ÄRGERLICH

ÄRGERLICH

Da gewinnt man einen langen Rechtsstreit. Für einen Mandanten, der das Geld dringend braucht. Genau am Tag nach der Urteilsverkündung meldet die Beklagte Insolvenz an.

Dass die Forderung damit wertlos sein dürfte, ist nicht unbedingt eine Nachricht, die man gerne überbringt…

SCHNELLE REAKTION

Gestern abend habe ich für mein Patenkind ein Prepaid-Handy gekauft. Im Vodafone-Shop hat die Dame nur noch nach meinem Namen gefragt. Sie hätte garantiert auch Stefan Raab akzeptiert. Adresse oder Personalausweis hat sie überhaupt nicht mehr verlangt.

Die Ermittlungsbehörden werden toben.

Update:Prepaid-Handy-Urteil empört deutsche Kriminalbeamte (heise).

GENAUSO GUT

Die Rechtsschutzversicherungen wollen ihre Kunden außergerichtlich selbst beraten, berichtet die Wirtschaftswoche. Begründung: 80 % ihrer Schadensbearbeiter seien Volljuristen und damit genauso qualifiziert wie Anwälte.

Tja, was kann man dagegen sagen? Ach was, unseren Anwaltsverbänden fällt schon was ein…

(via HandakteWebLAWg)

SONDERPREIS

Ein Mandant will seine Frau aus Indien nachziehen lassen. Da die deutsche Botschaft den Antrag nach seiner Meinung nicht schnell genug bearbeitet, habe ich ihm vorgeschlagen, mal per mail nachzufragen. Wenn sich ein Anwalt meldet, beschleunigt sich ja so manches Behördenverfahren.

Da der Gute nicht viel Geld hat, habe ich ihm gesagt, dass die mail 20 Euro pauschal kostet. Aber nur, wenn die Sache damit erledigt ist.

War sie natürlich nicht. Inzwischen gibt es Probleme mit dem Pass, mit der Echtheit der Heiratsurkunde, einer möglicherweise fehlenden Scheidung meines Mandanten, die Frau ist mittlerweile schwanger und das Ausländeramt zickt auch.

Und überdies ist mein Mandant steif und fest der Meinung, ich hätte gesagt, die ganzen Verhandlungen würden 20 Euro kosten.

Thank God it´s Friday.

PREPAID ANONYM

Mobilfunkanbieter müssen nicht mehr die Namen und Adressen von Kunden festhalten, die Prepaid-Karten kaufen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, berichtet beck-aktuell.

Prima, das fördert wenigstens den Mobilfunkmarkt. Jetzt können alle Kriminellen aus Deutschland und Resteuropa bei uns anonym ihre Prepaidkarten kaufen. Bislang war das nach meiner Kenntnis nur in der Schweiz möglich. Was sich damit ja als „Geheimtipp“ erledigt hat.

EISKALT

Es spricht das OLG Oldenburg:

Eine Diabeteserkrankung stellt für einen Asylbewerber aus Algerien kein zielstaatsbezogenes krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis im Sinne des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG dar. Dies gilt zumindest wenn die Ausländerbehörde dem Abzuschiebenden einen Kühlkoffer mit einem Insulinvorrat für fünf Jahre zur Verfügung stellt.

Was gilt wohl für Länder, in denen der Strom für den Kühlkoffer fehlt?

(beck-aktuell)

NOTFALL

Standesbeamte haben die Pflicht, Verlobten in Fällen dringender Todesgefahr eine unverzügliche Eheschließung zu ermöglichen. Hierfür müssen sie erforderlichenfalls auch ans Sterbebett des Bräutigams oder der Braut eilen, entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf.

Kommt ein Standesbeamter der Amtspflicht nicht nach, kann dies sogar grundsätzlich Amtshaftungsansprüche gegen den Staat auslösen. Im entschiedenen Fall war ein Sterbenskranker kurz vor der geplanten Trauung am Krankenbett verstorben – der Standesbeamte war in der Mittagspause nicht erreichbar.

Die Verlobte klagte auf Ersatz ihres entgangenen Erbes. Helfen wollte ihr das Oberlandesgericht allerdings nicht. Es wies die Klage ab, weil die Frau nicht nachweisen konnte, dass sie dem Standesbeamten die dramatische Situation unzweifelhaft geschildert hatte.

(Quelle: beck-aktuell)

ENDLOSSCHLEIFE

Ein Verfahren vor dem Landgericht dauert schon 4 Jahre. In dieser Zeit hat es 3 Zeugenvernehmungen und 4 Verhandlungstermine gegeben.

Jetzt hat – zum wievielten Mal eigentlich? – der Richter gewechselt. Und wir erhalten die Mitteilung, dass alle Zeugen, so 10 an der Zahl, neu vernommen werden sollen. Begründung: Es komme entscheidend auf ihre Glaubwürdigkeit an.

Nach 4 Jahren ist der Prozess also wieder ganz am Anfang. Und das, obwohl mindestens schon 3 Richter angekündigt haben, dass sie „ganz schnell“ ein Urteil sprechen werden.

