Hier geht es am Montag weiter.
SENSOR
Ein Autofahrer sollte ein Knöllchen zahlen, weil er in einem Autobahntunnel ohne Licht gefahren ist. Oder besser: ca. 10 bis 40 Meter, wie es der hinter ihm fahrende Polizeibeamte in seiner Anzeige formulierte. So eine Wegstrecke braucht nämlich auch der Lichtsensor in einem BMW, um den Wechsel von Hell zu Dunkel zu erkennen.
Zum Glück finden sich noch Richter mit Augenmaß. Einstellung auf Kosten der Staatskasse. Die Verteidigung dankt. Und die Automobilhersteller wahrscheinlich auch.
VORRAT
Wenn ich Durchsuchungsbeschlüsse sehe, schaue ich mir zuerst das Datum an. Da die Polizei so viel zu tun hat und einen Berg unerledigter Sachen vor sich her schiebt, lohnt sich das häufig. Wie jetzt in Mönchengladbach, wo letzte Woche ein Beschluss vom 23. Juni 2003 vollstreckt wurde.
Kleines Problem: Das Bundesverfassungsgericht hat 1997 entschieden, dass Durchsuchungsbeschlüsse nach 6 Monaten unwirksam werden. Ansonsten, so das Gericht, könnten die Ermittlungsbehörden Vorratsbeschlüsse erwirken; das sei mit dem Rechtsstaatsgebot und der vorgeschriebenen Kontrolle der Maßnahme durch einen Richter nicht vereinbar.
Der zuständige Polizeibeamte kannte die Entscheidung nicht. Ich habe sie ihm gefaxt. Wenn er sie a) liest und sich b) daran hält, wird sein Berg Arbeit schlagartig kleiner geworden sein.
LEGAL PROJECT
Ich habe öfter mit angloamerikanischen Unternehmen zu tun. Die Sekretärin hört dort längst auf den Namen Blackberry. Sogar in höheren Regionen. Sobald man in ein legal project eingebunden ist, erinnert die e-mail-Korrespondenz an einen Sternschnuppenhagel. Im Minutentakt schlagen Anfragen, Entwürfe und cc-Informationen ein – die stillschweigend erwartete Reaktionszeit ist nicht wesentlich höher. Der Unterschied ist allerdings, dass das Bombardement den ganzen Tag dauert (wobei nur wir Europäer Rücksicht auf die Zeitverschiebung zu nehmen haben).
Natürlich gibt jeder Kollege seine Durchwahl raus. Aber man sollte nicht davon ausgehen, dass man ihn auch anrufen kann. Man kann schon, aber der Gesprächspartner geht einfach nicht ran. Inzwischen weiß ich, dass man höflich ist – und einen Anruf wenige Minuten vorher per mail ankündigt.
Demnächst: Wie lange ein conference call dauern kann, wenn 12 Anwälte weltweit zugeschaltet sind, die alle nach Stunden bezahlt werden.
TREFFER VERSENKT
Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)
FAVORITEN
Mandanten, die von sich aus fragen, wann denn mal eine Rechnung kommt. Sehr beliebt. Leider auch sehr selten.
VERGEBENS
Für den jugendlichen Angeklagten sah es nicht gut aus. Nach einem Raub durfte er zwar nach vier Wochen aus der Untersuchungshaft. In der Hauptverhandlung stellte sich aber heraus, dass in dem Jahr seit der Tat noch drei andere Sachen vorgefallen waren. Jedenfalls wurde es beim Plädoyer der Staatsanwältin richtig eng. Die sah keinerlei Möglichkeit mehr, bei einer Bewährungsstrafe zu bleiben. Ihr Antrag: drei Jahre und sofortige Reaktivierung des Haftbefehls.
Ich bin mir nicht ganz klar, was sich das Gericht dabei dachte, aus dem Beratungszimmer nach zwei Wachtmeistern zu telefonieren und diese offensichtlich nicht um Diskretion zu bitten. Jedenfalls setzten sie sich, die Handschellen griffbereit am Gürtel, schon mal in die erste Reihe im Sitzungssaal und fluchten lautstark darüber, dass Sonderaufträge immer den Terminplan durcheinander bringen.
Der Angeklagte, der auf dem Flur eine Zigarette rauchte, musste plötzlich noch mal kurz zum Klo.
Aber auch dort konnten ihn die Wachtmeister dann später nicht mehr finden…
NETZWERK
Verteidiger, die ihre Mandanten im Gefängnis besuchen, dürfen ein Notebook mitnehmen. Allerdings wohl nur, wenn die WLAN-Funktion nicht aktivierbar ist. Ich bin jetzt auf den ersten Beamten gestoßen, der sich nicht von meinem saloppen Hinweis aus der Ruhe bringen ließ, dass links in meinem Notebook ja keine Netzwerkkarte („kennen Sie doch aus der Reklame, diese roten Plastikdinger von Vodafone“) steckt.
Ich glaube, ich habe meinen Achtpfünder von Compaq doch zu früh verschenkt.
