RECHTSKRAFT, SELBSTGEWÄHLT

Prinz Ernst August von Hannover soll seine Revision gegen ein Urteil zurückgezogen haben, mit dem er wegen gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen worden ist. Stattdessen, so geht es heute über die Ticker (z.B. rp-online), will er die Wiederaufnahme seines Verfahrens betreiben.

Dazu muss man wissen, dass Revisionen schwierig sind und eine miserable Erfolgsquote haben. Wiederaufnahmeverfahren, die sich nur gegen bereits rechtskräftige Urteile richten können, sind noch schwieriger; sie haben praktisch überhaupt keine Erfolgsquote.

Deshalb wird es interessant sein zu erfahren, warum der Anwalt des Prinzen bewusst die Rechtskraft des Urteils herbeiführt (durch Rücknahme der Revision), um dann einen Wiederaufnahmeantrag zu stellen.

Mir jedenfalls ist kein Grund dafür bekannt, dass man die in Frage kommenden Gründe nicht zunächst in der Revision vorbringt. Sollte diese scheitern, könnte immer noch die Wiederaufnahme beantragt werden, da diese nicht an Fristen gebunden ist. Die möglichen Wiederaufnahmegründe „verbrauchen“ sich auch nicht, weil die Revision keine Tatsacheninstanz ist.

Der Verteidiger schweigt aber bislang über seine ungewöhnlichen Pläne, „aus Respekt vor Gericht und Staatsanwaltschaft“.

KLEINER STREIT

Das kann ein Prozess um 62,30 € kosten:

1. Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (1,3) 32,50 €
Erhöhung mehrere Auftraggeber, Nr. 1008 VV 10,00 €
2. Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 30,00 €
3. Pauschale für Post- u. Telekommunikationsdienstleistungen, Nr. 7002 VV 14,50 €
Zwischensumme 87,00 €
4. 16% Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 13,92 €
Gesamtbetrag 100,92 €

Und das mal 2. Plus 75,00 € Gerichtsgebühren.

FÜR NOTFÄLLE

Gerade bei uns im Getränkekeller gesehen: das blaue Gatorade Cool Blue Rasperry. In der 1,5-Liter-Flasche. Dafür muss man schon sehr unterzuckert sein.

GELD FÜRS STUDIUM

Studenten, die nicht mehr zu Hause leben, haben gegen ihre Eltern einen Unterhaltsanspruch von € 640,00. Das ist der Regelsatz nach der neuen Düsseldorfer Tabelle. Darin sind die Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung nicht enthalten, d.h. dafür müssen die Eltern zusätzlich zahlen.

ZUM HEULEN

Das Steuerrecht regelt alles. Auch die Behandlung von Essensmarken:

Als Sachbezug ist nicht der Verrechnungswert der Essensmarke für ein Mittagessen maßgeblich, sondern der Sachbezugswert von 2,58 € nach der Sachbezugsverordnung, vorausgesetzt, der Wert der Essensmarke übersteigt nicht 5,68 €.

Das ist schon die (vereinfachte) Zusammenfassung. Das ganze bürokratische Wahnsinn offenbart sich hier.

KIFFENDE SCHÜLER

Schüler, die auf einer Klassenfahrt mit Marihuana erwischt werden, droht nicht unbedingt der Rauswurf von der Schule. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg sieht in dem Fall zwar eine Pflichtverletzung der Schüler, fordert aber gleichzeitig, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sorgfältig beachtet wird. Maßgeblich war allerdings, dass der Rauswurf kurz vor dem Abschluss erfolgen sollte. Das Urteil ist also mit Sicherheit kein Freibrief. Spiegel online berichtet ausführlich.

(Danke an Hartmut Nissen für den Link)

PRESUMED INNCOENT

Um die Prostitution einzudämmen, veröffentlicht die Polizei von Chicago Fotos, Namen und Adressen Festgenommener im Internet. Die Seite heißt „PROSTITUTION patron arrests“. Der Chicagoer Bürgermeister triumphiert laut Netzeitung: „Wenn Sie festgenommen werden, werden die Leute es erfahren – Ihre Frau, Ihre Kinder, Ihre Familien, Ihre Nachbarn und Ihre Arbeitgeber.“

Wie praktisch, dass es sogar eine Suchmaschine für alle personenbezogenen Daten gibt. Dazu passt dann auch der Hinweis auf der Seite:

These individuals are presumed innocent until proven guilty in a court of law.

