Welt kickt BILDblog

Das war eine Überraschung. Welt Online empfiehlt ausgerechnet das BILDblog. Ein mehr als positives Signal, wie ich finde. Und eine konsequente Umsetzung der emsig propagierten neuen Linie, künftig auch die Meinung der anderen zu spiegeln – und die eigene Leistung hieran messen zu lassen.

Dass BILDblog nach einigen Tagen wieder rausfliegt, dürfte wahrscheinlich einem Anruf von oben zu verdanken sein. Dem Diktat muss man sich als Journalist wahrscheinlich beugen. Für ein erklärendes Wort sollte die Chuzpe aber doch auch heute noch reichen.

Vor drei Minuten

Bei der Flugbuchung habe ich mich vertan. In dem Klickkalender der Lufthansa habe ich wohl den 19. gewählt. Statt den 12. Sehr schön, aber eine Woche wollte ich wirklich nicht bleiben. Unter der Buchung steht dann natürlich was in der Richtung, Billigflüge seien auf keinen Fall und unter gar keinen Umständen umbuchbar oder erstattbar.

Der freundliche Herr am Telefon hört sich meine Geschichte an. „Das kommt jeden Tag etliche Male vor. Wann haben Sie den Flug gebucht?“ „Vor ungefähr drei Minuten.“ „Kein Problem, ich storniere ihn in diesem Augenblick. Kostenfrei, selbstverständlich. Schönen Tag noch und vielen Dank, dass Sie mit Lufthansa fliegen.“

So was, jetzt kann ich nicht mal meckern.

Wacky Florida Judge

Auf CNN haben die Experten gestern Abend die Gesichter verzogen und beteuert, Richter Larry Seidlin sei nicht typisch ist für das amerikanische Rechtssystem. Ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht genau das Gegenteil ausdrücken wollten

Die Urteilsverkündung zur Frage, wo Anna Nicole Smith begraben werden soll, war wirklich eine Freakshow.

Auf YouTube ist das sehenswerte Video über den Namen des Richters zu finden. Der Miami Herald beleuchtet den Hintergrund.

Polizist mit Augenmaß

Immer mehr Videoüberwachung? Berlins Polizeichef Dieter Glietsch äußert sich in Spiegel online:

SPIEGEL ONLINE: Wäre eine weitgehende Videoüberwachung wie in Großbritannien ein gangbarer Weg für Berlin, um deutlich zu machen: Ihr seid hier unter Beobachtung?

Glietsch: Ich glaube nicht – und ich denke auch sonst niemand, der in Deutschland Verantwortung für Sicherheit hat -, dass eine flächendeckende Überwachung der Königsweg ist, um langfristig wirksam Gewaltkriminalität zu bekämpfen. Es genügt nicht, nur auf die Angst vor der Entdeckung zu setzen. Es kommt vor allem darauf an, Einstellungen zu prägen beziehungsweise Entstehungsbedingungen zu ändern. Im Übrigen ist meines Erachtens bisher nicht belegt, dass in Großbritannien die Gewaltkriminalität insgesamt erfolgreicher bekämpft wird. Wenn es um die Überwachung überschaubarer Räume mit besonders hoher Kriminalitätsbelastung geht, können wir allerdings in Pilotprojekten beobachten, dass es gelingt, Straftäter zu verdrängen.

Das werden aber einige seiner Kollegen gar nicht gerne hören.

(Danke an Jens Nolden für den Link)

Ferienwohnung

Wer in seine eigene Ferienwohnung von zu Hause ein Radio mitbringt, muss extra Rundfunkgebühren zahlen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hob laut beck-aktuell ein Urteil der Vorinstanz auf. Begründung:

Auf die Ausnahmevorschrift, wonach tragbare Geräte von der Gebührenpflicht befreit seien, die eine Person «vorübergehend außerhalb ihrer Wohnung» zum Empfang bereit halte, könne sich die Klägerin ebenfalls nicht berufen. Die mobilen Geräte befänden sich nämlich, wenn sie in die (Ferien-)Wohnung eingebracht würden, nicht mehr «außerhalb», sondern wiederum in einer Wohnung.

Also ist eine Ferienwohnung eine vollwertige Wohnung? Dann könnte man sie ja auch Zweitwohnsitz nennen.

Generalverdacht und Verhältnismäßigkeit

Fortsetzung in Sachen „Mikado“. Meine Erwiderung auf die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft ist gerade ans Amtsgericht Halle gegangen.

Zum Text.

Weitere Beiträge zum Thema:

Mikado-Fahndung traf auch Unschuldige

AG Halle-Saalkreis 395 Gs 34/07

Falscher Kinderporno-Verdacht gegen Kreditkartenbesitzer

“ Volksstimme“: Interview zu Mikado

20 Anträge gegen „Mikado“

Mikado: Weiterer Antrag, neue Argumente

Kartenscreening für Datenschützer kein Problem

Citibank garantiert: Mikado war rechtmäßig

Mikado: Gefahr strafrechtlicher Verfolgung;

Telepolis: Fragen zu Mikado

Mikado: Strafanzeige gegen Verantwortliche und SAT 1

Weiterer Antrag gegen Mikado

Kinderpornografie: ein Blick ins Gesetz

Mikado: Stäbchen für Stäbchen

Vorfeldermittlungen

Mikado

FTPWelt: Bewährung für alle Angeklagten

Schon nach zwei Verhandlungstagen ist der Prozess um die FTPWelt zu Ende gegangen. Die verbliebenen Angeklagten bekamen Bewährungsstrafen. Außerdem wurden sie zu Geldstrafen verurteilt, berichtet heise online.

