Strikte Anweisungen

In einer Strafsache wollte ich mich bei der Staatsanwaltschaft als Verteidiger melden. Mein Mandant konnte mir aber nur den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts geben. Auf diesem war lediglich das Aktenzeichen des Gerichts vermerkt und nicht, wie eigentlich üblich, auch das Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft.

Ich rief also auf der Geschäftsstelle des Ermittlungsrichters an, nannte das Aktenzeichen des Gerichts und fragte, ob ich vielleicht das Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft haben kann. „Am Telefon darf ich leider keine Auskunft geben“, flötete die Mitarbeiterin. Auch mein Einwand, die Frage nach einem korrelierenden Aktenzeichen einer anderen Behörde sei ja nun eher wenig sensibel, fruchtete nicht. „Wir haben da strikte Anweisungen.“

„Okay“, sagte ich. „Ist für mich kein Problem. Dann schicke ich mein Bestellungsschreiben halt an Sie. Dann müssen Sie es halt an die Staatsanwaltschaft weiterleiten. Mir kommt’s in dieser Sache nicht auf einen oder zwei Tage an.“

Die Aussicht auf zusätzliche Arbeit veränderte die datenschutzrechtliche Situation spontan. „Bevor wir jetzt diesen Umweg machen“, hieß es, „suche ich Ihnen das Aktenzeichen kurz raus.“

Ich bedankte mich.

Ein „Hallo“ bleibt vor Gericht unerhört

+++ Die Rente mit 54 bleibt einem Thüringer Beamten verwehrt. Er wollte sich per Gerichtsbeschluss in den Ruhestand versetzen lassen, weil er unter der von einem Linken geführten Regierung nicht arbeiten kann. Das Verwaltungsgericht Gera, das insoweit ordnungsgemäß Dienst tat, sieht schon keinen Gewissenkonflikt.

Der Mann sei ohnehin „nur“ als Sachbearbeiter bei der Landesanstalt für Umwelt tätig. Da komme es auf politische Bekenntnisse eher wenig an. Das Gericht gibt dem Kläger noch den Tipp, dass er jederzeit selbst kündigen kann (Aktenzeichen 1 E 132/15 Ge). +++

+++ Wie groß müssen Bundespolizisten sein? Eine Bewerberin mit zwei juristischen Staatsexamen wollte in den höheren Polizeivollzugsdienst, wurde aber mit ihren 1,58 Zentimetern Körpergröße gar nicht berücksichtigt. Frauen bei der Bundespolizei sollen mindestens 1,63 Meter, Männer sogar 1,65 Meter groß sein.

Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht sieht keine „belegten Gründe“ für diese Anforderungen. Überdies kritisieren die Richter, dass nicht erkennbar ist, warum Männer und Frauen auch noch ungleich behandelt werden. Der Klägerin wurde eine finanzielle Entschädigung zugesprochen (Aktenzeichen 12 A 120/14). +++

+++ Ein Windows-Zwangsupdate blockierte den Matchcomputer bei einem Spiel des Basketballclubs Finke Baskets aus Paderborn. Da die Verzögerung mehr als 15 Minuten betrug, wurde das Spiel der Baskets entsprechend der Regeln als verloren gewertet – obwohl sie gewonnen hatten. Das hat einen Ligaabstieg zur Folge. Die Baskets wollen jetzt juristisch klären lassen, wie weit das „Verschulden“ im Umgang mit Betriebssystemen reicht. +++

+++ Jetzt vergreifen Sie sich mal nicht im Ton. Das Amtsgericht München beantwortet keine Mails, die mit „Hallo“ beginnen. +++

„Mangelhaft“

Vor einiger Zeit berichtete ich hier über einen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Münster, in dem im wesentlichen nichts stand. Das lag daran, dass die zuständige Richterin sich nicht die Mühe gemacht hatte, einen eigenen Text zu formulieren. Vielmehr verwies sie mit spitzen Klammern auf Textpassagen aus anderen Aktenteilen. Diese durfte der Mitarbeiter der Geschäftsstelle dann zusammenpfriemeln.

Das Landgericht Münster hat jetzt über meine Beschwerde entschieden. Und findet zu der Praxis klare Worte:

Gemäß § 34 StPO ist ein anfechtbarer Durchsuchungsbeschluss zu begründen. Dabei ist es grundsätzlich geboten, jedenfalls die wesentlichen tatsächlichen Umstände darzulegen, aus denen sich der Tatverdacht ergibt. Eine solche Darlegung ist im angefochtenen Beschluss jedoch nicht erfolgt.

