Bares ist nicht mehr Wahres

Droht uns der Abschied vom Bargeld? Die FAZ berichtet von der Rundreise eines amerikanischen Ökonomen, der derzeit bei vielen Banken zu Gast ist. Unter anderem bei der EZB. Der Mann predigt den Abschied vom Bargeld – vorwiegend aus ökonomischen Gründen.

Es mag plausibel sein, was Professor Martin Kimball sagt. Auch der Hinweis, dass Bargeld in kriminellen Kreisen die bevorzugte Zahlungs- und Geldaufbewahrungsform ist, ist sicher nicht falsch. Mit der Eindämmung oder gar Abschaffung des Bargelds lässt sich das Verbrechen also erschweren. Jedenfalls bis es dann früher oder später die passenden elektronischen Auswege gibt.

Bevor man jetzt aber über solche Ideen jubelt, stellt sich die Frage nach dem Preis, den wir alle bei Abschaffung des Bargeldes zahlen müssten. Er wäre beträchtlich. Klar ist, die möglichen Vorteile würden von unserem Privatsphäre-Konto abgebucht.

Unser Leben wäre ohne Bargeld noch viel überwachbarer, als es jetzt schon ist. Selbst die Packung Zigaretten am Büdchen wären belegbar. Oder die Kondome bei Rossmann. Und zwar auf unbestimmte, aber ganz sicher nicht kurze Zeit.

Ich kann mir gut vorstellen, dass dies helle Freude auslöst. Etwa beim BND, der ja nun sogar etliche Millionen anfordert, um uns in Echtzeit auf Twitter oder Facebook belauschen zu können. Ich würde diesen Herrschaften ungern ein weiteres Instrument in die Hand geben, um ihre Minderwertigkeitskomplexe gegenüber der NSA abzubauen.

Auch ohne die Abschaffung des Bargelds ist unser bereits erwähntes Freiheitskonto schon arg strapaziert. Es wäre fatal, wenn es bald endgültig ins Minus rutscht.

Rückzahlung? Sonst noch was?

Mein Mandant weigerte sich, zu einer Zeugenvernehmung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen. Deshalb verhängte die Amtsanwaltschaft Frankfurt am Main gegen ihn ein Ordnungsgeld. 150 Euro. Zahlbar sofort. Aus bestimmten Gründen war der Beschluss unrechtmäßig. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hob das Ordnungsgeld deshalb auf. Das war im Dezember 2013. An sich hätte mein Mandant das bereits bezahlte Ordnungsgeld wiederkriegen müssen. An sich…

Denn so einfach scheint das alles nicht zu sein. Ich hatte dem Mandanten noch geraten, doch erst mal abzuwarten. Sobald der Beschluss bei der Amtsanwaltschaft vorliege, was sicher eine Woche oder so dauern könne, werde man die Entscheidung des Richters auch zur Kenntnis nehmen. Und das Geld dorthin zurücküberweisen, wo es her kam. Auf das Konto meines Mandanten.

Aber es kam kein Geld. Auf schüchterne Anfrage hin erhielt mein Mandant zur Antwort, so eine Rückzahlung erfolge nicht automatisch. Vielmehr müsse der Empfänger erst mal seine Bankverbindung angeben. Es sei nämlich nicht möglich, das Geld einfach so an den Einzahler zu erstatten. Warum auch immer. Seine Bankverbindung einfach so telefonisch angeben, das durfte mein Mandant aber nicht. Man schicke einen Brief, hieß es.

Wieso die Behörde das nicht gleich von sich aus gemacht hat? Immerhin sitzt man dort auf Geld, das einem nicht gehört. Wir werden es wohl nie erfahren. Immerhin ging das Schreiben dann Mitte März 2014 bei meinem Mandanten ein. Aber natürlich auch erst, nachdem ich noch mal schriftlich eine Frist gesetzt hatte. Mein Mandant trug dann jedenfalls brav seine Bankverbindung in das Formular ein und schickte es sofort zurück.

Mittlerweile sind weitere zehn Wochen ins Land gegangen. Das Geld ist immer noch nicht da. Heute wollte ich mal nachfragen, ob und wann mit der Erstattung zu rechnen ist. Drei Mal klingelte auf der betreffenden Geschäftsstelle das Telefon. Drei Mal drückte mich jemand weg.