Der angeklagte Rechtsanwalt Bernhard S. wurde wegen Beihilfe zu den Urheberrechtsverletzungen verurteilt. Er erhielt eine Bewährungsstrafe von 10 Monaten Gefängnis und muss 90.000 € Geldstrafe zahlen.

Die Zulassung als Anwalt dürfte damit nicht in Gefahr sein. An Rechtsanwälte wird in der Regel kein strengerer Maßstab angelegt als an Beamte. Diese verlieren erst ab einer Freiheitsstrafe von einem Jahr den Job. Bei Anwälten kann die Strafe auch darüber liegen. Kritisch für diese Berufsgruppe ist eher, ob das Delikt das Vertrauen der Mandanten untergräbt, zum Beispiel Veruntreuung von Kundengeldern.

Der Drang die Welt zu retten

Wird es zum Meinungsverbrechen, nicht an die Klimakatastrophe zu glauben? Und es zu sagen? Christian Schütte weist in der Financial Times Deutschland darauf hin, dass einflussreiche Publizisten in den USA keinen Unterschied mehr sehen zwischen Skepsis gegenüber der Erderwärmung und der Leugnung des Holocaust:

Wo die Kluft zwischen komplizierter Evidenz der Forschung und den drastischen Schlussfolgerungen für das Alltagsleben so groß ist, da ist die einfachste Lösung der große psychologische Sprung: fester Glaube und offensive Missionsarbeit; Ausgrenzung und Diskreditierung aller Zweifler und Andersgläubigen; Volksaufklärung aus allen Rohren und auf allen Kanälen.

Wissenschaft ist weiter gern gesehen – aber nur, wenn sie hergibt, was der Betrunkene von der Laterne erwartet: Stütze statt Erleuchtung.

Stimmen der Vernunft. Höre ich immer wieder gern.

Nein, die Terroristen müssen nicht

„Zumindest müssen die Täter alles Menschenmögliche zur Aufklärung ihrer damaligen Gräueltaten beitragen – was bis heute immer noch nicht geschehen ist.“

Sagt Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble über die RAF-Mitglieder, deren Entlassung auf Bewährung in Frage kommt.

Müssen?

Sind all die Assessoren aus der Rechtsabteilung des Innenministeriums noch im Karnevalskoma? Hat Herr Schäuble nicht mal selbst auf dem Gebiet der Rechtswissenschaften promoviert? Oder warum erzählt der Innenminister etwas, was mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren ist?

Bei lebenslanger Freiheitsstrafe sieht das Strafgesetzbuch eine Haftentlassung zur Bewährung vor. Diese kann erstmals nach 15 Jahren erfolgen. Oder nach der vom Gericht verhängten Mindestverbüßungszeit (besondere Schwere der Schuld). Das Gericht muss die Bewährung bewilligen, „wenn dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann“.

Nach dem unmissverständlichen Gesetz und der bisher übereinstimmenden Auffassung minus der unseres Innenministers ist also nur die Frage zu beantworten, ob die Gefahr besteht, dass der Verurteilte nach seiner Entlassung erneut Straftaten begeht. Zur Vorbereitung seiner Entscheidung holt das Gericht mindestens ein psychologisches Gutachten ein und lässt sich von der Justizvollzugsanstalt berichten.

Kommt das Gericht zum Ergebnis, dass der Verurteilte nicht mehr gefährlich ist, wird er auf Bewährung entlassen. Ob der Verurteilte Reue zeigt, spielt keine Rolle. Und schon gar nicht ist er verpflichtet, an der weiteren Aufklärung von Taten mitzuwirken. Es sei denn, er wird in anderen Strafverfahren als Zeuge vernommen und hat kein Auskunftsverweigerungsrecht.

Seltsamerweise war es mehr als 30 Jahre lang Credo, die Terroristen seien normale Kriminelle. Sie verdienten deshalb keine Sonderbehandlung und müssten mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden. Nun dreht sich plötzlich der Wind. Aus den gewöhnlichen Mördern werden Superkriminelle, von denen mehr verlangt werden kann als von weniger ideologisch geleiteten Tätern. Reue nämlich. Und nachträgliche Aufklärung.

Gerade die Forderung nach späten Geständnissen ist perfide. Es gehört zu den elementaren Rechten, dass sich niemand selbst belasten muss. So steht zum Beispiel klar und deutlich in der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Muss man nicht kennen. Wäre aber besser, zumindest in gewissen Positionen.

