Wie die Deutsche Welle eben berichtet hat Bundespräsident Horst Köhler das hochumstrittene Gesetz heute nun doch unterzeichnet, da, so die Deutsche Welle weiter, „keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken“ bestünden.
Links 485
Polizeibesuch
Das vollständige Zitat
Der bloggende Richter „Ballmann“ veröffentlicht ein Schreiben von mir an ihn (natürlich ohne zu fragen, ob ich damit einverstanden bin). In dem Brief geht es um einen Beitrag aus dem law blog, den „Ballmann“ auf sein Blog kopiert hat (natürlich ohne zu fragen, ob ich damit einverstanden bin). Dummerweise vergisst der Jurist, der sich jedenfalls hinsichtlich eines Impressums nicht ans Gesetz gebunden fühlt, zu zitieren, an wen mein Fax gerichtet war:
Fax 03… 611
Amtsgericht B…
Herrn Direktor H.-O. …
…platz
3…. B…
Wenn schon, dann doch bitte vollständige Textwiedergabe. (Wobei ich jetzt auch nicht gefragt habe.)
Nachtrag: Das betreffende Blog existiert nicht mehr; ich habe die Adressdetails gelöscht.
Links 484
Einsprüche powered by Google
Bei Radar- und Videomessungen geht es momentan drunter und drüber. Dürfen Fotos und Filme gegen den Betroffenen als Beweismittel verwendet werden? Hier herrschen Ratlosigkeit, Uneinigkeit und entsprechende Verunsicherung – bei Polizei, Ordnungsämtern, Gerichten und Anwälten.
Ausgelöst hat die Ungewissheit das Bundesverfassungsgericht mit einem aufsehenerregenden Beschluss. Danach haben auch Verkehrssünder Persönlichkeitsrechte. Es bedarf einer – derzeit meist wohl fehlenden – gesetzlichen Ermächtigung, um Tempo- oder sonstige Verkehrsverstöße zu filmen.
Dabei interpretieren mittlerweile viele die Aussage des Bundesverfassungsgerichts so, dass selbst Messungen, bei denen nur derjenige gefilmt oder fotografiert wird, der in diesem Augengblick tatsächlich gegen Verkehrsregeln verstößt, nicht zulässig sind. So etwa das Amtsgericht Wurzen in einem Beschluss vom 22. Oktober 2009.
Manche Gerichte stellen inzwischen alle Tempoverfahren ein, wenn bestimmte Messgeräte verwendet wurden. Es kann natürlich Zufall sein, dass ich ausgerechnet jetzt den ersten Bußgeldbescheid in Händen halte, in dem das Messverfahren nicht mehr ausdrücklich genannt wird. Bislang kenne ich es nur so, dass unter „Beweismittel“ stets das verwendete Gerät nach Hersteller und Typ genannt genannt wird. Der Landkreis Rotenburg (Wümme) schreibt dagegen nur:
Messung mit einem Geschwindigkeitsmessgerät
Ob man damit Einsprüche powered by Google vermeiden möchte?
Deutschsprachiger Anwalt
Sprachkenntnisse sind heute ja das A und O. Peter F., Rechtsanwalt aus Düsseldorf, verfügt über so seltene und damit schwierig zu findende Qualifikationen, dass er damit sogar seinen Briefbogen schmückt:
zweisprachig deutsch/englisch
Die Mädchen kamen gerade aus dem Hallenbad
Zwischen 8.45 und 11.15 Uhr kontrollierten Polizisten am Montagvormittag insgesamt neun schulpflichtige Jugendliche, die sie im Isenburgzentrum sowie im Bürgerpark von Sprendlingen antrafen. Rücksprachen mit den Sekretariaten ihrer Schulen ergaben jedoch, dass die fünf „IZ-Besucher“ gerade Freistunden oder sogar schon Schulschluss hatten. Die im Sprendlinger Bürgerpark überprüften vier Mädchen kamen gerade aus dem Hallenbad. Dort hatten sie am Schwimmunterricht teilgenommen und trotteten anschließend zurück in ihre Schule.
Grenzen für den Mahnterror
Das außergerichtliche Mahnverfahren nutzen viele Unternehmen auch zur psychologischen Kriegsführung. Der Kunde wird mit Schreiben und Kontoauszügen zugeschüttet. Die Briefe enthalten regelmäßig nur Textbausteine und „letzte Fristen“ – auch wenn der Kunde sich gegen die Forderung mit sachlichen Argumenten wehrt. Sobald Inkassobüros eingeschaltet werden, wird es in der Regel noch schlimmer.
