Eltern sollen Geschlecht ihres Kindes selbst bestimmen

Das Bundesjustizministerium hat heute den Referentenentwurf für ein neues Selbstbestimmungsgesetz veröffentlicht. Kern der Regelung ist die Möglichkeit, dass jeder künftig sein Geschlecht ändern kann – auch wenn er gar nicht unter einer Störung seiner geschlechtlichen Identität leidet. Eine bloße Eigenerklärung soll reichen. Für Kinder unter 14 Jahren sieht der Gesetzentwurf vor, dass Eltern ihrem Kind quasi nach Belieben ein Geschlecht zuweisen können.

Natürlich ist es auch heute schon möglich, dass Eltern ein Mädchen wie einen Jungen (oder umgekehrt) erziehen. Oder sich nach Kräften um eine genderfluide Entwicklung des Kindes bemühen. Neu an dem Entwurf ist allerdings, dass Eltern diese Entscheidung nun auch nach außen „rechtssicher“ dokumentieren können, und zwar durch einen geänderten Geschlechtseintrag für ihr Kind. Theoretisch, ich korrigiere praktisch kann also schon einem Neugeborenen von den Eltern künftig ein anderes Geschlecht „zugewiesen“ werden, passender Vorname inklusive. Einer wie auch immer gearteten Überprüfung, ob das Ganze auch tatsächlich dem Wohl des Kindes dient, soll das nicht unterliegen.

Wer sein Geschlecht ändern möchte, soll künftig nur eine entsprechende Erklärung abgeben müssen. Bei jungen Menschen im Alter von 14 bis 18 Jahren bedarf es der Zustimmung der Eltern oder, sofern diese sich weigern, des Gerichts. Eine wie auch immer geartete Überprüfung der Entscheidung Erwachsener ist nicht vorgesehen. Auch soll es bei der Möglichkeit bleiben, den Geschlechtseintrag jährlich zu ändern. Nach einer beim Standesamt eingetragenen Änderung soll es mit einem Bußgeld bedroht sein, wenn man nicht mehr aktuelle Geschlecht des Betreffenden benennt (Offenbarungsverbot). Das Bußgeld soll bis zu 10.000,00 € betragen.

Einen automatischen Zugang zu „Schutzräumen“, also etwa Toiletten, Umkleiden oder Frauenhäusern, soll der neue Geschlechtseintrag nicht gewähren. Vielmehr soll das allgemeine Hausrecht gelten. Damit wird die Verantwortung also in die Hände des Hausrechtsinhabers gegeben. Dieser muss künftig den schwierigen Spagat zwischen Schutzbedürfnis und Selbstbestimmungsgesetz hinbekommen.

Für den Sport soll „die Bewertung sportlicher Leistungen unabhängig von dem aktuellen Geschlechtseintrag geregelt werden“ können. Auch hier wird also die Verantwortung auf die Vereine und Verbände abgewälzt. Diese müssen künftig eigenständig und im Vorfeld Vorgaben machen, wie sie es mit Sportlern halten wollen, die ihren Geschlechtseintrag geändert haben. Tun sie dies nicht, gilt der Geschlechtseintrag.

Bei Frauen- und anderen Gleichstellungsquoten sieht der Entwurf im wesentlichen vor, dass eine Änderung des Geschlechtseintrags sich auf laufende Verfahren nicht auswirkt, aber eben nur auf diese. Für den Strafvollzug soll der Geschlechtseintrag nicht verbindlich sein, wenn Sicherheitsinteressen und die Persönlichkeitsrechte anderer Gefangener gefährdet sind. Hier soll es nach der Begründung Entscheidungen im Einzelfall geben.

Den Gesetzentwurf kann man hier nachlesen. Die Legal Tribune Online berichtet weitere Einzelheiten. Ich habe mich zu dem Thema schon mal in der Neuen Zürcher Zeitung eingehend geäußert.

Geschlechtsbezogene Opferstatistik ohne Männer

Seit neuestem wird „geschlechtsspezifische Hasskriminalität“ in der Kriminalstatistik erfasst, und zwar nach Opfergruppen. Nun gibt es große Verwunderung, ja sogar Empörung darüber, dass es neben den Kategorien divers und Frauen tatsächlich auch die Kategorie Männer gibt.

Unabhängig davon, was für quatschige Sachinformationen in jede Statistik eingetragen werden können: Wie kann es eine geschlechtsbezogene Opferstatistik ohne die Kategorie Männer geben, zumindest ohne dass die verantwortlichen Statistiker aus Gewissensgründen in den Hungerstreik treten?

