Alles unverbindlich

Viele Gerichte informieren auf ihrem Briefbogen darüber, wie sie per Bus oder Bahn zu erreichen sind. Auch das Landgericht Berlin zählt die Optionen auf:

U-Bhf Mierendorffplatz (U7), U-Bhf Jungfernheide (U7), S-Bhf Jungfernheide (Ringbahn), Bus X9, X21, 109,126.

Das ist natürlich vorbildlich, aber ein Zusatz im Briefkopf macht mich immer nachdenklich. Unter den „Fahrverbindungen“ steht:

(Diese Angaben sind unverbindlich.)

Hat die Justizverwaltung Sorge, sie könnte verklagt werden? Und wegen was? Dass die Bahnen mal gar nicht fahren etwa. Oder die Verkehrsbetriebe urplötzlich so die Streckenführung ändern, so dass ein Prozessteilnehmer zu spät im Gerichtssaal erscheint.

Am Ende stellt vielleicht auch jemand fest, dass er mit einem nicht erwähnten Bus von zu Hause aus eine kürzere Fahrzeit gehabt hätte – und er klagt seinen Verdienstausfall ein, weil er sich auf die Infos verlassen hat.

Oder fürchtet das Landgericht, es könne mit den Verkehrsbetrieben verwechselt werden? Dann wäre es aber auch konsequent, bei der eigenen Rufnummer darauf hinzuweisen, dass man das Telefonnetz vor dem Übergabepunkt nicht selbst betreibt.

Bleibt überdies die Frage, ob man durch eine Erklärung, Angaben seien unverbindlich, diese auch wirklich unverbindlich machen kann. Also im vorliegend eher unwahrscheinlichen Fall, dass sie doch verbindlich sind. Am Landgericht Berlin arbeiten ja genug Zivilrechtler, die Tag für Tag Kleingedrucktes zerpflücken. Vielleicht sollten sie mal ein Auge darauf werfen.

Letztlich ist das alles ähnlich wie mit dem altbekannten Disclaimer auf Internetseiten, der sich auf ein Urteil des Landgerichts Hamburg bezog. Der sachlich grottenfalsche Text fand sich etliche Jahre auf diversen Justizseiten. Heute scheint er doch auszusterben. Aber das kann ich nicht verbindlich sagen.

Inside Job am Amtsgericht

Im Amtsgericht Herford gehen merkwürdige Dinge vor. Alle Personalakten sollen entwendet worden sein. Außerdem hat wohl jemand den Gerichtspräsidenten in die elektronische Schuldnerkartei eingetragen.

Die Polizei kann noch keinen Täter präsentieren, ermittelt aufgrund der Umstände aber logischerweise gezielt im Umfeld der Mitarbeiter. Mittlerweile, so das Westfalen-Blatt, sei auch klar, dass ein Mitarbeiter-Schlüssel zum Einsatz kam. Aufbruchsspuren gibt es nämlich nicht, und auch das Schuldnerregister lässt sich nur mit Fachkenntnissen bedienen.

Ein großes Problem könnte sein, dass die Personalakten der 80 bis 90 Bediensteten angeblich nur in Papierform vorliegen. Die Personalakten der Richter sind laut der Zeitung nicht betroffen. Sie werden im Landgericht Bielefeld aufbewahrt.

Plötzlich frei

Heute ist einer meiner Mandanten aus der Untersuchungshaft entlassen worden. 22 Monate hat er im Gefängnis geschmort, ohne dass ein Urteil gegen ihn ergangen ist. Mit so einer Haftdauer wird die gesetzliche Unschuldsvermutung offenkundig extrem strapaziert.

Verhandelt wird in der Sache schon seit Herbst 2012, an bis zu drei Tagen in der Woche. Ein Ende des Prozesses ist nicht absehbar. Bislang stehen schon die Gerichtstermine für das komplette Jahr 2014 fest. Ob das reicht, ist mehr als fraglich. Die Weichen sind eher auf ein Urteil im Jahr 2015 gestellt, wenn es so zäh wie bislang weitergeht.

Natürlich freue ich mich, dass mein Mandant endlich raus darf. Die ultraknappe Begründung des Gerichts, mit der die Haftbefehle aufgehoben werden, ist dennoch interessant. Die Untersuchungshaft ist nach Auffassung der Strafkammer „jetzt“ unverhältnismäßig geworden.