Abzustellen ist bei der Prüfung nicht auf die Ausfertigung durch die Geschäftsstelle, sondern auf den vom zuständigen Richter unterschriebenen Beschluss. Im vorliegenden Fall enthält der richterlich unterzeichnete Beschluss die oben wiedergegebenen Anweisungen an die Geschäftsstelle, bestimmte Textpassagen aus der Akte in die Beschlussbegründung einzufügen.

Hierdurch hat der zuständige Richter einer nicht zur Entscheidung berufenen Person die Anweisung zur Ergänzung der fehlenden Angaben ohne richterliche Kontrolle und Verantwortungsübernahme erteilt. Die so erstelllten Ausfertigungen geben nicht das Beschlussoriginal wieder und sind von der Unterschrift des Richters nicht gedeckt.

Die Begründung des Beschlusses ist aus sich selbst heraus nicht verständlich. Eine solche Vorgehensweise entspricht nicht dem Gesetz.

Der zuständigen Amtsrichterin attestiert die Strafkammer, sie habe „mangelhaft“ gearbeitet.

Im Ergebnis sieht das Landgericht aber keinen Grund, den Beschluss aufzuheben. Das Landgericht sieht sich nämlich berechtigt, die fehlende Begründung der Durchsuchungsanordnung für das Amtsgericht nachzuholen. Was dann in der Beschwerdeentscheidung auch formal korrekt passiert. Etwas anderes wäre es laut dem Landgericht gewesen, wenn auch die Anordnung der Durchsuchung mit spitzen Klammern infiziert gewesen wäre. Das hätte man nach Auffassung des Gerichts nicht heilen können.

Nun ja. Es wird interessant sein, ob die betreffende Amtsrichterin künftig korrekte Beschlüsse erstellt. Oder ob sie im Interesse der Arbeitsersparnis ihrer Übung treu bleibt. Dann wäre allerdings die Frage, wie lange das Landgericht bereit ist, auf entsprechende Beschwerden hin jeweils die Arbeit der Richterin zu machen und die Begründung nachzuholen.

Knallhart recherchiert

Bei einer Geldstrafe dürfen Richter das Einkommen schätzen. Jedenfalls so lange sich der Angeklagte nicht dazu äußert.

In einem Fall ging es um die Frage, was der Ehemann meiner Mandantin verdient. Sein Einkommen wird, wie bei Eheleuten nun mal üblich, indirekt berücksichtigt. Meine Mandantin machte keine Angaben zum Verdienst ihres Mannes. Vielleicht konnte sie es auch nicht. Das schlug sich im Urteil so nieder:

Das Gericht geht insoweit jedoch davon aus, dass der Ehemann der Angeklagten, der als selbständiger Gynäkologe tätig ist, den Unterhalt für die gemeinsame Tochter trägt. Insoweit geht das Gericht davon aus, dass der Ehemann der Angeklagten einen jährlichen Reinertrag von mindestens 145.000 € erzielt (Quelle: Handelsblatt vom 15. August 2013*).

Der Angeklagten steht also zumindest ihr Nettoeinkommen in vollem Umfang zur Verfügung…

Das ist zumindest eine Argumentation, die nicht im luftleeren Raum schwebt. Wir haben das dann auch nicht weiter verfolgt, so viel kann ich verraten.

*Ich habe auf eine ähnliche, noch auffindbare Meldung verlinkt.

Andere Umstände

+++ Das Amtsgericht Berlin hat einen Polizisten wegen Falschaussage zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Beamte hatte mit seiner Aussage einen Kollegen in Schutz genommen, der einem Demo-Zaungast ohne Grund Pfefferspray ins Gesicht sprühte. Eine private Videoaufnahme belegte für das Gericht eindeutig, dass der Beamte für seinen Kollegen log. +++

+++ Tankstellen mit Gaststättenerlaubnis dürfen in Baden-Württemberg auch nachts Alkohol verkaufen. Die Lizenz umfasse auch den „Gassenschank“, entschied der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim. Das seit 2010 geltende Nachtverkaufsverbot schränke die Gaststättenerlaubnis nicht ein (Aktenzeichen 6 S 844/14). +++

+++ Ziemlich teuer kommt einer Gastfamilie aus Deutschland die Beschäftigung eines Au-pair-Mädchens aus Peru. Die junge Frau verschwieg ihren Gasteltern bei der Einreise, dass sie schwanger ist. Sie brachte dann in Deutschland ein Kind zur Welt.