Unter der Rufnummer der Zentrale erfuhr ich, die Amtsanwaltschaft ziehe um. „Das kann bis zu zwei Wochen dauern. Vielleicht auch länger“, erfuhr ich. „Rufen Sie am besten danach noch mal an.“

Nein, keine Sorge. Ich schicke einen Brief, unter anderem mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde und einer aktualisierten Aufstellung der Verzugszinsen. Ich überlege sogar, ob ich – ganz unjuristisch und nur zur Frustbewältigung – mal das Wort Unterschlagung fallen lasse. Irgendwo hört es ja dann doch mal auf.

Wann beginnt eine Reise?

Der Urlaub steht vor der Tür. Aber wann genau geht eine Reise wirklich los? Diese kniffelige Frage musste das Amtsgericht München beantworten.

Ein Mann aus Düsseldorf hatte eine Flugreise nach Santo Domingo gebucht. Losgehen sollte es am 28. April 2013 vom Flughafen Frankfurt. Am Vormittag des 28. April erledigte der Reisende noch den Online-Check-In. Dann erkrankte er plötzlich so schwer, dass er nicht mehr nach Frankfurt reisen konnte. Er musste den Flug stornieren.

Zum Glück hatte er eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen. Doch die Münchner Versicherung weigerte sich zu zahlen. Sie verwies auf ihre Bedingungen. Danach endet der Versicherungsschutz „mit dem Antritt der Reise“.

Nach Meinung des Amtsgerichts München ist der Online-Check-In nicht identisch mit dem Antritt der Reise. Früher sei man an einem Schalter vorstellig geworden, habe die Bordkarte in Empfang genommen und das Gepäck aufgegeben. Mit diesen Leistungen habe die Reise im eigentlichen Sinn begonnen.

Durch den Online-Check-In habe sich nichts geändert. Das Einchecken in Eigenregie erspare Fluggesellschaften in erster Linie Personal. Der Kunde signalisiere mit dem Check-In aber zunächst lediglich, dass er die Reise antreten werde. Tatsächlich beginne die Reise aber erst, wenn die Fluggesellschaft konkret für ihren Gast tätig werde. Etwa durch die bereits erwähnte Gepäckannahme. Oder wenn der Reisende unter Vorlage seiner Bordkarte das Gate durchschreitet.

Der Reisende bekommt nach der Entscheidung also die Flugkosten von der Versicherung erstattet (Aktenzeichen 171 C 18960/13).

Hoeneß musste wohl nicht klingeln

Die Mitteilung ist kurz und bündig:

Ulrich Hoeneß hat heute die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe in der JVA Landsberg angetreten.

Mit diesen Zeilen bestätigen die Anwälte des früheren FC-Bayern-Präsidenten Presseberichte, wonach Hoeneß sich heute morgen in der Justizvollzugsanstalt Landsberg eingefunden hat. Hoeneß muss eine dreieinhalbjährige Haftstrafe absitzen.

Immerhin hat man es Hoeneß wohl erspart, unter den Augen von Reportern an der Pforte der JVA klingeln zu müssen. Die üblichen Bilder vom klassischen Haftantritt gibt es bislang jedenfalls (noch) nicht. Ohnehin dürften eventuelle Veröffentlichungen für die einschlägigen Medien auch nicht ganz billig werden.

Als letzter Prominenter hatte der später freigesprochene Moderator Jörg Kachelmann Entschädigung erstritten, weil ihn ein Boulevard-Fotograf beim Hofgang während seiner Untersuchungshaft aufgenommen hatte.

Kein Polizeigesetz gegen Trinker

Die Drogenszene sowie die Trinker- und Obdachlosenszene sind nicht identisch. Darauf weist das Verwaltungsgericht Stuttgart in einem heute veröffentlichten Urteil hin. Das Gericht korrigiert eine Praxis der Stadt Heilbronn. Die Kommune hatte auch gegen Trinker und Obdachlose Aufenthaltsverbote verhängt, weil von diesen angeblich Straftaten drohen. Das, so die Richter, ist aber vom Polizeigesetz Baden-Württemberg nicht gedeckt.

Gegenüber der Drogenszene seien Aufenthaltsverbote durchaus zulässig, heißt es in dem Urteil. Denn Drogenkonsum gehe einher mit Drogenhandel, der als Straftat bekämpft werden dürfe. Bei Alkoholkonsumenten sehe es aber anders aus. Trinker und obdachlose Menschen würden nicht schon durch ihre Zugehörigkeit zur entsprechenden Szene Straftaten begehen.