Bericht im Spiegel

Cannabis: Legalisierung bringt Autofahrern nichts

Bei der im Raume stehenden Cannabis-Legalisierung gibt es ein gravierendes Problem. Denn die Reform wird an Autofahrern vorüber gehen – wenn diese nicht ernsthaft ihren Führerschein gefährden wollen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing lehnt nach aktuellen Berichten einen höheren Grenzwert für den Wirkstoff THC ab. Stattdessen soll nach wie vor eine Null-Toleranz-Politik gelten.

Durch moderne Analysemethoden ist die Nachweisgrenze für THC ins Bodenlose gesunken. Wer am Freitag einen Joint geraucht hat, ist am folgenden Mittwoch ebenso „nüchtern“ wie jemand, der zur selben Zeit ein paar Bier getrunken hat. Dennoch lassen sich möglicherweise noch geringe Reste an THC nachweisen. Das Bußgeld von 500 Euro und ein Monat Fahrverbot sind noch das kleinste Übel. Denn die Sache geht auch zum Straßenverkehrsamt, welches dann oft die Fahreignung insgesamt in Zweifel zieht.

Unter Fachleuten tobt eine heftige Debatte, wie man in einem sehr ausführlichen Hintergrundbericht der Legal Tribune Online nachlesen kann. Autofahrer und Gelegenheitsraucher werden, so das Fazit, wohl auch künftig nichts von der Cannabis-Legalisierung haben.

Mobilfunk: Kunde darf auch Router anschließen

Mobilfunkanbieter dürfen ihren Kunden nicht vorschreiben, mit welchen Geräten sie ins Internet gehen dürfen. Eine Klausel, wonach der Anschluss nur über Smartphones, Tablets und andere kabellose Geräte genutzt werden darf, ist unwirksam. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.

In dem Prozess ging es um einen Tarif von O2 mit unbegrenztem Datenvolumen. Verboten waren aber aber zum Beispiel stationäre WLAN-Router, an die man auch einen PC oder eine Konsole anschließen könnte. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen klagte gegen die Einschränkung und erhielt Recht. Der Bundesgerichtshof verweist auf eine EU-Verordnung, nach der Endnutzer eines Internetzugangs das Recht haben, Endgeräte ihrer Wahl zu benutzen. Daran ändere sich auch nichts, wenn das Internet über den Mobilfunk zur Verfügung gestellt werde.

Andere Mobilfunkanbieter haben ähnliche Klauseln in Verträgen. Die Verbraucherschützer führen deshalb weitere Verfahren (Aktenzeichen III ZR 88/22).

Eilrechtsschutz – aber nur auf dem Papier

Wenn sich Strafgefangene gegen eine Verlegung oder eine sonstige Anordnung wehren, ist das meistens zeitkritisch. Manche Gerichte sitzen die Sache aus, indem sie sich schlicht nicht drum kümmern. Mit einem besonders dreisten Fall musste sich jetzt das Bundesverfassungsgericht beschäftigen.

In der Justizvollzugsanstalt Tegel war ein Gefangener sechs Monate in der sozialtherapeutischen Einrichtung. Dann sollte er wieder in den normalen Vollzug verlegt werden. Damit war er nicht einverstanden. Er beantragte Eilrechtsschutz. Der zuständige Richter war krank. Nach über einem Monat vermerkte er lapidar in der Akte, er müsse andere Sachen bearbeiten. Nach sechs Wochen wurde der Gefangene verlegt. Nach drei Monaten stellte das Gericht dann fest, dass eine Entscheidung nicht mehr erforderlich ist – wegen vollendeter Tatsachen.

So geht es nicht, urteilen die Karlsruher Richter. Der staatlich garantierte Rechtsschutz bedeute nicht nur, dass man einen Antrag stellen kann. Sondern auch, dass dieser Antrag zeitnah geprüft und entschieden wird. Gerade weil der Gefangene erst sechs Wochen nach Stellung seines Antrags verlegt wurde, hätte sich ein Richter zumindest inhaltlich mit der Sache beschäftigen müssen. Oder halt seine Krankheitsvertretung, hierfür gibt es Pläne an jedem Gericht.

Das Verfassungsgericht ordnet deshalb eine sachliche Prüfung der Entscheidung an, was auch noch im Eilverfahren möglich sein müsse. Eine „Erledigung“ sei schon deshalb nicht eingetreten, weil der Gefangene weiter um seine Rückverlegung kämpfe. Der Antragsteller sorgt damit für einen weiteren Präzedenzfall, mit dem man vor tranigen Strafvollstreckungskammern argumentieren kann. Ob die goldenen Worte aus Karlsruhe reichen, ist allerdings eine andere Frage. Das Verfassungsgericht nimmt ja selbst nur einen Bruchteil von Anträgen überhaupt zur Entscheidung an (Aktenzeichen 2 BvR 116/23).

