NOTFALL

Standesbeamte haben die Pflicht, Verlobten in Fällen dringender Todesgefahr eine unverzügliche Eheschließung zu ermöglichen. Hierfür müssen sie erforderlichenfalls auch ans Sterbebett des Bräutigams oder der Braut eilen, entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf.

Kommt ein Standesbeamter der Amtspflicht nicht nach, kann dies sogar grundsätzlich Amtshaftungsansprüche gegen den Staat auslösen. Im entschiedenen Fall war ein Sterbenskranker kurz vor der geplanten Trauung am Krankenbett verstorben – der Standesbeamte war in der Mittagspause nicht erreichbar.

Die Verlobte klagte auf Ersatz ihres entgangenen Erbes. Helfen wollte ihr das Oberlandesgericht allerdings nicht. Es wies die Klage ab, weil die Frau nicht nachweisen konnte, dass sie dem Standesbeamten die dramatische Situation unzweifelhaft geschildert hatte.

(Quelle: beck-aktuell)

ENDLOSSCHLEIFE

Ein Verfahren vor dem Landgericht dauert schon 4 Jahre. In dieser Zeit hat es 3 Zeugenvernehmungen und 4 Verhandlungstermine gegeben.

Jetzt hat – zum wievielten Mal eigentlich? – der Richter gewechselt. Und wir erhalten die Mitteilung, dass alle Zeugen, so 10 an der Zahl, neu vernommen werden sollen. Begründung: Es komme entscheidend auf ihre Glaubwürdigkeit an.

Nach 4 Jahren ist der Prozess also wieder ganz am Anfang. Und das, obwohl mindestens schon 3 Richter angekündigt haben, dass sie „ganz schnell“ ein Urteil sprechen werden.

Nicht genug. Für die Beweisaufnahme sind gleich 2 Tage im Februar 2004 angesetzt. Mit folgender Warnung:

Es wird darauf hingewiesen, dass voraussichtlich beide Termine jeweils den ganzen Tag in Anspruch nehmen werden und gebeten, dies bei der eigenen Terminsplanung entsprechend zu berücksichtigen.

Vielleicht sollten wir doch noch mal versuchen, ob ein Vergleich möglich ist…

ABGEMAHNT

Diesen Blog hat die Abmahnwelle aber richtig gebeutelt (Eintrag vom 20. 10.). Das Fazit:

Bedankt Euch also bei Haftungsfetischisten, Rechtschutzversicherungsinhabern, Wortverdrehern und anderen Gebührenzählern ohne jeglichen Rest gesunden Menschenverstands (Look Ma, no dirty word!), die mir heute den Tag versaut haben und das Internet einzig als Vertriebskanal und Rechtanwaltsversorgungwerk begreifen.

WEIT WEG

Der Anwalt der Gegenseite schreibt ans Gericht:

… muss ich zu meinem Bedauern darum bitten, die Frist zur Stellungnahme um 14 Tage zu verlängern. Der Geschäftsführer der Beklagten befindet sich auf einer Dienstreise in Übersee. Von daher ist es nicht möglich, die Sache vor dem 27. Oktober 2003 abschließend zu besprechen.

Seltsam. Der Geschäftsführer der Beklagten hat heute morgen bei Kamps um die Ecke 2 Laugenbrezeln und 1 Ciabattabrötchen gekauft. Wir haben sogar ein paar Worte gewechselt.

POLIZEIKLAUSEL

Mietwagenfahrer müssen nach einem Urteil des OLG Koblenz die Polizei einschalten, wenn der Vertrag dies bei einem Unfall vorschreibt. Ruft der Mieter die Polizei nicht, muss er allein für den entstandenen Schaden aufkommen.

Die „Polizeiklausel“ steht natürlich meistens im Kleingedruckten.

Jemand unter uns, der die übliche Zettelwirtschaft vor Fahrtantritt von vorne bis hinten studiert?

(Anwalt-Suchservice, via Vetretbar.de).

74 SEITEN

74 SEITEN

Einen 74-seitigen eiligen Schriftsatz um 17.20 Uhr ans Landgericht Köln gefaxt. Und, oh Wunder, er ging sogar durch. Aber wahrscheinlich ist jetzt der Papiervorrat alle. Kollegen, die heute noch noch Köln düsen müssen, dürfen micht jetzt hassen.

PFÄNDUNG

PFÄNDUNG

Kaum hatte eine Mandantin einen neuen Mitarbeiter als Fahrer eingestellt, flatterte ihr auch schon eine Pfändungsverfügung des Finanzamtes ins Haus.