Bei diesem Personenkreis seien vielmehr weitere konkrete Anhaltspunkte erforderlich, aus denen sich die Gefahr von Straftaten im Ort ergebe. Diese Anhaltspunkte konnten die Richter in dem entschiedenen Fall nicht finden. Teilweise wurden dem Kläger Delikte zur Last gelegt, die sich außerhalb Heilbronns zugetragen haben sollen oder jedenfalls schon sehr lange zurückliegen. Nicht-Straftaten wie anstößiges Verhalten reichten nicht aus, um ein Aufenthaltsverbot auszusprechen.

Das baden-württembergische Polizeigesetz lässt Aufenthaltsverbote von bis zu drei Monaten zu (Aktenzeichen 1 K 4357/12).

Fahndungsfoto zum Glück

Das Sachsen-Sonntag ist ein Anzeigenblatt des Verlags Leipziger Rundschau. Darin findet sich regelmäßig eine tolle Aktion: der „Glückskreis“. Ein Mitarbeiter des Blattes schießt in einer Einkaufspassage das Foto eines Kunden. Unerkannt und aus der Hüfte heraus. Das Porträt erscheint dann in der nächsten Ausgabe des Sachsen-Sonntag. Wovon der betreffende Kunde allerdings erst mal gar nichts weiß.

Er soll sich nämlich selbst beim Verlag melden, sobald er sich – Überraschung – in der Zeitung entdeckt. Immerhin winkt ihm nicht nur lokale Prominenz („Der Gustav war im Käseblättchen“), sondern auch ein Einkaufsgutschein über stolze 25 Euro.

SachsenSonntag

Klingt erst mal nach einer netten Idee. Oder zumindest nach einer verdammt preiswerten Möglichkeit, redaktionellen Platz zu füllen. Allerdings ist das Ganze vielleicht doch etwas heikel.

Zunächst aus juristischen Gründen. Solche „Fahndungsfotos“ verletzen das Recht am eigenen Bild. Geschossen werden darf das Foto, veröffentlicht werden ohne Einverständnis allerdings nicht. Siehe etwa auch diesen aktuellen Fall, der tatsächlich vor Gericht landete.

Nicht ganz fernliegend sind auch zwischenmenschliche Komplikationen. Etwa, wenn der Besuch des Blumenladens im Allee-Center Grünau zum Erwerb einer Zierpflanze führte, über deren Verbleib der werte Lebenspartner nun Aufklärung verlangt.

Für entsprechende Reichweite ist beim Sachsen-Sonntag übrigens gesorgt. Das Anzeigenblatt erscheint in einer Gesamtauflage von ca. 500.000 Exemplaren.

In eigener Sache: Da eventueller Schaden ja wohl schon angerichtet ist, haben wir den Screenshot, den wir als Bildzitat verstanden wissen wollen, jetzt mal ganz mutig nicht verpixelt. Sofern das ein Problem sein sollte, spendieren wir natürlich auch einen Fleurop-Gutschein.

Meine Mitpatientin schnarcht

Dem Klassenkampf von unten sind juristische Grenzen gesetzt. So wollte eine Krankenhauspatientin es jetzt durchsetzen, auf Kosten ihrer gesetzlichen Krankenversicherung in der Klinik ein Einzelzimmer zu bekommen. Ihre Begründung: Meine Mitpatientin schnarcht.

Das Sozialgericht Detmold beschäftigt sich in seinem Urteil eingehend mit dem Problem, wollte der Frau aber am Ende nicht helfen. Nach Auffassung des Gerichts stellt die gesetzliche Krankenversicherung lediglich eine „Grundversorgung“ sicher. Wenn ein anderer Patient schnarche, sei das eine eher als „geringgradig anzusehende Ruhestörung“. So was müsse ebenso ausgehalten werden wie etwas umfassendere Angehörigenbesuche.

Tiefgründig merkt das Gericht außerdem an:

Es mag zwar sein, dass aufgrund der zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft die stationäre Behandlung in Mehrbettzimmern als Folge eines durch allgemeinen Wohlstand entstandenen Anspruchsdenkens zunehmend nicht gewünscht wird.

