unterlagen nicht zurückerhalte, müssen Sie mit rechtlichen Schritten rechnen.

Also, wer den mal einstellt, der tut mir heute schon leid.

SCHICK?

Die Telepolis berichtet unter dem Titel „Der dritte Mann“ über die Strafverfolgung gegen eine mutmaßliche terroristische Vereinigung aus Magdeburg. Bemerkenswert an dem Artikel ist die kaum verhüllte Billigung politisch motivierter Gewalt, u.a. in folgenden Sätzen:

Feindlich verhält sich der Souverän jedoch gegenüber jenen, die in revolutionärer Intention seine Rechtsordnung und damit auch ihn grundsätzlich in Frage stellen. Sie bekommen seine vernichtende Gewalt zu spüren.

Aus dem selben Grund verhält sich die rechtsetzende Gewalt gleichgültig gegenüber dem Postulat der Legalität, unter dem sich eine Gruppierung mit revolutionärem Selbstverständnis womöglich konstituiert. Wer von dieser Gleichgültigkeit absieht, verfällt im Glauben an das bürgerliche Rechtsverständnis dem Irrtum, wonach nur Handlungen, nicht Gesinnungen, kriminalisiert werden.

Ist das jetzt wieder schick?

STERNE FÜR DEN KNAST

STERNE FÜR DEN KNAST

Knast.net bietet eher unkonventionelle Informationen rund um den Strafvollzug. Gefängnisse können auch mit Sternen bewertet werden.

2 Stimmen über die JVA Bielefeld:

Die JVA Bielefeld I ist das letzte Loch. Wenn das Universum einen hellen Punkt hat, ist man da am weitesten von weg (0 Sterne)

Die Beamten lassen sich problemlos schmieren (5 Sterne)

(via jurabilis)

KÜNDIGUNG

KÜNDIGUNG

Für Mietverträge, die bis zum Herbst 2001 abgeschlossen wurden, gelten noch die Kündigungsfristen nach dem alten Mietrecht. Somit verbleibt es für Mieter, die seit längerem in ihrer Wohnung leben, bei Kündigungsfristen bis zu einem Jahr. Nach dem neuen Recht gelten längere Kündigungsfristen nur noch für den Vermieter. Der Mieter kann immer mit der Grundkündigungsfrist von drei Monaten aus dem Vertrag.

Wer auf diese Fristen festgenagelt ist, hat aber dennoch noch Chancen. So kann es sich lohnen, die Vertragsurkunde näher anzusehen. Für die ist nämlich Schriftform erforderlich, d.h. es müssen alle Vertragsparteien unterschrieben haben. Außerdem müssen die einzelnen Seiten der Urkunde fest verbunden sein, was bei vielen Loseblattverträgen häufig nicht der Fall ist.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (aktuelles Beispielsurteil) ist mittlerweile fast so streng, dass man bei fast allen Verträgen Formfehler findet.

Als Druckmittel für Verhandlungen reicht das allemal. Um Streit zu vermeiden, werden viele Vermieter nicht mehr auf einer übermäßig langen Kündigungsfrist beharren…

EINEN STREIT WERT

34 Millionen Euro muss RWE nach einem gerichtlichen Vergleich bezahlen – nur für Anwaltskosten. Damit ist der bislang größte Zivilprozess in der Geschichte der Bundesrepublik zu Ende gegangen, berichtet Juve.

Nein, ich bin nicht neidisch. Ich bin nicht neidisch. Ich bin nicht …

(link gefunden bei HandakteWebLAWg)

SCHLAGZEILEN

„Juristische Themen“ auf der Titelseite von Spiegel online. Stand 13.16 Uhr:

Mord im Krankenhaus: Die Schwester mit der Todesspritze

Mordprozess: Zweifel am Todeszeitpunkt Peggys

Dreifachmord in Overath: Haftbefehl gegen mutmaßlichen Täter

Razzia: Richter soll Skinheads gewarnt haben

Sperma, Slips und Schamhaare: Fall Bryant wird zur schmutzigen Angelegenheit

ERSTES WORT

Die Zeit veröffentlicht einen interessanten Artikel über die Reihenfolge der Plädoyers im Strafprozess: Weil der Staatsanwalt zuerst sprechen darf, beeinflusst er viel stärker das Gericht als der nachfolgende Verteidiger. Das Strafmaß hängt danach entscheidend von dem ab, was der Staatsanwalt fordert. Der Anwalt kann sich noch so sehr anstrengen – in der Regel bewegt er das Gericht nur noch in dem Rahmen, den der Staatsanwalt eröffnet hat.

Das kann ich nur bestätigen. In Berufungsverhandlungen hat zum Beispiel der Verteidiger das erste Wort. Da dreht sich der Effekt eindeutig um.