Keine Kontakt, kein Geld

Manche Sachen kann man sich als Anwalt echt sparen. Zum Beispiel diese Auskunft eines Kollegen auf die „telefonische Nachfrage“ einer Richterin:

Der Verteidiger erklärte, dass er das Mandat niederlegt. Es bestehe weder Kontakt zur Angeklagten noch habe diese bislang eine Rechnung bezahlt.

Unabhängig von der Frage nach der Schweigepflicht werfen beide Auskünfte ein negatives Licht auf die Betroffene. Damit schadet der Anwalt seiner Mandantin – obwohl er diese nach § 1 BORA doch gerade „vor Rechtsverlusten zu schützen“ hat. Natürlich steht es dem Anwalt frei, seine Tätigkeit zu beenden. Das darf er dem Gericht auch mitteilen. Aber unnötige Redseligkeit findet dann halt ihren Widerhall. Zum Beispiel in Form so eines Aktenvermerks.

Richterin urteilt für Papa

In Thüringen ist eine Richterin wegen Rechtsbeugung angeklagt. Und das völlig zu Recht, wie ich finde. Die Richterin hat tatsächlich zu Gunsten ihres eigenen Vaters eine einstweilige Anordnung erlassen – obwohl das im Rechtsstaat natürlich nicht geht.

Der Vater der Richterin ist evangelischer Pfarrer. Zu Beginn der Corona-Pandemie wollte er eine schwerkranke Frau in einem Pflegeheim in Jena besuchen – was ihm unter Hinweis auf die geltende Corona-Schutzverordnung untersagt wurde. Um 16.08 Uhr wandte sich der Mann ans Amtsgericht. Dort war, welch glückliche Fügung, seine Tochter gerade seit 8 Minuten im Bereitschaftsdienst. Sie verpflichtete das Pflegeheim mit einem Beschluss dazu, den Besuch zu gestatten.

Schon ein Blick ins Gesetz offenbart: Für Vetternwirtschaft in der Rechtsprechung gibt es eindeutig weniger Schlupflöcher als in der Politik. Der hier maßgeblich § 41 ZPO ist jedenfalls an Eindeutigkeit kaum zu überbieten. So ein Verhalten mündet demgemäß schnell in eine strafbare Rechtsbeugung (§ 339 StGB). Die Richterin verteidigt sich übrigens wenig originall mit dem Argument, sie sei ebenso gläubig wie ihr Vater. Sie beruft sich auf Religionsfreiheit und darauf, ihr Rechtsverstoß habe „der Durchsetzung und Verwirklichung höchster Rechtsgüter“ gedient. Außerdem habe ihr Vater ja keinen direkten Vorteil gehabt.

Ob sie damit am Strafgericht Erfolg hat, wird sich noch zeigen. Die Anklage wartet seit geraumer Zeit auf Zulassung. Ansonsten ging es bisher nicht gut für die Richterin aus. Sie wurde (noch nicht rechtskräftig) des Dienstes enthoben. Eine Verfassungsbeschwerde gegen ihren vorläufigen Rausschmiss blieb ohne Erfolg.

Ich möchte die Problematik mal wie folgt runterbrechen. Eine Richterin, die sehenden Auges Recht für einen nahen Verwandten spricht, ist einfach fehl am Platz. Völlig korrekt weisen die bisher mit dem Fall beschäftigten Gerichte darauf hin, dass die Richterin am fraglichen Tag sogar eine Vertreterin zur Seite hatte. Dieser hätte sie die Entscheidung problemlos überlassen können.

Die ganze Geschichte ist in der Legal Tribune Online aufgeschrieben.

Keine weiteren Fragen…

Als Strafverteidiger bin ich – hoffentlich – auch sehr gut als Zeugenbeistand geeignet ((§ 68b StPO). Ich mache diesen Nebenjob jedenfalls gerne. Vor allem, wenn es so läuft wie heute.

Mein Mandant war als Zeuge in einem versuchten Tötungsdelikt vorgeladen. Komplizierte Sache, vor allem wegen einer unbestreitbaren persönlichen Nähe meines Mandanten zur Angeklagten. Während eines ersten Vernehmungstermins kamen meinem Mandanten starke Zweifel, ob und in welchem Umfang er sich positionieren muss. Immerhin muss sich ja niemand selbst belasten (§ 55 StPO). Dem Wunsch meines Mandanten nach rechtlicher Beratung akzeptierte das Gericht. Beim neuen Termin war ich heute also dabei.

