STRAFRECHT SEIN SCHWER

Gestern habe ich mal eine Nebenklage vertreten. Der Täter war, was den Kern der Sache angeht, voll geständig: „Zuerst habe ich dem Mann die Sonnenbrille von der Nase gehauen. Ich wollte mal sehen, wer das überhaupt ist. Dann habe ich nochmal zugeschlagen.“

An sich keine große Sache. Lustig wurde es erst beim Plädoyer der Verteidigerin. Ihr Fazit: Der Angeklagte habe sich – möglicherweise – provoziert gefühlt. Deshalb bitte sie das Gericht, auf fahrlässige Körperverletzung zu erkennen.

Der Richter guckte so, als würde er gerne jemanden zur Vorlesung „Strafrecht für Anfänger“ verurteilen. Wenn er nur könnte.

DÄNEN-DRAMA

DÄNEN-DRAMA

Der tägliche Polizeibericht wird immer mehr zum Lieferanten für das Rührstück des Tages. Heute aus Nürnberg, wo ein Däne seine Frau im Auto einsperrte und dann drei Stunden durch die Stadt irrte. Dass alles wieder gut wurde, ist nur einer internationalen Polizeiaktion zu verdanken, welche die Wache Nürnberg genüsslich schildert.

(danke an Mathias Schindler für den link)

TELEKOM-RECHNUNGEN

Auch die Telekom kann ihre Kunden nicht verpflichten, innerhalb von acht Wochen Protest gegen Rechnungen zu erheben. So sehen es die Allgemeinen Geschäftsbedigungen der Telekom vor.

Der Bundesgerichtshof hält, so beck-aktuell, diese Klausel jedoch für rechtswidrig. In einem Urteil entschieden die Richter, dass die Telekom auch noch sechs Monate nach der Rechnung beweisen muss, dass der Kunde streitige Gespräch tatsächlich geführt hat.

Gleiches Recht für alle. Die Privatisierung hat eben auch Nachteile.

AGENTUR FÜR FLACHSINN

AGENTUR FÜR FLACHSINN

Stress mit dem Chef. Dann die fristlose Kündigung. Der Chef behauptet, mein Mandant habe Geld unterschlagen. Beweise: keine. Mein Mandant hält die Anfeindungen sowieso nicht mehr aus und entschließt sich deshalb, nicht gegen die Kündigung zu klagen. Es handelt sich um einen Kleinbetrieb. Also kein Kündigungsschutz. Mehr als ein paar Wochen Kündigungsfrist wären ohnehin nicht zu holen.

Das Agentur für Arbeit kreidet meinem Mandanten das allerdings an. „Die Nichterhebung der Klage ist als Schuldeingeständnis zu werten“, schreibt ein schlauer Sachbearbeiter. Und verhängt eine Sperrzeit fürs Arbeitslosengeld.

Ach so. Wenn ich nichts tue, gebe ich damit also alles zu. Hätte die Agentur für Arbeit, wenn sie schon solche Ansprüche stellt, dann vielleicht auch die Güte gehabt, den Prozess zu finanzieren? Nein, natürlich nicht. Mein Mandant hätte auf eigenes Risiko klagen müssen. Da es am Arbeitsgericht keine Kostenerstattung gibt, wäre ohnehin ein großer Batzen für den Anwalt draufgegangen.

Außerdem: Hat der Arbeitgeber meinen Mandanten auf Rückzahlung des angeblich verschwundenen Geldes verklagt? Hat er nicht. Eine Strafanzeige? Fehlanzeige. Das Nichtstun auf seiner Seite müsste dann ebenso ein Beleg dafür sein, dass an der Kündigung nichts dran ist.

Ja, ja, Arbeitsamt. Aus Raider wird Twix. Aber sonst ändert sich nichts.

AUF VERDACHT

Beklagen Polizei und Banken nicht immer den zunehmenden Kreditkartenmissbrauch? Da ist es sicher ein toller Gedanke, an mögliche Kunden echte Kreditkarten zu verschicken, die nur „freigeschaltet“ werden müssen. Ja, liebe Firma Payback, warum ist vor euch niemand auf diese Idee gekommen?

