Nicht vergessen: Heute Abend stellt mir Achim Meißner im Blogtalk Fragen. Wer mitlesen und auch eigene Fragen beisteuern will, klickt bitte hier. Um 20.30 Uhr geht es los.
Archiv für das Jahr: 2006
BETREUER FÜR DEN STAATSANWALT
Ein als harter Knochen bekannter Potsdamer Staatsanwalt soll unter Betreuung gestellt werden. Die Potsdamer Neuesten Nachrichten berichten über einen entsprechenden Antrag.
Der Antrag ist zwar in Juristendeutsch abgefasst. Die Initiatoren rechnen allerdings nicht ernsthaft mit einem Erfolg. Sie wollen lediglich darauf hinweisen, dass sie den Staatsanwalt für nicht tragbar halten.
Ein reichlich fragwürdiger PR-Gag.
ETWAS RUHIGER
Knapp 1.300 Kilometer waren schuld, dass es hier heute etwas ruhiger zuging. Aber dafür war der Termin am Landgericht Konstanz ein voller Erfolg. Das James-Bond-Auto geht an den Verkäufer zurück. Mein Mandant kriegt den sechsstelligen Kaufpreis wieder.
So, und jetzt Osterpause.
Bis Dienstag!
PROMI OHNE KOHLE
Die Firma eines Promimanagers schuldet mir 700 Euro aus einem verlorenen Prozess. Ich habe schon den Gerichtsvollzieher beauftragt; Kontenpfändung läuft auch. Vielleicht sollte ich es außerdem mit einer Taschenpfändung versuchen. Ich schicke den Vollstrecker am besten zu einer stadtbekannten Promidiskothek. Aber der Beamte sollte an Personenschutz denken, sonst kriegt er was auf die Schnauze von dem Herrn, der sich selbstverständlich auch für einen Promi hält. Er wäre möglicherweise nicht der Erste.
DREIJÄHRIGE, REDSELIG
Ein dreijähriges Mädchen hat der Polizei das Versteck seines gesuchten Vaters verraten, berichtet der Express.
Wäre interessant zu erfahren, ob die Beamten sich zunächst an die Mutter gewandt und sie darüber belehrt haben, dass ihr Kind nichts sagen muss (§ 52 Strafprozessordnung, insbesondere Absätze 2 und 3). Da die Mutter den Verdächtigen ja verleugnete, hätte sie sicher kaum einer Vernehmung zugestimmt. Ohne Zustimmung der Mutter war die Vernehmung aber nicht zulässig.
Das alles gilt aber nur, wenn sich die Tochter nicht spontan und freiwillig geäußert hat, sondern von den Beamten zunächst befragt wurde.
(Danke an Volker König für den Link)
BLOGTALK
Achim Meißner diskutiert mit Bloggern – und alle Interessierten lesen mit. Blogtalk heißt die mittlerweile ziemlich beliebte Veranstaltung. Am Dienstag, 18. April, beantworte ich Achims Fragen. Los geht’s um 20.30 Uhr.
Weitere Einzelheiten und frühere Runden zum Nachlesen gibt es hier.
Ich freue mich.
DATUM DES POSTSTEMPELS
Wer aus einem Vertrag heraus will, aber die Widerrufsfrist versäumt hat, sollte nicht gleich die Flinte ins Korn werfen. Die Widerrufsfrist beginnt nämlich nicht, wenn der Kunde nicht ordnungsgemäß belehrt wurde. Diese Belehrung ist eine Kunst, die nur wenige beherrschen.
Das Oberlandesgericht Oldenburg hat jetzt die beliebte Wendung gekippt, wonach die Rechtzeitigkeit des Widerrufs mit dem „Datum des Poststempels“ nachgewiesen wird. Denn, so das Oberlandesgericht, die Widerrufsfrist laufe bis 24 Uhr des letzten Tages der Frist. Es genüge also, wenn der Brief bis zu diesem Zeitpunkt in einem Briefkasten eingeworfen wird. Der Hinweis auf das Datum des Poststempels führe aber dazu, dass der Betroffene möglicherweise von einem noch möglichen Widerruf absieht, weil er zu später Stunde keinen Poststempel mehr bekommen kann.
ARBEITSZEITEN
Telefonnotiz von 17.52 Uhr:
Richter NN bittet um Rückruf, wegen Terminvereinbarung. Ist ab 6.30 Uhr wieder erreichbar.
Dieser Jurist ist sicher der Horror – für Verdi.
VORSICHT, ICE AGE 2
Hat sich eigentlich jemand von der FSK Ice Age 2 wirklich angeguckt? „Ohne Altersbeschränkung“ ist ein schlechter Scherz. Oder erfolgreiche Lobbyarbeit. Zumindest wenn man vergleicht, was für harmlose Streifen sonst mit einer Freigabe ab 6 oder 12 Jahren auskommen müssen.
Der Film ist zwar meistens lustig und ausgelassen, aber eben doch kein reines Vergnügen für die Kleineren. Es sei denn, man mutet ihne gerne aufgemampfte Meeresschildkröten, wütende Urzeitmonster, Kataklysmen und Rettungsszenen á la Cliffhanger zu.