Unter anderem für die damit verbundenen Kosten muss nun die Familie aufkommen, weil sie sich gegenüber dem Ausländeramt hierzu verpflichtet hatte. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf konnte und wollte den Gasteltern nicht helfen. Eine „Staatshaftung“ für andere Umstände gibt es nach Auffassung der Richter nicht. +++

+++ Das Kunstmuseum Bern hat den Nachlass des Kunstsammlers Nikolaus Gurlitt geerbt, so das Amtsgericht München. Gurlitt sei im Besitz seiner geistigen Kräfte gewesen, als er das Museum zum Alleinerben einsetze. Die Cousine Gurlitts, die als gesetzliche Erbin in Frage kommt, kann den Beschluss anfechten. +++

+++ Über die Seite fragdenstaat.de fordert jemand – vermutlich ein Schüler – Akteneinsicht vom Schulministerium NRW. Und zwar in die Prüfungsunterlagen zum anstehenden Abitur. Er begründet seinen Antrag formal korrekt mit dem Informationsfreiheitsgesetz. Zu viel Hoffnung sollte er sich allerdings nicht machen. Es gibt ja auch Ausschlusstatbestände, etwa ein vorrangiges öffentliches Interesse an der Geheimhaltung. +++

Schmalspurjuristin

3.000 Euro Geldstrafe soll ein Rechtsanwalt zahlen. Er hatte eine Amtsanwältin als „Schmalspurjuristin“ bezeichnet, die nicht in der Lage sei, auf der Klaviatur des Rechts zu klimpern.

Tatsächlich müssen Amtsanwälte im Gegensatz zu „richtigen“ Staatsanwälten in den meisten Bundesländern nicht für das Richteramt befähigt sein. Deshalb sind sie auch „nur“ für kleinere Delikte zuständig.

Das Amtsgericht Limburg sah in der Äußerung des Anwalts aber nicht nur eine Tatsachenbeschreibung. So wollte der Jurist seine Äußerung gern verstanden wissen. Es sei nach den Umständen deutlich, dass es der Anwalt sein Gegenüber diffamieren wollte. Das reicht für eine Strafbarkeit nach deutschem Recht.

Auslöser des Streits war ein Einstellungsbeschluss, mit dem die Amtsanwältin eine Strafanzeige des Anwalts in eigener Sache ad acta gelegt hatte.

Der Anwalt lehnte es ab, sich bei der Amtsanwältin zu entschuldigen. In diesem Fall wäre das Gericht bereit gewesen, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen.

Stattdessen hofft der Jurist auf mehr Glück in der nächsten Instanz.

Urteil pro Wohnungsbesitzer

Wer eine Wohnung besitzt, ist kraft Gesetzes Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Gelten für solche Gemeinschaften die Schutzregeln für Verbraucher, etwa beim Kleingedruckten in Verträgen?

Ja, sagt der Bundesgerichtshof. Wenn nur ein einziges WEG-Mitglied Verbraucher ist, ist die gesamte Gemeinschaft dem Schutz des Verbraucherrechts unterstellt. Die Richter begründen dies damit, dass WEGs Zwangsgemeinschaften sind. Dadurch dürfe der Schutz einzelner nicht velorengehen.

Die klagenden Gemeinschaften können damit zum Beispiel Preisanspassungsklauseln in Stromlieferverträgen kippen, die bei bei gewerblichen Kunden für rechtmäßig betrachtet wurden (Aktenzeichen VIII ZR 243/13, VIII ZR 360/13 und VIII ZR 109/14).

Der Weg zu einem milden Urteil

Manchmal muss man auch auf Zeit spielen. Oder besser: auf Zeit spielen lassen. Nahezu perfekt klappte das jetzt in einer Verkehrsstrafsache. Es ging um Fahrerflucht.

Der Vorwurf ging an sich in Ordnung. Immerhin gelang es in erster Instanz schon mal, den tatsächlich entstandenen Schaden in Frage zu stellen. Das war nicht sonderlich schwer. Der Geschädigte hatte einen Kostenvoranschlag über mehr als 2.000 Euro vorgelegt. Allerdings hatte der Kostenvoranschlag einen kleinen Mangel. Er datierte von April 2012; die Unfallfahrt war aber erst im Juni 2013. Fotos von der angeblichen Beule gab es nicht.