Mit Hilfe des Amtsgerichts Düsseldorf wollte der genervte Kunde einer Telefonfirma nun dem Mahnterror entfliehen. Er forderte die Firma auf, auch außergerichtlich nur noch mit seinem Anwalt zu korrespondieren. Das Unternehmen hielt sich nicht dran. Der Kunde beantragte eine einstweilige Verfügung – und verlor.
Das Amtsgericht Düsseldorf hält Mahnungen erst mal grundsätzlich für zulässig:
Grundsätzlich sind Mahnungen der Verfügungsbeklagten von deren berechtigten rechtlichen aber auch wirtschaftlichen Interesse gedeckt und damit nicht zuletzt von ihren Rechten gem. Art. 14 GG.
Mahnungen dienen schon von Gesetzes wegen der Wahrung weiterer Rechte des Gläubigers (vgl. §§ 286, 288, 280 Abs. 2 BGB, 93 ZPO).
Sie haben daneben aber auch den Zweck, Druck auf den Schuldner auszuüben und damit berechtigte Forderungen des Gläubigers durchzusetzen. Dass die Rechtsordnung diesen Aspekt, nämlich im wirtschaftlichen Interesse des Gläubigers durch eine gewisse Hartnäckigkeit Druck auf den Schuldner auszuüben, ergibt sich aus dem Umstand, dass allgemein anerkannt ist, dass der in Verzug befindliche Schuldner in der Regel aus dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens Aufwendungen für mehrere Mahnungen zu ersetzen hat.
Festzuhalten ist damit, dass grundsätzlich ein auch hartnäckiges Verfolgen berechtigter Ansprüche im vorgerichtlichen Bereich von den schützenswerten Interessen des Gläubigers gedeckt ist und daher keine Verletzung der Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB und auch keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt.
Aus dem Berufsrecht der Anwälte will das Gericht keine Verpflichtung herleiten, bei Einschaltung eines Anwalts den eigentlich Betroffenen in Ruhe zu lassen. Die Beauftragung eines Anwalts müssen eben nur wiederum Anwälte berücksichtigen. Unter Kollegen ist es verboten, ohne Einverständnis den Mandanten der anderen Seite direkt zu kontaktieren. Allerdings, so das Amtsgericht nachvollziehbar, gelte das eben nicht für Nicht-Anwälte.
Allerdings ist die Entscheidung kein Freibrief für ungehemmtes Mahnen. Denn das Amtsgericht Düsseldorf zeigt gleichzeitig Grenzen auf, bei deren Überschreitung der Kunde Abwehransprüche haben könnte:
Etwas anderes wird dann gelten, wenn vorgerichtliche Maßnahmen ein noch hinzunehmendes Ausmaß übersteigen. Dies wird man bejahen können, wenn über einen Zeitraum von mehreren Wochen wöchentliche Mahnungen oder über einen Zeitraum von mehreren Monaten Mahnungen im 2-Wochen-Rhythmus versandt werden. Nicht hinzunehmen wären auch andere Methoden der Anspruchsverfolgung, z. B. Anschreiben an mit dem Schuldner in Verbindung stehende Dritte mit dem Zweck, den Schuldner zu diskreditieren oder ähnliches.
Der Wochen- bzw. 2-Wochen-Rhythmus könnte durchaus ein praktikabler Aufhänger sein, um nervige Unternehmen zurückzuärgern. Es gibt genug Firmen, die in dichteren Intervallen Post Forderungen anmahnen.
(Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.01.2010 – 58 C 15403/09, via beck-blog)
Links 483
Total unbrauchbare Atteste vom Amtsarzt
Die Geschichte um den haftunfähigen Hausarzt geht weiter. Der Arzt schuldet meinem Mandanten (und anderen Gläubigern) einen stattlichen Betrag. Urteile liegen vor, doch er zahlt nicht. Die Vollstreckung läuft mühsam. Auch deswegen, weil sich die Gerichtsvollzieherin bislang weigerte, den Arzt zu verhaften, bis er die eidesstattliche Versicherung (Offenbarungseid) abgegeben hat.
Das wird nun nicht mehr klappen. Der zuständige Amtsrichter hat nämlich durchschaut, welches Spiel hier mit (Gefälligkeits-)Attesten gespielt wird. Obwohl die Atteste von Amtsärzten stammen, stuft der Richter diese als inhaltsleer und unbrauchbar ein. Deshalb ordnet er nun auch an, dass der Schuldner endlich zu verhaften ist. Der Verhaftung kann der Schuldner einfach entgehen, indem er die eidesstattliche Versicherung abgibt.