Auch wenn das Gericht nach eigenem Bekunden noch immer dringenden Tatverdacht hegt, sei die Straferwartung wegen der angeklagten Taten bei einer Verurteilung nicht so hoch, dass dies die Fortsetzung der Untersuchungshaft rechtfertigen könne.

Absolut richtig! Die Frage ist nur, wieso mein Mandant und sechs weitere Angeklagte trotz Unschuldsvermutung erst 22 Monate sitzen mussten, bis man das bemerkt.

Schon am ersten Prozesstag war klar, das Verfahren wird laaaaange dauern. Kein Wunder, wenn man 26 Leute gleichzeitig auf die Anklagebank setzt (und 52 Anwälte daneben). Und das bei einer vielhundertseitigen Anklage. Diese verliert sich bis in Bagatellvorwürfe – die nun aber alle in zermürbender Kleinarbeit aufgearbeitet werden müssen.

Bekannt war seit Mitte 2013 auch, dass es Termine bis Ende des Jahres 2014 gibt, ja dass die Verhandlung eher darüber hinaus dauern wird. Was, so fragt man sich, hat sich denn nun so plötzlich im Januar 2014 an dieser grundlegenden Perspektive geändert? Außer vielleicht, dass ein Schöffenrichter wegen einer Operation bis zum Monatsende ausfällt und sich die Sache deshalb noch weiter zieht?

Ich rede von jener anfänglichen Perspektive, dass keinem der Angeklagten während einer rechtsstaatlich noch vertretbaren Haftdauer der Prozess gemacht werden kann. Jedenfalls nicht ohne das greifbare Risiko, dass am Ende trotz Verurteilung nur Freiheitsstrafen rauskommen, die deutlich kürzer sind als die verbüßte Untersuchungshaft.

Das alles konnte man schon vor sechs, acht oder sogar zwölf Monaten absehen. Einige der Betroffenen, die von einem Tag auf dem anderen aus ihrem Leben gerissen wurden, stehen durch die unnötig verlängerte Untersuchungshaft nun vor dem Trümmerhaufen ihrer privaten Existenz. Dafür gibt es keine Entschädigung. Egal, wie das Urteil am Ende ausfällt.

Regierung: Streams gucken ist legal

Das Betrachten eines Videostreams ist keine Urheberrechtsverletzung, meint die Bundesregierung. Das soll in einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag stehen, aus der Spiegel online zitiert.

Das Bundesjustizministerium teile die Auffassung, wonach das Anschauen eines Streams noch keine „Vervielfältigung“ ist. So eine Vervielfältigung fordert aber das Urheberrechtsgesetz, um überhaupt einen Verstoß bejahen zu können. Außerdem verweise das Ministerium auf die rechtlichen Regelungen, wonach auch das vorübergehende Zwischenspeichern von Inhalten unbedenklich ist, wenn es für die Wiedergabe des Streams erforderlich ist.

Wenn man dieser Auffassung folgt, die eigentlich auch sehr trittfest auf dem Boden des Gesetzes steht, scheitern die vieldiskutierten „Redtube“-Abmahnungen schon an der ersten Hürde. Daneben gibt es jedoch noch andere Stolperschwellen.

Etwa den Umstand, dass auch eine daurhaft aus dem Netz gezogene Kopie nur dann unrechtmäßig ist, wenn sie aus einer offensichtlich rechtswidrigen Quelle stammt. Das ist bei etablierten Downloadportalen nicht der Fall. Da macht es auch keinen Unterschied, ob Erotik ausgeliefert wird. Oder jugendfreier Content, wie etwa bei Youtube.

Die Massenabmahner geraten damit weiter in Turbulenzen. Das Landgericht Köln hat ja schon angekündigt, dass es seine Beschlüsse zur Herausgabe von Kundendaten revidieren wird. Außerdem ermitteln inzwischen mehrere Staatsanwaltschaften.

Gedehnte Vertriebskette

In mehreren Berliner Aldifilialen sollen Bananenkisten aufgetaucht sein, die nicht nur Obst enthielten. Nach Presseberichten waren in den Obstkisten auch große Mengen Kokain, das ordentlich in Päckchen verpackt gewesen sein soll. Die Rede ist von bis zu 160 Kilogramm Kokain.

