Englisch soll deutsche Gerichtssprache werden

An deutschen Gerichten soll demnächst auch auf Englisch verhandelt werden können, jedenfalls bei internationalen Handelsstreitigkeiten. An Landgerichten sollen dafür spezielle Kammern eingerichtet werden. Der Bundesrat hat laut einer Pressemitteilung einen entsprechenden Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag eingebracht.
Deutschland als Gerichtsstandort als auch das deutsche Recht könnten „in hohem Maße an Attraktivität gewinnen“, heißt es.

Das klingt fast danach, als habe die Wirtschaftskrise mittlerweile auch die deutsche Justiz erreicht und Prozesse müssten mit Standort-Marketing angelockt werden.

Im modernen, weltoffenen Rheinland gibt es das übrigens schon als Modell.

Neuer Personalausweis ab 1. November

Das Bundesinnenministerium vermeldet heute, der neue, ab 1. November verfügbare Personalausweis sei mit dem „European Identity Award“ ausgezeichnet worden.
Ich muss gestehen, dass ich von dem neuen Personalausweis noch gar nichts mitbekommen hatte. Neu ist offenbar insbesondere eine integrierten eID-Funktion, mit der sich „Bürgerinnen und Bürger künftig im Internet einfach und verlässlich ausweisen“ können.
Dafür ist neben dem neuen Personalausweis die Eingabe einer PIN notwendig.

Ein Film auf http://www.personalausweisportal.de beschreibt den PA näher (Flash Player notwendig).

Urteil: Keine Gebühr für „Überziehungsbearbeitung“

Düsseldorf/Hamm. Ein Kreditinstitut darf den Kunden selbst dann keine Gebühr berechnen, wenn die etwa trotz des bereits überzogenen (Dispositions-) Kredits eine Überweisung einreichen – und die mangels Masse verweigert wird. Dieses rechtskräftige und richtungsweisende Urteil hat die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen vor dem Oberlandesgericht Hamm (OLG) erstritten.
Hintergrund: Drei Euro verlangte die Sparkasse Dortmund für eine so genannte Überziehungsbearbeitung. Die fielen laut Preisliste stets an, wenn Schecks, Wechsel oder Lastschriften nicht eingelöst wurden, weil sie zu einer Überziehung des Kontos über den eingeräumten Verfügungs­rahmen hinaus geführt hätten. Diese Klausel ist unzulässig, so das OLG (AZ: I-31 U 55/09). Denn wenn die Sparkasse oder Bank tatsächlich so einen Auftrag bearbeite, handele sie im eigenen Interesse. Sie treffe eine „Kreditentscheidung“, die allein im Interesse des Kreditinstituts liege und deshalb nicht „entgeltfähig“ ist. Die Verbraucherzentrale NRW geht davon aus, dass eine Vielzahl von Geldinstituten ähnliche Gebühren verlangt. Der Rat¨Wer als Kunde davon betroffen ist, sollte solche Entgelte nicht zahlen. Sollte dies bereits erfolgt sein, können die Verbraucher – mit Verweis auf das Urteil – entsprechende Entgelte zurückfordern. (pbd)

Bundesfinanzministerium warnt vor Betrugs-E-Mails

Nein, Steuererstattungen werden nicht auf Kreditkarten überwiesen.
Mitteilung des Bundesfinanzministeriums:

In den vergangenen Tagen sind E-Mails aufgetaucht, die mit einer Steuererstattung locken und die Empfänger in betrügerischer Absicht dazu auffordern, in einem angehängten Formular persönliche Daten sowie Kreditkarteninformationen einzutragen und zu übermitteln. Als Absender der E-Mail wird die Adresse „DIENST@bundesfinanzminsterium.de“ vorgetäuscht.
Wir weisen darauf hin, dass Absender dieser E-Mails weder das Bundesfinanzminsterium noch die Steuerverwaltungen der Länder sind und warnen ausdrücklich davor, auf derartige E-Mails zu antworten oder etwaige Formulare auszufüllen.
Kontoinformationen oder andere sensibele Daten werden von den Finanzbehörden nicht per E-Mail angefordert. Seien Sie bitte misstrauisch, wenn Sie über das Internet oder per E-Mail zu der Abgabe derartiger Informationen aufgefordert werden und halten Sie Ihre Computersoftware, insbesondere Antivirenprogramm und Firewall, stets auf dem neuesten Stand.