Herr K. schuldet dem Land Nordrhein-Westfalen Abgaben im Gesamtbetrag von 479.486,14 €.

Auf der 2. Seite dann der freundliche Hinweis:

Wird der oben bezeichnete Gesamtbetrag durch Ihre Zahlung vollständig getilgt, ist die Pfändung erledigt.

Liebe Finanzbehörden, damit ist wohl kaum zu rechnen…

ARBEITSZEUGNIS

Vor Gericht verlieren die Parteien oft, weil sie etwas einfach nicht beweisen können. Besonders relevant ist dies bei Arbeitszeugnissen. Je nachdem, wie das Zeugnis ausfällt, nämlich entweder der Arbeitgeber oder der Angestellte die Beweislast.

Das Bundesarbeitsgericht (via Vetretbar.de) hat in einem aktuellen Urteil nochmals dargelegt, wie sich die Beweislast verteilt:

Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer insgesamt eine durchschnittliche Leistung bescheinigt, hat der Arbeitnehmer die Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, aus denen sich eine bessere Beurteilung ergeben soll. Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer als unterdurchschnittlich beurteilt, obliegt dem Arbeitgeber, die seiner Beurteilung zugrunde liegenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen.

Dabei darf das Arbeitsgericht zwar uneingeschränkt überprüfen, ob der Arbeitgeber die Leistung des Arbeitnehmers richtig und vollständig erfasst hat. Einen „Beurteilungsspielraum“ hat der Arbeitgeber aber bei der Frage, welche Schlussfolgerungen er aus den Tatsachen zieht.

Was lernen wir daraus? Der Streit ums Zeugnis ist ein Lotteriespiel. Es ist nämlich schon mal nie eindeutig festzumachen, ob ein Zeugnis über- oder unterdurchschnittlich ist.

Kluge Arbeitgeber tun deshalb das, wozu sie ohnehin verpflichtet sind. Sie stellen ein wohlwollendes Zeugnis aus, das den Arbeitnehmer nicht die weitere Karriere verhagelt.

Und Arbeitnehmer stellen keine überzogenen Forderungen. Nicht mal, wenn sie rechtsschutzversichert sind. Denn wegen des niedrigen Gegenstandswertes und des enormen Begründungsaufwandes gehören Zeugnisklagen – im Gegensatz zu Kündigungsschutzprozessen – nicht zu Anwalts Lieblingen.

ELITE (?)

ELITE (?)

Sie haben mal so eine Art Zwischenprüfung gemacht. Aber auch ohne Staatsexamen wurde den Schülern der Bucerius Law School eine prunkvolle Zeremonie zuteil. Neben sonstiger Prominenz war auch der Präsident des Bundesgerichtshofes als Festredner zu Gast an der privaten Hochschule.

Das Tamtam veranlasst den Kollegen Alexander Hartmann zu leiser Kritik:

Die Absolventen und Absolventinnen staatlicher Universitäten bekommen ihre Zeugnisse über das Erste Juristische Staatsexamen in der Regel per schnöder Briefpost ins Haus. Wenn man besonderes Glück hat, spricht der Hausmeister des Studentenwohnheims ein paar warme Worte (und setzt daraufhin eine Frist zum Auszug).

SCHENKKREISE

Der M-E-X-Blog berichtet in einem Erfahrungsbericht über eine neue (?) Form der Abzocke im Schneeballsystem. Das heißt jetzt Schenkkreis und tarnt sich als „Party“:

Was nicht stimmte wurde bald klar, als ich einen Anwesenden befragte, der mir redselig und naiv genug erschien: „ja, das ist ein Schenkkreis hier. In einem Schenkkreis beschenkt man sich gegenseitig. Dazu mußt Du nur 2.500 Euro an denjenigen zahlen, der im innersten Schenkkreis ist. Wenn 8 Teilnehmer im äußersten Kreis voll sind, bekommt derjenige also 20.000 Euro. Wirst Du nachher sehen, wenn die Beschenkungszeremonie startet. Ist einfach geil. Und versteuern muß man auch nix, man bekommt eine Schenkungsurkunde“.

Man kriegt im Leben nichts geschenkt. Und die Dummen sterben nicht aus. Mehr braucht man über das Phänomen eigentlich nicht zu sagen.

BEWERBUNG

Der Rechtsreferendar W. hat sich richtig Mühe gegeben. Eine astreine Bewerbungsmappe hat er uns am 16. September geschickt. Mit Lebenslauf, allen Zeugniskopien, Seminarbescheinigungen und Foto.