Der Beschluss des Amtsgerichts fasst die Geschichte schön und geradezu unterhaltsam zusammen. Hier deshalb die wichtigsten Passagen:
Gegen den Schuldner, der eine – dies ist gerichtsbekannt – ärztliche Praxis in S. betreibt, wurde am 10.08.2009 Haftbefehl erlassen, da er im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO unentschuldigt nicht erschienen war. Der Haftbefehl dient einzig dazu, die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und die Abgabe der eidessattlichen Versicherung zu erzwingen.
Auf den Verhaftungsauftrag des Gläubigers hat die Gerichtsvollzieherin es mit
Verweis auf die mit amtsärztlichen Attesten des Herrn Dr. C. vom 26.09.2007
sowie der Frau Dr. K. vom 26.08.2009 angenommenen Haftunfähigkeit
des Schuldners unterlassen, den Schuldner zu verhaften.Gegen die Weigerung der Verhaftung richtet sich der Gläubiger mit seiner Erinnerung vom 30.10.2009. Die Erinnerung des Gläubigers ist zulässig und begründet. Die Verhaftung des Schuldners wurde zu Unrecht nach § 906 ZPO mit Verweis auf die benannten amtsärztlichen Atteste verweigert.
Voraussetzung für einen Haftaufschub nach § 906 ZPO ist eine nahe und erhebliche
Gefahr für die Gesundheit des Schuldners. Da der Schuldner durch Abgabe der
Versicherung die Haft jederzeit vermeiden bzw. beenden kann, ist bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, ein strenger Maßstab anzulegen. Weniger strenge Maßstäbe sind nur dann anzulegen, wenn die Haftunfähigkeit aufgrund anderer Umstände, etwa des hohen Alters des Schuldners, ohnehin nahe liegt. Andererseits sind umso strengere Maßstäbe anzulegen, je mehr objektive Anzeichen gegen eine Gesundheitsgefährdung sprechen. …Die bisher vorliegenden amtsärztlichen Atteste des Herrn Dr. C. vom
26.09.2007 sowie der Frau Dr. K. vom 26.08.2009 sind nicht hinreichend, um
den Nachweis einer erheblichen Gesundheitsgefährdung zu erbringen. Diese
Atteste sind so inhaltsarm und aus sich heraus nicht nachprüfbar, dass sie zum
Nachweis einer Haftunfähigkeit ungeeignet sind. Zwar handelt es sich vorliegend
um amtsärztliche Atteste, deren Inhalt und Schlussfolgerungen regelmäßig
besonderes Gewicht beizumessen ist. Jedoch muss auch ein solches
amtsärztliches Attest – wie jedes andere Attest auch – inhaltlich so konkret und
nachvollziehbar begründen, weswegen und in welcher Art Gesundheitsschäden für den Schuldner zu erwarten sind.Diesen Maßstäben genügen vorliegenden Atteste nicht ansatzweise. Es wurden weder Diagnosen einer bestehenden Erkrankung noch die zu befürchtenden Auswirkungen einer Verhaftung des Schuldners dargetan. Demnach sind die in den ärztlichen Zeugnissen getroffenen Schlussfolgerungen, der Schuldner sei haftunfähig, in keiner Weise überprüf- oder nachvollziehbar. Weshalb die Gesundheit des Schuldners gerade aufgrund einer Inhaftierung einer nahen und erheblichen Gefahr ausgesetzt würde, erschließt sich auf der Grundlage der Atteste nicht. …
Ob allerdings bei einer ärztlichen Bescheinigung von einer Qualität, wie der
vorliegenden, weitere Prüfungen der Gerichtsvollzieherin geboten sind, erscheint
bereits grundsätzlich zweifelhaft. Diese Zweifel sind hier insbesondere deshalb
besonders gravierend, weil der attestierende Arzt Dr. C. ausweislich seines
Zeugnisses vom 26.09.2007 eine Interessenabwägung vorgenommen hat, die
nicht in seinen Kompetenzbereich fällt. Dies geht aus der Formulierung „…mit Gesundheitsschäden zu rechnen, die außerhalb des Haftzweckes liegen…“ hervor.Weiterhin ist zu beachten, dass der Schuldner als Arzt tatsächlich und regelmäßig praktiziert. Dies indiziert zunächst eine körperliche und geistige Belastbarkeit, welche der Annahme einer auf gesundheitlichen Gründen beruhenden Haftunfähigkeit entgegensteht.