Tchibo darf keine Versicherungen vermitteln

Bei Tchibo gibt es online noch viel mehr Sachen als in den Filialen, die so rein gar nichts mit Kaffee zu tun haben, etwa den „Neckholder–Tankinitop, Blütenprint“, Sonnenliegen oder Versicherungen wie die Riester-Rente.
Laut einer Pressemitteilung des Mark-Intern-Verlages hat das Landgericht (LG) Hamburg mit Urteil vom 30.04.2010 der Tchibo Direct GmbH nun untersagt, über das Internetportal Versicherungen zu vermitteln und Investmentfonds zu vertreiben, ohne hierfür die entsprechenden gesetzlichen Genehmigungen zu haben (Az: 408 O 95/09). Für die Versicherungsvermittlung muss man u.a. als Versicherungsvermittler registriert sein. Auszug PM:

Geklagt hatte der Düsseldorfer Wettbewerbsverein Wirtschaft im Wettbewerb e.V. (WiW), der von seinen Mitgliedern, dem ebenfalls in Düsseldorf ansässigen Brancheninformationsdienst ‚ versicherungstip ‚ des ‚markt intern‘-Verlages und dem Berliner ‚AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung‘ eingeschaltet wurde.
Entscheidend war die Frage, ob der Kaffeeröster nur als sogenannter Tipgeber zu betrachten und damit von einer Genehmigungspflicht befreit ist oder ob eine Versicherungsvermittlung stattfindet. Hierzu WiW-Geschäftsführerin Dr. Viola Huber: „Versicherungsvermittler sind an strenge Standards wie Informationspflichten, Mindestqualifikationen, den Abschluß einer Police für Vermögensschäden und eine Registrierung gebunden. Die gesetzlichen Voraussetzungen wurden in letzter Zeit im Sinne des Verbraucherschutzes verschärft. Solche Schutzmaßnahmen des Gesetzgebers erweisen sich als wirkungslos, wenn es einem Unternehmen, das im großen Stil im Internet Versicherungen bewirbt, unter dem Deckmantel der Tipgeber-Eigenschaft möglich ist, diese Vorgaben auszuhebeln.
Die Entscheidungsgründe liegen zwar noch nicht vor, jedoch hat das Gericht bereits in der mündlichen Verhandlung die Ansicht geäußert, daß der Endverbraucher aufgrund der Gestaltung der Internetseite davon ausgehe, seinen Vertrag über das Tchibo-Portal abzuschließen. Außerdem gäbe es spezielle Vergünstigungen, die nur Tchibo-Kunden beim Abschluß der beworbenen Versicherungen geboten werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Versicherungsangebote finden sich weiterhin bei Tchibo. Bei der Riester-Rente heißt es aber z.B. als Info, die Vermittlung laufe über die Asstel Pro Kunde Versicherungskonzepte GmbH.

Richter und Staatsanwälte als Demonstranten

Fünf Polizeibeamte begleiten, gestern nachmittag und damit zehn Tage vor der Landtagswahl war es so vor dem Justizministerium in Düsseldorf, rund 500 Demonstranten. Von denen geht eher keine Gefahr aus – es sind Richter und Staatsanwälte. Sie wollen, stellvertretend für die ganze Justiz , „den Menschen gerecht werden“. Das sei bislang nicht möglich, sagt Reiner Lindemann.

Der 61-jährige ist Amtsrichter in Moers, zugleich der Landesvorsitzende des Deutschen Richterbundes (DRB). Er beklagt in erster Linie den Personalmangel unter seinesgleichen. Mit dieser Folge: „Wer eine Forderung einklagt, muss womöglich drei Jahre auf ein Urteil und sein Geld warten“. Oder: „Ein jugendlicher Straftäter kann erzieherisch nicht mehr auf die richtige Bahn gebracht werde, weil zwischen Tat und Verhandlung oft ein Jahr liegt“. Die Belastung liege momentan bei 130 Prozent. In Zahlen: Statt vorgesehener 41 Stunden werde wöchentlich 53 Stunden gearbeitet. Landesweit, klagt Lindemann, fehlen 500 Richter und 200 Staatsanwälte. Selbstverständlich gibt es, sozusagen nebenbei, andere Forderungen. Das Justizpersonal habe, etwa bei Beförderungen, zu wenig Mitbestimmungsmöglichkeiten. Und, ja auch das Geld spielt eine Rolle, vergleichbar mit anderen Juristen verdienen die Staatsdiener vierzig Prozent zu wenig. Also suchen sie, weil „die Politiker allesamt nicht zuhören!, die Öffentlichkeit.