NERVIG
Anwaltsschwemme, Anwaltsproletariat, Krisengeschrei. Endlich noch jemand, dem das ständige Gejammere der anwaltlichen Standesvertreter auf die Nerven geht. Zitat aus Vetretbar.de:
Ebenso wie in jedem anderen Beruf gibt es gute und schlechte Vertreter des eigenen “Standes”. Und ebenso wie ein schlechter Handwerksbetrieb Pleite geht oder ein schlechter Arzt keine gut dotierte Anstellung mehr bekommt bietet ein enger werdender Markt für Rechtsanwälte keinen Platz für Juristen ohne das nötige handwerkliche Geschick zum Umgang mit Mandanten und konkreten (!) rechtlichen Fragestellungen. Am Markt setzt sich regelmäßig nur derjenige durch, der auch das nötige Potential besitzt (was sich freilich nicht zwingend aus den Noten in zwei Staatsexamina ableiten lässt). “Auf der Strecke” bleiben dann diejenigen, denen es eben an jenem Potential fehlt – aber warum sollte für eben jene über entsprechende Zugangsbeschränkungen oder Absicherung von Mindesteinkommen durch standesrechtliche Vergütungsregelungen künstlich ein Markt erhalten werden, wenn es Ihnen nicht gelungen ist, sich auf diesem Markt zu behaupten?
Anlass für den völlig richtigen Kommentar ist dieses grausame Interview mit dem Anwaltsfunktionär Hartmut Kilger.
LUSTIG
Heute schon gelacht? Falls nicht, empfiehlt sich ein Blick auf diese einstweilige Anordnung des Landgerichts Nürnberg-Fürth. Sie verbietet Empfehlungslinks auf Internetseiten, weil diese nach Auffassung des Gerichts unlauterer Wettbewerb sind.
Demnächst auf der Abschussliste: Homepages, Weblogs, das Internet.
(danke an Mario Sixtus für den link)
KOMMT NOCH
Manche Mandanten machen dem Anwalt ökonomisches Arbeiten wirklich leicht. Nehmen wir diese Telefonnotiz:
Herr M. bittet um sofortigen Rückruf zu seinem Fax (kommt noch).
Ich warte schon anderthalb Tage.
DROHUNG
Der Versuch, einen Mandanten nachmittags auf dem Handy anzurufen, endet mit der Bekanntschaft seine Biolehrers. Der hatte das Telefon seines Schülers konfisziert, weil der es partout im Unterricht nicht ausstellte. O-Ton des Lehrers:
„Tut mir wirklich, ich habe das Handy in meiner Aktentasche vergessen. Da hat es jetzt geklingelt. Aber sagen Sie mal, ist das wirklich nötig, deswegen gleich zum Anwalt zu gehen?“
Dem Lehrer fiel ein Stein vom Herzen, als ich ihm erklärte, dass ich eigentlich nur mit meinem Mandanten sprechen wollte – und ihm nicht mit einer Klage drohen soll. Aber das Handy wollte er dann gleich noch zurückbringen. Wie praktisch, dass der Schüler nur ein paar Ecken weiter wohnt.
Seit der persönlichen Rückgabe, berichtet mein Mandant, kommt er mit dem Lehrer prima klar.
EXTRAS
Beiläufig erfahren, dass ein nicht ganz unbekannter Anwalt in Düsseldorf (Schwerpunkte: Strafverteidigung und Ausländerrecht) für jede persönliche Besprechung 30 Euro verlangen soll. Neben dem normalen Anwaltshonorar.
Quelle ist ein neuer Mandant, der früher bei dem Kollegen war. Der Mandant hat meine Sekretärin gefragt, wo er die Praxisgebühr zahlen soll.
BEWÄHRUNG
BEWÄHRUNG
Ein Mandant hat sich in der Haft so gut geführt, dass sogar die Justizvollzugsanstalt eine Entlassung nach der Hälfte der Strafe befürwortet hat. Das allerdings war dem Richter nicht ganz geheuer, auch wegen der enorm verschärften Voraussetzungen für eine vorzeitige Entlassung. Vor dem 2/3-Termin wurde dann noch ein Gutachten eingeholt.
Der Sachverständige lobt seinen Probanden in höchsten Tönen. Anlass für das Geicht, auf eine weitere Anhörung zu verzichten und den Bewährungsbeschluss ohne weitere Formalitäten zu erlassen.
Ich denke, der Betreffende hat es wirklich verdient.
ABENTEUER POLIZEI
Das ist auch nicht schlecht: Polizeibeamte einer etwas ländlich gelegenen Inspektion erleben ein Abenteuer. Sie vollstrecken einen Durchsuchungsbeschluss. Verdacht auf eine Internetstraftat. Bei der Durchsuchung in dem Privathaushalt packen sie die gesamte Computeranlage ein. Also auch Maus, Drucker, Monitor, Kabel etc. Noch besser allerdings die telefonische Begründung für diese etwas ungewöhnliche Maßnahme:
Das untersuchen unsere Experten komplett auf verdächtige Daten.
Ja, die werden sich bedanken.