Es ist allerdings keinesfalls Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, einer solchen Entwicklung Rechnung zu tragen, indem sie Leistungen zur Verfügung stellt, die sich als unwirtschaftlich darstellen, auch wenn sie dem Genesungsprozess durch einen ungestörten Klinikaufenthalt in Einzelfällen zuträglich sein mögen.

Die 74-jährige Patientin bleibt auf den Zusatzkosten fürs Einzelzimmer sitzen. Das waren 1.044,48 Euro (Aktenzeichen S 5 KR 138/12).

Hinweis: Es gibt in manchen Browsern Probleme bei der grafischen Darstellung. An einer Lösung wird gearbeitet.

… und die Warnweste, bitte!

Führerschein und Fahrzeugpapiere, bitte. Warndreieck? Verbandkasten? So läuft es seit ewigen Zeiten, das Quiz bei Verkehrskontrollen. Ab dem 1. Juli wird das Spiel um eine Schwierigkeitsstufe erhöht. Spätestens ab diesem Tag müssen Autofahrer eine Warnweste im Auto haben. Sonst droht ein Bußgeld von 15 Euro.

Klingt simpel, aber die Neuregelung (§ 53a Straßenverkehrszulassungsordnung) hat ihre bürokratischen Feinheiten. Wie nicht anders zu erwarten. Ein paar Punkte, die für Autofahrer interessant sind:

– Die Warnweste muss in Fahrzeugen mitgeführt werden. Heißt das, die Warnweste muss im Innenraum des Wagens liegen? Oder reicht es, wenn sie im Kofferraum verstaut ist? Verkehrsjuristen streiten jetzt schon, welcher Aufbewahrungsort im Fahrzeug wirklich vor einem Bußgeld schont. Am Ende entscheiden wie immer die Gerichte.

– Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift muss „eine“ (in Zahlen: 1) Warnweste mitgeführt werden. Nicht eine pro Insasse. Das heißt, bei der Verkehrskontrolle darf auch nur eine Warnweste verlangt werden – auch wenn vier oder fünf Personen im Auto sitzen.

– Die Warnwestenpflicht ist nur eine Warnwestenmitführpflicht. Keine Anziehpflicht. Man muss die Weste also bei Pannen nicht außerhalb des Fahrzeuges tragen. Das bedeutet auch: Selbst wenn nur eine Warnweste im Auto vorhanden ist, dürfen bei einer Panne alle Fahrzeuginsassen aussteigen, ohne ein Bußgeld zur riskieren.

Die Warnweste selbst muss gelb, orange oder orange-rot sein und im unteren Bereich der Vorder- und Rückseite zwei reflektierende Streifen haben. Am besten ist es, Warnwesten mit dem Aufdruck EN ISO 20471 oder EN 471 zu kaufen, dann gibt es keine Diskussionen.

Im Supermarkt, beim Discounter oder einfach per Post kosten die Westen zwischen zwei und fünf Euro.

In anderen EU-Ländern sind die Vorschriften teilweise strenger. Hier eine Übersicht.

Hinweis: Es gibt in manchen Browsern Probleme bei der grafischen Darstellung. An einer Lösung wird gearbeitet.

Agenten mit Komplexen

Bis zu 300 Millionen Euro will der Bundesnachrichtendienst investieren. Um Menschen zu belauschen – auf Twitter, Facebook, Flickr. Aber auch Blogs und Foren sollen „in Echtzeit“ überwacht werden. Die Pläne sind Teil einer sogenannten „Strategischen Iniative Technik“ (SIT), berichten Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR nach einer gemeinsamen Recherche.

Alles halb so wild, könnte man sagen. Der Bundesnachrichtendienst ist ja „nur“ fürs Ausland zuständig. Zumindest auf dem Papier. In der Praxis stellt sich natürlich die Frage, wie im Web 2.7 oder bei welchem Build auch immer wir uns gerade befinden, zwischen „ausländischer“ und „deutscher“ Kommunikation überhaupt unterschieden werden kann. Die Sprache ist ja nun eher weiches Kriterium.

Wie es letztlich läuft, hat der BND schon bei seiner Mailkontrolle erklärt. Genauer gesgt: nach beharrlichem Bohren eingeräumt. Wird eine „.de“-Domain genutzt, ist das Inland. Wird etwa eine „.com“-Domain genutzt, ist das Ausland. (Schönen Gruß an alle G-Mail-Nutzer.) Es ist also schon abzusehen: Es wird niemand sicher sein vor den langen Ohren des BND.

