DROHUNG

Der Versuch, einen Mandanten nachmittags auf dem Handy anzurufen, endet mit der Bekanntschaft seine Biolehrers. Der hatte das Telefon seines Schülers konfisziert, weil der es partout im Unterricht nicht ausstellte. O-Ton des Lehrers:

„Tut mir wirklich, ich habe das Handy in meiner Aktentasche vergessen. Da hat es jetzt geklingelt. Aber sagen Sie mal, ist das wirklich nötig, deswegen gleich zum Anwalt zu gehen?“

Dem Lehrer fiel ein Stein vom Herzen, als ich ihm erklärte, dass ich eigentlich nur mit meinem Mandanten sprechen wollte – und ihm nicht mit einer Klage drohen soll. Aber das Handy wollte er dann gleich noch zurückbringen. Wie praktisch, dass der Schüler nur ein paar Ecken weiter wohnt.

Seit der persönlichen Rückgabe, berichtet mein Mandant, kommt er mit dem Lehrer prima klar.

EXTRAS

Beiläufig erfahren, dass ein nicht ganz unbekannter Anwalt in Düsseldorf (Schwerpunkte: Strafverteidigung und Ausländerrecht) für jede persönliche Besprechung 30 Euro verlangen soll. Neben dem normalen Anwaltshonorar.

Quelle ist ein neuer Mandant, der früher bei dem Kollegen war. Der Mandant hat meine Sekretärin gefragt, wo er die Praxisgebühr zahlen soll.

BEWÄHRUNG

BEWÄHRUNG

Ein Mandant hat sich in der Haft so gut geführt, dass sogar die Justizvollzugsanstalt eine Entlassung nach der Hälfte der Strafe befürwortet hat. Das allerdings war dem Richter nicht ganz geheuer, auch wegen der enorm verschärften Voraussetzungen für eine vorzeitige Entlassung. Vor dem 2/3-Termin wurde dann noch ein Gutachten eingeholt.

Der Sachverständige lobt seinen Probanden in höchsten Tönen. Anlass für das Geicht, auf eine weitere Anhörung zu verzichten und den Bewährungsbeschluss ohne weitere Formalitäten zu erlassen.

Ich denke, der Betreffende hat es wirklich verdient.

ABENTEUER POLIZEI

Das ist auch nicht schlecht: Polizeibeamte einer etwas ländlich gelegenen Inspektion erleben ein Abenteuer. Sie vollstrecken einen Durchsuchungsbeschluss. Verdacht auf eine Internetstraftat. Bei der Durchsuchung in dem Privathaushalt packen sie die gesamte Computeranlage ein. Also auch Maus, Drucker, Monitor, Kabel etc. Noch besser allerdings die telefonische Begründung für diese etwas ungewöhnliche Maßnahme:

Das untersuchen unsere Experten komplett auf verdächtige Daten.

Ja, die werden sich bedanken.

OPFERSCHUTZ

Das Opferrechtsreformgesetz wird bald in Kraft treten. Es soll die Position des Verletzten im Strafverfahren deutlich verbessern. Schwerpunkte des Gesetzes sind die Verhinderung mehrfacher Opfer-Vernehmungen, die Erleichterung von Audio/Video-Verhören sowie die Möglichkeit zur kostenfreien Beiordnung von Rechtsanwälten bei Opfern, die als Nebenkläger im Verfahren auftreten. Das Bundesjustizministerium veröffentlicht eine Zusammenfassung.

(link gefunden bei Vertretbar.de)

GELDSEGEN

In Amerika könnte das höchste Anwaltshonorar anfallen, das je in einem wettbewerbsrechtlichen Prozess geltend gemacht wurde. Die Anwälte, welche eine Verbraucherklage gegen Microsoft gewonnen haben, wollen 258 Millionen Dollar. Sie berechnen Stundensätze bis zu 3.000 Dollar, so dieser Bericht. Die siegreichen Kunden bekommen Einkaufsgutscheine von 5 bis 29 Dollar.

Die Taktik ist doch klar: Hoch rangehen, vielleicht ein Drittel kriegen…

Allerdings möchte ich mich nicht der üblichen Häme anschließen. Auch die Anwälte, welche bei uns die NS-Zwangsarbeiter vertreten haben, wurden erst ausgelacht. Sie haben viel Arbeit und auch Geld investiert, um die angeblich aussichtslosen Verfahren durchzuziehen. Neidgefühle kamen erst auf, als die Kollegen dann – wider Erwarten – eine hohe Summe locker machten und noch die Unverschämtheit hatten, ein angemessenes Honorar zu fordern.