MAL PROBIEREN
„Sehr geehrter Herr W.,
die Kündigung Ihres t….i Vertrags bei i.. vom 16. März 2006 haben wir erhalten. Die Kündigung wird unter Berücksichtigung Ihrer Mindestvertragslaufzeit und Kündigungsfrist zum 1. November 2006 wirksam.“
Im Vertragsformular liest sich das aber anders. Mindestvertragslaufzeit drei Monate. Kündigungsfrist 30 Tage zum Ende der Mindestlaufzeit. Danach Verlängerung auf unbestimmte Zeit mit einer Kündigungsfrist von 30 Tagen zum Monatsende.
Selbst wenn der Vertrag erst zum 1. März 2006 begonnen hat, ist spätestens zum 31. Mai 2006 Schluss.
So wurde es dem Mandanten auch auf der Hotline bestätigt. Aber man kann es ja mal probieren…
BONUSMEILEN GEHÖREN DER FIRMA
Der Arbeitgeber darf dienstlich erflogene Bonusmeilen seiner Angestellten für sich beanspruchen, hat das Bundesarbeitsgericht heute entschieden. Einzelheiten berichtet Spiegel online.
WARTEN AUF DAS URTEIL
Vor einem Monat und drei Tagen ist Herr S. zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die Urteilsverkündung ging schnell und schmerzlos. Die Vorsitzende Richterin begründete das Urteil nicht in freier Rede. Sie las den ca. 10-seitigen Entwurf vor.
Obgleich das Urteil also schon bei der Verkündung fertig war, ist es mir nach einem Monat und drei Tagen immer noch nicht zugestellt. Ja klar, kann man sagen. Das Gericht hat sechs Tage verhandelt. Da hat es sieben Wochen Zeit, um das Urteil zu schreiben und zur Akte zu geben (§ 275 Abs. 1 Strafprozessordnung).
Darf ein Urteilsentwurf aber einfach wochenlang zurückgehalten bzw. nicht fertig gestellt werden? Für mich ist diese Frage schon wichtig. Denn ohne Urteil kann ich die Revision nicht begründen. Und damit zügig die durchaus vorhandenen Chancen meines Mandanten nutzen, einen Freispruch oder zumindest eine mildere Strafe zu erhalten.
Herr S. schmort also, obwohl das Urteil definitiv schon geschrieben war. Es hätte innerhalb kürzester Zeit in eine Endfassung gebracht und zugestellt werden können. Zeit, die Herrn S. im Falle eines Freispruchs keiner wieder gibt.
Das Bundesverfassungsgericht hat erst neulich in einem Beschluss klargestellt, dass in Haftsachen nicht alle gesetzlichen Fristen bis zur Neige ausgeschöpft werden dürfen. Vielmehr gilt auch dort das Beschleunigungsgebot. Problem ist halt, dass es sicher nicht reichen wird, dem Gericht laxen Umgang mit den Fristen zu unterstellen. Oder gar bösen Willen. Ich müsste auch den Nachweis führen.
Derzeit habe ich keine Ahnung, wie mir das gelingen könnte.
ETWAS BIZARR
Mit einer Versicherung führe ich einen leicht bizarren Rechtsstreit. Meine Mandantin hatte einen Unfall. Sie war nicht schuld und holte ein Schadensgutachten ein. Der Gutachter stellte den Unfallschaden mit netto 634,12 € fest. Das sind brutto 735,58 €.
Die Versicherung meint, sie müsse die Gutachtenkosten von 220 € nicht zahlen. Denn der regulierte Schaden unterschreite die Bagatellgrenze von 715,81 € (früher: 1.400 DM). Ein Gutachten sei deshalb unvernünftig gewesen.
Die Bagatellgrenze ist nicht statisch. Außerdem kann der Geschädigte ja vor dem Gutachten nicht genau wissen, wie hoch der Schaden letztlich ausfallen wird. Sonst bräuchte er ja keinen Gutachter. Auf all das hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil schon hingewiesen.
Letzte Argumentationslinie der Gegegenseite ist also, dass bei Abrechnung auf Gutachtenbasis, wo ja an sich nur der Nettobetrag erstattet wird, auch nur dieser Nettobetrag zählt, wenn es um die Gutachtenkosten geht.
Ich habe versucht, dem Gericht das Gegenteil plausibel zu machen:
DAS EINE – UND DAS ANDERE
Aus einer Anzeige:
Nach erfolgter Belehrung wurde dem D. der Tatvorwurf der Verkehrsunfallflucht gemacht. Dieses räumte er ein. … Im Laufe des Gesprächs bestritt er immer wieder den Vorwurf der Verkehrsunfallflucht.
Solche Texte lassen dich schnell zum uneingeschränkten Anhänger der Video- oder Tonbandpflicht für Vernehmungen werden.
DANKE, MILES & MORE
Miles & More schickt mir heute eine SIM-Karte von Vodafone mit fünf Euro Startguthaben. Mit der Tarifoption CallYa-OpenEnd, die bis zum 30. April 2006 kostenfrei sein soll.
PIN und PUK stehen im Begleitbrief. Wenn die Werbesendung komplett in den Müll wandert, hat ein Dritter alles was er braucht, um die Karte zu aktivieren. Solange er mit einer Rubbelkarte Guthaben drauflädt, kann er prima unter meinem Namen telefonieren.
Keine Sorge, ich erkläre dem SEK gerne, dass es bei uns nicht schneit.