Dass die Reihenfolge geändert wird, darf allerdings stark bezweifelt werden. Für den Verteidiger stellt sich nämlich ein enormes Problem: Wenn er seinen Mandanten nicht für unschuldig hält, müsste er ja ein Strafmaß für seinen Mandanten nennen. Es ist sicher keine angenehme Situation, wenn dann der Staatsanwalt erklärt, er habe eigentlich an eine niedrigere Strafe gedacht…

(danke an HandakteWebLAWg für den link)

MIT FREUNDLICHE GRÜSST

MIT FREUNDLICHE GRÜSST

Brief eines Beklagten an das Amtsgericht Neuss:

Wiederanspruch

Hiermit lege ich wiederspruch in die von ihnen klage gestell. Darufhin leistete zahlung die sie uns vor legen, nicht über einstimmen in die anlage.K4 Ich hole mir von der bank die belegen von die anzahlungen. DA mit sie das vergleichen können. Und schike ihnen die kopien davon so wahl ich das habe.

mit freundliche grüßt

FABRIKNEU

Ein Wagen ist nur 1 Jahr nach der Herstellung „fabrikneu“, so eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes. Geklagt hatte laut Spiegel online ein Autokäufer, dessen Wagen schon 19 Monate auf Halde gestanden hatte.

Die Zeit kann sich noch verkürzen, wenn das Modell nicht mehr unverändert weiter gebaut wird. Auch in diesem Fall darf ein Wagen nicht mehr als fabrikneu verkauft werden.

Bei den riesigen Halden der Autobranche kann es gut sein, dass es bald eine ganz neue Kategorie in den Autoanzeigen gibt: „Ungebrauchte Gebrauchtwagen“. Oder so ähnlich.

NIEDRIGE BEWEGGRÜNDE

NIEDRIGE BEWEGGRÜNDE

Neue Erkenntnisse im Anwaltsmord von Overath laut rp-online:

Die festgenommene 19-Jährige hat gestanden und ihren 45 Jahre alten Freund beschuldigt, aus Rache für eingetriebene Mietrückstände den Anwalt, seine Frau und die älteste Tochter mit einem Schrotgewehr erschossen haben. Nach Erkenntnissen der Polizei ging es um 10 000 Euro Miete, die der Anwalt im Auftrag eines Mandanten eingeklagt hatte. Der 45-Jährige habe einen „irrsinnigen Zorn gegen den Anwalt“ gehabt – eine „innere Gesinnung, die auf der tiefsten Stufe des menschlichen Lebens anzusiedeln ist“, sagte Oberstaatsanwalt Jansen.

Mit dieser Aussage soll offensichtlich ein Mord aus „niedrigen Beweggründen“ begründet werden. Niedrige Beweggründe liegen aber nur vor, wenn die Motive des Täters schlechthin nicht mehr nachvollziehbar sind. Gerade bei Rache ist das häufig nicht der Fall. Denn wenn jemand zum Beispiel mordet, weil er bis zur Weißglut gereizt, ungerecht behandelt oder vielleicht sogar verhöhnt wurde, entschuldigt das nicht die Tat. Es relativiert aber die Motive. D.h. alle Beweggründe, die man – theoretisch – noch ansatzweise nachvollziehen kann, sind gerade nicht niedrig.

Es wird also mit Sicherheit zu fragen sein, was das für ein Mietprozess war, wie er geführt wurde, ob und wie sich der Täter provoziert fühlen durfte.

Deshalb ist es auch nicht mehr als Effekthascherei, wenn sich ein Staatsanwalt schon nach ein paar Stunden so weit aus dem Fenster hängt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Angaben ausschließlich auf die Angaben der Freundin stützen, weil der Mann die Aussage verweigert.

VERSCHROBEN

Die Dresdner Bank will einen Informatiker loswerden – bloß weil er auf seiner privaten Homepage skurrile Thesen veröffentlicht. So berichtet es jedenfalls Telepolis.

Interessant ist der Artikel auch, weil er zeigt, wie sehr sich die euphorischen Berichte in der Wirtschaftspresse über die tolle Personalpolitik großer Konzerne von der Lebenswirklichkeit unterscheiden können:

Schließlich wurde Dante vom Management vor die Alternative gestellt, selber zu kündigen oder nach sieben Abmahnungen entlassen zu werden. Danach werde er ganz sicher nie wieder eine Anstellung als im Computerbereich bekommen, wurde ihm gedroht. Detailliert wurde ihm der Mobbingplan angekündigt…

(link gefunden bei HandakteWebLAWg)

ABSURD

Meine Mandantin wird zum 31. Dezember gekündigt. Angeblicher Grund: Die gesamte Abteilung wird zugemacht.

Wir klagen gegen die Kündigung. Auch im Prozess behauptet die Firma vehement, es sei keine Arbeit mehr da.

Jetzt findet meine Mandantin zu ihrem großen Glück eine neue Stelle – zum 1. November. Ich rufe also den Geschäftsführer der Firma an und frage höflich, ob er etwas Geld sparen will, indem wir den Vertrag einvernehmlich früher beenden.

Anscheinend gibt es da so etwas wie einen Pawlowschen Reflex. Hatte er vor kurzem noch behauptet, seine Leute nicht mehr beschäftigen zu können, besteht der Geschäftsführer jetzt darauf, dass der Vertrag ordnungsgemäß abgewickelt wird. Und droht gleich mit Schadensersatzansprüchen, falls meine Mandantin auch nur einen Tag unentschuldigt fehlt.

Ist das gekränkte Eitelkeit? Die letzte Rache des Kapitäns auf dem ohnehin sinkenden Schiff? Was auch immer, jedenfalls belegt so ein Verhalten wieder mal, dass in vielen Chefetagen Kindsköpfe sitzen.