Die Menge mag spektakulär sein, aber ungewöhnlich ist der Vertriebsweg via Obstkiste keinesfalls. Allerdings sollte die gemeinsame Reise von Drogen und Bananen mit Sicherheit früher enden. Ich habe schon einige Verfahren miterlebt, in denen es um dermaßen aufgewertete Obsttransporte ging. Bananen bieten sich auch deswegen an, weil die Früchte nicht nur aus den passenden Regionen stammen. Sie kommen auch in ungeheuren Mengen, entsprechend unübersichtlich sind die Lieferungen.

Vor einiger Zeit vertrat ich mal den Mitarbeiter einer Bananenreiferei. Das sind riesige Lager, in denen Bananen punktgenau für die Bedürfnisse der Discounter gereift werden. Auch dem Mitarbeiter dort soll so eine Kiste untergekommen sein, die viel Stoff und nur eine Lage Bananen enthielt. Angeblich soll er sie dann gleich am Arbeitsplatz unterschlagen haben.

Es waren aber nur missgünstige Kollegen am Werk, denen der plötzliche „Reichtum“ meines Mandanten missfiel. Tatsächlich resultierten die deutlich verbesserten Vermögensverhältnisse aus einer prachtvollen Glückssträhne, die der leidenschaftliche Sportwetter kurz vorher hatte. Der Besitzer seines angestammten Wettbüros konnte die Gewinne so glaubhaft bestätigen, dass das Verfahren schnell eingestellt wurde.

Nur nichts zugeben

Wir haben Entschädigungen wegen Flugverspätung geltend gemacht. Das antwortet die Fluggesellschaft:

Wegen der Verspätung berufen Sie sich auf die am 17.02.2005 in Kraft getretene EU-Verordnung 261/2004. Diese Verordnung ist eine gemeinsame Vereinbarung der EU-Länder, die die Ansprüche der Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung, Annullierung und Flugverspätung regelt.

Eine Überarbeitung und Anpassung der EU-Verordnung ist bisher noch nicht erfolgt.

Damit will die Firma wohl sagen, dass die Richtlinie für den Fall der Flugverspätung nicht 100 % eindeutig ist. Deshalb gab es ja auch jahrelang erbitterten Streit, ob auch bei einer bloßen Verspätung eine Entschädigung zu zahlen ist.

Was die Fluggesellschaft allerdings nicht erwähnt: Der Europäische Gerichtshof hat längst unmissverständlich klargestellt, dass die Entschädigung auch für eine einfache Verspätung fällig ist, wenn diese einen gewissen zeitlichen Rahmen sprengt.

Statt das klar einzugestehen, erzählt die Airline wortreich was davon, sie sei „dennoch“ bereit, für die Unannehmlichkeiten einen „Ausgleich“ von 2 x 250,00 Euro zu zahlen. Das entspricht zwar völlig überraschend exakt dem Betrag, den auch die EU-Verordnung für diesen Fall vorsieht. Aber es klingt trotzdem so, als werde großmütig eine Wohltat gewährt.

Also, mir würde als Kunde ein schlichtes „Sorry“ besser in den Ohren klingen.

Notfalls mit Nanny

Auch wenn sich ein Kind während der Fahrt unbemerkt abschnallt, muss der Fahrzeuglenker haften. Er kann sich nicht darauf berufen, er habe nichts gemerkt. Deshalb ist ein Autofahrer auch zu Recht mit einem Bußgeld von 40 Euro belegt worden, befand nun das Oberlandesgericht Hamm.

Bei einer Verkehrskontrolle war aufgefallen, dass die vierjährige Tochter des Mannes nicht angeschnallt war. Das Mädchen saß in einem Kindersitz auf der Rückbank. Der Vater berief sich darauf, seine Tochter habe sich noch nie selbst abgeschnallt. Es sei zu viel von ihm verlangt, das Kind ständig im Auge zu haben.

Die Richter meinen dagegen, ein Kind müsse schon einigen Aufwand betreiben, um den Gurt zu lösen. Das dürfe einem Autofahrer nicht entgehen. Geschehe dies dennoch, liege Fahrlässigkeit vor. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts muss ein Autofahrer notfalls sogar seine Route so anpassen, dass er das Kind stets im Auge behalten kann. Könne er das nicht gewährleisten, müsse er für eine weitere Begleitperson sorgen (Aktenzeichen 5 RBs 153/13).