Mit dem Satz: „Wir sind nicht irgendein Amt, nicht irgendeine Behörde, sondern die der dritten Gewalt“..„Zu wenig Richter“, steht auf einem Spruchband, „zu wenig Recht!“ Dass das selbst Richter für sich vor den Verwaltungsgerichten suchen und erstreiten müssen, hält Burkhard Ostermann von der Landesvereinigung der Verwaltungsrichter für ein „Armutszeugnis des Staates“. Den vertritt hier Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU), die als „ehemalige Landesvorsitzende des DRB“ begrüßt wird. Sie sagt: „Wenn es um die Stärkung der dritten Gewalt geht, bin ich dabei!“. Sie habe in ihrem Amt „jede Möglichkeit dazu genutzt“. Sie habe insgesamt 287 Richter- und Staatsanwaltsstellen mehr erhalten bzw. zusätzlich eingerichtet, „als das von Rot/Grün geplant war“; davon sind rund 100 Stellen „echte“ neue Stellen. Und sie werde, kündigt die CDU-Politikerin an, „weiterhin für die Stärkung der Justiz kämpfen!“

Wird die derzeitige Justizministerin also nach der Landtagswahl die neue werden? „Ach, wissen Sie“, zieht sich Roswitha Müller-Piepenkötter hinter einem Schmunzeln zurück, „die Person ist nicht entscheidend. Sondern die Arbeit!“ (pbd)

Mehr Freiheiten für Fluggäste

Ein Fluggast hat das Recht, einzelne Flüge ausfallen zu lassen. Er darf nicht damit bestraft werden, dass das Flugticket damit insgesamt ungültig wird. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden (Az: Xa ZR 5/09).
Der generelle Ausschluss des Rechts, die Beförderungsleistung nur teilweise in Anspruch zu nehmen, benachteilige den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Aus der Pressemitteilung:

In den Allgemeinen Beförderungsbedingungen von British Airways ist geregelt, dass der Flugschein seine Gültigkeit verliert, wenn nicht alle „Flight Coupons“ in der angegebenen Reihenfolge genutzt werden. Die Deutsche Lufthansa AG verwendet im Geschäftsverkehr „Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck (ABB Flugpassage)“, in denen es unter anderem heißt:

„Der Flugschein verliert seine Gültigkeit und wird nicht zur Beförderung angenommen, wenn Sie nicht alle Flugcoupons vollständig und in der im Flugschein vorgesehenen Reihenfolge ausnutzen. Die Inanspruchnahme der gesamten Beförderungsleistung ist wesentlicher Bestandteil des mit uns geschlossenen Beförderungsvertrages. Die Kündigung einzelner Teilstrecken (Coupons) ist vertraglich ausgeschlossen.“

Derartige oder ähnliche Klauseln verwenden auch andere Luftverkehrsunternehmen, um zu verhindern, dass Beförderungen auf Teilstrecken zu günstigeren Konditionen erreicht werden, als dies nach dem Tarifsystem vorgesehen ist. Beispielsweise soll damit vermieden werden, dass Flugscheine für Flüge, bei denen eine Zwischenlandung vorgesehen ist (Fernflug mit Zubringerflug), nur für die zweite Teilstrecke (Fernflug) genutzt werden. Dazu besteht dann ein Anreiz, wenn der Preis für beide Flüge zusammen niedriger ist als der Preis, der bei Buchung nur des Fernflugs verlangt wird. Die Klausel soll ferner ausschließen, dass Fluggäste bei günstig angebotenen Hin- und Rückflügen die Tickets der einzelnen Flüge anders als vorgesehen kombinieren oder nur für Teilstrecken nutzen und so zu einem geringeren Preis fliegen, als wenn sie von vorneherein die tatsächlich geflogene Strecke gebucht hätten.

Die mit den Klagen der Verbraucherzentrale befassten Oberlandesgerichte haben die Gültigkeit der Klauseln unterschiedlich beurteilt. Das OLG Köln hat sie für wirksam, das OLG Frankfurt am Main für unwirksam gehalten.