Unabhängig von technischen Details und offenkundiger Inkaufnahme von Rechtsverletzungen regt mich eines auf. Seine finanziellen Forderungen begründet der BND laut dem Bericht nämlich mit offensichtlichen Minderwertigkeitskomplexen. Die Kollegen aus Amerika und England seien ja schon viel weiter beim Bespitzeln von 99,99 Prozent unbescholtener Bürger, soll es heißen. Werde nicht digital aufgerüstet, drohe der BND sogar weiter zurückzufallen. Hinter die Italiener! Und sogar die Spanier!

Auf einen naheliegenden Gedanken scheint niemand zu kommen. Dass es vielleicht besser wäre, eben nicht jeden Wahnsinn mitzumachen. Das könnte sogar zu einem tollen Alleinstellungsmerkmal führen. Freiheitsrechten etwa, die nicht nur auf dem Papier stehen. Am Ende wären dann noch die Italiener und Spanier neidisch.

Kollege Dealer

In Braunschweig haben Drogenfahnder einen 30-Jährigen angehalten. Er hatte 40 Gramm Marihuana dabei. Bis dahin war der Einsatz Routine. Das änderte sich, als der mutmaßliche Drogenhändler den Kollegen seinen Dienstausweis zeigte und sich ebenfalls als Polizist vorstellte. Der Ausweis war echt – nur den dienstlichen Grund nahmen die Fahnder ihrem Kollegen nicht ab.

Zu Recht, wie sich herausstellte. Im Keller seines Hauses ging der junge Beamte nämlich einem Nebenjob nach. Rund 60 Hanf-Pflanzen hat er nach Angaben der Polizei dort gehegt.

Erfahrung mit Drogen hat der Polizist durchaus. Er arbeitete nach Informationen der Braunschweiger Zeitung bis vor sechs Jahren selbst im örtlichen Drogenkommissariat. Zuletzt war er allerdings bei einem Mobilen Einsatzkommando. Deshalb habe sich schnell herausgestellt, dass er keineswegs undercover unterwegs war.

Gegen den Beamten wird jetzt ermittelt. Er musste zwar nicht in Untersuchungshaft, ist aber vorläufig vom Dienst suspendiert.

Die Braunschweiger Polizei hatte über die Festnahme eine Pressemeldung herausgegeben. Darin erwähnte sie aber nicht, dass es sich bei dem Verdächtigen um einen Polizisten handelt. Dies sei erst auf ausdrückliche Nachfrage eingeräumt worden, heißt es bei der Braunschweiger Zeitung.

Bange Tage für TrueCrypt-Nutzer

In vielen Strafverfahren spielt die Software TrueCrypt eine wichtige Rolle. Nämlich als die Speichertechnik, an der Ermittlungsbehörden regelmäßig scheitern. Es sei denn, man verwendet das dann doch etwas simple Passwort „Limonade“, wie es einer meiner Mandanten vor kurzem gemacht hat.

Nun könnte nicht nur eigene Schusseligkeit das Vertrauen in TrueCrypt entwerten. Die Entwickler selbst bezeichnen die Software als „unsicher“. Was es mit der nebulösen Mitteilung auf der offiziellen TrueCrypt-Seite auf sich hat, ist derzeit im einzelnen noch unklar.

Fest steht aber, dass alle älteren Versionen der Software nicht mehr heruntergeladen werden können. Die neueste Version soll lediglich noch dazu taugen, bereits erstellte TrueCrypt-Container zu entschlüsseln.

Rätselhaft ist, wieso auf der TrueCrypt-Seite der Umstieg auf Microsofts Bitlocker empfohlen wird. Microsoft gilt nicht unbedingt als Paradeunternehmen für Datensicherheit. Schon deswegen, weil die Firma in den USA sitzt und außerdem weltweit kommerziell operiert. Microsoft dürfte dementsprechendem Druck von vielen offiziellen Stellen ausgesetzt sein.

Vor diesem Hintergrund wirkt die Umstiegsempfehlung zu Bitlocker auf den ersten Blick krude. Auf den zweiten Blick kommt aber eine Erklärung in Betracht. Dass die TrueCrypt-Macher nämlich selbst in die Mangel genommen werden.