Es war beim besten Willen nicht absehbar, wie intensiv das Gericht meinen Mandanten in die Mangel nehmen wollte. Oder gar der Staatsanwalt. Oder noch garer die Verteidigerin der Angeklagten. Es hätte also eine tagesfüllende Veranstaltung werden können. Denn jede unter Berufung auf § 55 StPO verweigerte Antwort kann einen schönen juristischen Rattenschwanz entwickeln. Ich sage es mal so: Bis zur formal fehlerfreien Festsetzung eines Ordnungsgeld oder Ordnungshaft wegen einer verweigerten Aussage ist es jedenfalls ein sehr langer Weg.

Diesmal fiel die Diskussion kurz aus. Das Gericht akzeptierte letztlich, dass mein Mandant nichts sagen muss, wenn er nicht will. Beantwortete Fragen: nullkommanull. Entsprechend überschaubar war am Ende meine Tätigkeit. Aber schön, wenn der Mandant dann keine Probleme damit hat, das Pauschalhonorar in Erfolgshonorar umzubenennen.

Der „naziverblendete“ Dealer

Eine rechte Gesinnung also solche ist nicht strafschärfend – wenn der Angeklagte wegen Drogenhandels verurteilt wird. Dies stellt der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung fest. Das Landgericht hatte den Angeklagten als „Nazi-Verblendeten“ bezeichnet und deswegen die Strafe erhöht.

Laut dem erstinstanzlichen Urteil war der – nicht vorbestrafte Angeklagte „nicht nur im vorliegenden strafrechtlichen Kontext, sondern in komplexer Hinsicht dazu disponiert, sich über Normen hinwegzusetzen, die ein zivilisiertes Zusammenleben ermöglichen sollen“. Diesen gewagten Schluss zogen die Richter aus dem Umstand, dass bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten unter anderem „ein Buch mit der Aufschrift ,Adolf Hitler‘ gefunden wurde sowie Bilder mit Hakenkreuzen und antisemitischen Inhalten.

Die Gesinnung des Täters kann zwar eine Rolle spielen, so der Bundesgerichtshof. Allerdings sei es trotz diverser Gesetzesänderungen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität nach wie vor erforderlich, dass ein innerer Zusammenhang zur Straftat besteht. Dieser innere Zusammenhang hätte beim Drogenhandel belegt werden müssen (und zwar nicht nur durch Floskeln).

Aktenzeichen 6 StR 9/23

Flughafen: Keine Haftung für lange Sicherheitskontrolle

Flugreisende müssen die offiziellen Empfehlungen beachten, wann sie am Flughafen sein sollen. Sonst tragen sie das Risiko, wenn sie in der Sicherheitskontrolle feststecken und ihren Flug verpassen. Dies hat das Landgericht Köln entschieden.

Ein Reisender hatte den Bund verklagt, weil er seinen Flug nach Portugal verpasste. Der Flughafen empfiehlt allen Reisenden, zur Öffnung des Check-Ins am Flughafen zu sein, in diesem Fall 2,5 bis 3 Stunden. Diese Zeit unterschritt der Reisende. Außerdem gab er auch noch ein Sperrgutgepäckstück auf, was am Schalter länger dauerte. Eine lange Warteschlange an der Sicherheitskontrolle führte dann dazu, dass das Flugzeug ohne die Passagiere abhob.

Laut dem Landgericht Köln kommt eine Haftung des Bundes für lange Sicherheitskontrollen höchstens dann in Betracht, wenn der Reisende entsprechend den Empfehlungen frühzeitig eincheckt und dann trotzdem nicht mitgenommen wird (Aktenzeichen 5 O 250/22).

Schoko-Marienkäfer im Gerichtssaal

Schoko-Marienkäfer können eine leckere Sache sein. In Oldenburg haben sie aber einen Prozess zum Platzen gebracht – fast.

Eine Schöffin wollte dem Staatsanwalt vor Verhandlungsbeginn einen solchen Schokohappen überreichen. Der Staatsanwalt lehnte dies jedoch ab. Nach eigenen Angaben wollte die ehrenamtliche Richterin auch dem Verteidiger einen Schoko-Marienkäfer geben, ausgleichende Gerechtigkeit sozusagen. Nachdem der Staatsanwalt jedoch abgewunken hatte, hat sie es dann gleich sein gelassen. Der Angeklagte war zu der Zeit noch nicht im Sitzungssaal.