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass der Fluggast entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird, wenn ihm das Recht, die Beförderungsleistung nur teilweise in Anspruch zu nehmen (z.B. nur einen von zwei gebuchten Flügen anzutreten), generell genommen wird. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ist der Gläubiger (hier: der Fluggast) grundsätzlich berechtigt, nur einen Teil der ihm vertraglich zustehenden Gesamtleistung vom Schuldner (hier: dem Luftverkehrsunternehmen) zu fordern, sofern nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegensteht. Danach kann der Anspruch auf die Teilleistung zwar ausgeschlossen sein, wenn der Fluggast schon bei Vertragschluss nicht die Absicht hat, die Gesamtleistung des Luftverkehrsunternehmens in Anspruch zu nehmen, sondern diese nur deshalb bucht, weil er auf diese Weise an einen Preisvorteil gelangen will, der etwa Fluggästen angeboten wird, die Unbequemlichkeit und Zeitverlust einer Umsteigeverbindung auf sich nehmen, obwohl von dem von ihnen gewünschten Abflughafen auch – häufig allerdings teurere – Direktflüge zu ihrem Endziel angeboten werden. Jedoch erfasst die Klausel beispielsweise auch Fälle, in denen sich der Fluggast wegen einer veränderten Terminplanung bereits am Abflughafen für den Fernflug oder in dessen Nähe befindet oder in denen er den Zubringerflug verpasst, den Fernflug aber noch auf anderem Wege erreichen kann. In diesen Fällen steht der Grundsatz von Treu und Glauben dem Anspruch des Fluggastes auf die Beförderung mit dem Fernflug nicht entgegen.

Im Hinblick hierauf kann das legitime Interesse der Luftverkehrsunternehmen, eine Umgehung ihres jeweiligen Tarifsystems zu verhindern, den generellen Ausschluss des Anspruchs auf Teilleistungen nicht rechtfertigen. Die Luftverkehrsunternehmen könnten ihre Interessen zumutbarerweise durch eine andere, mildere Regelung ebenso wahren. Hierzu genügte eine Regelung, die den Fluggast gegebenenfalls zur Zahlung eines höheren Entgeltes verpflichtet, wenn die Beförderung auf einer vorangehenden Teilstrecke nicht angetreten wird, etwa, indem in den Beförderungsbedingungen bestimmt würde, dass bei Nichtantritt eines Flugs für den verbleibenden Flug derjenige (höhere) Preis zu zahlen ist, der zum Zeitpunkt der Buchung für die isolierte Buchung nur dieses Flugs verlangt worden ist.

Urteil vom 29. April 2010 – Xa ZR 5/09

LG Frankfurt am Main – Urteil vom 14. Dezember 2007 – 2 O 243/07
OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 18. Dezember 2008 – 16 U 76/08

Google haftet nicht für Vorschaubilder

Der Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die Vorschaubilder bei Google nicht das Urheberrecht verletzten.

Geklagte hatte eine Künstlerin, die auf ihrer Seite Fotos ihrer Werke veröffentlicht. Im Februar 2005 wurden bei Eingabe ihres Namens als Suchwort von Google ihre Kunstwerke als Vorschaubilder angezeigt.

Nachdem die Frau auch in den Vorinstanzen gescheitert war, hat der Bundesgerichtshof eine Urheberrechtsverletzung verneint. Zwar habe die Klägerin nicht durch eine ausdrückliche oder stillschweigende rechtsgeschäftliche Erklärung Google ein Recht zur Nutzung ihrer Werke als Vorschaubilder im Rahmen der Bildersuche eingeräumt. Der in der Wiedergabe in Vorschaubildern liegende Eingriff in das Recht der Klägerin, ihre Werke öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a UrhG), ist jedoch gleichwohl nicht rechtswidrig, weil die Beklagte dem Verhalten der Klägerin (auch ohne rechtsgeschäftliche Erklärung) entnehmen durfte, diese sei mit der Anzeige ihrer Werke im Rahmen der Bildersuche der Suchmaschine einverstanden.

Denn die Klägerin hat den Inhalt ihrer Internetseite für den Zugriff durch Suchmaschinen zugänglich gemacht, ohne von technischen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, um die Abbildungen ihrer Werke von der Suche und der Anzeige durch Bildersuchmaschinen in Form von Vorschaubildern auszunehmen.

Der Urheberrechtsinhaber ist also verpflichtet, seine Inhalte gegen Google aktiv abzusichern, wenn er in der Suchmaschine nicht auftauchen will.