Auf jeden Fall vielen Dank für die vollwertige Visakarte, die ihr mir – und sicher vielen tausend anderen Kunden auch – auf Verdacht zugeschickt habt. Ganz schön mutig, wenn ich mir überlege, welche Anstrengungen manche meiner Mandanten sonst unternehmen, um so eine Kreditkarte zu „finden“. Jetzt könnte man die Karte ja glatt als Devotionalie versteigern – wenn man ein bisschen mutig ist. Da die Kreditkarte mangels Kreditkartenvertrag ja gar keine richtige Kreditkarte ist, dürfte sich das Risiko sogar in Grenzen halten.

Wie werden sich jetzt die ungezählten Tankstellen freuen, die erst ab € 50,00 oder 100,00 Beträge online autorisieren. Mir tun sie schon jetzt Leid, all die ahnungslosen Besitzer einer aktivierten Payback Visa-Card, die wahrscheinlich ab sofort unter Generalverdacht stehen.

EINGEFROREN

Das Bundesverfassungsgericht hat die weitgehende Blockade des Vermögens von Alexander Falk aufgehoben. Die Ermittlungsbehörden hatten über 500 Millionen Euro eingefroren, weil sie davon ausgehen, das Geld stamme aus einem groß angelegten Aktienbetrug. Das Bundesverfassungsgericht rüfftelt die Hamburger Justiz dafür, dass sie offensichtlich die Einzelheiten nicht hinreichend geprüft hat. Außerdem sei die Berechnung des möglichen Schadens nicht nachvollziehbar, so beck-aktuell.

Die Entscheidung ist deshalb wichtig, weil Staatsanwälte und Gerichte in Wirtschaftsstrafsachen immer wieder versuchen, über die Beschlagnahme von Vermögen Druck auszuüben. Im Kombipack mit Untersuchungshaft wächst die Wahrscheinlichkeit eines Geständnisses ganz enorm. Dass diese oft willkürlichen Anordnungen allerdings nicht mehr mit den Grundsätzen des Rechtsstaates vereinbar sind, wird dabei in Kauf genommen.

Ein aus Sicht der Justiz sicher nicht unwillkommener Nebeneffekt ist, dass der Beschuldigte womöglich keinen Anwalt bezahlen kann. Diese Sorge dürfte Herr Falk jetzt aber los sein…

FLACHLAND

Der höchste Berg in Mecklenburg-Vorpommern ragt 179 Meter in die Höhe. Es besteht also keine große Wahrscheinlichkeit, dass das Land sich jemals eine Seilbahn gönnt. Trotzdem musste der Landtag jetzt ein Seilbahngesetz verabschiedet – weil es das EU-Recht so will. Im Rahmen der Gesetzesberatungen hat sich nach einem Bericht von Spiegel online zumindest herausgestellt, dass eine Wasserskianlage und ein Sommerrodelparcours keine Seilbahnen im Sinne des neuen LSeilbG sind.

KEINE KOHLE

Rechtsanwälte können bei Abmahnungen in eigener Sache keine Gebühren verlangen, wenn es sich um einen einfach erkennbaren Wettbewerbsverstoß handelt. Das hat der Bundesgerichtshof laut beck-aktuell entschieden. Die Anwälte hatten sich darüber beschwert, dass Kollegen zu viele Tätigkeitsschwerpunkte auf ihrem Briefkopf nannten. Der Bundesgerichtshof hielt diesen Sachverhalt zu Recht für so simpel, dass die Beauftragung eines Anwaltes nicht nötig gewesen wäre. Konsequenterweise gebe es dann auch für Anwälte, die selbst tätig werden, keinen Kostenersatz.

Wenn Nörgeln keine Kohle mehr bringt, werden einige eifrige Kollegen wohl wieder mehr Mietsachen und Verkehrsunfälle bearbeiten müssen.

BÖSE ANWÄLTE

BÖSE ANWÄLTE

In der Deutschen Richterzeitung protestiert der Vorsitzende Richter Dr. Klaus Haller dagegen, dass Strafverteidiger früher und intensiver am Ermittlungsverfahren mitwirken. So sieht es ein – ansonsten allgemein begrüßter – Reformvorschlag der Bundesregierung vor. Der Richter befürchtet, dass die Warheitsfindung beeinträchtigt wird und Anwälte eine „neue Plattform“ erhalten, so die Zusammenfassung bei LexisNexis.