(danke an Mathias Schindler, Torsten Kleinz und Matthias Böse für den link)

VORLIEBEN

Vor einigen Minuten am Amtsgericht Düsseldorf. Richterin B. führt ebenso resolut wie kompetent durch die mündliche Verhandlung. Zum Beispiel mit folgender Anmerkung:

Ach, wenn Sie das per Fax geschickt haben, habe es wahrscheinlich nicht gelesen. Das liegt daran, dass ich diese Faxe nicht so mag.

HILFERUF

Am Landgericht Frankfurt am Main geht es anscheinend dauerhaft drunter und drüber. Auch uns erreichte jetzt der „Hilferuf“ eines Richters, in Form eines Beschlusses vom 3. Mai 2004:

In dem Rechtsstreit C. gegen M. wird der Termin zu Verkündung einer Entscheidung bestimmt auf Donnerstag, 27. Mai 2004, 16 Uhr. Aufgrund chaotischer Zustände auf der Geschäftsstelle der 25. Zivilkammer – seit etwa Anfang März 2004 sind keinerlei Schriftsätze mehr zu den Akten gereicht worden und solche nur, soweit auffindbar, vom Einzelrichter selbst gezogen worden – war eine Verkündung zum bestimmten Termin nicht möglich. Die Akte befand sich unter mehreren auf dem Boden der Geschäftsstelle lagernden Aktenbergen und konnte daher nicht rechtzeitig zum Termin vorgelegt werden.

FRISTLOS

Das Anklicken von Pornoseiten am Arbeitsplatz rechtfertigt nicht unbedingt eine fristlose Kündigung. Das Landesarbeitsgericht Mainz hat entschieden, dass eine Abmahnung erforderlich ist, weil der Betroffene den Verstoß sofort eingeräumt habe, berichtet beck-aktuell. Es sei deshalb möglich gewesen, das Vertrauensverhältnis wiederherzustellen.

NOSTALGISCH

Manche Kollegen sind gut für nostalgische Gefühle. Nehmen wir den jungen Anwalt, der mir neulich im Gericht gegenübersaß. Als ich reinkam, hatte er nichts für mich übrig. Außer einer roten Birne und einem angestrengten Blick auf die Akte vor sich. Kaum war die erste Zeugin aufgelaufen, plusterte er gleich die Backen, um die Frau zu demontieren.

Seine Fragen stießen allerdings auf wenig Gegenliebe. Zu suggestiv, zu konstruiert. Nachdem ich zweimal darum gebeten hatte, bei der Sache zu bleiben und die Zeugin nicht zu verunsichern, wurde es auch der Richterin zu bunt. Der junge Kollege reagierte quengelig und emotional. Statt dann aber einen richtigen Streit vom Zaun zu brechen und seine Ansicht durchzufechten, gab er nach kurzer Diskussion auf und erklärte leicht beleidigt: „Keine Fragen mehr.“

Bingo. Von da an war er schlicht nicht mehr zu gebrauchen. Wo er sich anfangs unheimlich reingehängt hatte, ließ er die Sache plötzlich schleifen. Sein Blick sagte nur: „Blödes Gericht. Alles ungerecht. Die Welt ist schlecht. Was mache ich hier eigentlich?“

Es ist ein typischer Anfängerfehler, die Sache des Mandanten zur eigenen zu machen. Das hat nichts damit zu tun, dass man sich für die Interessen des Auftraggebers einsetzen soll. Sondern einfach damit, dass man glaubwürdiger, überzeugender und auch kompetenter wirkt, wenn man als Anwalt auftritt und nicht als Klon der eigenen Partei.

Allerdings müsste ich lügen, wenn mich der misslungene Auftritt nicht ein bisschen an meine eigenen Anfangstage erinnert hätte.

GRUNDBEDÜRFNIS

GRUNDBEDÜRFNIS

In höchster Sorge um sein mediales Wohlergehen ist ein Mann aus Berlin. Er wollte dem ZDF verbieten lassen, am 14. Mai die Hochzeit des dänischen Kronprinzen live zu übertragen. Denn dann, so fürchtete der Mann laut beck-aktuell, fallen mal wieder die Informationssendungen „mittagsmagazin“ und „heute“ aus. Das Verwaltungsgericht Mainz erteilte dem eine Absage: Das ZDF sei in seiner Programmgestaltung frei. Und soweit Grenzen bestünden, seien diese nicht verletzt.

Falls ein privater TV-Anbieter unauffällig hinter diesem Eilantrag stehen sollte, ist das gar kein schlechter Schachzug. Jedenfalls bringt das Verfahren die überfällige Frage ins Rampenlicht, wieso die öffentlich-rechtlichen Anstalten immer mehr Boulevard ausstrahlen, gleichwohl aber immer noch uneingeschränkten Anspruch auf die Rundfunkgebühren haben sollen. Denn die muss der Bürger ja nur zahlen, weil der öffentliche Rundfunk (angeblich) die „Grundinformation“ der Bevölkerung gewährleistet.