Auch für Material, das Google aus rechtswidrigen Quellen schöpft, kann Google nicht sofort verantwortlich gemacht werden. Vielmehr muss Google nach Auffassung des Bundesgerichtshof erst in Kenntnis gesetzt werden. Erst dann hafte die Suchmaschine.

Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 69/08 – Vorschaubilder

Strafvollzug NRW: Unwürdiger Umgang mit Schwangeren?

„Schwangere gefesselt zum Arzt gebracht“ und „weibliche Häftlinge sollen beim Gebären gefesselt gewesen sein“ – solche Medienberichte über angeblich skandalöse Zustände im Kölner Frauengefängnis haben gestern für Aufregung gesorgt.

Prompt kritisierte Barbara Steffen, die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag, „dass Hochschwangere unter dermaßen entwürdigenden Umständen ihr Kind kriegen müssen, ist politisch skandalös und traumatisiert diese Frauen schwer“. Doch Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) dementierte gestern kühl: „Die erhobenen Vorwürfe sind schlicht falsch!“

Am Rande der Einweihung des neuen Justizgebäudes in Düsseldorf lehnte sie auch die Forderung von Gerda Kieninger ab. Die Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (SPD) verlangt „sofortige Aufklärung des Riesenskandals“, immerhin seien Frauen gedemütigt worden, wenn sie in gefesseltem Zustand zur gynäkologischen Behandlung gebracht wurden und männliche Beamte während Unterleibsbehandlungen zuschauten.

Die Ministerin dazu: „Es gibt keinen einzigen solcher behaupteten Fälle, an solchen Berichten ist nichts dran“. Lediglich auf dem Weg zum Arzt oder ins Krankenhaus seien Gefangene vereinzelt „wegen Fluchtgefahr“ an den Handgelenken gefesselt worden. Die Ministerin reagierte damit auf Meldungen der „Frankfurter Rundschau“ und des „Kölner Stadtanzeigers“, wonach eine Gruppe von Ärzten, Psychologen und Hebammen der Landesregierung vorwirft, menschenunwürdige Haftbedingungen von Frauen hinter Gittern zu dulden.

Monika Kleine, die Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen in Köln, wird mit den Worten zitiert „Wir wissen auch von Ausnahmefällen, in denen Schwangere gefesselt entbinden mussten“. Kleine war gestern auf Nachfrage „nicht im Haus“. (pbd)

Bericht in der Frankfurter Rundschau

Abwesenheitsnotiz

Im law blog wird es nun etwas ruhiger werden. Ich fliege morgen nach Thailand, Bürgerkrieg gucken Urlaub machen. Sofern mir etwas Berichtenswertes passiert, werde ich mich natürlich melden. Belangloses wird selbstverständlich getwittert.

Ansonsten hat sich Andreas Kunze dankenswerterweise wieder bereit erklärt, die Urlaubsvertretung zu übernehmen. Allerdings ist er momentan arbeitsmäßig sehr eingespannt. Wir bitten also schon mal um Nachsicht für die eine oder andere Durststrecke beim Content.

Zum Regelbetrieb kehren wir am 18. Mai zurück.

Bushido angeblich kaputtkopiert

Und wenn du denkst, es geht nicht alberner, beweist jemand dir das Gegenteil. Zum Beispiel Christiane von Wahlert. heise online zitiert die Filmlobbyistin:

Der Bushido-Film „Zeiten ändern dich“ des Studios Constantin sei beispielsweise außerordentlich gut gestartet, dann sei der Kinobesuch aber jäh abgebrochen. Parallel habe der Streifen die „Bestseller“-Listen bei rechtswidrigen P2P-Netzen oder Streaming-Seiten angeführt.

Ehrlich? Der Bushido-Film ging nach meiner Meinung unter, weil er das grottenschlechteste und peinlichste Machwerk des Jahres war. Diese Formulierung wähle ich auch nur, weil die ganze Wahrheit abmahnungsfähig wäre.

Quelle des Links

Aus dem Posteingang

Mal wieder eine Leserfrage:

… in Bochum (und nicht nur dort) kommt ja nun ein weiterer Punkt hinzu: Polizeikontrollen in Begleitung eines Kamerateams für diverse TV-Dokuserien. Nun gibt es viele Gründe dafür, dass man nicht wünscht, während dieser Kontrolle gefilmt zu werden (die sich auch nicht durch das Versprechen, der Sender könnte Personen später ja unkenntlich machen, entkräften lassen).