Schön, dass ein Richter mal sagt, was er denkt. Wir sagen bei Gelegenheit mal, was wir über manche Richter denken.

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

PRIVAT

„Es ist privat.“

Meine Sekretärin weiß, dass ich kein Privatleben habe. Also ist klar, dass der Anrufer nur eines will: Krankenversicherungen, Wein oder Aktien verkaufen. Moment läuft folgende Verhinderungsstrategie:

„Tut mir Leid, ich darf nur durchstellen, wenn Sie mir Namen, Telefonnummer und die Firma sagen, für die Sie eventuell arbeiten.“

„Warum wollen Sie das wissen?“

„Damit mein Chef Sie oder Ihren Arbeitgeber verklagen kann. Natürlich nur für den Fall, dass Sie gar nicht privat anrufen, sondern ihm was verkaufen wollen. Diese lästigen unaufgeforderten Anrufe kennen Sie ja sicher auch.“

Es hat noch keiner seinen Namen und seine Telefonnummer gesagt. Alle hatten es plötzlich eilig und wollten sich noch mal melden. Was dann allerdings nicht passiert.

AMTSKLEID

In Österreich regelt die Amtskleiderverordnung minutiös, was der Richter zu tragen hat:

Das Amtskleid des Richters besteht aus einem schwarzen Talar und einem Barett. Der Talar aus leichtem Wollstoff ist ein
faltenreiches, vorne schließbares Gewand mit offenen, zirka 50 cm weiten Ärmeln und einem zirka 22 cm breiten runden, vorne in einen
spitzen Halsausschnitt auslaufenden kragenartigen Besatz. Der Halsausschnitt wird durch zwei dreieckige, am unteren Rande zirka
10 cm, am Seitenrande zirka 18 cm lange Reversteile aus violettem Samt gebildet, von denen der linksseitige über den rechtsseitigen
derart hinübergelegt wird, daß von der Hemdbrust unterhalb des Krawattenknopfes nur ein kleiner, höchstens 4 cm hoher Teil sichtbar
bleibt.

Die nächsten Absätze widmen sich mit ähnlicher sprachlicher Inbrunst den Ärmeln, Aufstickereien und Schlitzen.

Auch zum Darunter gibt es Vorschriften:

Zum Amtskleid sind zu tragen: ein Straßenanzug oder ein Anzug aus dunklem Stoff, schwarze Straßenschuhe, dunkle Socken oder Strümpfe, eine Krawatte aus schwarzem Stoff und ein weißes Hemd.

Gesetzestreue Richterinnen stelle ich mir auch ohne Amtskleid sehr schick vor.

(link gefunden bei RA Michael Kadlicz)

ZUR KASSE

Der Beamte guckte streng. Auf den Beifahrersitz meines Autos. Dort saß mein Patenkind Sophie, sieben Jahre. Sophie war ordnungsgemäß angeschnallt, die vorgeschriebene Sitzschale korrekt platziert. Trotzdem verlangte der Beamte kategorisch 20 Euro Verwarnungsgeld. Er behauptete steif und fest, Kinder dürften erst ab zwölf Jahren vorne fahren.

Vor Jahren war das noch richtig. Aber die Straßenverkehrsordnung wurde mittlerweile geändert. Der neue § 21 Abs. 1a unterscheidet nicht mehr zwischen Vorder- und Hintersitzen. Kinder dürfen vielmehr auf allen „Sitzen, für die Sicherheitsgurte vorgeschrieben sind“, mitgenommen werden – wenn die vorgeschriebene Rückhalteeinrichtung vorhanden ist.

Zugegeben, so flüssig konnte ich die Rechtslage vor Ort auch nicht aus dem Stegreif hersagen. Das Angebot, mein Notebook hochzufahren und ihm dem Gesetzestext zu zeigen, lehnte der Ordnungshüter dankend ab. Ich meinerseits weigerte mich, die Verwarnung zu zahlen. Auf die Anzeige, welche der Polizist dann seelenruhig in seinen Notizblock kriztelte, habe ich dann allerdings auch nichts mehr gehört. Wäre allerdings interessant zu erfahren, wie viele Leute der emsige Staatsdiener schon zu Unrecht abkassiert hat.