Vor diesem Hintergrund wollte das Landgericht Flensburg der Schöffin (noch) keine Befangenheit attestieren. Die Richter halten es für glaubwürdig, dass die Schöffin grundsätzlich keine unsachlichen Vorbehalte gegenüber dem Verteidiger bzw. dem Angeklagten hegte. So hatte selbst der Verteidiger eingeräumt, dass die ehrenamtliche Richterin sich ihm gegenüber „freundlich“ verhalten hatte.

In dem Verfahren ging es also gerade noch mal gut. Die Strafkammer weist aber – nicht als erstes Gericht – darauf hin, dass „die Verteilung von Süßigkeiten in einem Strafverfahren grundsätzlich unangemessen“ ist (Link zum Gerichtsbeschluss).

Streit um nackten Vermieter

Ein Vermieter, der sich auf seinem Grundstück nackt sonnt, ist vielleicht ein Stein des Anstoßes. Allerdings geht die Beeinträchtigung nicht so weit, dass deswegen die Miete gemindert werden darf. Das stellt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem aktuellen Urteil klar.

Die Mieter einer Büroetage wollten unter anderem deswegen weniger zahlen, weil sich der Vermieter mitunter nackt im Hof sonnte. Das bloße Nacktsein ist laut dem Gericht aber noch keine „grob ungehörige Handlung“ (§ 118 OWiG). Bloße „ästhetische“ Probleme mit einem anderen Menschen rechtfertigten jedoch schon deshalb nicht die Minderung, weil sich die Büroräume ja weiter nutzen ließen.

Es hat den Mietern auch nicht sonderlich geholfen, dass man den nackten Vermieter ohnehin nur sehen konnte, wenn man sich sehr weit aus dem Fenster lehnte. Angeblich soll der Vermieter auch nackt durchs Treppenhaus gelaufen sein. Er gab jedoch glaubwürdig an, vor und nach dem Sonnenbad immer einen Bademantel zu tragen. Die Miete muss also gezahlt werden (Aktenzeichen 2 U 43/22).

Quittung bei Polizeikontrolle

Bei Personenkontrollen soll die Bundespolizei Betroffenen künftig eine „Quittung“ ausstellen müssen. Dies ist Teil einer Reform des Bundespolizeigesetzes, auf das sich die Ampelkoalition geeinigt hat.

Die Quittungspflicht soll in erster Linie Racial Profiling verhindern. Allerdings wird die Vorschrift natürlich für jedermann gelten. Das bedeutet, dass man nach einer Personenkontrolle eine Bestätigung mit Uhrzeit, Ort, Aktenzeichen und Grund der Kontrolle verlangen kann. Damit haben Betroffene eine bessere Möglichkeit, Beschwerden einzulegen.

In Bremen ist die Polizei schon seit einiger Zeit verpflichtet, solche Quittungen zu erteilen. Die Nachfrage soll sich zwar noch in Grenzen halten, aber das Projekt ist gerade erst angelaufen. Ich kann unabhängig davon immer nur raten, nach einer zweifelhaften Kontrolle, dazu gehört auch die Durchsuchung des Rucksacks/Gepäcks oder des Wagens, auf einem Beleg zu bestehen (wie in § 107 StPO auch vorgeschrieben), damit es später nicht heißt, wir wissen von nichts. Im Zweifel mal nach dem Vorgesetzten fragen und auf die erwähnte Vorschrift hinweisen – das hilft durchaus.

„… verleiht dir die nötige Power“

Hersteller von Energy Drinks dürfen nicht positiven gesundheitlichen Effekten werben. Dies hat das Landgericht Hamburg entschieden. Die Richter gaben einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes statt.

Der Produzent eines koffeinhaltigen Energy Drinks hatte seinen Drink mit der Geschmacksrichtung Mango Passionsfrucht unter anderem wie folgt beworben:

… verleiht dir die nötige Power, Leistung und Konzentration für deine gewünschten Aktivitäten.

Ein besserer Focus und die richtige Konzentration sind gerade im Gaming Bereich entscheidend. Genau dafür wurde der Emporgy Focus Booster entwickelt.

Nach EU-Recht dürfen gesundheitsbezogene Werbeaussagen einer Zulassung, so das Gericht. Das gelte auch für die Behauptung, ein koffeinhaltiges Produkt verbessere Konzentration und Reaktionsfähigkeit. (Aktenzeichen 312 O 256/21).