Abschaum

Ein aktiver Polizeibeamter und Funktionär der Deutschen Polizeigewerkschaft hat die Teilnehmer der Hamburger Demonstrationen vom Wochenende auf Twitter als „gewalttätigen Abschaum“ bezeichnet. Seinen Dienst muss der Mann bislang zwar nicht quittieren. Aber immerhin hat ihm der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft das Zugeständnis abgerungen, über die Feiertage nicht zu twittern.

Der Betreffende ist stellvertretender Vorsitzender im Landesvorstand Hessen der Deutschen Polizeigewerkschaft. So großmäulig er auf Twitter tönte, so wenig ist in der Tat plötzlich noch von ihm zu hören. Laut Spiegel online ist sogar sein Account mittlerweile deaktiviert. Der Gewerkschaftsvorsitzende Rainer Wendt erklärte, der Kollege sei über die Netzreaktionen auf die Demo empört gewesen, vor allem über den Ton gegenüber der Polizei. Deshalb habe sich der Mann im Zustand äußerster Erregung zu seiner Äußerung hinreißen lassen.

Selbst Wendt, der ja starken Worten ebenfalls nicht abgeneigt ist, gingen die Äußerungen zu weit. Die Vokabel Abschaum gehöre nicht zum Sprachgebrauch der Deutschen Polizeigewerkschaft.

Dass in Hamburg ohnehin nicht alles schwarz und weiß war, zeigt beispielsweise dieser Bericht auf n-tv.

LG Hamburg untersagt Abmahnungen

Mehrfach hat der Betreiber der amerikanischen Pornoseite Redtube angekündigt, sich gegen die Massenabmahnung seiner Nutzer zu wehren. Nun folgen Taten. Das Landgericht Hamburg hat eine einstweilige Verfügung gegen die Firma The Archive AG erlassen und dieser untersagt, weitere Redtube-Nutzer wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen abzumahnen.

Über den juristischen (Zwischen-)Erfolg berichtet die Frankfurter Rundschau unter Berufung auf eine Pressemitteilung von Redtube. Sollte dies zutreffen, erfahren die hochfliegenden Abmahnpläne der The Archive AG und ihres Anwalts Thomas Urmann einen weiteren Dämpfer. Zwar gilt eine einstweilige Verfügung nur zwischen den Beteiligten. Aber andererseits ist davon auszugehen, dass das Landgericht Hamburg sich vor der Entscheidung schon seine Gedanken gemacht hat. Es wäre also damit zu rechnen, dass in vergleichbaren Fällen, wenn Nutzer anderer Streamingportale abgemahnt werden, ähnliche Entscheidungen ergehen.

Die Lage entwickelt sich hier nun ähnlich wie bei der Frage, ob die Abmahner tatsächlich die Nutzerdaten hinter den angeblich geloggten IP-Adressen herausverlangen konnten. Diverse Kammern des Landgerichts Köln hatten entsprechenden Anträgen zwar stattgegeben. Mittlerweile signalisiert das Gericht aber, möglicherweise einen Fehler gemacht zu haben. Jedenfalls wurde gestern offiziell eingeräumt, dass man die eigenen Beschlüsse kritisch sieht.

Überdies sind gegen die Abmahner etliche Strafanzeigen erstattet worden, unter anderem auch von Verbraucherschützern. Es wird sich zeigen, ob die Abmahner und ihre juristischen Helfer bei so viel Gegenwind noch mal einen Fuß auf die Erde bringen.

Für Internetnutzer ist die Hamburger Entscheidung ein weiteres Signal, dass das Betrachten eines Videostreams kaum durchsetzbare Abmahnungen nach sich ziehen kann, weil es der geltenden Rechtslage nicht widerspricht. Betroffen sind nicht nur die Betrachter erotischer Filme. Auch Mainstream-Seiten, allen voran Youtube, könnten ansonsten zu Abmahnfallen werden.

Redtube: Richter zücken die rote Karte

„Aber die Gerichte haben uns die IP-Adressen der Nutzer doch gegeben.“ So lautete bislang ein Hauptargument der Protagonisten in Sachen Redtube, mit dem die Richtigkeit der Massenabmahnungen gerechtfertigt wurde. Nun kommen ganz andere Signale aus dem Landgericht Köln, das die Anträge zunächst zumindest teilweise durchgewunken hat.

In einer offiziellen Stellungnahme des Gerichts heißt es laut meedia.de nun, die verantwortlichen Richter hätten signalisiert, dass sie ihre eigenen Beschlüsse für fragwürdig halten.