(AG Schwerte, Beschluss vom 8. Februar 2010, 6 M 0487/09)
Die eigene Abschiebung nicht gefördert
Mein Mandant ist afrikanischer Herkunft. Sein Asylantrag wurde abgelehnt. Er kann aber nicht in seine Heimat abgeschoben werden, weil ihm kein Land einen Pass ausstellt. Zunächst hat die Botschaft Sierra Leones abgewinkt. Mein Mandant gibt an, aus Sierra Leone zu stammen.
Später wurde er so gut wie zu jeder afrikanischen Botschaft in Deutschland gefahren. Seltsamerweise fand sich kein Land, das ihn als Staatsbürger akzeptieren wollte. Womit ihm also zumindest nicht nachzuweisen ist, dass er nicht aus Sierra Leone stammt.
Das hindert das Amtsgericht aber nicht, gegen meinen Mandanten einen Strafbefehl über eine Geldstrafe von 600,00 € zu erlassen. Wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz. Der Tatvorwurf: Mein Mandant habe keine zumutbaren Anstrengungen unternommen, um im Rahmen seiner, so wörtlich „Mitwirkungs- und Initiatvipflicht die Feststellungen der sierreleonischen Botschaft zu widerlegen und insoweit die für eine Abschiebung erforderliche Passbeschaffung zu fördern“.
Es wird interessant werden, welche Handlungen denn von meinem Mandanten im Rahmen seiner Initiativpflicht erwartet werden, um die Botschaft seines Heimatlandes davon zu überzeugen, dass er doch aus Sierra Leone kommt. Soll er den zuständigen Sachbearbeiter schütteln? Oder ihn bestechen? Einen Hungerstreik vor der Botschaft beginnen? Diplomaten als Geiseln nehmen?
Sehr freundlich ist auch, dass das Gericht meinem Mandanten gestattet, die Strafe in monatlichen Raten von 100,00 € zu zahlen. Das wird ihm allerdings auch nicht leicht fallen. Er kriegt vom Staat 1,91 € Taschengeld – pro Woche. Aber vielleicht nimmt die Justizkasse ja auch Lebensmittelgutscheine, und ich weiß es nur nicht.
Links 482
Neue Arbeitsplätze
Neben der Frage nach Schuld oder Unschuld, der nach Einstellung oder Strafe gibt es in Ermittlungsverfahren auch ganz praktische Dinge zu regeln. Etwa, wie kommt der Beschuldigte wieder an beruflich oder privat benötigte, harmlose Daten, die sich auf beschlagnahmten Festplatten oder DVDs befinden?
Es gibt mehrere Wege. Der Beschuldigte bringt eine originalverpackte Festplatte mit zur Polizei. Oder die Polizei stellt gegen Kostenerstattung leere Datenträger. Auf die Festplatten werden dann die freigegebenen Daten kopiert. Mitunter macht sich auch die Polizei Kopien und gibt die Datenträger (und vielleicht sogar die Hardware) zurück. Das alles lässt sich normalerweise verhandeln, und fast immer findet sich ein gangbarer Weg.
In Brandenburg, so habe ich heute erfahren, sind derart unbürokratische Lösungen nicht mehr erlaubt. Dort geht das alles nur noch mit Formularen, unterschriebenen und abgestempelten Freigaben und Einschaltung von besonders verpflichteteten Sachverständigen. Diese „Sachverständigen“ machen die Kopien – und halten dafür natürlich die Hand auf. Unter 500 Euro Kosten laufe gar nichts, hieß es. Bei größeren Datenmengen könne es auch schnell sehr viel teurer werden.
Aber immer wieder schön zu sehen, wie Arbeitsplätze geschaffen werden.
Schlupfloch aus unliebsamen Verträgen
Wie kommt man aus unliebsamen Verträgen raus? Das Amtsgericht München weist einen unkonventionellen Weg, wenn Fitnessstudio, Telefonanbieter oder Zeitungsverlag auf Kündigungfristen pochen.
Dann kann der Kunde erwägen, künftig einfach bar zu zahlen. Zwar weist der im Juni letzten Jahres entschiedene Fall einige Besonderheiten auf. Es ging um die Kundin eines Sportstudios, die bei Anmeldung kein Konto hatte, anfangs bar bezahlen durfte, später aber zu Überweisungen und Vorauszahlungen gedrängt wurde.
Darauf ließ sich die Frau nicht ein. Zu Recht, meint das Amtsgericht, denn der Vertrag sehe nun mal keine Pflicht zur bargeldlosen Zahlung vor. Zumindest so lange nichts anderes vereinbart ist, hat der Kunde nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch das Recht zur Barzahlung – ein Grundsatz, der für jeden gilt.