Haben Sie … einen Rat, wie man sich in einem solchen Fall verhalten sollte? Trotzdem kooperieren? Warten, bis die Kamera ausgeschaltet wurde?

Strafbares Unterlassen symbolischer Handlungen

Ich hatte schon einige Male über einen Mandanten berichtet, der seine eigene Abschiebung nicht genug gefördert haben soll. Als Konsequenz wird er zu einer Geldstrafe verdonnert.

Ich habe vor der Hauptverhandlung Stellung genommen:

Der Tatvorwurf ist nicht begründet.

Nach §§ 95 Abs. 1 Nr. 1, 48 Abs. 2 AufenthG genügt ein Ausländer seiner Ausweispflicht, wenn er ein Ausweisersatzpapier von der Ausländerbehörde hat. Der Angeklagte, bei dem faktische Abschiebungshindernisse vorliegen, ist im Besitz eines derartigen Papieres. …

Die Frage ist lediglich, ob der Angeklagte einen Pass in zumutbarer Weise nicht erlangt hat (§ 48 Abs. 2 AufenthG).

Der Strafbefehl legt dem Angeklagten eine „Mitwirkungs- und Initiativpflicht“ auf, die so nicht existiert. Sie wurde in diesem Umfang, soweit ersichtlich, bislang auch von keinem Verwaltungsgericht statuiert.

Jedenfalls würde die „Mitwirkung“ ohnehin ins Leere laufen.

Die Ausländerbehörde ist selbst der Überzeugung, der Angeklagte sei kein sierra-leonischer Staatsbürger. Von daher ist es fast schon absurd, vom Angeklagten Anstrengungen zu verlangen, die tatsächlich darauf hinauslaufen sollen, dass der Angeklagte die Feststellungen der sierre-leonischen Botschaft „widerlegt“ und etwas nachweist, woran nicht mal die Ausländerbehörde glaubt.

Diese Anstrengungen wären doch lediglich Symbolhandlungen. Wenn selbst behördenseits davon ausgegangen wird, der Angeklagte sei nicht aus Sierra Leone, die Feststellungen der Botschaft also inhaltlich gar nicht angezweifelt werden, würden vom Angeklagten rechtlich von vornherein völlig aussichtslose Schritte verlangt und das Unterlassen derart aussichtsloser Schritte bestraft.

Rechtlich und tatsächlich unschädliches Unterlassen ist aber nicht straffähig, weil schon nach dem Gesetz nur Anstrengungen strafbar sein können, die auch eine hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit mit sich bringen. Das ergibt sich aus Sinn und Zweck des Tatbestandes, aber auch direkt aus der Formulierung „zumutbar“.

Vom Angeklagten werden also lediglich symbolische Handlungen verlangt, die noch nicht einmal konkretisiert werden. Das Unterlassen von symbolischen, das heißt von vornherein aussichtslosen Anstrengungen, ist aber nicht vom § 48 Abs. 2 AufenthG umfasst.

Der Angeklagte hat überdies alle ihm zumutbaren Mitwirkungshandlungen erbracht. Wie die Ausländerbehörde selbst ausführt, ist die Erteilung von Passersatzpapieren nur von der Feststellung der Staatsangehörigkeit abhängig. Diese Feststellung werde entweder durch Urkunden ermöglicht. Urkunden hat der Angeklagte nicht. Oder durch ein Interview mit Botschaftsmitarbeitern. Dieses Interview hat der Angeklagte unstreitig gemacht, allerdings wurde seine Staatsangehörigkeit – fehlerhaft – von der Botschaft verneint.

Es ist schon von der eigenen Darstellung der Ausländerbehörde überhaupt nicht ersichtlich, was von dem Angeklagten denn noch verlangt werden könnte. Es ist ja schon gar nicht damit zu rechnen, dass der Angeklagte nach dem erfolglosen Interview überhaupt einen Termin in der Botschaft erhielte. Auch die sierra-leonische Botschaft dürfte kaum bereit sein, sich ständig neu mit einem bereits erledigten Fall zu beschäftigen.

Es stellt sich überdies die Frage, wie der Angeklagte seine Überzeugungsarbeit finanzieren sollte. Er erhält wöchentlich 1,91 € Taschengeld. Hiervon kann er keine Korrespondenz finanzieren, ebenso wenig Reisekosten. …

Die Staatsanwaltschaft sollte die Anklage zurücknehmen.