Der Amstsrichter hatte sichtlich keine große Lust, sich mit solchen Fragen rumzuschlagen. Und etwa die Zeugen intensiver zu befragen, ob hier vielleicht jemand trickst. Das gerichtliche Angebot lautete also: keine schmerzhafte Entziehung der Fahrerlaubnis, sondern nur ein dreimonatiges Fahrverbot. Okay, ein Etappensieg.

Kein unwichtiger allerdings, denn gegen so ein Urteil kann man ja in Berufung gehen. Dabei landet man am Landgericht, wo es etwas langsamer zugeht. Schon wegen der Arbeitsbelastung der Richter mit komplizierteren Fällen. Hinzu kamen hier diverse Krankheitsfälle und ein Richterwechsel. Der Verhandlungstermin ließ immer länger auf sich warten. Auch nichts Ungewöhnliches.

Nach eindreiviertel Jahren war es nun so weit. Das Gericht sah sich nach einer kurzen Diskussion außer Stande, ein Fahrverbot zu verhängen. Nach so langer Zeit könne das Fahrverbot seine „Denkzettel- und Warnfunktion“ nicht mehr erfüllen.

Ein wenig dankbar muss ich in diesem Zusammenhang dem Staatsanwalt sein. Er hielt meiner Mandantin in seinem Plädoyer ernsthaft vor, sie habe das lange Verfahren doch selbst verursacht – indem sie Rechtsmittel einlegte. Selbst schuld also, wenn man von den Möglichkeiten des Rechtsstaats Gebrauch macht. Ich glaube, ab diesen merk- und denkwürdigen Sätzen war das Fahrverbot endgültig vom Tisch. Mein Schlussvortrag war da echt nur noch Kolorit.

Panikwellen

+++ Eine Facebook-Abmahnung wegen eines geteilten Fotos sorgt derzeit für Wirbel. Dabei ist in diesem Fall nur eines wichtig: Lassen Sie sich von Panikwellen nicht ohne weitergehende Recherche verunsichern. Ein weiterer erhellender Beitrag zum Thema. Und noch einer. +++

+++ Bundesrichter Thomas Fischer beklagt in seiner Zeit-Kolumne eine erstaunliche Gleichgültigkeit vieler Politiker gegenüber den Auswirkungen ihres gesetzgeberischen Tuns. +++

+++ Rechtssicheres freies WLAN: Start-up will es für Privatleute möglich machen. +++

+++ Bei einem Ortstermin überzeugte sich eine Richterin vom Landgericht Bonn persönlich davon, ob man in einem Doppelbett aus Buche in Ruhe schlafen kann. Die Käufer hatten bemängelt, dass das Bett bei jeder Bewegung unzumutbare Geräusche macht. Das demonstrierte der Besitzer, indem er sich auf dem Bett hin und her drehte. Nach dieser Demonstration entschied die Richterin, das Möbelhaus muss den Kaufpreis von 5.000 Euro erstatten (Aktenzeichen 2 O 379/13). +++

Ein anderes Urteil in Sachen Aids

Die Deutsche-Aidshilfe berichtet von einem Urteil in Sachen Aids, das etwas von der bisherigen Linie in der Rechtsprechung abweicht. Das Landgericht Aachen verurteilte am Montag einen Mann lediglich wegen fahrlässiger Körperverletzung, weil er seiner langjährigen Partnerin seine HIV-Infektion verschwiegen hat und sie dann ansteckte.

Das Gericht berücksichtigte, dass der Mann seine Infektion aus Angst verschwieg und es aufgrund der Umstände nicht schaffte, für ausreichenden Schutz zu sorgen. Er fürchtete das Ende der Beziehung. Außerdem habe er stets gehofft, seine Partnerin nicht anzustecken. Ein Sachverständiger hatte das Risiko einer Ansteckung eher als gering eingeschätzt, weil sich im Blut des Mannes damals nur wenige HIV-Viren befanden.

Die Aids-Hilfe weist zu Recht darauf hin, dass Gerichte ansonsten sehr schnell „bedingten Vorsatz“ bejahen, wenn Menschen von ihrer Infektion wissen und trotzdem ungeschützten Geschlechtsverkehr haben. Das Urteil des Landgerichts Aachen sollte zu einem Umdenken beitragen, erklärt die Aids-Hilfe. Die Kriminalisierung Betroffener sei ohnehin kein erfolgversprechender Weg.

