AUCH POLIZISTEN DÜRFEN HILA

Ein ministerieller Erlass, der uniformierten Polizisten vorschreibt, dass sie ihre Haare in „Hemdkragenlänge“ tragen müssen, ist mit dem grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht der Beamten nicht vereinbar. Dies hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig entschieden.

Der Kläger, ein Polizeivollzugsbeamter, trug seine Haare in einer Form, die weit über den Hemdkragen reichte. Nachdem das Innenministerium des beklagten Landes für das Erscheinungsbild der Polizei u.a. bestimmt hatte, dass eine deutlich über den Hemdkragen reichende Haarlänge bei (männlichen) uniformierten Polizeibeamten mit dem geforderten korrekten Erscheinungsbild nicht vereinbar sei, wurde dem Kläger von seinem Vorgesetzten aufgegeben, seine Haarlänge entsprechend anzupassen. Seine Klage gegen die Anordnung blieb in den Vorinstanzen erfolglos.

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KOKAIN-TEST

Ich wende mich mal hilfesuchend an die Leser.

Es geht um die Zuverlässigkeit des „Cocain-Tests“ der ESA-Test GmbH aus Eisenach. Wenn ich nach der Homepage des Unternehmens urteile, dürfte sich diese in Grenzen halten. Aber im Ernst:

Hat jemand Informationen oder Quellen zur Frage, wie verlässlich dieser sog. Vortest ist? Gibt es Gutachten oder Urteile zu der Frage? Meine bisherigen Recherchen haben noch nichts erbracht. Auch ein Apotheker, den ich gefragt habe, konnte nicht helfen.

In meinem Fall sind die beschlagnahmten Substanzen nach dem Test vernichtet worden. Deshalb kommt es eben darauf an, wie gerichtsfest so ein ESA-Test ist. Auch eine Kopie der Bedienungsanleitung wäre toll.

Sachdienliche Hinweise bitte an lawblog@gmx.de.

MAHNENDES MURMELN

Von Eberhard Ph. Liliensiek (pbd)

Die Justiz in Düsseldorf ist gebeutelt: Der Amtsrichter Heinrich L. (60) hat an die 500 Verfahren in die Verjährung treiben lassen. Gegen ihn ermittelt wegen Verdachts der Rechtsbeugung die Staatsanwaltschaft. Deren Kapazität ist aber auch fast erschöpft – dort stehen drei Schreibtische schlichtweg leer.

Jetzt wurde bekannt: Brigitte N., Vorsitzende Richterin am Landgericht, lieferte wegen „Überlastung“ in wenigstens 14 Fällen absolute Revisionsgründe – in Justizkreisen eine Todsünde. Die wiederum das Oberlandesgericht (OLG) in einem aktuellen Urteil festhält. Danach hat die 61-jährige Richterin vom Sommer 2004 bis vor zwei Monaten 14 Urteile viel zu spät schriftlich formuliert und damit grob und beharrlich gegen ihre Pflichten gehandelt.

Alle Beteiligten wussten davon, erst kürzlich wurde gehandelt.

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WETTE

Manchmal wette ich gegen meine eigenen Beweisanträge. Würde ich ihm stattgeben, wenn ich Richter wäre?

Heute habe ich mal wieder verloren.

LÖSCHEN UND VERSCHLÜSSELN

Löschen, löschen, löschen. Oder zumindest verschlüsseln. So lautet das Fazit aus der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage, ob auf Computern gespeicherte E-Mails und sonstige Kommunikationsdaten vom Fernmeldegeheimnis geschützt sind. Nein, sagen die Richter in ihrer Entscheidung. Sobald die Kommunikation beendet ist, endet auch das Fernmeldegeheimnis. Dann schützen den Betroffenen nur noch das Grundrecht auf Unverletzlichkeit seiner Wohnung sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Das Verfassungsgericht hält es offenbar (auch) aus technischen Gründen nicht für erforderlich, den Schutz auf gespeicherte Informationen auszudehnen. Zitat:

Ohne dass es in diesem Zusammenhang auf die wandelbaren Einzelheiten der Löschbarkeit digital gespeicherter Daten ankäme, hat der Nutzer in seiner Herrschaftssphäre Möglichkeiten der Datenverarbeitung und -löschung – bis hin zur physischen Zerstörung des Datenträgers -, die ihm nicht zu Gebote stehen, solange sich die Nachricht auf dem Übertragungsweg befindet oder die Kommunikationsverbindungsdaten beim Nachrichtenmittler gespeichert sind. Der Nutzer kann sich bei den seiner Verfügungsmacht unterliegenden Geräten gegen den unerwünschten Zugriff Dritter durch vielfältige Maßnahmen schützen, etwa durch die Benutzung von Passwörtern oder anderweitiger Zugangscodes sowie – bei Verwendung von Personalcomputern – durch Einsatz von Verschlüsselungsprogrammen und spezieller Software zur Datenlöschung.

Mit anderen Worten: Jeder ist selbst dafür verantwortlich, die Daten in seiner Privatsphäre vor dem Zugriff Dritter, auch der Ermittlungsbehörden, zu schützen. Löschen und Verschlüsseln sind möglich – und uneingeschränkt erlaubt.

Ansonsten betont das Gericht erneut, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz keine leere Floskel ist. Bei Grundrechtseingriffen wie Durchsuchung und Beschlagnahme muss, wie auch sonst überall, immer gefragt werden, ob die Maßnahme nicht außer Verhältnis zum Anlass steht.

(Pressemitteilung mit Link zur Entscheidung)

WEISS NICHT

Müller geht an Krücken. „Was ist dir denn passiert?“ „Autounfall.“
„Schrecklich. Kannst du jetzt nicht mehr ohne Krücken gehen?“
„Weiß nicht. Mein Arzt sagt ja, mein Anwalt nein…“

(Danke an Thorsten)

TEILSIEG

Mit einem Teilfreispruch endete der Berufungsprozess gegen den Bloggerkollegen Werner Siebers. Dem Strafverteidiger war vorgeworfen worden, er habe Polizisten beleidigt und ihnen übel nachgeredet. In einer Verteidigungsschrift hatte Siebers behauptet, die Beamten hätten wichtige Angaben im Polizeibericht gefälscht.

Das Berufungsgericht hatte angeboten, das Verfahren gegen Zahlung von 250,00 € einzustellen. Hierauf waren Siebers und seine Verteidiger jedoch nicht eingegangen.

Einzelheiten stehen hier.

NUR ALS PAKET

Freundliche Töne auf ebay:

Tschuldigung das ich Sie nochmals zuspammen muss! Aber ihre Bestellung ist schhon älter als 30 Tage und deswegen konnte ich ihre Zahlung nicht zuordnen! Also doch ihr Fehler! Jetzt werden Sie warscheinlich meine Nächste Negative! Aber an Kanidaten die zu spät zahlen schicke ich nur als versichertes Paket! Bitte zahlen Sie noch 5.10 Euro nach! Erst dann geht die Ware raus!

Zusätzliche Versandkosten, die ursprünglich nicht vereinbart waren, dürfen nicht verlangt werden. Auch nicht mit dem Argument, dass der Käufer die normale Postsendung sowieso unterschlägt. Was ja ohnehin schon fast eine Beleidigung ist.

Wenn der Verkäufer in so einem Fall sichergehen will, dass er einen Zustellungsnachweis für seine Sendung erhält, muss er die zusätzlichen Versandkosten selbst tragen.

NUMMERN

Ob es unter Versicherungen auch so etwas gibt wie einen Schwanzvergleich? Schadensnummern würden sich eignen.

05.095.142-1/71-3120-KRJ

Das wäre mal so ein Favorit, aber nur, sofern nicht doch nur die Länge zählt.

NÄCHTELANG

Die Hamburger Morgenpost berichtet über einen Hamburger Strafrichter, der sieben Urteile zu spät geschrieben hat. Wird die Frist zur Urteilsabsetzung überschritten, ist das ein absoluter Revisionsgrund. Die Urteile müssen aufgehoben, die Sache neu verhandelt werden.