„Wenn Sie nicht unterschreiben…“

Ein Polizeibeamter hatte einen Tatverdacht. Oder sagen wir: so ein Bauchgefühl. Mein Mandant wird es schon gewesen sein. Gefahr im Verzuge war offensichtlich nicht gegeben. Deswegen rief der Polizeibeamte einen Staatsanwalt an und regte an, beim Ermittlungsrichter einen Durchsuchungsbeschluss zu besorgen.

Der Staatsanwalt hörte sich die Geschichte an und bezweifelte, dass der Richter den Beschluss erlässt. Stattdessen hatte er eine blendende Idee. Die Beamten sollten doch einfach den Beschuldigten aufsuchen und schauen, ob er mit einer Durchsuchung „einverstanden“ ist.

Das geschah dann. Die Beamten haben es tatsächlich hinbekommen, dass mein Mandant ein entsprechendes Formular unterschreibt. (Und die Einwilligung zur DNA-Probe gleich mit.) Sie durchsuchten die Wohnung. Erfolglos, übrigens.

Das ist, wenn auch in Variationen, kein Einzelfall. Die vom Beschuldigten „genehmigte“ Durchsuchung wird langsam zum Regelfall. Sie ist die Reaktion der Ermittlungsbehörden auf Urteile des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts. Diese Gerichte haben in den letzten Jahren mehrfach klargestellt, dass „Gefahr im Verzuge“ keine Floskel ist, sondern tatsächlich gegeben sein muss. Die tatsächlichen Umstände müssen außerdem vor der Durchsuchung schriftlich in der Akte festgehalten werden. Das heißt, die Maßnahme kann nicht einfach nachträglich durch gefundene Beweismittel gerechtfertigt werden.

Statt jedoch die Konsequenzen aus den Vorgaben zu ziehen, wird ein Schlupfloch genutzt. Seht her, der Beschuldigte war doch einverstanden! Wer schon mal morgens um 6.30 Uhr von einem Polizeitrupp aus dem Bett geworfen worden ist, kann sich gut vorstellen, wie so ein Einverständnis zustande kommt:

– „Wenn Sie nicht zustimmen, besorgen wir uns einen Beschluss.“

– „Auf Ihre Unterschrift kommt es gar nicht an, dann durchsuchen wir halt wegen Gefahr im Verzuge.“

– „Wenn ich jetzt den Staatsanwalt aufwecke, ist der bestimmt nicht gut auf Sie zu sprechen.“

– „Wenn Sie nichts zu verbergen haben, können Sie ja auch unterschreiben. Sonst ziehen wir daraus unsere Schlüsse.“

– „Wenn Sie nicht zustimmen, kommen Sie in Untersuchungshaft, bis der Richter einen Beschluss erlassen hat. Das kann dauern…“

In einem anderen Fall beteuert mein Mandant, dass er das Formular erst nach der Durchsuchung vorgelegt bekam. Ein anderer Mandant hatte darauf bestanden, dass er mich vorher anrufen darf. Das wurde ihm verweigert. Wegen Verdunkelungsgefahr. (Diese Aussage hat mir der zuständige Beamte bestätigt.)

Das Ganze ist eine fragwürdige Masche, um den ungeliebten Richtervorbehalt zu umgehen. Wer allerdings unterschrieben hat, muss damit rechnen, dass das Durchsuchungsergebnis auch in vollem Umfang verwertet wird. Das schriftliche Einverständnis kriegt man nur selten kaputt. Denn, welche Überraschung, selbstverständlich sind die zitierten Sätze nie gefallen. Selbstveständlich hat man den Beschuldigten eingehend informiert, dass er nicht zustimmen muss. Er hat dennoch, häufig geradezu begeistert über die Gelegenheit seine Unschuld zu beweisen, die Polizisten hereingebeten.

Ich schließe dann immer die Frage an, ob die vier, fünf Mann einfach wieder abgezogen wären, wenn sie keine Unterschrift kriegen. Ein Beamter hat mir neulich ins Gesicht gelacht und gesagt: „Selbstverständlich.“ Ich habe ihm jedes Wort geglaubt. Genau wie die nebulösen Erklärung, warum man denn drei Monate (Urlaub eingeschlossen) ermittelt, dann aber die Zeit fehlt, einen Durchsuchungsbeschluss zu beantragen.

Wenn man seine gesetzlichen Rechte nicht verspielen will, bleibt derzeit nur eins: die Unterschrift verweigern. Deutlich widersprechen. Und nicht irgendwie an der Durchsuchung mitwirken. Wäre nämlich nicht das erste Mal, dass aus dem Öffnen der Schränke eine „schlüssige Zustimmung“ zur Durchsuchung wird.

Telekom verkürzt Speicherfrist für IP-Adressen

Internetprovider verkürzen die Speicherfristen für IP-Adressen. Allen voran die Telekom. Dort würden die Daten nur noch sieben Tage gespeichert, berichtet heise online. Bisher sollen es 80 Tage gewesen sein.

heise online zitiert einen überraschten Staatsanwalt aus Osnabrück. Der vermutet, die Provider seien in erster Linie von den unzähligen Anfragen genervt, die aus Strafanzeigen der Musik-, Film- und Spieleindustrie resultieren.

Oh, damit dürfte sich die eine oder andere Klage erledigt haben.