Nicht genug. Für die Beweisaufnahme sind gleich 2 Tage im Februar 2004 angesetzt. Mit folgender Warnung:

Es wird darauf hingewiesen, dass voraussichtlich beide Termine jeweils den ganzen Tag in Anspruch nehmen werden und gebeten, dies bei der eigenen Terminsplanung entsprechend zu berücksichtigen.

Vielleicht sollten wir doch noch mal versuchen, ob ein Vergleich möglich ist…

ABGEMAHNT

Diesen Blog hat die Abmahnwelle aber richtig gebeutelt (Eintrag vom 20. 10.). Das Fazit:

Bedankt Euch also bei Haftungsfetischisten, Rechtschutzversicherungsinhabern, Wortverdrehern und anderen Gebührenzählern ohne jeglichen Rest gesunden Menschenverstands (Look Ma, no dirty word!), die mir heute den Tag versaut haben und das Internet einzig als Vertriebskanal und Rechtanwaltsversorgungwerk begreifen.

WEIT WEG

Der Anwalt der Gegenseite schreibt ans Gericht:

… muss ich zu meinem Bedauern darum bitten, die Frist zur Stellungnahme um 14 Tage zu verlängern. Der Geschäftsführer der Beklagten befindet sich auf einer Dienstreise in Übersee. Von daher ist es nicht möglich, die Sache vor dem 27. Oktober 2003 abschließend zu besprechen.

Seltsam. Der Geschäftsführer der Beklagten hat heute morgen bei Kamps um die Ecke 2 Laugenbrezeln und 1 Ciabattabrötchen gekauft. Wir haben sogar ein paar Worte gewechselt.

POLIZEIKLAUSEL

Mietwagenfahrer müssen nach einem Urteil des OLG Koblenz die Polizei einschalten, wenn der Vertrag dies bei einem Unfall vorschreibt. Ruft der Mieter die Polizei nicht, muss er allein für den entstandenen Schaden aufkommen.

Die „Polizeiklausel“ steht natürlich meistens im Kleingedruckten.

Jemand unter uns, der die übliche Zettelwirtschaft vor Fahrtantritt von vorne bis hinten studiert?

(Anwalt-Suchservice, via Vetretbar.de).

74 SEITEN

74 SEITEN

Einen 74-seitigen eiligen Schriftsatz um 17.20 Uhr ans Landgericht Köln gefaxt. Und, oh Wunder, er ging sogar durch. Aber wahrscheinlich ist jetzt der Papiervorrat alle. Kollegen, die heute noch noch Köln düsen müssen, dürfen micht jetzt hassen.

PFÄNDUNG

PFÄNDUNG

Kaum hatte eine Mandantin einen neuen Mitarbeiter als Fahrer eingestellt, flatterte ihr auch schon eine Pfändungsverfügung des Finanzamtes ins Haus.

Herr K. schuldet dem Land Nordrhein-Westfalen Abgaben im Gesamtbetrag von 479.486,14 €.

Auf der 2. Seite dann der freundliche Hinweis:

Wird der oben bezeichnete Gesamtbetrag durch Ihre Zahlung vollständig getilgt, ist die Pfändung erledigt.

Liebe Finanzbehörden, damit ist wohl kaum zu rechnen…

ARBEITSZEUGNIS

Vor Gericht verlieren die Parteien oft, weil sie etwas einfach nicht beweisen können. Besonders relevant ist dies bei Arbeitszeugnissen. Je nachdem, wie das Zeugnis ausfällt, nämlich entweder der Arbeitgeber oder der Angestellte die Beweislast.

Das Bundesarbeitsgericht (via Vetretbar.de) hat in einem aktuellen Urteil nochmals dargelegt, wie sich die Beweislast verteilt:

Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer insgesamt eine durchschnittliche Leistung bescheinigt, hat der Arbeitnehmer die Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, aus denen sich eine bessere Beurteilung ergeben soll. Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer als unterdurchschnittlich beurteilt, obliegt dem Arbeitgeber, die seiner Beurteilung zugrunde liegenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen.

Dabei darf das Arbeitsgericht zwar uneingeschränkt überprüfen, ob der Arbeitgeber die Leistung des Arbeitnehmers richtig und vollständig erfasst hat. Einen „Beurteilungsspielraum“ hat der Arbeitgeber aber bei der Frage, welche Schlussfolgerungen er aus den Tatsachen zieht.

Was lernen wir daraus? Der Streit ums Zeugnis ist ein Lotteriespiel. Es ist nämlich schon mal nie eindeutig festzumachen, ob ein Zeugnis über- oder unterdurchschnittlich ist.

Kluge Arbeitgeber tun deshalb das, wozu sie ohnehin verpflichtet sind. Sie stellen ein wohlwollendes Zeugnis aus, das den Arbeitnehmer nicht die weitere Karriere verhagelt.

Und Arbeitnehmer stellen keine überzogenen Forderungen. Nicht mal, wenn sie rechtsschutzversichert sind. Denn wegen des niedrigen Gegenstandswertes und des enormen Begründungsaufwandes gehören Zeugnisklagen – im Gegensatz zu Kündigungsschutzprozessen – nicht zu Anwalts Lieblingen.