Presseinformation der Deutschen Aids-Hilfe

Tschechischer Führerschein

Die deutschen Behörden dürfen auch eine tschechische Fahrerlaubnis entziehen, wenn ein Autofahrer in Deutschland erneut auffällig wird. Ein Deutscher hatte nach mehreren Alkoholfahrten in Tschechien den Führerschein „neu“ gemacht.

Dann fiel er in Deutschland mit ca. 0,8 Promille auf und wurde von der deutschen Behörde zu einer MPU („Idiotentest“) verdonnert. Bei konkreten Verkehrsverstößen dürfen auch die deutschen Ämter die Fahreignung eigenständig überprüfen, entschied das Verwaltungsgericht Neustadt (Aktenzeichen 1 K 702/14.NW).

Für dumm abgespeichert

+++ „Lassen Sie sich nicht für dumm abspeichern“. Ein Kommentar zur Vorratsdatenspeicherung. +++

+++ Bei Geschwindigkeitsmessungen mit Laserpistolen müssen nicht mindestens zwei Polizeibeamte das Ergebnis ablesen. Das Oberlandesgericht Stuttgart sieht keine Notwendigkeit für ein Vier-Augen-Prinzip. Wenn nur ein Polizeibeamter das Messergebnis ablese, führe das nicht zu einem Verwertungsverbot. +++

+++ Auch Profi-Fußballer haben unter Umständen Anspruch auf eine Festanstellung. Das Arbeitsgericht Mainz äußert erhebliche Zweifel an Kettenverträgen im Bereich des Profisports. Geklagt hatte ein Profifußballer, dessen Vertrag mehrfach über die an sich zulässigen Fristen hinaus verlängert worden war (Aktenzeichen 3 Ca 1197/14). +++

+++ Islamische Beschneidungsfeiern in einer Gaststätte sind bei uns am Karfreitag untersagt. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden. Die Richter verweisen darauf, solche Feiern seien auch unterhaltsam, weil unter anderem getanzt werde. Der Karfreitag sei als christlicher Feiertag so schützenswert, dass die Religionsfreiheit von Muslimen zurückstehen müsse (Aktenzeichen 20 L 1916/14).

Ein wenig beachteter Revisionsgrund

Nicht jede Verhinderung ist eine Verhinderung. Das gilt auch für Schöffen, die aus beruflichen Gründen nicht an einer Gerichtsverhandlung teilnehmen wollen. Ein Gericht hatte einen ehrenamtlichen Richter aufgrund vager Angaben zu seiner Arbeitsbelastung von seinem Dienst freigestellt.

Der Bundesgerichtshof hält dies allerdings nur für zulässig, wenn die triftigen Gründe tatsächlich geprüft wurden. Ansonsten werde das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt. Im entschiedenen Fall führte das zur Aufhebung des Urteils.

Das dürfte ein weitgehend unterschätzter Revisionsgrund sein. Darauf muss ich auch mal stärker achten, wenn an sich zuständige Schöffen sich abgeseilt haben (Aktenzeichen 2 StR 76/14).

Glaube stellt nicht übers Recht

Wer unter Berufung auf die Religionsfreiheit eine Sachbeschädigung begeht, hat juristisch nicht unbedingt gute Karten. Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte jetzt die Strafe gegen eine 39-jährige Frau.

Die Doktorandin hatte sich in der Universitätsbibliothek Duisburg-Essen an einer Ausstellung von Collagen gestört, die sich mit dem Palästina-Konflikt beschäftigen. Eine dieser Collagen enthielt nach ihrer Meinung in arabischer Schrift die Worte „Nieder mit Allah“, wenn auch in leicht abgewandelter Form.

Die Frau griff zur Schere und schnitt die fragliche Stelle ab. So geht es nicht, meint das Oberlandesgericht Hamm. Die Religionsfreiheit rechtfertige strafbare Handlungen nicht.

Hier wird es allerdings interessant: Das Gericht lastet der Angeklagten an, sie sei nicht auf das Angebot einer Bibliothekarin eingegangen, den fraglichen Teil der Collage zu überkleben. Die 39-Jährige habe somit die Möglichkeit gehabt, ihr Ziel auch ohne Straftat zu erreichen. Jedenfalls in diesem Fall könne sie sich auf die Religionsfreiheit nicht berufen.

Ein anderes Thema ist allerdings, wieso die Bibliothek überhaupt so schnell bereit war, die Collage abzudecken.