Hierfür gibt es einen Präzedenzfall. Der E-Mail-Dienst Lavabit, den auch Edward Snowden nutzte, gab ebenfalls plötzlich auf. Später stellte sich heraus, US-Dienste hatten den Lavabit-Macher so zugesetzt, dass diese keine Perspektive mehr sahen. Jedenfalls keine, bei der sie ihre Nutzer nicht betrogen hätten.

Lavabit wurde zunächst zu strengstem Stillschweigen verpflichtet, was in den USA rechtlich möglich ist. Heute gibt es immerhin eine Abschiedsbotschaft, die einiges erklärt. Möglicherweise sind die kryptischen Botschaften auf der TrueCrypt-Seite ähnlichen Umständen geschuldet.

Laut heise online gibt es mittlerweile aber auch Statements aus TrueCrypt-Kreisen, man habe lediglich das Interesse an der Weiterentwicklung der Software verloren. Auch das ist aber bislang nicht belegt.

Wie auch immer, die Verunsicherung ist da. Die große Frage wird sein: Ist TrueCrypt wirklich gehackt? Und wann kommen auch deutsche Behörden in den Besitz funktionsfähiger Türöffner? Für Betroffene, gegen die gerade ermittelt wird, ist das eine neue Situation. Und mit Sicherheit keine angenehme.

Hintergründe auf Zeit Online

Neu bei Google: der Antrag aufs Vergessenwerden

Vor knapp zwei Wochen fällte der Europäische Gerichtshof ein wegweisendes Urteil zu Suchmaschinen. Deren Betreiber, allen voran Google, müssen auch bei inhaltlich korrekten Suchergebnissen Rücksicht auf Persönlichkeitsrechte nehmen. Nun reagiert Google offiziell – mit einem Online-Löschantrag.

Das Formular ging gestern online. Google will von Antragstellern die genaue URL des Sucherergebnisses wissen. Außerdem muss der Grund angegeben werden, warum der Treffer in den Suchergebnissen „irrelevant, veraltet oder anderweitig unangemessen ist“.

Den Prüfprozess beschreibt Google wie folgt:

Bei der Umsetzung dieser Entscheidung werden wir jede Anfrage individuell prüfen und zwischen den Datenschutzrechten des Einzelnen und dem Recht der Öffentlichkeit auf Auskunft und Informationsweitergabe abwägen. Bei der Bearbeitung Ihres Antrags prüfen wir, ob die Ergebnisse veraltete Informationen über Sie enthalten. Wir untersuchen außerdem, ob ein öffentliches Interesse an den Informationen besteht, zum Beispiel, ob es um finanzielle Betrugsfälle, Berufsvergehen oder Amtsmissbrauch, strafrechtliche Verurteilungen oder das öffentliche Verhalten von Regierungsbeamten geht.

Mit dem Hinweis macht Google klar, das Unternehmen will keinesfalls jedes beanstandete Suchergebnis löschen. Wie streng die nun erforderliche Abwägung ausfällt, kann erst die Zukunft zeigen. Überdies wird jedem unzufriedenen Antragsteller der Rechtsweg offenstehen. Oder zumindest ein neutrales Schiedsverfahren, welches die Bundesregierung ins Spiel gebracht hat.

Um Missbrauch zu vermeiden, verlangt Google die Kopie eines gültigen Ausweises – was beim Personalausweis rechtlich problematisch ist. Wenn man den Antrag für jemanden stellt, muss eine Vollmacht beiliegen. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, lässt Google offen. Schon kurz nach dem Urteil hatte das Unternehmen bestätigt, dass sehr viele Löschanträge eingehen.

Die Hintergründe und Folgen des Urteils habe ich vorgestern in meiner Kolumne für die Webseite der ARAG erläutert.

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Nachtrag: Google hat die Anforderungen an den Ausweis entschärft und erläutert, was mit dem Dokument passiert. Nun lautet die Regelung: „Dabei muss es sich nicht unbedingt um ein offizielles staatliches Dokument handeln. Sie können Angaben (wie z.B. Zahlen) in diesem Dokument schwärzen, soweit die übrigen Informationen eine Identifizierung Ihrer Person ermöglichen. Wir verwenden diese Informationen ausschließlich zur Authentifizierung Ihres Antrags und werden dieses Dokument innerhalb eines Monats nach Abschluss der Bearbeitung Ihres Antrags löschen, sofern gesetzlich nichts Anderweitiges geregelt ist.“

Bundespolizei muss drinnen bleiben

Bundespolizisten, die in Bahnhöfen Dienst tun, werden künftig während der Arbeit weniger frische Luft schnappen können. Das Bundesverwaltungsgericht hat nämlich ihr Einsatzgebiet wesentlich eingeschränkt. Für Bahnhofsvorplätze, so das Gericht, ist die Bundespolizei nicht zuständig.