OHNE ANTWORT

Die Deutsche Telekom und ihre Anwälte werden mir langsam unheimlich.

Zig Mal haben sie einen Mandanten bereits wegen eines Fernmeldekontos gemahnt, das ihm nachweislich nicht gehört. Unsere Proteste blieben ungehört, jedenfalls aber unbeantwortet.

Die Telekom beantragte lieber zwei Mahnbescheide beim Gericht. Wir legten Widerspruch ein. Die Telekom nahm – wahrscheinlich nach genauerer Prüfung – die Anträge zurück und muss jetzt die Kosten tragen.

Damit hätte ja mal Ruhe sein können. Nein, stattdessen fängt das Spiel von vorne an. Heute erhält mein Mandant wieder eine „letzte außergerichtliche Zahlungsaufforderung“ für den Telefonanschluss, mit dem er nichts zu tun hat.

Jetzt ist es aber wirklich Zeit für eine negative Feststellungsklage. Warum ich das hier schreibe? Weil ich nach den bisherigen Erfahrungen nicht daran glaube, dass es Sinn macht, Porto und Personalkosten in ein Schreiben an die betreffenden Heidelberger Rechtsanwälte zu investieren.

MIETE, ZWECKENTFREMDET

Sozialhilfeempfänger waren bisher beliebte Mieter. Denn das Amt zahlte die Miete direkt aufs Vermieterkonto. Das hat sich geändert, und zwar mit Hartz IV. Sämtliche Bezieher von Arbeitslosengeld II erhalten die Miete seit Jahresanfang ausgezahlt, berichtet die Rheinische Post (Printausgabe 21. Juni).

Eine direkte Zahlung an den Vermieter sei nur noch zulässig, wenn der Leistungsempfänger zustimme. Da eine beträchtliche Zahl Leistungsempfänger aber nicht daran denkt und das Geld auch nicht für die Miete ausgibt, soll die Zahl der Räumungsprozesse schon jetzt um bis zu 25 % gestiegen sein.

Das Bundeswirtschaftsministerium wird mit dem Hinweis zitiert: „Durch Hartz IV sollen die Leute ja wieder an den Arbeitsmarkt herangeführt werden.“ Dazu gehöre nun mal, auch zu lernen, verantwortungsvoll mit Geld umzugehen.

ESRA BLEIBT VERBOTEN

Der Roman „Esra“ von Maxim Biller bleibt verboten. Auch der Bundesgerichtshof ist der Meinung, dass die Kunstfreiheit hinter das allgemeine Persönlichkeitsrecht zurücktreten muss. Biller wird angekreidet, dass in den Hauptfiguren seines Romanes unschwer seine frühere Freundin und deren Mutter erkennbar sind. Offenbar kann er nicht alle negativen Züge als wahr belegen, die er den Figuren mitgegeben hat.

(Pressemitteilung des Gerichts)

F… YOU, BLUTWERTE

„Heute ist viel los“, sagt der Mann vom Pizzataxi. „Wir können frühestens in 50 Minuten liefern.“

Bin ich wohl nicht der einzige, der die Titelgeschichte des Spiegel mit Interesse gelesen hat.

KRYPTIK IN GRÜN

Mail der Polizei:

Hiesiges Az.: 9999

Ihr Anschreiben vom 15.06.2005 ist hier eingegangen. Die entsprechenden Akten wurden bereits am 25.04.2005 an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Dort hat der Vorgang das Aktenzeichen 1234 und später dann das Aktenzeichen 12345 erhalten. Ich habe Ihr Anschreiben heute nach dort weitergeleitet.

Mit freundlichen Grüßen

i. A. gez. POK

Unsere Antwort:

Wir bitten um Angabe unseres AZ, da wir die Sache anhand Ihres AZ nicht zuordnen können.

Vielen Dank im Voraus!

Darauf die Polizei:

Leider kann ich Ihr Aktenzeichen nicht finden, bzw, besteht es aus Personaldaten, die ich per eMail nicht versenden darf. Da Sie in Ihrem Anschreiben mein (Fremd-)Aktenzeichen 9999 benannten, müsste eine Zuordnung zu einem Verkehrsunfall vom 09.04.2005 Ihrer Mandantin bei Ihnen erfolgen können. Wenn nicht ist meine telefonische Erreichbarkeit für Nachfragen gegeben.
i. A. gez. POK

Wenn wir jetzt immer puzzlen (!) oder telefonisch nachfragen (!) sollen, dann wären mir Briefe per Post doch deutlich lieber.