Wir haben allerdings keine Stellenanzeige aufgegeben und auch sonst nichts verlauten lassen, so dass ich die Unterlagen auf einen dicken Berg anderer Bewerbungen gelegt habe, mit denen uns jobsuchende Juristen bombardieren.

Vor einer Woche schrieb mir Referendar W. eine mail:

… bitte ich höflich um eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch. Falls Sie kein Interesse haben, senden Sie mir bitte binnen 10 Tagen meine Bewerbungsunterlagen zurück.

Die Fristsetzung in Fettschrift hat mich zu einer Antwort gereizt:

… befürchten Sie zu Recht, dass wir derzeit keine Mitarbeiter suchen. Was die Unterlagen angeht, sehen Sie es mir bitte nach, dass ich nicht 1,44 Euro Porto und die (wesentlich teurere) Arbeitszeit meiner Sekretärin investiere für die Rücksendung von Unterlagen, die ich nie angefordert habe. Andere Bewerber übersenden bei Blindbewerbungen schlauerweise gleich nur Kopien. Oder sie fügen einen frankierten und adressierten Rückumschlag bei. Wenn Sie das auch tun, werde ich Ihre Unterlagen persönlich eintüten und in unsere Tagespost geben.

Herr W., typisch Jurist, kann es gar nicht erwarten und sucht schon Streit, bevor er überhaupt Anwalt geworden ist:

… sehe ich keinen Grund, Ihnen Porto zur Verfügung zu stellen. Wenn ich nunmehr meine Unterlagen nicht zurückerhalte, müssen Sie mit rechtlichen Schritten rechnen.

Also, wer den mal einstellt, der tut mir heute schon leid.

SCHICK?

Die Telepolis berichtet unter dem Titel „Der dritte Mann“ über die Strafverfolgung gegen eine mutmaßliche terroristische Vereinigung aus Magdeburg. Bemerkenswert an dem Artikel ist die kaum verhüllte Billigung politisch motivierter Gewalt, u.a. in folgenden Sätzen:

Feindlich verhält sich der Souverän jedoch gegenüber jenen, die in revolutionärer Intention seine Rechtsordnung und damit auch ihn grundsätzlich in Frage stellen. Sie bekommen seine vernichtende Gewalt zu spüren.

Aus dem selben Grund verhält sich die rechtsetzende Gewalt gleichgültig gegenüber dem Postulat der Legalität, unter dem sich eine Gruppierung mit revolutionärem Selbstverständnis womöglich konstituiert. Wer von dieser Gleichgültigkeit absieht, verfällt im Glauben an das bürgerliche Rechtsverständnis dem Irrtum, wonach nur Handlungen, nicht Gesinnungen, kriminalisiert werden.

Ist das jetzt wieder schick?

STERNE FÜR DEN KNAST

STERNE FÜR DEN KNAST

Knast.net bietet eher unkonventionelle Informationen rund um den Strafvollzug. Gefängnisse können auch mit Sternen bewertet werden.

2 Stimmen über die JVA Bielefeld:

Die JVA Bielefeld I ist das letzte Loch. Wenn das Universum einen hellen Punkt hat, ist man da am weitesten von weg (0 Sterne)

Die Beamten lassen sich problemlos schmieren (5 Sterne)

(via jurabilis)

KÜNDIGUNG

KÜNDIGUNG

Für Mietverträge, die bis zum Herbst 2001 abgeschlossen wurden, gelten noch die Kündigungsfristen nach dem alten Mietrecht. Somit verbleibt es für Mieter, die seit längerem in ihrer Wohnung leben, bei Kündigungsfristen bis zu einem Jahr. Nach dem neuen Recht gelten längere Kündigungsfristen nur noch für den Vermieter. Der Mieter kann immer mit der Grundkündigungsfrist von drei Monaten aus dem Vertrag.

Wer auf diese Fristen festgenagelt ist, hat aber dennoch noch Chancen. So kann es sich lohnen, die Vertragsurkunde näher anzusehen. Für die ist nämlich Schriftform erforderlich, d.h. es müssen alle Vertragsparteien unterschrieben haben. Außerdem müssen die einzelnen Seiten der Urkunde fest verbunden sein, was bei vielen Loseblattverträgen häufig nicht der Fall ist.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (aktuelles Beispielsurteil) ist mittlerweile fast so streng, dass man bei fast allen Verträgen Formfehler findet.

Als Druckmittel für Verhandlungen reicht das allemal. Um Streit zu vermeiden, werden viele Vermieter nicht mehr auf einer übermäßig langen Kündigungsfrist beharren…