Bahnreisende kennen die Doppelstreifen der Bundespolizei, die wie selbstverständlich auch vor und hinter Bahnhöfen patrouillieren und kontrollieren. Nicht selbstverständlich fand das ein Fahrgast in Trier. Dessen Ausweis wollten Bundespolizisten 2011 vor dem Trierer Hauptbahnhof, rechts neben der Treppe, sehen. Dagegen wehrte er sich vor Gericht und bekam nun in letzter Instanz Recht.

Das Aufgabengebiet der Bundespolizei auf Bahnhöfen ist gesetzlich auf „Bahnanlagen des Bundes“ beschränkt. Was eine Bahnanlage ist, definiert die „Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO)“. Zum Bahnhof zählen demnach „sonstige Anlagen einer Eisenbahn, die das Be- und Entladen sowie den Zu- und Abgang ermöglichen oder fördern“.

Das Bundesverwaltungsgericht legt das eng aus. Es fordert präzise fixierbare Anhaltspunkte, nach denen die Örtlichkeit überwiegend dem Bahnverkehr, nicht aber dem Allgemeinverkehr gewidmet ist. Für den Trierer Bahnhofsvorplatz, der ziemlich gewöhnlich erscheint, bejaht das Gericht den Schwerpunkt auf den „Allgemeinverkehr“.

Vom Namen Bahnhofsvorplatz darf man sich also nicht täuschen lassen, wie das Urteil zeigt. Somit dürften die Befugnisse der Bundespolizei künftig ab dem Vordach enden. Es kann sicher nicht schaden, das zu wissen (Aktenzeichen 6 C 4.13).

Hasso hatte einen schlechten Tag

Vielleicht ist es ganz gut, dass es nicht auf jedem Polizeirevier einen Sprengstoffspürhund gibt. Denn dann würden wir wahrscheinlich öfter mal zu unserem Auto zurückkehren und es komplett verkokelt vorfinden. Ein falscher Alarm kann nämlich hochexplosive Folgen haben, wie jetzt ein aktueller Fall in Mainz zeigt.

Dort übte die Bundespolizei am Hauptbahnhof Nachwuchskräfte in der Gefahrenabwehr. Unter anderem war ein präparierter Sprengstoffkoffer in einem Schließfach versteckt. Vorrangig ging es natürlich um die Absicherung und Evakuierung des Bahnhofes, aber dennoch sollte die Übung realistisch wirken.

So ging es dann doch nicht ohne einen besonder qualifizierten Mitarbeiter, den Sprengstoffspürhund vom Dienst. Der schlug auch an, zur Verblüffung der Eingeweihten allerdings vor einem ganz anderen Schließfach.

Aus der Übung wurde, vielleicht nicht ganz ungelegen, tatsächlich Ernst. Die Kollegen vom Räumdienst walteten schulbuchmäßig ihres Amtes. Doch nach der Sprengung trat eine gewisse Ernüchterung ein. Man hatte den Laptop eines Geschäftsmannes sowie dessen Reiseutensilien in die Luft gejagt. Von Explosivstoffen keine Spur.

Am bewunderungswürdigsten an der skurrilen Sache ist eigentlich die Nonchalance, mit welcher der Polizeisprecher in diesem tagesschau-Bericht die Übung trotzdem verkauft. Nämlich als Riesenerfolg.

Den Reportern hat man dann wohl noch erzählt, der Laptopbesitzer habe keine Chance auf Schadensersatz. Das Problem der tatkräftigen Gefahrenabwehr bei einer Gefahr, die es gar nicht gibt, beschäftigt immer mal wieder die Gerichte. Die Frage ist dann, ob die Diagnose der Lage fehlerfrei war. Ausgerechnet auf die juristische Bewertung derer, die es selbst verbockt haben, sollte man sich da nicht unbedingt verlassen.

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