Bemerkenswert ist die offizielle Begründung für die Versäumnisse. Danach ist dem Richter sein innerer Hang zur Perfektion zum Verhängnis geworden. Er soll nächtelang an den Urteilen gefeilt haben, aber trotzdem nicht fertig geworden sein.

Dabei ist der Richter zumindest kein Einzelfall. Auch in Düsseldorf pfeifen die Spatzen derzeit von den Dächern, dass in einer Strafkammer mehr als 10 Urteile zu spät geschrieben worden sein sollen. Außerdem gibt es da noch den Komplex mit den 350 verjährten Bußgeldakten.

(Link gefunden in der Walfischbucht)

AUF DER LINIE

Und wenn du denkst, der Monat hätte besser laufen können, zahlt ein Großmandant doch noch seine Rechnung, die seit einem halben Jahr offen ist. Wertstellung 28. Februar.

MEGA-PR

Die Welt berichtet über den Plagiatsprozess gegen Dan Browns Megaseller „The Da Vinci Code“:

Es war aufregend zu erleben, wie die Rechtsvertreter der beiden Kläger in ihrer Begründung immer wieder auf diese quasi-fiktiven Vokabeln zu sprechen kamen: „Konjektur“, statt historisch unwiderlegbare Fakten, und „plot“, was eine Vokabel der erzählenden Literatur ist, die Handlung eines Buches beschreibend. Wollten sie damit den Raum der strengen Historiographie verlassen, wo es nahezu keinen Copyright-Schutz gibt, und ins halb-fiktive Fach überwechseln, wo der Urheberschutz strenger überwacht wird?

Interessant: Die Rechte an dem Werk, aus dem Brown angeblich über das erlaubte Maß hinaus abgeschrieben hat, liegen beim gleichen Verlag. Der Prozess wird sich also wahrscheinlich für alle Beteiligten lohnen, unabhängig von seinem Ausgang.

Ich habe mir jedenfalls „Der Heilige Gral und seine Erben“ gerade bestellt. Er findet dann seinen Platz im Regal der ungelesenen Bücher. Gleich neben dem Da Vinci Code (noch immer oben rechts).

(Danke an den Kollegen Christoph Selzer für den Link)

LÜGEN

Herr S. hat sich vor Jahren bei der GEZ abgemeldet. Er wohnt bei einer Frau, die für Fernsehen und Radio bezahlt. Er hat keinen eigenen Fernseher. Und kein Radio. Die GEZ hat sogar mehrfach bei Herrn S. angerufen und gefragt, warum er kündigt.

Jetzt droht die GEZ mit Vollstreckung. Sie will mehr als 500 €.

Auf meine Nachfrage heißt es, von einer Kündigung sei nichts bekannt. „Hier steht auch nichts im Computer, dass wir bei Herrn S. angerufen haben.“

Schon wieder ein Mandant, der mich schamlos belügt.

KEIN VIDEO

Wenn es Streit in Bahnhöfen gibt, existiert neben Zeugenaussagen meist ein weiteres Beweismittel: die Überwachungsvideos.

Wegen einer tätlichen Auseinandersetzung stehen sich die Aussagen der Bundespolizisten und ihrer Kontrahenten gegenüber. Ziemlich unversöhnlich. Zeugen berichten, die Bundespolizisten hätten ohne Anlass einen Mann, der eigentlich nur seinen Personalausweis zeigen sollte, Handschellen angelegt, ihn gewürgt, geschlagen und getreten. Nach Darstellung der Beamten hat der Mann sie zuerst geschlagen.

Was mich wundert: Laut Akte hat sich niemand von der Bundespolizei darum bemüht, das Überwachungsband anzusehen. Oder es gar zu sichern. Dabei hätte man die Vorwürfe gegen den Beschuldigten mit den Aufnahmen doch so gut untermauern können. Und auch die Aussagen der Zeugen hätten problemlos als reine Gefälligkeit entlarvt werden können.