Ob das Ansehen eines Videostreams Urheberrechte verletzen könne, sei juristisch umstritten. Deshalb, so das Eingeständnis, habe man nicht von einer offensichtlichen Rechtsverletzung ausgehen können. Genau diese Offensichtlichkeit verlangt das Urheberrechtsgesetz aber, damit Rechteinhaber einen Beschluss auf Herausgabe der Nutzerdaten bekommen.

Anfang des Jahres soll nun auch über die zahlreichen Beschwerden entschieden werden, mit denen sich Betroffene gegen die Weitergabe ihrer Daten wehren. Es ist an sich höchst ungewöhnlich, dass Richter per Presseerklärung juristische Bewertungen abgeben, bevor sie eine entsprechende Entscheidung getroffen haben.

Das zeigt, wie groß der Druck am Landgericht Köln derzeit wohl empfunden wird. Die Massenabmahner können wohl kaum darauf hoffen, dass in den Gerichtsentscheidungen nicht doch wieder was anderes steht. Damit würde sich das Landgericht Köln ja völlig der Lächerlichkeit preisgeben. Das bemerkenswerte öffentliche Signal dürfte es dem Regensburger Anwalt Thomas Urmann und seiner Mandantin The Archive AG überdies schwer machen, bei anderen Gerichten noch die angedrohten Auskunftsbeschlüsse für andere Provider zu erwirken.

Mittlerweile ermittelt ja auch die Staatsanwaltschaft Köln, ob in den eidesstattlichen Versicherungen der Antragsteller falsche Angaben gemacht wurden, insbesondere zum technischen Ablauf der angeblichen Streamüberwachung. Auch andernorts sind bereits diverse Strafanzeigen erstattet worden. Darin geht es auch um den Verdacht, dass die Abmahner über eine Tippfehler-Domain Anfagen abgefischt und diese gezielt auf ihre angeblich urheberrechtlich geschützten Inhalte bei Redtube gelenkt haben.

Ich habe ja schon mehrfach gesagt, dass so ein Vorgehen nach dem bisherigen Kenntnisstand als schwerer gewerbsmäßiger Betrug gewertet werden könnte. Spätestens nach der Nachricht aus Köln sollten die Verantwortlichen vielleicht mal überlegen, ob sie nicht besser die Waffen strecken und ihre Abmahnungen zurücknehmen.

Aber selbst wenn Urmann und seine Mandanten die Kehrtwende nicht schaffen, dürfte spätestens mit dem heutigen Tag eine Gefahr gebannt sein. Dass nämlich andere Rechteinhaber auf den Gedanken verfallen, mit ähnlichen Anträgen schnell das große Geld machen zu können.

Nachtrag: Pressemitteilung des Landgerichts Köln

Gericht: Massenabmahnung ist missbräuchlich

Das Oberlandesgericht Nürnberg weist eine Firma in die Schranken, die mit Massenabmahnungen schnelle Kasse machen wollte. Insgesamt hatte das Unternehmen 199 Firmen wegen Fehlern im Impressum abgemahnt. Ein klarer Rechtsmissbrauch, urteilten die Richter jetzt.

Von jedem Abgemahnten verlangte das Unternehmen 265,70 Euro. Dabei stand die Gesamtforderung von knapp 50.000 Euro in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den Geschäftsumsätzen der Firma.

Ohnehin erst vor kurzem gegründet, hatte die Firma lediglich Nettoerlöse von 41.000 Euro erzielt. Alleine das Prozesskostenrisiko der Abmahnungen betrug rund 250.000 Euro, rechnen die Richter vor. Schon dieses Missverhältnis spreche dafür, dass es tatsächlich gar nicht um die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gegangen ist, sondern nur ums Geld.

Überdies, so die Richter, handele es sich bei Fehlern im Impressum um Bagatellverstöße. Es sei nicht einmal ansatzweise ersichtlich, wie hierdurch das Geschäft der Firma beeinträchtigt gewesen sein könnte.

Für das Unternehmen könnte sich die Abmahnidee zum finanziellen Albtraum entwickeln. Geklagt und gewonnen hat in diesem Prozess zwar nur ein Abgemahnter. Andere haben jetzt aber auch gute Chancen, gezahltes Geld zurückzufordern (Link zum Urteil).